Full text: Die Unternehmerverbände in der Deutschen Privat-Versicherung

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Versicherungspreises zu bewirken. Auch die Aktiengesellschaften haben sich 
zum Teil genötigt gesehen, die Versicherten an dem Betriebsgewinn teil 
nehmen zu lassen. Die Gegenseitigkeitsbetriebe können keineswegs den 
ganzen Ueberschuß verteilen, sondern müssen ihre Beamten, insoweit sie 
sich um die Ausdehnung des Geschäftskreises verdient machen oder eigent 
liche Unternehmerfunktionen ausüben, am Ertrage beteiligen; nur die Ge 
winne der Kapitalisten, welche den Garantiefonds aufzubringen haben, 
sind hier fest begrenzt und vorübergehend. In denjenigen Versicherungs 
zweigen, in welchen eine Gewinnbeteiligung der Versicherten nicht üblich 
ist, haben sich vielfach andere gemeinnützige Verwendungsformen der ver 
fügbaren Ueberschüsse eingebürgert, die direkt oder indirekt die Förderung 
von Präventiv- und Repressionsmaßregeln zur Verminderung der Scha 
denfälle bezweckend) Keine Versicherungsgesellschaft kann sich auf die Dauer 
den gemeinwirtschaftlichen Aufgaben entziehen, deren Erfüllung die solida 
rische Wahrnehmung der Interessen ihres Kontrahentenkreises erfordert, 
und je größer ihre wirtschaftliche Macht wird, um so höher sind die An 
sprüche, die in dieser Beziehung an sie gestellt werden. Wie wir später 
sehen werden, gilt dies in gleichem Maße für die Unternehmerverbände, 
welche vermöge ihrer gesteigerten Leistungsfähigkeit manche ganz neuen 
Aufgaben zu erfüllen haben, die von den isolierten Unternehmungen auch 
nicht annähernd in gleicher Vollkommenheit erreicht werden konnten. Jede 
Ueberspannung des Rentabilitätsprinzips im Versicherungswesen wird daher 
durch ihren inneren Widerspruch mit dem sozialen Pflichtenkreise aller Ver 
sicherungsunternehmer über lang oder kurz einen Rückschlag zur Folge 
haben. Mit Recht findet Gustav S ch m o l l e r „die ideale, sozialpolitische 
und prinzipielle Bedeutung der Versicherung . . . darin, daß sie halb auf 
individualistischer, halb auf sympathisch-gemeinnütziger Grundlage ruht, die 
Solidarität und Vergesellschaftung steigert und doch unter Benutzung der 
genau beobachteten Erfahrung der Gefahrengrößen Leistung und Gegen 
leistung berechnet".^) 
Ein stark hervortretendes Mißverhältnis zwischen der finanziellen Ge 
samtleistung der Versicherten und der bei Eintreten des Versicherungsfalles 
gebotenen Gegenleistung der Versicherer oder ihrer Verbände würde des 
halb stets allgemeine Unzufriedenheit und Widerstand, ja schließlich dauern 
den Rückgang der betreffenden Unternehmung oder Unternchmungsgruppe 
zur Folge haben. Nur ganz vorübergehend finden sich in der Geschichte 
der deutschen Privatversicherung mouopolähnliche Verhältnisse. Es lag in 
solchen Fällen stets eine zu weitgehende Vorsicht der einzelstaatlichen Ver 
waltungsbehörden zugrunde, welche die Erhaltung leistungsfähiger Unter 
nehmungen durch zeitlich begrenzte Exklusivprivilegien oder Konzessions 
verweigerung für neu hinzukommende Betriebe sichern zu müssen glaubten. 
Seit die Technik der Versicherung in allen älteren bewährten Zweigen voll 
ausgebildet, rationell begründet und bis,zu einem gewissen Grade Gemein 
gut geworden ist, wird es einer kartellmäßig sich zusammenschließenden 
3 ) So betrugen z. B. die Leistungen der Feuerversicherungsgesellschaften für ge 
meinnützige Zwecke i. I. 1907 1,759,239 Mk. Veröffentlichungen des Aufsichtsamtes 
1908, Tabellen S. 95-97. 
ft Grundriß der allgemeinen Volkswirtschaftslehre Bd. 2 S. 316. 
ft So war z. B. die Berlinische Lebenversicherungsgesellschaft in den ersten 
15 Jahren ihres Bestehens (1836—51) durch Privileg vor Konkurrenzunternehmnngen 
in Preußen geschützt.
	        
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