76 Ausblick. wächst da nicht die Zahl der Verleiher, geht da nicht die Zahl der Borger zurück, muß da der Zinsfuß nicht fallen, wie der preis sinkt, wenn das Angebot steigt, die Nachfrage zurückgeht? Und wenn der Zinsfuß sinkt, und während 5 — 10 — 20 Jahren un unterbrochen gebaut worden ist, muß da nicht die Wohnungsmiete entsprechend sinken, muß da nicht der Kapitalertrag (mit Ausnahme der Grundrente) ganz allgemein zusammen mit dem Zinsfuß fallen? Nehmen wir an, die Sparkassen böten Geld zu einem niedrigeren Zins an, als die Häuser und Fabrikanlagen abwerfen — so werden weiter Häuser und Fabriken gebaut werden. Und dann kommt der Moment, er muß kommen, wo die Mieten heruntergehen ebenso wie der Kapitalzkns der Industrie,- wo die Häuser, die Schiffe, die Eisenbahnen, die Fabriken, die Gasanstalten, die Warenlager nicht mehr 5°''°, sondern 4—3—2°/o einbringen. Und wem kommt dieser Rückgang des Kapitalzinses wieder zu gute? Wem anders als dem Arbeiter der durch seine Ersparnisse den Zinsfuß heruntergedrückt hatte, und der nun mit höherem Lohne und niedrigerer Wohnungsmiete mehr sparen, den Zins also noch weiter drücken kann? Der Zins geht herunter, sinkt tiefer und tiefer, er wird ersäuft in einem Meer von Kapital, in einer parallel mit dem Rückgang des Zinsfußes wachsenden Überproduktion von Kapital. Die sogen. Überproduktion an Waren, d. h. die Baisse, der Preis rückgang ist durch die Reformen in der Währungspolitik zu einer Über produktion an Kapital umgekippt, und während die Baisse in den preisen den Warenaustausch unmöglich machte, die Produzenten zur Niederlegung der Arbeit zwang, zieht die Arbeit aus dem Niedergang des Zinsfußes immer neue Anregung zu vermehrter Produktion, zu neuen Anläufen, die den Zins schließlich ganz beseitigen. Es besteht kein Zweifel: der Zins muß fallen, sobald die Krisen, diese Mörderinnen der Volkswirtschaft, diese Zcrstörerknnen der Güter, die mehr verwüsteten als die Hunnen, als die Pest, als die Kirchen, als der Krieg, unterdrückt, sobald die Arbeitslosigkeit beseitigt und die Masse des Volkes auf dem Anleihemarkt, vom Standplatz der Borger zu dem der Verleiher übergeht. Wer aber verleiht Geld, das keinen Zins abwirft? Wie kommt das von den Sparern dem Verkehr entzogene Geld wieder kn den Verkehr, wenn dem Sparer kein Zins geboten wird? Kein Zins, kein Geld. Pas d’argent, pas de Suisses. Ohne Zins kein Geldumlauf, und ohne Geldumlauf kein Warenaustausch. Keine Arbeits teilung. Hunger. Wie heute mancher seine Mittel wenig sicheren Unternehmen zur Verfügung stellt in der Hoffnung, einen höheren als den Durchschnittszins von 3 1 /2—4V*°/o zu erzielen, so würde auch bei einem Durchschnittszins von 0°/o mancher gewiß sein Geld hergeben in der Hoffnung, doch einen positiven Zins zu erzielen. Aber gerade so wie heute die große Masse sich mit dem Durchschnitts- zkns zufrieden gibt (Vermögensanlage bei Sparkassen, in Pfandbriefen, Konsols usw.), so würde auch bei 0"/o die große Masse ihr Glück nicht wagen, und eben einfach das Geld, das bare Geld im Kasten lassen. Die ganze Zeit der Kapitalsüberproduktkon wäre eine Zeit außerordent lichen wirtschaftlichen Fortschrittes,- eine Zeit, wie wir sie in den glänzendsten