Full text: Festnummer der Wochenschrift des Niederoesterreichischen Gewerbe-Vereines anlässlich seines 70-jährigen Bestandes

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für ein notwendiges Bindeglied zwischen den beruflichen 
Gewerbegenossenschaften und den übrigen Institutionen, 
welche die Gewerbeförderung zum Ziele haben. An 
Aufgaben, welche vorteilhaft nur oder doch vorwiegend 
nur durch die Gewerbevereine behandelt und in die 
richtigen Bahnen gelenkt werden können, wird es nie 
fehlen und die führende Stellung des Nieder Österreichs 
sehen Gewerbevereines hierbei ist für immer gesichert. 
Ich bin vollkommen überzeugt, daß diese Führung auch 
in der Zukunft so objektiv und selbstlos erfolgen wird wie 
bisher, zum Wohle jedes einzelnen Gewerbetreibenden, 
zum Zwecke der steten Hebung des gesamten Gewerbe' 
Standes und zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit dem 
Auslande gegenüber. 
Rudolf M. Rohr er 
Ehrenpräsident des Mährischen Gewerbevereines. 
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Zur Frage der Unfallverhütung. 
Die mich ehrende, seitens des Nieder österreichischen 
Gewerbevereines an mich ergangene Einladung, für die 
anläßlich der siebzigjährigen Bestandfeier des Vereines 
erscheinenden Festschrift einen Beitrag zu liefern, fällt, 
der Zeit nach, nahezu zusammen mit der Eingliederung 
des gewerbe'hygienischen Museums in das Technische 
Museum für Industrie und Gewerbe. 
Ich glaube, diesen Gegenstand zum Inhalte einer 
kurzen Besprechung wählen zu sollen, weil er mir Ge' 
legenheit bietet, die mir besonders am Herzen liegende 
Frage der Unfallverhütung, wenn auch nur flüchtig, 
zu berühren. 
Der Satz: „Es gibt nur Eines, das die im Gewerbe' 
betriebe lauernden Gefahren zu verhüten vermag — 
Aufmerksamkeit des Arbeiters“ — dürfte heute kaum 
mehr als unwiderlegbar aufgestellt werden. Ziemlich all' 
gemein wird zugegeben, daß schon eine vier' bis fünf' 
stündige ununterbrochene, mehr oder minder eintönige 
Arbeit abspannend wirkt, zumal bei ungünstigen äußeren 
Arbeitsbedingungen, wie unreiner Luft, zu hoher oder 
zu niederer Temperatur, gezwungener Körperhaltung und 
dergleichen. Noch schlimmer wirken Gemütsdepression, 
seelische Erregung oder körperliche Indisposition des 
Arbeiters. 
Bedarf die bestehende gewerbliche Unfallsgefahr eines 
Nachweises? Unsere Unfallversicherungsanstalten führen 
erschreckende, jedem Industriellen geläufige Ziffern vor. 
Bedarf es einer Beweisführung, daß die Versicherung 
nu r ein Notbehelf ist, daß sie den durch Beeinträchti' 
gung oder gar durch Lähmung der Arbeitskraft dem 
Individium und dessen Angehörigen bereiteten Schaden 
n ur notdürftig deckt, nicht aber den der Gesellschaft 
schon hierdurch, noch mehr aber durch Tötung des 
Arbeiters bereiteten empfindlichen Kräfteverlust gut zu 
machen vermag? 
Jedem Denkenden drängt sich wohl von selbst die 
Folgerung auf, daß dieser Schaden, dieser Kräfteverlust 
sich potenziert, wenn qualifizierte Arbeiter in Betracht 
kommen. Läuft aber einerseits die unaufhaltsam vor' 
schreitende Technik mit den sich mehrenden und ver' 
feinernden Maschinen, anderseits das erfreuliche, durch 
die Schule, durch Vereine, die Presse u. s. w. genährte 
Streben des Arbeiters nach Vermehrung seines Wissens 
und Steigerung seiner Fähigkeiten nicht darauf hinaus, 
die Zahl der gelernten oder qualifizierten Arbeiter stetig 
zu vergrößern? 
Zwingend ist die aus all dem sich ergebende Folge' 
rung, daß die Anbringung von Einrichtungen oder Vor' 
kehrungen, welche die Bedienung oder Verwendung von 
Maschinen, wenn nicht gefahrlos, so doch wenigstens 
minder gefährlich machen, als vom Sittengesetze und 
vom Klugheitsstandpunkte gebotene Pflicht zu be' 
zeichnen ist. 
Müssen wir aber, als fühlende Wesen, nicht auch 
dessen gedenken, daß der Arbeiter, leider nur zu oft, 
nicht einem Betriebsunfall, sondern einem durch Aus' 
Übung seines Berufes bereiteten Siechtum erliegt? 
Wird hierdurch nicht in noch höherem Maße die 
Vorkehrung all dessen, was geeignet ist, oder wenigstens 
geeignet erscheint, die Gefahren für Sicherheit des 
Lebens und der Gesundheit im Gewerbebetriebe zu be' 
kämpfen, zur Pflicht? 
Angesichts dessen erscheinen die Bestrebungen der 
Unfallverhütungstechnik und der gewerblichen Hygiene 
anerkennens', preisens' und fördernswert. 
Im Jahre 1889 fand in Berlin die von dem hervor' 
ragenden Mitgliede des deutschen Reichstages, dem Groß' 
industriellen Herrn Roesike, angeregte Erste deutsche 
Ausstellung für Unfallverhütung statt. Roesike 
hatte die von mir ausgeführte Gruppe XX in der vom 
Niederösterreichischen Gewerbevereine im 
Jahre 1888 veranstalteten Jubiläumsausstellung ge' 
sehen. Überrascht von der Fülle des von den Industriellen 
Österreichs auf dem Gebiete der Sicherheitsvorkehrungen 
und Wohlfahrtseinrichtungen Geleisteten — als Zeuge 
dessen, verweise ich auf den von mir verfaßten Katalog der 
Gruppe XX — sprach er den dringenden Wunsch aus, 
daß der Inhalt der Gruppe XX in die vorerwähnte Aus' 
Stellung übertragen werden möge. Unsere Industriellen 
kamen meiner Bitte um Vervollständigung jener Samm' 
lung und um sonstige Beitragsleistungen bereitwilligst 
nach. Dank dem und der rühmenswerten, sehr wirk' 
samen Unterstützung seitens des Herrn Artur Krupp 
und der Firma S. Reich&Co. hatte die österreichische 
Abteilung einen hervorragenden Anteil an der Aufsehen 
erregenden Ersten deutschen Ausstellung für Unfall' 
Verhütung. Als ich Herrn Roesike mitteilte, es habe 
sich mir die Idee aufgedrängt, unter Benützung unserer 
in zwei Sälen vorgeführten Modelle und Zeichnungen, 
in Wien ein Museum zu schaffen und zu dessen Pflege 
einen Verein ins Leben zu rufen, äußerte er sich dahin, 
daß er, selbst wenn das große, beifälligst beurteilte Werk 
der Ausstellung nur diesen Einen Erfolg zu verzeichnen 
hätte, — die von mir bemerkte Schöpfung in Wien ver' 
anlaßt zu haben, sich befriedigt erkläre. 
Zu Beginn des Jahres 1890 war ich so glücklich, die 
erste Generalversammlung des Vereines zur 
Pflege des gewerbehygienischen Museums vor
	        
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