Full text: Die Wirkung der Getreidezölle

Wirkt dagegen die Anziehungskraft eines ungedeckten 
Bedarfs im Inlande, so kommt es darauf an, ob gleichzeitig auf 
dem Weltmärkte Ueberfluss herrscht oder nicht. Im ersteren Falle 
wird trotz der drängenden Nachfrage im Inneren der Zoll doch 
vielleicht noch wenigstens theilweise seine Druckkraft auf den Aus 
landspreis ausüben können, und wenn nun auch zeitweilig, nämlich 
bis der heimische Bedarf befriedigt ist, der Abstand zwischen dem 
inneren und dem äusseren Preise den vollen Zollbetrag erreicht, 
so ist dies dann doch nur zum Theil durch Erhöhung des ersteren, 
zum Theil aber auch dadurch herbeigeführt worden, dass der aus 
ländische Preis in böige des Zolles durchweg auf einem niedrigeren 
Stande geblieben ist, als er unter sonst gleichen Umständen bei 
freiem Handel sich stellen würde. Um also die positiv vertheuernde 
Wirkung des Zolles im Inlande zu bestimmen, hätte man nicht den 
inländischen Preis mit dem thatsächlichen Preise des Auslandes 
zu vergleichen, sondern mit demjenigen, der eintreten würde, 
uenn der Zoll aufgehoben würde, und dieser würde unter der hier 
gemachten Voraussetzung wahrscheinlich irgendwo zwischen den 
unter dem Einfluss des Zolles wirklich bestehenden Preisen des 
Inlandes und des Auslandes liegen. 
Ist dagegen bei mangelhafter Ernte des Inlandes das Ausland 
nicht sehr reichlich versehen, so wird das erstere den Fehlbedarf 
nur durch eine positive Preissteigerung an sich ziehen können, bei 
welcher ihm der ganze Zollbetrag zur Last fällt, ganz abgesehen 
davon, dass seine Nachfrage auch den Preisstand des Weltmarktes 
ungefähr um ebenso viel erhöht, wie es bei voller Handelsfreiheit 
geschehen sein würde. Es handelt sich eben in diesem Falle um 
die Befriedigung eines unaufschiebbaren Bedürfnisses ersten Ranges, 
und wenn auch die alte King’sche Regel in Betreff des Einflusses 
einer unzulänglichen Ernte auf die Getreidepreise unter den heutigen 
Verkehrs Verhältnissen nicht mehr gilt, so wird doch unter unserer 
Annahme die Nachfrage zu dringlich sein, als dass die Abwälzung 
eines I heiles des Zolles auf das sich zurückhaltende Ausland mög 
lich wäre. 
Ist ein Land üderhaupt nicht mehr im Stande, den Bedarf 
seiner Bevölkerung an Getreide zu den Freihandelspreisen selbst 
zu befriedigen, muss es also regelmässig jährlich eine bedeutende
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.