6 Das Verhältnis Deutschlands zu den englischen Kolonien wird man zweckmäßig im Anschluß hieran betrachten. Zwar haben die Selbstverwaltungs-Kolonien in neuerer Zeit das Recht, ihre handels politischen Beziehungen zu anderen Ländern selbst zu ordnen; aber bei dem schon längere Zeit hervorgetretenen Bestreben, eine Art Zoll verein für die Länder des britischen Reiches mit wechselseitigen Zoll vergünstigungen nach innen und Schutzzöllen nach außen zu schaffen, wird man mit einem gemeinsamen oder parallelen Vorgehen des Mutter landes und der Kolonien wohl zu rechnen haben. Schon die Kündi gung des alten Vertrages von 1865 erfolgte — da nach dem Artikel 7 unsere Erzeugnisse bei Einfuhr in die britischen Kolonien keinen höheren oder anderen Abgaben unterworfen werden durften als die gleichartigen Erzeugnisse des britischen Mutterlandes — zu dem Zwecke, sich in dieser Hinsicht die Hände frei zu machen. Est ist ja auch tatsächlich eine ungleichmäßige Behandlung deutscher Waren in Kanada, Barbados, Australien, Neuseeland usw. eingetreten. Mit Kanada führte dies seinerzeit zum Zollkriege, und es wurde 1903- 1910 ein Zuschlag von 33V3 °/o der Zölle auf unsere Einfuhr erhoben, der nachher fiel, und wogegen wir Kanada auf eine Anzahl Tarifnummern wieder die Meistbegünstigung einräumten. Naturgemäß ist während des Krieges die Strömung des all britischen Imperialismus (greater Britain) stärker und stärker gegen uns und unsere Bundesgenossen gerichtet worden: so hat man z. B. in Australien beantragt, nach dem Kriege deutsche und österreichisch ungarische Waren mit einem Zuschlag von 5-10 °/o auf den allgemeinen Tarif zu verzollen. Zu erwähnen bliebe noch, daß einzelne der Kolonien, wie z. B. Indien, das fast Freihandelsland ist, ganz niedere Zölle haben, während die Zölle in anderen Kolonien allgemein schutzzöllnerisch wirken und auch so gedacht sind. — Der englische Sozialist Macdonald bezeichnete diese teilweise hohen Zölle einzelner Kolonien daher auch eher als einen vorzugsweisen Ausschluß fremder Waren als ein vorzugsweises Zulassen der englischen (preferential exclusion of foreign goods rather than preferential admission of our goods). Ober die Rechtsverfolgung in Großbritannien sowie den Kolonien ist Klage geführt worden; die Kosten sind meistens wesentlich höher als bei uns, auch soll bisweilen der Ausländer bezw. Deutsche nicht ganz mit gleichem Maße gemessen werden. Man sieht daher, insbesondere bei kleineren Beträgen, häufig von Klagen ab. Ob wir nach dieser Richtung irgend etwas erzielen können, er scheint mir mehr als fraglich. Das sind Eigentümlichkeiten, die in anderen Ländern viel schlimmer liegen als in England, und mit denen man in beschränktem Maße bei Eingehen von Geschäften von vorn herein rechnen muß.