Full text: Durch Abessinien und Erythräa

Morgen noch fremd, als uns einer der Kameltreiber an der 
abessinischen Grenze mit dem muezzinartigen Ruf zum 
Aufbruch weckte, der täglich wiederholt und vom Efendi 
mit den Worten übersetzt wurde: „Möge Allah uns gnädig 
sein für diesen Reisetag!“ Einer der Treiber verzögerte 
unseren Abmarsch etwas, weil er erst Abschied von seinem 
Schatz nehmen mußte. Sie machte einen scheuen, er da— 
gegen einen stolzen Eindruck, während sie sich zärtlich bei der 
Hand gefaßt hatten. 
Zehn Minuten nach unserem Aufbruch vom Marktplatz in 
Om Aggar gelangten wir an den Setit. Mitten im Fluß 
hielten die Tiere an und tranken gierig, gleichsam um aus— 
zudrücken, daß man nicht wissen könne, welche Art von 
Wasser man das nächstemal finden würde. Am anderen 
Ufer, auf abessinischem Boden, ordneten wir unseren Zug 
karawanenmäßig. Der Führer, begleitet von seinem Boy, 
nahm die Spitze. Dann folgte ich auf meinem Maultier, 
hinter mir der Efendi auf dem seinigen und die übrigen. 
Boys, Soldaten, Packtiere und Kamele schlossen sich in 
langer Linie an. Das Gefühl der Wichtigkeit, das einen 
mit jedem Blick rückwärts über die lange Schar von Men— 
schen und Tieren erfüllte, erlitt schon in der ersten Stunde 
unseres Vormarsches einen argen Stoß. Zwei mit Gewehren 
bewaffnete Männer stürzten aus dem Busch hervor und be— 
fahlen uns zu halten. Efendi trat in Funktion als Dol— 
metscher und berichtete, daß die Leute meinen Paß zu sehen 
wünschten. Sie seien Abgesandte des Schums eines benach⸗ 
barten Dorfes, dem man den Nachweis bringen müsse, daß 
wir das Recht hätten, diesen Weg zu benutzen. Mein vom 
Konsul in Asmara ausgestellter Paß steckte in der Innen⸗ 
tasche meines Schreibmaschinenfutterals, wo ich ihn sicher 
108
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.