Full text: Umlage-Verfahren oder Kapitalsdeckung

I. 
Einleitende Bemerkungen. 
Die vom Herrn Neichstagsabgeordneten Dr. Th. Barth herausgegebene 
Zeitschrift „Die Nation" hat in den letzten Wochen über die Grundzüge 
zum dritten Entwürfe des Unfallversicherungs-Gesetzes aus der Feder eines 
Herrn M. A. eine Reihe von Artikeln veröffentlicht, die inzwischen auch in 
Form einer Broschüre unter dem Titel „Kritische Beiträge zur dritten 
Unfallversicherungs-Vorlage" in der Expedition der gedachten Zeitschrift 
erschienen sind. Diese Aufsätze und insbesondere die in denselben enthaltenen 
Zahlengruppirungen haben selbst in den Kreisen der Reichstagsabgeordneten 
ein gewisses Aufsehen erregt, und es ist zu besorgen, daß diese Ausführungen, 
wenn sie nicht rechtzeitig widerlegt werden, einen Einfluß auf die Beschlüffe 
der vom Reichstage zur Vorberathung der Regierungsvorlage niedergesetzten 
Kommission gewinnen könnten. Wir sind weit entfernt davon, unseren 
Volksvertretern hieraus einen Vorwurf machen zu wollen. Die gesetz 
geberischen Aufgaben, die sie jahraus jahrein zu bewältigen haben, sind 
von so schwieriger und umfassender Natur, daß sie nicht allein sehr 
beträchtliche Kenntnisse und Vorstudien in den verschiedensten Disziplinen 
voraussetzen, sondern ihre Durchdringung und Durcharbeitung verlangt auch 
so viel Nachdenken, so viel Arbeit und so viel Zeit, daß nicht jeder im 
Stande ist, den an ihn gestellten Anforderungen in vollem Umfange zu 
genügen. Man gehe die Musterkarte der diesjährigen Vorlagen durch, 
und man wird sich schon an dem äußeren Volumen überzeugen, wie schwer 
die Aufgaben sind, deren Lösung unseren Volksvertretern zugewiesen ist. 
Hinterdrein, wenn das gesetzgeberische Jahrespensum abgeschlossen ist, 
befinden sich Richter imb Verwaltungsbeamte, welche berufen sind, die 
sanktionirten Gesetze auszuführen, oftmals in heller Verzweiflung und 
können trotz aller Jnterpretationskünste einen sicheren Ausweg aus den 
labyrinthischen Vorschriften unserer neuen Gesetztafeln nicht erspähen! 
Wäre ich ein gesinnungstüchtiger Oppositionsmann, so würde ich nach 
dem althergebrachten Rezepte verfahren und die Schuld dafür einzig und 
allein der Regierung in die Schuhe schieben. Da mir aber die Wahrheit 
höher steht als die Parteidisziplin und ich mich seit Jahren entwöhnt 
i*
	        
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