§ 1. Statiftik der Hausinduftrie 47 Statiftik ift ein Unterfchied zwifchen Hausgewerbetreibenden und Heimarbeitern nicht gemacht worden. Ein anderer Unterfchied hatte mehr Bedeutung. In das Gewerbeformular hatten nur diejenigen Hausgewerbetreibenden und Heimarbeiter Einträge zu machen, die „felbftändige“ Gewerbetreibende waren. Wer waren nun die Unfelbftändigen ? Als unfelbftändig gelten diejenigen, die aus mehr zufälligen, vielleicht vorübergehenden oder befondern örtlichen Gründen (Ortsgewohn heiten) nicht in der Arbeitsftätte des Arbeitgebers, fondern in ihrer Behaufung arbeiten, für die ferner der Arbeitslohn, die Ausführung der Arbeit, die Liefer- frift genau vorgefchrieben ift, mit andern Worten diejenigen, die nach der Anleitung des Reichsverficherungsamtes und auch fonft als Heimarbeiter bezeichnet werden im Gegenfatz zu den Hausgewerbetreibenden. Ihr Kreis ift naturgemäß fehr klein und fand bei der Zählung keine Beachtung. Außer diefen mit Recht ausgefchiedenen unfelbftändigen Heimarbeitern wurden jedoch des weitern aus dem Hausgewerbe zahlreiche Perfonen aus- gefchieden, die in der Literatur und im Sprachgebrauch als Hausgewerbe treibende und Heimarbeiter angefehen werden. x ) Es galt nämlich bei der Aufbereitung der einzelnen Staaten folgender Grundfatz: „Für Perfonen, die zu Haufe im Akkord für Fabriken arbeiten, find Gewerbepapiere nicht auszu- ftelien, da diefe als unfelbftändigc Heimarbeiter anzufehen find.“ Die Aus- fcheidung diefes Perfonenkreifes aus dem Hausgewerbe erfcheint aber nicht als begründet. Denn es macht für die wirtfchaftliche und perfönliche Lage des Arbeiters in der Regel wenig aus, ob er von einem Kaufmann, einem Ge- fchäft oder von einer Fabrik „verlegt“ ift. Eine weitere Fehlerquelle der Statiftik liegt darin, daß die Zählung zu einer Zeit ftattfand (12. Juni), wo viele Hausinduftrien, namentlich ländliche, ruhten. Viele der fonft hausinduftriell Befchäftigten trugen fich wahrfcheinlich nur als Landwirte ein, beftenfalls gaben fie ihre hausinduftrielle Tätigkeit als Nebenberuf an. -— Ferner wurde höchftwahrfcheinlich die hausinduftrielle Tätig keit der Ehefrau oder fonftiger Familienangehörigen aus verfchiedenen Gründen, z. B. aus Steuerfurcht, nicht angegeben. Frauen und Töchter aus beffern Kreifen, die in Mußeftunden für Magazine arbeiten, mochte das Standesbewußt- fein davor zurückfchrecken, in den Liften als Hausinduftrielle zu figurieren. * 2 ) *) Vgl. Meerwarth a. a. 0. 324 ff- 2 ) Jedoch dürfte die Zahl diefer Hausinduftriellen aus beffern Ständen nicht fo grojz fein, wie Sombart und mit ihm zahlreiche kleinere Schriften vermuten, welche den Typus der von Romanfchriftftellern hier und da „beobachteten“ heimlich nähenden Offizierstöchter fehr verallgemeinert haben. Vgl. W. C 1 a a f f e n, Die foziale Berufsgliederung des deutfehen Volkes, Leipzig 1904. 85 ff.