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Und wenn dann überhaupt noch von Nebenpersonen die Rede ist, dann wird
er auch konftatiren, daß der Geh. Oberregierungsrath Loh mann von der
Bearbeitung dieser Gesetzgebung nicht vor dem 8. Mai 1882, sondern erst
gegen Ende des Jahres 1883 zurückgetreten ist. Was aber jenes Räthsel
nur vergrößern konnte, ist der Umstand, daß das Opfer der besseren Einsicht
von Seiten der Reichsregierung stattfand, nachdem die eben erhobene Unfall
statistik des deutschen Reiches einen Ueberblick über die Tragweite des Um
lageverfahrens gestattete/
Wenn wir aber von diesen mehr äußerlichen Dingen absehen, die
zu den kleinen „Kunstgriffen" gehören, mit denen man im heutigen auf
geregten Leben seinen Partei st an dp un kt zu rechtfertigen bemüht ist,
und wenn wir der Sache selbst näher treten, so setzt das Kapitaldeckungs
verfahren doch vor Allem voraus, daß wir die Mortalitäts
ziffern genau kennen, nach denen die Deckung einzurichten
sein würde.
Nach der neuesten Regierungsvorlage soll der Schadenersatz bestehen
in einer dem Verletzten vom Beginne der 14. Woche nach Eintritt des
Unfalls an für die Dauer der Erwerbsunfähigkeit zu gewährenden Rente
und im Falle der Tödtung für die Wittwe bis zu deren Tode oder
Wiederverheirathung in einer Rente von 30 pCt. des Arbeitsver
dienstes und für jedes Hinterbliebene Kind bis zu dessen zurückgelegtem
15. Lebensjahre gleichfalls in einem Prozentsatz des Arbeitsverdienstes als
Erziehungsgeld.
Ueber die Lebensdauer der Invaliden der Jndustriearbeit haben wir
aber bisher keinerlei zuverlässigen Erhebungen gemacht, und es fehlt
uns an jeder zutreffenden und sicheren Grundlage für die Berechnung der
selben. Allgemeine Mortalitätstabellen sind allerdings zahlreich genug vor
handen, nicht aber spezielle Erhebungen über Arbeiterinvaliden, und man
wird zugeben müssen, daß die allgemeinen Tabellen auf diese letzteren Fälle
nicht ohne Weiteres anwendbar sind.
Wer so schwer verletzt ist, daß er ganz oder zum größeren Theile
arbeitsunfähig ist, wird auch in seiner Lebenskraft und Lebensdauer
wesentlich beeinträchtigt sein, und man kann positiv behaupten, daß mit
dem Eintritte eines solchen schweren Unfalles auch die Lebenszeit des
Invaliden mehr oder weniger verkürzt ist. Welchen Anhalt will man
aber für die letztere zu Grunde legen?
Es kommt noch eins hinzu. Die völlige Erwerbsunfähigkeit, die
man bei Eintritt des Unfalls bei einem Arbeiter konstatirt hatte, kann mit
der Zeit in eine th eil weise übergehen, und die ursprünglich angenommene,
th eil weis e Erwerbsunfähigkeit kann im anderen Falle sich verringern
und herabmindern. Ueber alle diese Dinge sind bisher Erhebungen
nicht gemacht, und es fehlt für die Berechnung an jeder einigermaßen
brauchbaren Unterlage.