8
mit welchen eine Jahrhunderte alte Tradition die Entwicklung
des Gewerbes eingeengt hatte, endgültig beseitigt. Die
neuen Ideen von der Zweckmäßigkeit des wirtschaftlichen
Sichauslebens des Einzelnen, der Glaube an die Allmacht
der von allen Fesseln befreiten wirtschaftlichen Betätigung
des Individuums hatte alle Kreise ergriffen. Der Eigennutz
galt als Quelle des ökonomischen Prinzips in der Produktion
und der Volkswirtschaft überhaupt. Wenn jeder produzieren
kann, was er will, so zwingt ihn sein Selbstinteresse dazu,
gerade das herzustellen, wonach verlangt wird und Qualität
und Preis aus Rücksicht auf die Konkurrenz den Interessen
der Konsumenten anzupassen. Das Streben nach dem
eigenen Vorteil zeitigt gleichzeitig die volkswirtschaftlich beste
und zweckmäßigste Verteilung der Güter und Arbeitskräfte.
Dies Prinzip der wirtschaftlichen Freiheit kam aber
zur recht eigentlichen Entfaltung und Wirksamkeit erst durch
die gleichzeitig einsetzende beispielslose Entwicklung der
Technik. Schon die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts
hatte die großen Erfindungen gesehen, welche eine völlige
Umwälzung der Textilindustrie hervorriefen. 1790 fand die
Dampfmaschine Eingang in letztere. Von 1760—70 begann
man, die Steinkohle zum Ausschmelzen des Eisens zu be
nutzen, wodurch der Kohlenbergbau und die Metallindustrie
einen ungeheuren Aufschwung nahmen. Eine Erfindung
folgte der anderen, fast jedes Gewerbe wurde davon er
griffen und damit der Uebergang vom Handwerk zum Fabrik
betrieb angebahnt. Die Verwendung von Maschinen, ins
besondere der Dampfmaschine, gestaltete dgn Betrieb von
Grund aus um. Preußen zählte 1 ) 1840: 600 Dampfmaschinen
mit 11000 Pferdekräften, 1910: 88187 feststehende Dampf
maschinen mit 5,84 Millionen Pferdekräften.
’) nach Conrad, Grundriß. Bd. 2, § 37.