und mehr eine äthiopische als eine abessinische Hauptstadt.
Aber das schmutzige, auf einer dreispitzigen Bergkette von
fast zweitausendeinhundert Meter Meereshöhe gelegene
Gondar wurde bereits in der ersten Hälfte des siebzehnten
Jahrhunderts Kaiserstadt. Eine Reihe von achtzehn Königen,
die mit Sarta Dendas um die Mitte des sechzehnten Jahr—
hunderts begann und zweihundert Jahre später mit Tekla
Giyorias abschloß, ist bekannt als das Haus von Gondar.
Aber die Stadt, die nach dieser Dynastie genannt wurde,
war erst nur ein Dorf und das Hauptquartier für Teilfürsten,
bis König Fasil zu Anfang des siebzehnten Jahrhunderts
auf den Thron kam und den Ort zu seiner Residenz machte.
Das diesem Ereignis vorangehende Jahrhundert war eine
Zeit großer Geschehnisse und Veränderungen in der abessini—
schen Geschichte gewesen. Es hatte einen viele Jahre
dauernden mohammedanischen Einfall und Verheerungen
gegeben, die dank der von Portugal gewährten Hilfe mit
einem Sieg des christlichen Reiches geendet hatten. Aber
kaum war Abessinien von den Mohammedanern frei, so
wurde seine Unabhängigkeit durch die friedliche Durch—
dringung ihrer Verteidiger bedroht. Die portugiesischen
Soldaten, die den Krieg überlebt hatten, ließen sich auf dem
ihnen verliehenen Landbesitz nieder. Ihnen folgten jesuitische
Missionare, die in größeren Orten Bekehrungen vornahmen
und durch Intrigen zu weltlicher und religiöser Macht zu
gelangen suchten.
König Fasil machte dieser Gefahr, die seinem Königtum
und der Staatskirche drohte, ein Ende, indem er die Portu—
giesen des Landes verwies. Und durch einen der Wechsel⸗
fälle der Geschichte, die aus dem Feind von gestern den Ver—
bündeten von heute machen, gelang es ihm, mit den Mo—
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