Full text: Zur Geschichte des Wucherstreites

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Man könne sagen, das sei eine Art Bürgerkrieg, in dem die 
Mehrzahl der Kämpfer weit entfernt sei von dem Maß von 
Kaltblütigkeit, das so gut den Doctoren und Interpreten des 
Gesetzes anstehe. Man habe lange darüber gestritten, ob die 
Sonne um die Erde sich drehe oder die Erde um die Sonne. 
Sonne und Erde seien mittlerweile in ihrem Lauf gewesen 
und haben keinen Schritt mehr oder weniger gemacht. Hier 
sei der Fall sehr verschieden. Die falschen Ansichten über 
Zins und Wucher haben die schrecklichsten Folgen. Es handle 
sich um nichts Geringeres als um die Ruhe, das Vermögen 
einer Unzahl von Familien; und was von noch größerer 
Bedeutung sei, es handle sich um das ewige Heil einer un 
endlichen Menge von Personen, denen man leichthin ein 
Joch auflege, das zu tragen sie nicht die Kraft oder nicht 
den Muth haben. Außer den schreienden Ungerechtigkeiten, 
deren man sich schuldig mache, werde man Gott Rechenschaft 
ablegen müssen für den unersetzlichen Verlust so vieler Seelen, 
deren Ruin man herbeigeführt durch Unwissenheit, durch 
unentschuldbare Vorurtheile, durch eine Hartnäckigkeit, mit 
der man in sträflicher Weise Meinungen festhalte, ohne sie mit 
der Unparteilichkeit zu prüfen, die allein in einer so wichtigen 
Angelegenheit zur Erkenntniß der Wahrheit zu führen vermöge. 
Eine Menge Theologen, die seine Abhandlung oberflächlich durch 
gegangen, habe sich aufgebäumt und ein großes Geschrei erhoben, 
weil sie eine andere Auffassung hatten als die seinige. Sie haben 
sich geärgert und an ihn das Ansinnen gestellt, die falsche Lehre, 
die er verbreite, zu widerrufen, da er sich sonst Gewissensbisse 
für den Augenblick des Todes bereite. Andere und gemäßigtere 
Männer haben sich begnügt, sich in Ruhe gegen seine Auffassung 
zu erklären. Keiner aber habe auch nur einen seiner Sätze 
widerlegt, sondern sie haben sich beständig in Allgemeinheiten 
gehalten, die sich in der Luft verlieren. Mehreren unter ihnen
	        
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