Die Entwicklung bis zum Kriege. 5 90 er Jahre unter dem Zollschutze durch das ausländische Kapital eingesetzt, war dann aber durch die Krisen der Wende des Jahr hunderts angehalten worden. Viele Gründungen wurden liquidiert, andere erholten sich erst nach Einführung des Zolltarifes von 1904. Immerhin blieb Rußland in großem Maße auf den Bezug von Maschinen aus dem Auslande ailgewiesen. Die Einfuhr von Maschinen nach Rußland belief sich im Jahre 1913 auf 163,7 Millionen Rubel, davon kamen aus Deutschland Maschinen im Werte von 89,3 Mil lionen Rubel, demnach 64,5 °/ 0 . Die starke Entwicklung der Industrie ließ eine Reihe von russi schen Interessen-Verbänden entstehen, die für weiteren Zollschutz und Begünstigung der heimischen Industrie eine eifrige Propaganda machten, welche sich hauptsächlich gegen den gefährlichsten Kon kurrenten — Deutschland — richtete. Im Jahre 1912 kam diese Gegnerschaft gegen die Erneuerung des deutsch-russischen Handels vertrages von 1904, der im Jahre 1917 ablaufen sollte, an die Öffentlichkeit. Sie wurde in Rußland von einer Gruppe Leute ge führt, an deren Spitze der russische Nationalökonom Professor Gold stein stand. Sie warfen der russischen Regierung das Abhängigkeits verhältnis Rußlands von Deutschland vor, das nur Rohstoffe und Halbfabrikate aus Rußland bezog, dafür aber Maschinen und Fertig- fabrikate nach dort ausführte. Als Ersatz für Deutschland wollten sie die kleinen Staaten, Belgien, Holland, Skandinavien und Italien heranziehen; aber sie übersahen, daß das Grundübel doch darin 1 ag, daß Rußland als Agrarstaat trotz hoher Zölle es in Jahrzehnten nicht zu einer selbständigen Industrie hatte bringen können, daß anstatt des „Abhängigkeitsverhältnisses von Deutschland“ dann ein Abhängigkeitsverhältnis von den kleinen Staaten treten würde, und daß weiter Deutschland als Abnehmer der überschüssigen Rohstoffe und Lieferant von Fertigfabrikaten doch den Vorzug der Nähe hatte, der beiden Ländern zugute kam. Aber die anti-deutsche Strömung in der russischen Intelligenz und den russischen Ministerien nahm die Idee des Professors Goldstein gerne auf, und der Ministerpräsi dent Kokowzew befahl, die Vorarbeiten zur Erneuerung des Handels vertrages mit Deutschland abzubreohen und zuerst Berichte der Börsen und der Handels- und Industrieverbände über ihre Stellung nahme zur Erneuerungsfrage einzufordern. Zur Beeinflussung dieser Berichte setzte eine Propaganda durch Professor Goldstein ein, die in den meisten Fällen dazu führte, daß die Verbände sich gegen die von der deutschen Regierung gewünschte Verlängerung des deutsch-russischen Handelsvertrages aussprachen. Das war der Stand der Dinge bei Ausbruch des Krieges.