Ratligen: Entwickelungstendenzen im Aussenhandel Chinas und Japans. 955
Wenn unser europäisches Interesse vor allem darin besteht, dass
■wir Fabrikate exportieren, so zeigt die genaue Betrachtung, dass auch
hier die japanische Entwickelung unsern Interessen entspricht. Denn
unter den der Produktion dienenden Dingen ist der Anteil der Fabrikate
grösser als unter den dem Verbrauch dienenden Waren.
Produktionswaren Verbrauchswaren
überhaupt davon Fabrikate überhaupt davon Fabrikate*)
1903 . 160 Mill. Yen 79 Milk Yen 157 Milk Yen 52 Milk Yen
1904 . 203**) „ „ 98 „ „ 168 „ „ 53 „
Noch in einer andern Beziehung ist der Unterschied von China
und Japan bemerkenswert. Jenes führt Lebens- und Genussmittel aus,
dieses führt sie in wachsendem Masse ein. Die chinesische Landwirt
schaft liefert in wachsendem Masse Ausfuhrmengen, die japanische
Landwirtschaft deckt den Nahrungsbcdarf des japanischen Volkes nicht
mehr. Am auffälligsten ist das bei dem Hauptnahrungsmittel, dem
Reis. Während in den achtziger Jahren sich eine regelmässige Reis
ausfuhr entwickelt hatte, ist seit 1897 die Einfuhr regelmässig grösser als
die Ausfuhr (mit alleiniger Ausnahme von 1899). Der Einfuhrüberschuss
hat sich zwischen 100 000 und 840 000 Tonnen (1900 und 1904) bewegt,
dem Werte nach zwischen 5 und 55 Millionen Yen.***) Und dabei ist
die Einfuhr aus Formosa (1902/4: 22 400—68 200 t jährlich) nicht ein
geschlossen.
Auch sonst wächst die japanische Einfuhr von Lebensmitteln, von
Bohnen, Weizen u. dgl. Am bemerkenswertesten ist, dass Weizenmehl
regelmässig in grösseren Mengen eingeführt wird (1903: 125 500 Tonnen,
1904: 114 850 Tonnen). Allein an Getreide und Hülsenfrüchten, Mehl,
Zucker und Düngemitteln sind 1903 für 111, 1904 für 117 Milk Yen ein
geführt.
Was bedeutet das? Wenn Japan in wachsendem Masse Lebensmittel
einführen muss, so müssen auch die Inlandspreise sich immer stärker
den Weltmarktpreisen anpassen resp. darüber steigen. Das bedeutet
steigende Kosten der Lebenshaltung, steigende Löhne. Diese Folge
*) Ohne Petroleum und Zucker. Rechnen wir raffinierten Zucker ein, so erhöhen
sich die Zahlen um 6 und 5 Millionen. In den letzten Jahren hat Japan seinen wachsenden
Zuckerbedarf mehr und mehr durch Einfuhr von Rohzucker (aus Formosa und Hinterindien)
gedeckt, was vielleicht mit der neuen Zuckersteuer zusammenhängt.
**) In den Zahlen für 1904 stecken allerdings erhebliche Summen für Waren, die
nicht der wirtschaftlichen Produktion, sondern dem Kriegsverbrauch dienen.
***) Im ersten Halbjahr 1905 war der Wert der Mehreinfuhr von Reis über
38 Millionen Yen. Die hohen Zahlen für 1904 und 1905 hängen natürlich mit dem
Krieg zusammen.