> — 8 — allermeisten gehen von dem Grundgedanken als fast selbstverständlicher Vor aussetzung aus, daß irgendeine Art des Rechtszwanges für jegliches mensch liches Gemeinschaftsleben durchaus erforderlich sei. Sie bejahen die Rechts notwendigkeit des Rechtszwangs, Erst seit Ausgang des 18, Jahrhunderts unter der Führung des Engländers Godwin treten Schriftsteller auf, welche das Recht des Rechts in Frage stellen und ein menschliches Gemeinschafts leben ohne jeden Rechtszwang für möglich, ja wünschenswert halten, Rur auf dem Wege freier Vertragschließungen sollen sich die Menschen zu freien Vereinigungen, aus denen jedem jederzeit der Austritt offenstehen soll, zu sammenschließen, Diese Richtung ist der Anarchismus, Er verwirft also jeden Staat in irgendeiner Form für die Gegenwart und die Zukunft, er ist der Ausfluß des extremsten ökonomischen und kulturellen Individualismus und Liberalismus, Der Staat erscheint dem Anarchismus geradezu als Un geheuer, Im einzelnen sollen hier seine Lehren nicht dargelegt werden, ihrer Erörterung wird ein späterer besonderer Aufsatz gewidmet werden. Wir haben also zwei menschliche Gesellschaftsformen und zwei ver schiedene Wirtschaftssysteme gewonnen! die eine mit Rechts zwang, die andere ohne Rechts zwang. Die Rechtsordnungen und Wirtschafts systeme m i t Rechtszwang unterscheiden sich nun wieder je nach der Be handlung des Eigentums in zwei grundverschiedene Abarten, in solche, welche grundsätzlich das Privateigentum als die beste und wünschens werteste Grundlage der menschlichen Kultur und Wirtschaft zulassen und in solche, welche das Eesamteigentum als erstbeste und notwendige Grundlage für das Aufblühen menschlicher Kultur und Wirtschaft ansehen. Es sind die individualistischen und die k o l l e k t i v i st i s ch e n Wirtschaftssysteme und Rechtsordnungen, Je nach dem Grade der Ausdehnung des Eesamteigentums haben wir nun drei verschiedene Unterarten des kollektivistischen Wirtschaftssystems zu scheiden! i. den Agrarsozialismus, Er verwirft nur das Privat eigentum, am Grund und Boden, läßt es dagegen am Kapital, an allen be weglichen Sachen zu. Er war bis vor kurzem, d, h, bis zur großen russischen Agrarreform Stolypins in Rußland verwirklicht, wo bekanntlich in den wei testen Gebietsteilen das Land in Form des „Mir" der ganzen Dorfgemeinde und nicht dem einzelnen gehörte, 2, der Sozialismus, Er erklärt die Abschaffung des Privateigentums an den gesamten Produktionsmitteln — aber auch nur an ihnen — für wünschenswert oder für naturnotwendig als durch den ehernen Gang der ökonomischen Entwickelung bedingt und unab wendbar, Unter Produktionsmitteln haben wir — auch das muß beschämender Weise zur Beseitigung mancher Unklarheiten und Verschwom menheiten in bürgerlichen Kreisen besonders gesagt werden —, alle diejeni gen wirtschaftlichen Güter zu verstehen, die zur Erzeugung neuer wirtschaft licher Güter notwendig sind, also den gesamten Grund und Boden, städtischen wie auch den gesamten ländlichen Besitz, Bergwerke, Fabrikanlagen, Ma schinen, Werkzeuge, Rohstoffe, Halbfabrikate, Das Eigentum an allen diesen Sachen geht älso auf die Gesamtheit, das Reich, den Staat, Gemeinde oder auch an genossenschaftliche Verbände über. Der Sozialismus läßt also nur noch persönliches Einkommen aus Arbeit — körperlicher oder geistiger — zu, nicht dagegen mehr aus Vermögensbesitz, Jedes private Kapital- und Grund-