Uber die innerpolitischen Hintergründe unserer Ver—
haftung konnte man nur Vermutungen hegen. Die nationale
Abneigung gegen die Anwesenheit von Fremden, woher
sie auch immer kommen mochten, spielte dabei vielleicht
die Hauptrolle, wie man jedenfalls aus der von Ras
Gugsa inbezug auf mich in seinen Mitteilungen gebrauch—
ten Form: „Der Fremde von der anderen Seite des Setit“
entnehmen konnte.
Sicherlich war aber die Festhaltung des deutschen und
des italienischen Diplomaten auf ihrer Reise eine zu weit—
gehende und nicht leicht zu erklärende Maßnahme, und
Dr. Prüfers Protest in Addis Abeba hatte wahrscheinlich
erheblich mehr Einfluß auf seine Freilassung als die Be—
deutung, die Ras Gugsa meinen Papieren beigemessen hat,
auf die meinige.
Die Erlaubnis, meine Reise fortsetzen zu dürfen, traf in
Form eines Briefes des Fitaurari Yemer ein. Er lautete
nach der Übersetzung Efendis aus dem Amharischen ins Eng—
lische auf deutsch:
„An alle Beamten (im Hafen) und im Lande.
Von Herrn Hermann Norden, dem amerikanischen Gentle—
man, der in Amerika beheimatet ist, wird hiermit bekannt—
gegeben, daß derselbe frei und ohne aufgehalten zu werden
im Lande meines Herrn reisen kann, solange er von Alaka
Guangul begleitet wird.
Yecatit, den 5. 1921
(nach dem abessinischen Kalender.
Siegel)
Fitaurari Yemer
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