Steuerprobleme. i. 93 ec litt, 2ö. Februar 1916. Der Krieg hat im Finanzlage des Deutschen Reiches derart erschüttert, daß nach Friedensschluß eine gründliche Steuerreform zur gebieterischen Notwendigkeit wird. Keines falls kann die sozialdemokratische Partei diese Neuordnung der Steuerverhältnisse allein den bürgerlichen Parteien über lassen, indem sie kurzweg erklärt: „Mag der kapitalistische Staat zusehen, wie er seine Ausgaben deckt?" — Damit ist selbstverständlich nicht gesagt, daß die sozial demokratische Partei jeden beliebigen Vorschlag der Re gierung oder bürgerlichen Parteien einfach annehmen und unter allen Umständen „Ja!" sagen soll. Aber sie soll auch nicht von vornherein erklären: „Wir machen überhaupt nicht mit!", sondiern sie soll eingehend die Steuer- und Monopol- vorlagen prüfen, dort, wo sie Aenderungen für nötig findet, diese durchzusetzen suchen und- schließlich nicht ihre End entscheidung von gewissen Steueretiketten und Steuer- dogmen labhängig machen, sondern von der ernsten Erwägung: Wie weit können wir in Rücksicht auf die Wirtschaftslage und aus die Interessen der deutschen Arbeiterschaft gehen? Um aber solche Entscheidung treffen zu können, ist natür lich nötig, daß man im einzelnen die Wirkung der betreffenden Steuern zu beurteilen vermag, und in dieser Beziehung herrschen leider in unserer Partei noch viele falsche Vor stellungen, die in manchen Köpfen geradezu zu Dogmen ge worden sind. Das hängt teilweise damit zusammen, daß eigentlich erst in den letzten zehn Jahren unsere Partei be gonnen hat, sich näher mit den verschiedenen Steuerproblemen zu beschäftigen und uns unsere Altmeister Marx und- Engels weder eine Art Steuerprogramm noch eine ausgebildete Steuertheorie hinterlassen haben. So bildete denn zunächst die bekannte 1863 erschienene Schrift Lassalles: „Die indirekten Steuern und die Lage der arbeitenden Klassen" das Steuer- programm nicht nur der Lassalleanischen-, sondern im wesent lichen auch der Eisenacher Richtung, und als 1875 auf dem Gothaer Kongreß beide Richtungen sich vereinigten, fand in das neue Parteiprogramm nur ein einziger die sozialdemo