Full text: Die Arbeiterfrage

E. Die Stellung der Arbeiter zu den außerberuflicben 
Kultur- und Lebensproblemen 
Die Formen, in die sich einst der Glaube einer kindlichen 
Zeit hüllte, sind gefallen. Die leibliche Fahrt in den Himmel hat 
für die Arbeiter ihren Sinn verloren. Aber der Ruf: „Empor“! 
tönt immer stärker. Und genau betrachtet, sind es doch die alten 
Gedanken der Menschenliebe, die wir in dem Altruismus der 
Gegenwart wiederfinden. Der ethische Kern aller Religionen 
verschwindet nicht spurlos in der Welt. Er wandelt sich nur 
in tausend Formen. Aber er bleibt. Und heute wie immer gilt 
das Wort des Apostels: „Nicht daß ichs schon ergriffen habe, 
oder schon vollkommen sei; ich jage ihm aber nach.“ Wie 
es auch Lessing ausgedrückt hat, daß er nicht die volle Wahr 
heit wolle, sondern nur den Drang nach Wahrheit, auch wenn 
er immer wieder irren sollte. Diesen Gedankengang haben viele 
Arbeiter sich zu eigen gemacht. Da schreibt ein Metallar 
beiter: „Die Religion ist ja etwas ganz anderes als das, was 
man uns als Religion aufzuschwatzen versucht. Die Frage nach 
dem „Warum“ und „Woher“ und „Wohin“ beschäftigt wohl 
in stillen, beschaulichen Stunden jeden Menschen einmal. Aller 
dings wir wissen es nicht und werden es nicht wissen, und das 
ist gut so. Das Streben nach Erkenntnis bringt die Menschen 
vorwärts wie eine Fata morgana, jedoch verschwindet diese 
Erkenntnis wieder, wenn wir glauben, ihr nahe zu sein, Und 
beschämt müssen wir uns eingestehen, daß wir nichts wissen. 
Wenn ein Teil einer Maschine, sei es ein Rädchen, mit Ver 
nunft begabt wäre, und Augen zum Sehen wie wir besäße, 
und Betrachtungen anstellen würde über den Zweck seines Da 
seins, könnte es, da es, weil es sich nicht von seinem Platze 
entfernen könnte, ohne aufzuhören, ein Rädchen einer Ma 
schine zu sein, auch nur Hypothesen aufstellen, aber nie die 
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