— 19 — 2’ erbe galt als die direkte Fortsetzung der gesamten vermögensrechtlichen Per sönlichkeit des Erblassers, .überzeugend weist er dann nach, wie das alt germanische Erbrecht in der Vorstellung wurzelte, daß die gesamte Fa milie und nicht der gegenwärtige Inhaber Eigentümer des Vermögens sei. Da heute diese alten Auffassungen längst verschwunden seien, so bedürfe das private Erbrecht einer grundlegenden Umgestaltung. Das heutige Er- recht beruhe auf „der Familie als Staatsinstitution", auf „dem die Ver mögenshinterlassenschaften regelnden allgemeinen Willen des Staats." Da her sei heute „Regelung der Hinterlassenschaft von Sozietätswegen" Natur recht. (S. 586, Band V, 2. Teil.) In diesem selben Werke sucht dann Lassalle auch den Nachweis zu erbringen, daß mit dem Fortschritt der menschlichen Kultur die Sphäre des Privateigentums immer mehr eingeengt werde und kommt dann zu dem Schluß „in sozialer Beziehung steht die Welt vor der Frage, ob heute, wo es kein Eigentum an der unmittelbaren Benutzbarkeit eines anderen Menschen mehr gibt, ein solches auf seine mittelbare Aus beutung existieren T^Ite; d. h. gründlich, ob die freie Betätigung und Ent wickelung der eigenen Arbeitskraft ausschließliches Privateigentum des Be sitzers vom Arbeitssubstrat und Arbeitsvorschuß (Kapital) sein und ob folge weise dem Unternehmer als solchem und abgesehen von der Remuneration seiner geistigen Arbeit, ein Eigentum am fremden Arbeitswerte (Kapital prämie, Kapitalprofit), der sich bildet durch die Differenz zwischen dem Ver kaufspreise des Produkts und der Summe der Löhne und Vergütungen sämt licher, auch geistiger Arbeiten, die in irgendwelcher Weise zum Zustandekom men der Produkte beigetragen haben, zustehen solle." Hier finden sich also allerdings starke Anklänge an das strengfozialistische Endziel des Wegfalls des Privateigentums an den Produktionsmitteln, aber auch hier wieder wird ganz und gar unmarxistisch es als eine diskutable Frage bezeichnet, ob es wünschenswert sei, solches Privateigentum beizube halten oder, abzuschaffen, während Marx und sein Schüler den naturnotwen digen Fortfall des Privateigentums an den Produktionsmitteln als von selbst eintretend voraussagen. Im übrigen aber hat Lassalle in seinem gesamten öffentlichen Auftreten stets „in diametralem Gegensatz zu Marx . . . den idealistischen, staats- sozialistischen, sozialreformerischen Standpunkt im Gegensatz zu dem mate rialistischen, antistaatlichen und revolutionären Programm von Karl Marx vertreten". (Diehl, Sozialismus, Kommunismus und Anarchismus S. 402.) Immer und immer wfeder rief >er zwecks Verwirklichung der von ihm ge iorderten Reformen die Hilfe des Staates an,, insbesondere, wie wir noch sogleich sehen, zur Durchführung seiner P r o d u k t i v a s s o z i a t io n e n. Mit dem Staatsgedanken trieb er förmlichen Kultus. „Das aber ist gerade die Aufgabe und Bestimmung des Staates, die großen Kulturfortschritte der Menschheit zu erleichtern und zu vermitteln. Dies ist sein Beruf. Dazu existiert er, hat immer dazu gedient und dienen müssen." (Offenes Ant wortschreiben an das Zentralkomitee zur Berufung eines Allgemeinen Deut schen Arbeiterkongresses in Leipzig, Liafsalles Ges. W. Band l S. 25.) Der Staat hütet nach ihm „das heilige Vestafeuer der Kultur."