I. Vorgeschichte. 1. Der Zerfall der alten Zunftorganisation. Die Organisation der gewerblichen Arbeit in den Zünften ist ein charakteristisches Merkmal der mittelalterlichen Städtekultur. Wir finden diese Art der Handwerkervereinigungen in der Ge schichte der meisten Städte; aber trotzdem eine einheitliche Basis namentlich des Zunftwesens in Deutschland nicht zu verkennen ist, war doch seine Entwicklung in den einzelnen Städten eine ganz selbständige und unabhängige. Diese Unabhängigkeit der Zunfteinrichtungen läßt sich ganz besonders in Zürich beobachten. Daß schon in früherer Zeit, im XII. und XIII. Jahrhundert, die Handwerker in Zürich versucht hatten, sich in Verbänden zusammenzuschließen, geht am deutlichsten hervor aus dem strengen Verbot solcher Korporationen im Zürcher Richtebrief. 1 ) Es ist daraus zu erkennen, daß die Handwerke, die, nach Bluntschli, früher dem Hofrechte der Äbtissin des Fraumünsters unterworfen gewesen waren, in dieser Zeit schon zu einer ge wissen Blüte gelangt waren, und anfingen, ihre abhängige Stellung als lästig zu empfinden. Gewisse Vereinigungen der Gewerbe treibenden kamen auch schon damals vor, aber es waren dies nur Privatvereine, die einer strengen Beaufsichtigung durch den Rat unterworfen waren. „Dieser erließ, nachdem er zuvor die Meinung der betreffenden Handwerksgenossenschaft angehört, die nötigen Verordnungen (Einungen genannt) und bezeichnete selber die sogenannten Einunger, welche über ihre Handhabung wachen sollten und auch einen Teil der Bußen bezogen.‘‘ 2 ) Die Selbständigmachung dieser Vereinigungen knüpft sich an den Namen Rudolf Brun. Durch die Brun’sche Staatsumwälzung 1) Bluntschli I S. 154. 2) a. a, 0. S. 153.