Full text: Merck's Warenlexikon für Handel, Industrie und Gewerbe

Radauplätzchen 
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Radix 
R. 
Radauplätzchen (Radaublättchen, Teu 
felskracher) sind runde, von rotem Papier um 
hüllte Scheibchen von etwa 3 cm Durchmesser, 
die sich beim Anreißen an einer rauhen Fläche 
mit knatterndem Geräusch entzünden und meist 
von Kindern zum Spielen oder richtiger zur 
Verübung groben Unfugs benutzt werden. Sie 
enthalten neben chlorsaurem Kalium erhebliche 
Mengen des weißen giftigen Phosphors und 
dürfen daher als gesundheitsschädliches Spiel 
zeug nach der neueren Rechtsprechung nicht in 
den Verkehr gebracht werden. Ähnlich verhält 
es sich mit den sog. Knallkorken und der 
Liliputmunition, die überdies noch als Spreng 
stoffe angesehen werden können. 
Radium ist das im Jahre 1898 von dem Ehe 
paare Curie in der Pechblende von Joachimstal 
entdeckte seltsame Element, das in seinem che 
mischen Verhalten dem Barium nahesteht, im 
übrigen aber völlig abweichende Eigenschaften 
aufweist. Man gewinnt es durch Ausziehen der 
gerösteten Uranerze mit Schwefelsäure, wodurch 
das Uran entfernt wird, und darauffolgende Be 
handlung des von Schwefelsäure befreiten Rück 
standes mit Natronlauge, in welche Blei, Kiesel 
säure und Tonerde übergehen. Dann wird mit 
Salzsäure und der hierin unlösliche Teil mit 
Sodalösung erwärmt, um das Bariumsulfat mit 
dem nahestehenden R. in Karbonate überzufüh 
ren, die nunmehr in Salzsäure löslich sind. Durch 
außerordentlich mühsame weitere Verarbeitung, 
abwechselnde Einwirkung von Soda und Salz 
säure, Chlor, Schwefelwasserstoff und Ammoniak 
erhält man schließlich aus mehreren Tonnen 
Pechblende wenige Zentigramme Radiumchlorid 
oder Radiumbromid, das meist mit der entspre 
chenden Bariumverbindung vereinigt ist. Eine 
Zeitlang wurde diese Verbindung zu ungeheuren 
Preisen verkauft, scheint aber jetzt gar nicht 
mehr im Handel zu sein. In metallischem Zu 
stande ist R. noch nicht isoliert worden. Aus 
den mehr oder weniger reinen Halogen Verbin 
dungen hat man für das Atomgewicht Werte von 
225—267 berechnet. Von dem chemischen Ver 
halten des neuen Körpers ist, abgesehen von 
seiner Verwandtschaft zum Barium, sehr wenig 
oder gar nichts bekannt. Um so auffallender 
sind seine physikalischen Eigenschaften. Die 
farblosen Kristalle des Radiumchlorides färben 
sich nach kurzer Zeit gelb und verleihen zugleich 
den umhüllenden Glasgefäßen eine intensiv 
braune_ Farbe. Sie machen die Luft für Elektri 
zität leitend und entladen somit ein Elektroskop 
aus größerer Entfernung selbst durch eine Alu 
miniumhülle hindurch. Außerordentlich merk 
würdig verhalten sich die vom R, ausgesandten 
Strahlen. Sie bringen einen Bariumplatinzyanür- 
schirm zur Fluoreszenz und wirken, durch alle 
bekannten Stoffe hindurchgehend, auf die photo 
graphische Platte. Da sie Knochen ebenso leicht 
durchdringen wie Fleisch, können sie nicht an 
Stelle der Röntgenstrahlen benutzt werden. Im 
Laufe langer Zeiträume soll R. unter Abspaltung 
von sog. Emanation und Entwicklung Von 
Wärme allmählich zerfallen, ein Verhalten, das 
die bisherigen Anschauungen über die Unzerstör 
barkeit der Kraft und der Materie von Grund aus 
verändern müßte. Im Gegensatz zu diesen 
weitgehenden Schlußfolgerungen hat Clemens 
Winkler noch kurz vor seinem Tode darauf 
hingewiesen, daß diese wunderbaren Erschei 
nungen möglicherweise gar nicht auf einen neuen 
Körper, sondern nur auf einen besonderen Zu 
stand der Materie, etwa nach Art des magneti 
schen Eisens, zurückzuführen seien. Zur Unter 
stützung dieser Auffassung wies er darauf hin, 
daß eine ganze Reihe bekannter Elemente Uran, 
Blei, Thorium und Tellur radioaktive Formen 
von unveränderten chemischen Eigenschaften bil 
den. •— Zu einer praktischen Verwertung hat 
man die heftige Einwirkung des R. auf die 
menschliche Haut heranzuziehen versucht. Die 
R.-Strahlen rufen auf der Haut -Entzündungen 
und Brandstellen hervor, und zwar anscheinend 
auf Geschwülsten krebsartiger Natur heftiger als 
auf die gesunde Haut. Abschließende Erfahrun 
gen über die Behandlung von Krebs mit R. 
liegen zurzeit noch nicht vor, ebensowenig über 
die Beziehungen zwischen der Radioaktivität der 
meisten Mineralquellen zu ihrer Heilkraft. — 
Nachdem die österreichische Regierung die Joa 
chimstaler Pechblende dem freien Verkehr ent 
zogen hat, scheinen neuerdings auf sächsischem 
Boden bei Oberwiesenthal abbauwürdige Funde 
gemacht worden zu sein, die auch durch eine 
sächsische Verordnung geschützt wurden. 
Radix (Wurzel). -Die aufgeführten gangbaren 
Wurzeln des Drogenhandels sind unter ihren deut- 
schenNamen an den betreffenden Stellenzufinden. 
Mehrere derselben stellen eigentlich ein Rhizom, 
einen Wurzel- oder Mittelstock, dar, d. h. 
einen unterirdischen, ausdauernden Stamm- oder 
Stengelteil, der nach oben Triebe, nach unten 
Nebenwurzeln austreibt, z. B. Rhizopa calami, 
Kalmuswurzel, Rhiz. zingiberis, Ingwerwurzel, 
Rhiz. galangae, Galgantwurzel, Rhiz. iridis, Veil 
chenwurzel. Man unterscheidet weiter folgende 
Wurzelarten: i. Die Zwiebel, lat. Bulbus, 
gleichfalls ein Stengelorgan, besteht aus dem 
Zwiebelboden, der ,an der Unterseite die Wurzeln, 
auf der Oberseite die Keimknospen trägt. Die 
letzteren sind von fleischig gewordenen Schuppen 
blättern eingeschlossen, von denen die äußeren 
mit der Zeit absterben und dann häutig werden, 
z. B. Speisezwiebel; Meerzwiebel, lat. Bulbus 
scillae; 2. Knolle, lat. Tuber, die als eine flei 
schige Knospe anzusehen ist. z. B. Sturmhut, lat. 
Tuber aconiti; Kartoffel, lat. Solanum tuberosum; 
3. Knollzwiebeln, lat. Bulbo-Tuber, bei denen 
die Zwiebelscheibe fleischig verdickt und mit 
einer oder nur wenigen Häuten umgeben ist, 
z. B.: Safran, lat. Crocus sativus; Herbstzeitlose, 
lat. Tubera colchici. — Diese Unterscheidungen 
werden zwar in den Lehrbüchern der Waren 
kunde, im Warenverkehr jedoch nicht allgemein 
angenommen. Fälle dieser Art sind hier besonders 
bezeichnet. — Als wichtige Wurzeln sind zu 
nennen: Tuber aconiti, Sturmhutwurzel; R. al- 
cannae, Alkannawurzel; R. althaeae, Eibisch 
wurzel; R. angelicae, Angelika-(Engel-)wurzel;
	        
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