Full text: Die Unternehmerverbände in der Deutschen Privat-Versicherung

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und gesichert^) Hierin lag ein ungeheurer sozialpolitischer Fortschritt, 
denn in der Regel, sind die Versicherungsnehmer den großen kapitalistischen 
Gesellschasten gegenüber die wirtschaftlich schwächere Partei, weil es ihnen 
an genügender Sachkenntnis fehlt, um die komplizierten Bedingungen eines 
Versicherungsvertrages nach ihrer praktischen Tragweite richtig zu be 
urteilen. Soweit es sich daher nicht umgehen ließ, hat der Gesetzgeber zu 
gunsten der Versicherten eingegriffen. Durch die Schaffung einer einheit 
lichen Rechtsgrundlage ist nun wiederum eine gewisse Gleichmäßigkeit des 
Versicherungspreises begründet, die für die Zukunft die generelle Regelung 
der Unternehmerleistungen durch die Kartelle erleichtern und fördern wird. 
Daß den schlimmsten Auswüchsen der Konkurrenz durch das Eingreifen der 
Gesetzgebung ein für allemal der Boden entzogen worden ist, darf man 
wohl annehmen, doch ist bemerkenswert, daß die durch das Handelsgesetz 
buch geregelte Seeversicherung und einige andere Zweige (Kredit-, Kurs 
verlust-, Transport-, Arbeitslosenversicherung), bei welchen geschäfts 
kundige Personen den Unternehmern gegenüberstehen, zwingenden Rechts 
normen der oben erwähnten Art nicht unterworfen sind; für die Rückver 
sicherung besteht sogar überhaupt keine besondere Gesetzgebung. Die Folge 
ist, daß in diesen Assekuranzzweigen zum Teil noch ein fast zügelloser Wett 
bewerb besteht, dem selbst die Kartellorganisation nicht genügend steuern 
kann. 
Das dritte und stärkste Bollwerk gegen einseitige Wahrnehmung der 
Unternehmerinteressen bildet die Tätigkeit des Kaiserlichen Auf 
sichtsamts für Privatversicherung, welches auf Grund des 
Reichsgesetzes vom 12. Mai 1901 die Geschäftsführung der Versicherungs 
gesellschaften überwacht. Nur die See- und Transport-, die Kursverlust- 
und die Rückversicherungsbctriebe unterliegen nicht dieser Verwaltungs- 
kontrolleft) Die Aufsichtsbehörde, welche mit großen diskretionären Macht 
befugnissen ausgestattet ist, hat sich im Verlauf ihrer zehnjährigen Tätig 
keit stets bemüht, sowohl den berechtigten Interessen der Unternehmer als 
auch vor allem den Anforderungen und Wünschen der Versicherungsnehmer 
gerecht zu werden. Anfangs fand das Amt auf seiten der meisten Gesell 
schaften Widerstand und Abneigung, auch an gemeinsamen Abwehrmaß 
regeln der Kartelle gegen bürokratische Einmischung in den Geschäftsbetrieb 
hat es wohl nicht gefehlt, aber mit der Zeit hat sich doch dieses wenigbe 
gründete Mißtrauen der Versicherer verloren, weil gerade die bestgeleiteten, 
soliden und gut fundierten Unternehmungen sich der Einsicht nicht ver 
schließen konnten, daß die Aufsichtsbehörde ihnen stets einen sicheren Schutz 
gegen unlautere und gewissenlose Konkurrenten bot, die mit ihren kurz 
sichtigen, eigennützigen Geschäftspraktiken das Ansehen des gesamten Ver 
sicherungsgewerbes schädigten oder gefährdeten. Die auf die Konkurrenz 
beschränkung gerichteten Maßnahmen der Kartelle verfolgten zum größten 
Teil dieselben Zwecke; man gewinnt sogar den Eindruck, daß die Macht des 
Aufsichtsamts in der bis ins Einzelne gehenden Beobachtung und Be 
einflussung aller Zweige des Geschäftsbetriebes noch weit größer ist als die 
J 3 ) 3n einigen kleineren Zweigen wie Einbruchdiebstahl-, Glasversicherung usw. 
stt aUerdrngs der Umfang der Haftung des Versicherers der freien Vereinbarung der 
Parteren uberlassen. Hier kann nur das Aufsichtsamt ergänzend eingreifen. 
Februar 1909 wurde auch den inländischen Rückversicherungsanstälten 
offentnche Rechnungslegung norxwsckwwbm, und dadurch eine gewisse Einflußnahme 
des .lufuchtsarnts herbeigeführt (Veröffentlichungen des Aufsichtsamtes 1911, S. 88).
	        
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