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Farben. Aber der chinesische Konsum ist an Preislagen hochwertiger
deutscher Farbenqualitäten nicht gewöhnt; er kann vielleicht mit der Zeit
hierzu „erzogen“ werden, doch gegenwärtig wäre es irrational, eigensinnig,
an Qualität um ihrer selbst willen festzuhalten. Rationeller erscheint es,
auszugehen von den Bedürfnissen: des Käufers, wie sie jetzt sind, und die
Höherentwicklung diese Bedürfnisse künftiger Bearbeitung zu überlassen.‘
Zusammenfassung. Bei dem großen Umfange der angeschnittenen
Fragen war es mir nur möglich, einige wichtige Punkte heraus-
zugreifen. Auf Grund der übereinstimmenden Urteile vorurteilsloser
Persönlichkeiten ergibt sich leider, daß Deutschland nicht nur ent-
waffnet und gegenüber einem chemischen Luftkrieg hilflos ist, sondern
jaß diesem ehemaligen Zentrum Europas infolge seines Mangels an
führenden Persönlichkeiten von überragender Bedeutung, seines inneren
politischen Haders, seiner Weltfremdheit in außerpolitischen Folge-
rungen nicht mehr der frühere „Goodwill“ eines geistig führenden
Landes zuerkannt wird. Die alte Grundlage unseres früheren Rufes in
Literatur, Kunst, Musik, Wissenschaft, Technik, Chemie sowie Politik
kann uns nur mahnen, „Was du ererbt von deinen Vätern hast,
erwirb es, um es zu besitzen.“ Die materiellen Verluste des Welt-
krieges sind für Deutschland verhältnismäßig leicht zu verschmerzen.
wenn es die vierzig Jahre Einfluß des Materialismus, Mammonismus,
Wilhelminismus abschüttelt und seine innere Erneuerung ernst angreift.
Was Deutschland der Welt gegeben hat, kann ihm niemand nehmen;
aber es gehört der Geschichte an. Jetzt handelt es sich um die Frage,
ob Deutschland der Welt wiederum durch die heranwachsenden Gene-
rationen neue Ideen und weitere Beweise seiner geistigen Kräfte geben
kann. Daran müssen wir alle arbeiten. Wir leben im Zeitalter der
Technik und Chemie; sie beruhen auf wissenschaftlichen Forschungen.
Jedes Land sucht das andere zu übertreffen, der Kontinent Nordamerika
kann dank seiner reichen Hilfsquellen und unterstützt durch die Ein-
wanderung europäischer Geistesarbeiter das gesamte, Europa über-
flügeln. Die europäische Kultur steht an einem Wendepunkt. Die
einzelnen Staaten sind nicht fähig, allein hohe Ziele zu erreichen; sie
bedürfen eines Zusammenschlusses, Deutschland ist von Europa ab-
hängig, ohne reichlichen Export dahin kann es sich nicht kleiden und
ernähren. Europas Wiederaufbau ist von Deutschlands innerpolitischer
Genesung und wirtschaftlicher Reorganisation abhängig, Ohne Deutsch-
{lands Selbsterneuerung und geistige Mitarbeit unterliegt Europa im
Wettbewerb mit dem Kontinent Nordamerika und den sich regenden
Kräften im fernen Osten.
Druck von Paul Schettlers Erben, A.-G., Cöthen (Anhalt).