37 so kann dies unter Umständen schwere Be lastungen der Bevölkerung zur Folge haben. Das Schmalspursystem Bosniens war eine der Hauptursachen, weshalb Oesterreich-Ungarn da selbst größere Truppenmassen frühzeitig an sammeln mußte, um im Kriegsfall bereit zu sein. Abgesehen davon, daß der Verkehr doch auch einige Störungen erlitt, müssen die großen Aus gaben ins Auge gefaßt werden, welche eine solche Truppenkonzentration nach sich zieht. Schwere Verluste erlitt ein großer Teil der Einberufenen, da für die Sicherung der Anstellungen solcher Einberufener bis heute keine entsprechenden Maßnahmen seitens des Staates getroffen wurden. Auch darf man nicht vergessen, daß die dauernde Dislozierung großer Truppenmassen, in Gebieten, die nicht dafür eingerichtet sind, eine erhebliche Steigerung der Krankheitsziffer zur Folge hat. Die Unterbringung von solchen Truppenmassen ist fast schwieriger durchzuführen, als die einer marschierenden Armee, die täglich ihren Rayon wechselt. Im Kriegsfälle kann die Heeresverwaltung das rollende Material der Eisenbahnen entweder zum Transport von Mannschaft und Kriegsmaterial oder zum Transport von Lebensmitteln verwen den. Zu letzterem Zweck wird sie an dem Vor handensein verschiedener Spezialtypen von Waggons sehr interessiert sein. Insbesondere seien hier die Kühlwaggons erwähnt, welche z. B. die serbische Armee während des Balkankrieges ver wendete. Sie bewährten sich im engeren Bereichsehr gut, weniger gut aber in einem größeren, weil in letzterem Falle das Fleisch häufig verdorben an kam. Solchen Uebelständen kann durch ent sprechende Vorsorgen, insbesondere durch Schaf fung genügend zahlreicher Eiserzeugungsstellen und Eisfüllungsstationen abgeholfen werden. Ruß land scheint in dieser Richtung große Vorkeh rungen getroffen zu haben. Auch in Oesterreich- Ungarn nimmt die Zahl der Kühlwaggons zu. Es ist klar, daß die Heeresverwaltung der Vermehrung des Kühlwaggonparks ähnliche Auf merksamkeit schenkt, wie den Lastautomobilen. Der normale Verkehr erleidet im Kriegsfall meist sehr erhebliche Störungen. Nicht immer werden aber ausreichende Maßnahmen getroffen, dieselben auf das Minimum zu reduzieren. Es soll im Jahre 1870/71 mehrfach vorgekommen sein, daß Fabriken feiern mußten, weil die Kohlen infolge Waggonmangels nicht transportiert werden konnten. Daran soll bei mehr als einer Gelegen heit nicht der effektive Mangel an Waggons schuld' gewesen sein, sondern die unzu längliche Instradierung. Angeblich war bei der Ausarbeitung der Transportpläne für die Armee auf die Bedürfnisse der Industrie an der West grenze nicht immer ausreichend Sorge getragen worden. Jedenfalls dürfte die rasche Entwicklung der Industrie und der Landwirtschaft dazu führen, daß der Mobilisi rungsplan auf die Unternehmungen aller Art möglichst Rücksicht nehmen wird ; ins- |L_ besondere dort, wo die militärischen Zwecke da durch gar nicht gefährdet erscheinen. Es gibt im Staatsleben mehr als eine Gelegenheit, wo Schaden dadurch vermieden werden kann, daß bestimmte Probleme nur überhaupt /berücksichtigt werden. Es wird nicht bei einzelnen Beratungen in dieser Hinsicht verbleiben, man wird einmal daran gehen müssen, das gesamte Verkehrssystem, sowie überhaupt das ganze Wirtschaftssystem in Hin blick auf den Kriegsfall einheitlich zu organi sieren. Dann wird man auch /ernstlich die Frage behandeln, wie weit Rohstoffreserven im Friedens fall am Platze sind, insbesondere Kohlenreserven. Im Kriegsfall werden solche Dinge allzu leicht überstürzt. Vorkehrungen, die in Friedenszeiten relativ billig zu treffen sind, verlangen dann leicht einen unverhältnismäßig großen Kostenaufwand, wenn man dann überhaupt noch gute Arbeit zu leisten imstande ist. Man vergißt von einer Mobilisierung zur nächsten, was man an wirt schaftlichen Erfahrungen gesammelt hat, während die rein militärischen Erfahrungen recht zuverlässig aufbewahrt zu werden pflegen. Die Kontinuität der kriegswirtschaftlichen Erfahrung fehlt. Während in früheren wirtschaft lichen und staatswissenschaftlichen Handbüchern sich noch Artikel über Heer u. dgl. fanden, die freilich meist recht unzulänglich waren, fehlen dieselben in den modernen Standardwerken voll kommen. Im Wörterbuch der Volkswirtschaft oder im Handwörterbuch der Staatswissenschaften sucht man vergeblich nach den Schlagworten Heer, Krieg usw. Daß nicht Platzmangel daran schuld ist, beweist das Vorhandensein von Artikeln über, Wasenmeisterei, Hebammen usw. Wir vergessen daher rasch die wirtschaftlichen Ereignisse der letzten Kriege. Wo findet man zuverlässiges Ma terial über die Runs im Jahre 1870/71 gesam melt? Es ist manchmal nicht einmal möglich, mit Sicherheit festzustellen, ob in einer deutschen Stadt in dieser Zeit eine Kriegslombaidkasse funktionierte oder nicht, geschweige denn, daß man immer über ihre Geschäftsführung unter richtetwäre. Wie anders wären wir heute daran, wenn alle einschlägigen Beobachtungen sofort gemacht und aufgezeichnet worden wären, wenn sie etwa in der Art wie die militärischen Beobachtungen gemacht und notiert worden wären. Wie wichtig wäre es, wenn neben die detaillierten historischen strategischen Studien auch solche kriegswirt schaftlicher und verpflegstechnischer Art träten. Auch die kriegswirtschaftlich bedeutsamen Vorkommnisse der Gegenwart werden nirgends systematisch gesammelt. Recht gute Nachweise findet man bei den Friedensfreunden, die bemüht sind, wenigstens die Zeitschriften und wichtigsten Zeitungsartikel über diese Materie bibliographisch zu sammeln. Aber wenn man sich auf reine Zeitungsnachrichten verlassen muß, ist man ver loren. Was für Fehlberichte Vorkommen können, hatte ich während des Balkankrieges mehr als