Full text: Die Lohn- und Arbeitsverhältnisse in der Schuh- und Lederindustrie in Amerika

agitation eingerichtet, mit eigenen weiblichen Angestellten. Diese Ab- 
teilung wird von den Gewerkschaften subventioniert und hat die Auf- 
gabe, die Agitation unter den Arbeiterinnen zu betreiben und die Ar- 
beiterinnen zu beraten und Auskünfte zu erteilen. In Chikago steht an 
der Spitze dieser Abteilung eine sehr rührige und intelligente Deutsch- 
Amerikanerin, die Genossin Christman, die zugleich auch Sekretärin 
der Handschuhmacher ist. ; 
Die Grundeinstellung der amerikanischen Gewerkschaften basiert 
auf der friedlichen Verständigung mit den Unternehmern. Politisch 
stehen sie in keinem irgendwie gearteten Zusammenhang mit einer 
Partei. Wir haben zwar viele Gewerkschaftsangestellte getroffen, die 
sich zum Sozialismus bekennen, es aber unterlassen, irgendwie Pro- 
paganda für die Sozialdemokratische Partei zu treiben. Bei den Wah- 
len zu den verschiedenen kommunalen und gesetzgebenden Körper- 
schaften stellen die Gewerkschaften bestimmte Forderungen auf, die 
sie allen Parteien — es gibt deren nur drei — unterbreiten. Bei den 
Wahlen werden dann diejenigen Kandidaten unterstützt, ohne Rück- 
sicht auf ihre Parteizugehörigkeit, die die meisten der aufgestellten 
Forderungen für ihre Tätigkeit akzeptieren. Die Gewerkschaften üben 
dann während der Dauer der Legislaturperiode eine gewisse Kontrolle 
darüber aus, ob die Gewählten ihr gegebenes Versprechen eingehalten 
haben. 
Die größte Organisation für die Schuhindustrie ist die „Boot 
and Shoe Workers Union‘ mit dem Sitz in Boston und rund 40000 
Mitgliedern. Daneben besteht aber auch noch eine Reihe von anderen 
Organisationen, die ihren Wirkungskreis aber nur auf einen enger 
umgrenzten Bezirk, teilweise nur auf einen Ort, erstrecken. Über die 
Stärke dieser Organisationen sind zuverlässige Angaben schwer zu 
erhalten. Die „Boot and Shoe Workers Union“ ist dem Amerikani- 
schen Gewerkschaftsbund angeschlossen. In den größeren Schuhfabri- 
kationsorten hat die Organisation festangestellte Beamte. In Cincinnati 
haben die Schuhmacher ein eigenes Haus mit kleineren und größeren 
Sälen zur Abhaltung von Sitzungen, Versammlungen und Festlich- 
keiten. Ein Teil der Büroräume ist an andere Gewerkschaften ver- 
mietet. In anderen Orten sind die Büroräume gemietet. In St. Louis 
befindet sich das Büro der Schuhmacher in einem „Bürohaus“, in 
welchem neben den eigentlichen Büroräumen auch noch ein Sitzungs- 
zimmer für die Ortsverwaltung sowie ein Versammlungsraum, der 
etwa hundert Personen faßt, gemietet ist, 
Der Sitz der Organisation ist Boston im Staate Massachusetts, auch 
Neuengland-Staaten genannt, Dieser Staat bildet das eigentliche Zen- 
trum Sir amerikanischen Schuhindustrie. Die Städte Lynn, Haverhill, 
Brokton sind ähnliche Fabrikationsorte wie in Deutschland Pirma- 
sens, Weißenfels usw. Auch die Schuhmaschinenfabrik, deren Fa- 
brikate durch die deutsch-amerikanische Schuhmaschinenfabrik in 
Deutschland vertrieben werden, hat in diesem Staate ihren Sitz. Die 
„Boot and Shoe Workers Union‘ hat in ihrem Generalsekretär Mr.
	        
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