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V. Kapitel.
valent sein kann, und diese Äquivalenz auch in Beziehung zu noch
anderem Bezeichnungskörperlichen besteht. Meint man nun, daß das
Bezeichnungskörperliche „Geben Sie mir ein Glas Wasser!‘ kein Be-
hauptungssatz ist, so schuldet man doch die Darlegung, was mit solchem
Bezeichnungskörperlichen gemeint sein kann. Diese Darlegung ist aber
auf dem Boden jener Meinung unmöglich, und man weiß nichts anderes
vorzubringen, als daß eben mit solchem Bezeichnungskörperlichen ein
Wunsch kundgegeben wird — und zwar offenbar rätselhafterweise
ohne Behauptung kundgegeben wird, d. h. ohne daß dem Anderen ein
Gedanke bedeutet wird! —, oder aber, daß eben mit solchem Bezeich-
nungskörperlichen kein „Sein‘, sondern ein ‚Sollen‘ ausgesagt wird,
so daß die hochheiligen Märchen von „Sein“ und „Sollen“ als Zeugen
für eine verfehlte wissenschaftliche Lehre auftauchen. Klarer Weise ist
es aber lediglich das trotz aller gegenteiligen Beteuerungen festgehaltene
„grammatische‘“‘ Vorurteil, welches dazu verleitet, zu meinen, ein Be-
zeichnungskörperliches der Form ‚Geben Sie mir ein Glas Wasser!“
sei kein Behauptungssatz, hingegen ein Bezeichnungskörperliches von
der Form „A ist angekommen‘ sei ein Behauptungssatz, weil sich in
ihm ein „grammatisches Subjekt‘, ein „grammatisches Prädikat‘ und
eine „Kopula‘ finden. Nach jener Meinung wären aber auch Reden
wie „Feuer!“ oder „Esel!“ oder „Wie schön scheint der Mond!“ keine
Behauptungssätze, weil sie nicht jene grammatische Gliederung auf-
weisen. Wenn aber jemand aus einem Zimmer stürzt und „Feuer‘““
ruft, so könnte er auch vollständig äquivalent sagen: „Im Zimmer
brennt es“ oder ‚Der Kasten brennt‘, und daß solche Sätze Behaup-
tungssätze sind, wird wohl niemand bezweifeln. Es ist eben das Laut-
liche „Feuer!“ ein Bezeichnungskörperliches, ein Satz, da es als wirkende
Bedingung dafür in Betracht kommt, daß besondere empfängliche Seelen
durch Wahrnehmung einer seiner Besonderheiten den Glauben daran
gewinnen, daß jemand einen besonderen Gedanken behauptet hat.
Allerdings ist das Bezeichnungskörperliche „Feuer!“ hinsichtlich seiner
Form eine Abkürzung des Bezeichnungskörperlichen „Es brennt“ und
wird dann gebraucht, wenn aus irgendeinem Grunde die Absicht
rascher Mitteilung‘ besteht. Ebenso aber ist dem Bezeichnungkörper-
lichen „Esel!“ das Bezeichnungskörperliche ‚Sie sind ein Esel!“ äqui-
valent, das zweifellos ein Behauptungssatz ist, und ist dem Bezeichnungs-
körperlichen: „Wie schön scheint der Mond!‘ das Bezeichnungskörper-
liche „Der Mond scheint (sehr) schön!‘“, das zweifellos ein Behauptungs-
satz ist, äquivalent. „Bezeichnungskörperliches aber, das einem
Behauptungssatze äquivalent ist, kann selbst auch nur ein Be-
hauptungssatz sein, da eben beide: Bezeichnungskörperliche als wir-
kende. Bedingungen für die Weckung‘ eines und desselben Gedankens
in Betracht. kommen. Schon aus diesem Grunde allein kann aber auch