79
die Herausarbeitung der „formalen Struktur der Weltwirklichkeit‘‘.%
Aber freilich auch diese Männer wollten und wollen von dem wissen-
schaftlichen Charakter der Metaphysik nicht lassen, wobei sie von
Wissenschaft ungefähr denselben Begriff haben, wie er dieser Dar-
stellung zugrunde liegt. „Auch die erkenntnistheoretische-metaphy-
sische. Wirklichkeitsphilosophie ist am Ende Wirklichkeitswissen-
schaft... Unser Wissenschaftswille lehnt alles ab, was vor dem
strengen Geltungsmaßstab der Wissenschaft nicht standhält.“ s?
Wegen dieses Postulates der Wissenschaftlichkeit hält sich folge-
richtig diese Richtung streng an die Feststellung der formalen Struk-
tur der Weltwirklichkeit, wohl wissend, daß alle inhaltlichen Aus-
sagen über transzendente Dinge die Grenze des Erfahrungs- und
Existenzwissens überschreiten. Alle Philosophie, die auch den Inhalt,
den Sinn der Welt erfassen will, lehnen sie als „Begriffsroman‘‘, als
„Weltdichtungen, die auf wissenschaftlichen Wert keinen Anspruch
machen können‘, ab.
Und gerade diese „Weltdichtung‘“‘ ist die der Metaphysik eigenste
Aufgabe, wenn man dieser Erkenntnisweise eine Bedeutung neben
der Wissenschaft beimessen will. Alle echte Philosophie ist, weil ihr
Gegenstand erfahrungstranszendent ist, selbst wissenschaftstranszen-
dent. Ihre Eigenart wird bestimmt durch die Ziele, die sie sich
steckt: die Erkenntnis des Absoluten und Unbedingten, die Er-
schließung des Sinnes aller Sinngehalte, des Sinnes der Welt. In
wundervoller Weise hat Max Scheler die Philosophie bezeichnet ss
als den liebesbestimmten Aktus der Teilnahme des Kerns einer end-
lichen Menschenperson am Wesenhaften aller möglichen Dinge.
Aus dieser Wesenheit der Philosophie, die immer gleichbedeutend ist
mit Metaphysik, ergibt sich die erkenntnistheoretische Eigenart, die
diese Erkenntnisweise aufweist und die wir etwa wie folgt um-
schreiben können.
Auf Glaube, Liebe und Ehrfurcht ist alles philosophische Wissen
aufgebaut. Auf dem Glauben vor allem. daß es außer dieser Welt des
81 H. Maier, Wahrheit und Wirklichkeit. 1926. S. 564£.
82 H. Maier, a. a. O0.
88 Siehe den schönen Aufsatz von Max Scheler, Vom Wesen der Philosophie
in der Zeitschrift „„Summa‘“, 2. Viertel 1917.