Full text: Zum Wiederaufbau Deutschlands und Europas

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die früher sich hermetisch abgeschlossen, tragen“ ihre Erfahrungen zum 
Besten der Allgemeinheit zusammen, und es ist eine beachtenswerte 
Tatsache, daß in einem Industriezweig eine der früher bekanntesten 
Firmen heute ihre alte beherrschende Stellung durch ihre äblehnende 
Haltung gegenüber der Normung eingebüßt hat. 
Während die Papierindustrie durch die einheitlichen Formate einen 
großen Schritt weitergekommen ist, war es bis heute nicht möglich, die 
Textilindustrie zur Normung zu bewegen. Dabei hat diese Industrie, 
ebenso‘ wie die Verbraucher, doch das allergrößte Interesse an einer 
Vereinheitlichung, um die Maschinen zu verbilligen, sie, und auch’ die 
Rohstoffe, möglichst auszunutzen und unnötigen Abfall zu vermeiden 
Kartelle. Von den etwa 1500 deutschen Kartellen haben bereits 178 
vor dem Kartell-Gerichtshof Rechenschaft ablegen müssen; 44 wurden 
aufgelöst. 
Dr. Felix Pinner hat im „Berl, Tageblatt“ darauf hingewiesen, daß 
die Kartelle,: Syndikate, Konventionen und. Trusts 1. die Beweglichkeit der 
Handelsoperationen hindern, 2. die Anpassung an neue wirtschaftliche Kon- 
stellationen verzögern, 3. die. einzelnen Mitglieder solcher Kartelle denkfaul 
machen, 4. die Produktionskosten meist erhöhen, 5. Gehirnverkalkung bei 
Kalkulationsfragen hervorrufen, 6. die Sparsamkeit vielfach nicht genügend 
fördern, 7. den besten Wirkungsgrad und hochgespannte Betriebsausnutzung 
verhindern. 
Der wichtigste, mir bei meiner Beratungstätigkeit häufig bestätigte Nach- 
teil ist aber der wachsende Bürokratismus und die Schwerfälligkeit der Orga- 
nisation in großen Konzerns, dıe manchmal. hoch schlimmer ist als bei der 
staatlichen und kommunalen Bürokratie, . 
Zölle. Der „Reichsverband Deutscher Industrie“ sowohl wie die 
Vertretung der Deutschen Landwirtschaft sind Gegner der Tendenzen 
der deutschen Professoren der Nationalökonomie und des Vereins für 
Sozialpolitik, die für eine möglichst freie Gestaltung der internationalen 
Beziehungen eintreten, also dem baldigen oder schließlichen Freihandelt 
den. Vorzug geben. Der goldene. Mittelweg mäßiger Schutzzölle wırd 
empfohlen. Ein sofortiger Abbau der Schutzzölle scheint unter den 
heutigen Verhältnissen und unter dem Drucke der Dawes-Geselzgebung 
auch mir unmöglich, aber die Situation wird am besten durch die 
die Wahrheit treffende und gleichzeitig. höchst ironische Feststellung 
des früheren Reichswirtschaftsministers Hamm gekennzeichnet: 
„Jeder deutsche Industrielle ist für bezogene Waren Freihändler und {für 
lie Eigenprodukte Hochschutzzöllner; darauf beruht dann die Forderung 
„mäßiger Schutzzoll.“ . , 
Es steht außer Frage, daß die deutsche Exportindustrie von Furtig- 
waren, von deren Auslandsabsatz bei Durchführung des Dawes Planes 
außerordentlich viel abhängt, nur bei Zollfreiheit: für Rohstoffe, mäßi- 
gem Zoll für Halbfabrikate und einem allmählichen internationalen Ab- 
bau der Zölle für Fertigfabrikate im Welthandel wieder cine Rolle 
Spielen kann. Kampfzölle gegen , Jumping“ sind nur Jann loyal im 
Internationalen Austausch möglich, wenn genau und. eimwandire! kal- 
kuliert wird und mithin die Selbstkosten der Regierung bekannt sind. 
Wie weit sind wir aber in dieser Beziehung gegenüber den Ver. Staaten 
Zurück!
	        
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