15 Aktionen ohne oder gegen den Arbeiterrat von vornherein mit dem Fluche des Unvermögens belastet bleiben muß. Ist die Institution der Arbeiterräte somit die eherne Klammer, die das Proletariat zusammenhält, ist sie ferner das elastische Organ seines Willens, so bewahrt sie aber auch die anderen Organisationen des Proletariats vor einer Verknöcherung. Der lebendige, revolutionäre Wille der in den Massen des Proletariats wurzelnden Arbeiterräte wird unmittelbar in die Partei und Gewerkschaft überfließen und ihre Entscheidungen bestimmend beeinflussen. Die Rätekonferenz hat mit unzweideutiger Klarheit bewiesen, daß die Sozialdemokratie die unbestrittene Führung des Proletariats besitzt. Die Institution der Arbeiterräte bürgt dafür, -daß sie ihr niemals durch Ueberrumplung -entrissen werden kann. 3. Die Politik der Arbeiterräte Deutschösterreichs. I. Innere Politik. Die politische Debatte der Zweiten Reichskonferenz war vor allem vom «Gegensatz zwischen den Sozialdemokraten und den Kommunisten beherrscht. Seit der Begründung der kommunistischen Partei in Deutschösterreich, das ist seit den ersten Wochen des Novemberumsturzes, vertreten die Kommu nisten mit ungeschwächter Heftigkeit die Forderung der Rätediktatur. Ihr Drängen wurde von dem Tage an ungestümer, als sich das ungarische und bayrische Proletariat in den Besitz der vollen Macht im Staate setzte und gipfelte am 15. Juni im Versuch, durch einen Putsch die deutschösterreichische Arbeiterklasse zu überrumpeln und vor eine „vollendete Tatsache" zu stellen. Die Kommunisten hatten auch dieser Reichskonferenz eine vom Delegierten T o m a n begründete Resolution unterbreitet, die in dem Antrag mündet, der Rätekongreß möge die Erklärung Deutschösterreichs zur Räterepublik beschließen. Die Resolution lautet: „Die Errichtung der Räterepublik Deutschösterreichs ist eine unabwend bare Notwendigkeit. Unsere Voraussage, daß ein von Vertretern der Kapitalistenklasse ge schlossener Friede nur die völlige Versklavung der Arbeiterklasse bedeuten kann, hat sich bewahrheitet. Jedem — auch den wilsongläubigen Sozialdemokraten — mutz es heute klar sein, daß der Friede von St. Germain, mag er besser oder schlechter ausfallen, den Staatsbankerott, den völligen finanziellen und wirt schaftlichen Zusammenbruch Deutschösterreichs zur Folge hat. Dieser Friede mutz und wird die schwersten sozialen Erschütterungen hervorrufen. Weder Personen noch Parteien können die geschichtliche Tatsache aus der Welt schaffen, daß die ökonomische Lage das hungernde und verelendete Prole tariat zwingen wird, zur unmittelbaren, direkten Aktion zu schreiten. Wenn die Arbeiterschaft bis fetzt in übermenschlicher Geduld gewartet hat, so nur des halb, weil sie den eitlen Versprechungen der bürgerlichen Regierung Glauben schenkte, weil die Koalitionsregierung dem Proletariat vortäuschte, es sei möglich, durch Schonung des inländischen Kapitalismus den Ententekapitalismus günstig zu stimmen und so die wirtschaftliche Lebensfähigkeit zu erhalten. In seinen Hoffnungen furchtbar betrogen, wird das gesamte Proletariat Deutschösterreichs' erkennen, daß es gilt, die wirtschaftliche Existenz aus eigener Kraft zu erkämpfen, nicht im Anschluß an den Weltkapitalismus, sondern im Anschluß an die Welt revolution. In dieser Stunde hat man uns zusammenberufen, vielleicht, um der En tente mit dem Gespenst des Bolschewismus zu drohen. Wir sind aber nicht ge willt uns für die kapitalistischen Schachergeschäfte von St. Germain mißbrauchen zu lassen. Wir protestieren gegen die Entwürdigung und Verfälschung der Prin zipien des klassenbewußten Proletariats. Wir protestieren dagegen, daß die .Kapitalisten sich erfrechen, an das internationale Solidaritätsgefühl des Welt- proletariats zu appellieren, da ihnen der Untergang ihrer „Ordnung" droht. 3*