Full text: Das Krankenkassenwesen der Schweiz und das Bundesgesetz vom 13. Juni 1911

II. Kapitel. 
Geschichte der Krankenkassen in der Schweiz. 
Wenn vielfach behauptet wird, die Krankenkassen seien eine 
Erfindung des letzten Jahrhunderts, so muß diese Behauptung 
dahin berichtigt werden, daß schon im Mittelalter die Bruder 
schaften und Zünfte ihre Mitglieder im Falle von Krankheit unter 
stützten. Die Bruderschaften waren anfänglich Organisationen, 
welche sich mehr zur Durchführung religiöser Aufgaben konstitu 
ierten, später aber auch wirtschaftliche Zwecke verfolgten, so daß 
der Ausdruck Bruderschaft gleichbedeutend wird wie Innung, 
Gilde und Zunft. Die Krankenunterstützung war nur Nebenzweck 
dieser Organisationen, welche, wie in den größeren Städten Deutsch 
lands, so auch in einigen der Schweiz, bestanden. Von den heute 
noch in unserem Lande existierenden Krankenkassen sind es drei, 
deren Gründungsjahr bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Unter 
diesen befindet sich die allgemeine Arbeiter-Krankenkasse der 
Stadt Luzern, über welche uns nähere Angaben zur Verfügung 
stehen. 1 
Als „Bruderschaft lediger Mannspersonen“ wurde die Kasse 
im Jahre 1560 gegründet. Die Mitglieder hießen „Sodalen“, d. h. 
religiöse oder geistliche Brüder. Eine Bestimmung in der Satz 
ung der Bruderschaft aus dem 16. Jahrhundert lautete: „Jeglichem 
Bruder, wenn er siech wird oder krank, soll man leihen dritthalb 
Pfennige täglich, wenn es ihm not tut, hilft ihm aber unser Herr 
gott, daß er wieder gesund wird und arbeiten kann, so soll er die 
dritthalb Pfennige wieder bezahlen. Tut es ihm länger not und 
bedarf er mehr, so solle man ihm leihen auf Pfand; stürbe er, so 
soll man bezahlen von dem, was er hinterläßt!“ Auch bei dieser 
Bruderschaft war die Krankenunterstützung nur Nebenzweck; 
1 F. J. End, die Allgemeine Krankenkasse der Stadt Luzern.
	        
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