Full text: Graf Georg Kankrin in nationalökonomischer und finanzwirtschaftlicher Beziehung

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Als Kankrin am 1. Mai 1844 von der Leitung des 
Finanzministeriums zurücktrat, konnte er mit Recht auf große 
Veränderungen und Besserungen, die er hinterließ, hinweisen. 
Man braucht nicht alles zu loben, was und wie er 
sein Werk getan. Wir haben auf den betreffenden Stellen 
in diesem Kapitel darauf hingewiesen, wo die Maßnahmen 
Kankrins unserer Meinung nach zu bemängeln sind. Aber 
man kann Kankrin wie jeden anderen nicht anders beurteilen 
als nur aus den Verhältnissen seiner Zeit heraus, in denen 
er lebte und wirkte. Und diese waren, wie wir gesehen 
haben, gar nicht günstig. 
Es ist ja ganz recht, wenn J. Bloch das Kankrinsche 
Finanzsystem konservativ, in sich geschlossen und träge 
nennt 1 ) und wenn N. Bunge 2 ) ihm vorwirft, daß sein Augen 
merk zu sehr auf das Gegenwärtige gerichtet war und eine 
große Verantwortlichkeit von der Zukunft forderte. Man 
muß aber trotzdem offen eingestehen, daß er vieles und 
großes für die Besserung der russischen Finanzen und für 
die Fixierung der Wertzeichen mit seiner Geldreform ge 
leistet hat. Hierin liegt eben die große Bedeutung Kankrins 
auf dem finanzwirtschaftlichen Gebiete. »Er hob den Reichs 
kredit — wenn wir uns erlauben, mit Schipows Worten zu 
sprechen — auf die höchste Stufe des Ansehens an allen 
europäischen Börsen, und der Reichtum Rußlands stieg be 
deutend unter seinem Ministerium trotz der großen Kriege, 
des polnischen Aufstandes, der europäischen Krisen, der 
Überschwemmung, des Wütens der Cholera: Begebenheiten, 
die seiner Verwaltung nicht geringe Schwierigkeiten be 
reitet haben «. a ) 
Das von Kankrin mit solcher Mühe und Ausdauer 
geschaffene Finanzsystem mußte aber bald einen jähen 
Zusammenbruch erfahren. Den stärksten Stoß dazu erteilte 
ihm der Krim-Krieg. Derselbe zeigte zugleich am deut- 
') Bl. 1. 126/7. — 2 ) Bunge, 363. — 3 ) Keys. 31.
	        
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