Steuerdogmatik und Steuermöglichkeiten. i. Berlin, 18. Februar 1916. Die Sonntagsnummer des „Vorwärts" vom 13. d. M. enthält eine Art Entgegnung auf meinen Artikel „Staats monopole oder neue Steuern?", für deren Inhalt, da sie nicht mit einem Namen oder einer Chiffre unterzeichnet ist, die Redaktion die volle Verantwortung zu übernehmen scheint. Betitelt ist diese Antwort: „Ist eine Erhöhung der direkten Steuern möglich?" Eine recht seltsame Frage. Denn daß noch eine Erhöhung der direkten Steuern in den deutschen Bundesstaaten und vor allem im Deutschen Reich möglich ist — und dieses Steuergebiet wird doch Wohl der Fragesteller gemeint haben, nicht England, Frankreich oder China —, dürfte kaum bestritten werden. Strittig dürfte nur sein, inwieweit noch eine Erhöhung möglich ist — das heißt biszuwelcherGrenzesiemöglich i st, ohne daß die Kapitalanhäufung und damit die Entwick lung der Produktion ernstlich gefährdet wird. Ich habe denn auch gar nicht, wie der „Vorwärts" be- hauptet, den Grundsatz aufgegeben, daß die Steuern möglich st durch sogenannte direkte Steuern gedeckt werden sollen, noch habe ich, wie er am Schlüsse seines Artikels unterstellt, irgendwo die These auf gestellt, die Grenze, bis zu der eine Belastung durch Ein kommens- und Vermögenssteuern möglich sei, wäre be reits erreicht. Davon steht, wie jeder nachlesen kann, in meinem Artikel kein einziges Wörtchen. Ich habe darin lediglich gesagt, daß der enorme Betrag von mehreren Mil liarden Mark, um den nach dem Krieg die jährlichen Reichs ausgaben steigen werden, nicht allein durch direkte, noch auch durch indirekte Steuern gedeckt werden könne, die Re gierung sich also nach neuen Einnahmequellen werde um- sehen müssen. Vielleicht ist der Artikelschreiber des „Vorwärts" anderer Meinung. Vielleicht glaubt er tatsächlich, daß die Milliarden, die nach dem Krieg nicht nur das Reich, sondern auch die ein zelnen Bundesstaaten und Gemeinden zur Deckung ihrer ge stiegenen Ausgaben heranschaffen müssen, sich leicht und be- quem durch direkte Steuer aufbringen lassen. D a n n s o l l t e s»