17 riert. Die Requisition wird sich in diesem Falle dem normalen sozialen Leben eingliedern und es umgestalten. Nach einiger Zeit wird sich alles dem Requirieren angepaßt haben. Wir müssen die Requisition einer operierenden Armee, die im allgemeinen auf soziale Gesichtspunkte schwer Rücksicht nehmen kann und so gut wie aus schließlich die militärischen Zwecke im Auge haben wird, von jener im Rücken der Armee trennen, die sehr wohl auf die Wirkungen Rück sicht nehmen kann, welche die Requisition aus übt. Es kann z. B. eine bestimmte Quote der Naturalien requiriert oder eine Art progressiver Requisition eingeführt werden, derart, daß die Leute, welche größere Magazine haben, eine größere Quote herzugeben verpflichtet werden. Es kann auch ein Minimalvorrat der Re quisition entzogen bleiben, kurzum es wäre denkbar, daß man in den einer geordneten Ver waltung unterliegenden Landesteilen — seien sie nun feindliche oder solche des eigenen Landes •— eine Art Requisitionsordnung einführt, die der Steuerordnung zu vergleichen wäre. Soweit gegen Schein requiriert wird, wäre diese Requisition als Naturalzwangsanleihe zu charakteri sieren. Im allgemeinen wird es verabsäumt, in Friedenszeiten die eventuelle Requisitionsordnung systematisch auszuarbeiten, so daß die Requisition meist mehr Störungen erzeugt, als unbedingt erforderlich ist. Obgleich man eine Requisitions lehre in ähnlicherWeise wie die Steuerlehre aus gestalten könnte, ist dies bis jetzt unterblieben. Selbstverständlich müßte die theoretische Volks wirtschaftslehre, wenn sie vollständig ausgebaut wäre, auch diese Dinge von vornherein in sich enthalten, das heißt, die allgemeinen Sätze liefern, die auf diesen konkreten Fall anwendbar sind, aber sie ist zu einem solchen Grade der Allge meinheit noch nicht gelangt, sondern klammert sich meist noch recht eng an Abstraktionen aus bestimmten Friedenserscheinungen. Wenn man die Lehre von der unmittelbaren Realienbeschaffung ausbaut, muß man auch fest zustellen suchen, worin sich die unmittelbare Realienbeschaffung von der Beschaffung durch Kauf unterscheidet. Zunächst würde man wohl den Unterschied darin erblicken, daß die requi rierten Güter in dem einen Fall mit in dem anderen ohne Entschädigung den Leuten ab genommen werden, wenn man nicht bei der Unmittelbaren Beschaffung Quittungen als Zahlung gibt. Man kann aber Realien durch Kauf be schaffen und dennoch keine Entschädigung zahlen. Dies ist dann der Fall, wenn man das Geld, mit dem man die Waren kauft, vorher durch Kontri butionen beschafft hat. Ja man kann das so aus- Segebene Geld nochmals mit Hilfe einer Kontri bution einheben und den Rest der Realien dafür beschaffen. Wir sehen hier eine Analogie zur An- •eihenzirkulation, die wir oben vorgeführt haben. Wo dort von Anleihe gesprochen wird, haben wir nun von Kontribution zu sprechen. Im allgemeinen wird sich wohl die Sache so abspielen, daß man den Städten die Kontributionen auferlegt und in den Agrargebieten das so erhaltene Geld ausgibt, aber es ist auch der Fall denkbar, daß man das Geld dort ausgibt, wo man es requiriert hat. Esmüßte eingehend untersucht werden, wie die unmittelbare Requisition wirkt, wie die Güterbeschaffung durch Kauf nach vorher vorgenommener Kontribution. Vor allem liegen wesentliche psychologische Un terschiede vor. Im allgemeinen macht man wohl die Beobachtung, daß bei einer Bevölkerung, die sich einigermaßen neutral verhält, die Beschaffung der Realien durch Geld viel für sich hat. Nur nebenbei möchte ich darauf hinweisen, daß noch ein ganz anderes Moment die Kontribution nahe legt. Die in Feindesland einmarschierende Armee erhält Geldsorten mit, welche im eigenen Lande zirkulationsfähig, der feindlichen Bevölkerung aber unbekannt sind und daher vielfach nicht gerne genommen werden. Die Kontribution liefert Landes geld, was die Naturalienbeschaffung sehr zu er leichtern pflegt. Natürlich wäre auch der Fall denkbar, daß ein Armeekommando zwangsweise einen Geldwechsel in großem Stile durchführt. Mir ist nicht bekannt, ob so etwas je vorgekommen ist, zweckmäßig könnte es unter Umständen wohl sein. Insbesondere könnte durch die so beschafften feindlichen Zahlungsmittel auch den eigenen Sol daten das einheimische Geld gegen feindliches umgetauscht werden. Wie mir ein serbischer Ge währsmann mitteilte, pflegt nach einer Schlacht das Konsumbedürfnis der Offiziere und der Mannschaft ein gesteigertes zu sein. Nichts sei dem Manne dann lästiger, als die Nötigung zu sparen; er will sich, was ihn freut, beschaffen können. Nun kann man natürlich durch eine Verordnung die Bevöl kerung zwingen, jede beliebige Geldsorte anzu nehmen, man riskiert aber damit einen Teil des Vorteils, der eben darin besteht, daß man die ge wohnten Verkehrsformen möglichst aufrecht erhält. Insbesondere dem einzelnen Mann, der sich irgend welche Delikatessen oder sonstiges einkaufen will, ist es sehr erwünscht, wenn er ohne Hin- und Wider rede erhalten kann, was er wünscht. Uebrigens wurden ähnliche Beobachtungen auch in anderen Kriegen gemacht Der Sinn für die Zukunft ist beim Soldaten meist sehr herabgesetzt, der Augenblick gilt ihm alles, und so besteht wohl einige Wahr scheinlichkeit dafür, daß die an die Truppen aus zuzahlenden Gebühren zum größten Teil konsu miert werden. Nur die von vornherein für die Familien bestimmte Quote der Gebühren verbleibt der Inlandszirkulation. Diejenigen, welche mit Geldrückströmungen aus dem Operationsraum rechnen, müßten diesem Problem eingehende Aufmerksamkeit zuwenden. Eine Form der Beschaffung ausländischen Geldes bleibe übrigens nicht unerwähnt, zumal sie ge legentlich vorgekommen ist; der vorrückende Staat kann feindliches Zeichengeld selbst erzeugen, seien es nun Noten oder metallisches Zeichengeld.