Der Geld- und Kapitalmarkt. IS Wirtschaft in die zweite das Vertrauen setzen, daß sie dieser Bestimmung nachkommen kann und will. Kredit ist schon lange vor der Geldwirt schaft gewährt worden, aber die Form des künf tigen Zahlungsversprechens hat sich im Rahmen der Geldwirtschaft zu einem ungemein wichtigen Faktor im Tauschverkehr der Wirtschaften unter einander entwickelt. Es kommt aber auch noch eine andere Form des Kredits vor: ich verkaufe an einen Dritten eine Ware mit der Bestimmung, daß er nicht sofort, sondern erst nach einer ge wissen Zeit zu bezahlen braucht. Auch hier muß ich das Vertrauen haben, daß der Schuldner nach der bestimmten Zeit bezahlen will und bezahlen kann. Die beiden Arten des Kredits scheinen ver schieden zu sein, aber im Grunde ist der Unter schied nicht allzu groß. Wenn ich einem Kon trahenten den Kaufpreis stunde, so wird in der Regel der Preis so gestaltet sein, daß im Kauf preis schon ein Entgelt eingeschlossen ist, das als Leihrate für die Zeit in Betracht kommt, für die der Käufer später bezahlt. Kredit ist da her immer Hingabe eines Gutes gegen eine Leih rate, also ein Tauschakt, bei dem sich Leistung nicht sofort gegen Gegenleistung vollzieht, son dern erst in späterer Zeit je nach getroffener Ver einbarung. Ich werde aber nur dann tauschen, wenn ich dem anderen, der nicht sofort die Gegen leistung erfüllt, das Vertrauen schenke, daß er fähig und imstande sein wird, die Gegenleistung später zu erfüllen. Es liegt also bei diesem Tausch afte für den sofort ein Gut hingebenden Partner ein Risiko vor, für das er ein besonderes Ent gelt beansprucht, den Zins, eine Leihrate, deren Höhe sehr verschieden gestaltet sein, kann je nach dem Kräfteverhältnis der im Kreditgeschäfte ein ander gegenüberstehenden Schichten bzw. je nach der größeren oder geringeren wirtschaftlichen Ver wertbarkeit des hingegebenen Gutes. Kreditge schäfte in wachsender Zahl werden nur möglich, wenn die Verschiedenheit des Besitzes der Privat wirtschaften schon groß genug ist, um auf der einen Seite ein Angebot solcher Geschäfte, auj der anderen Seite eine Nachfrage nach ihnen hervorzurufen. Der Kredit entsteht mit dem Zins, der Zins mit dem Kredit. Denn Zins be zahle ich für ein mir zur Verwertung darge liehenes Kapital. Gebe ich Kapital weg, so schenk: ich dem, dem ich es hingebe, das Vertrauen, daß er mir für das Kapital und den Zins sicher ist. Die Nachfrage nach Kapital ist um so größer, je mehr die Privatwirtschaften sich in der Weift spalten, daß ein Teil im Besitz von Kapital unk die anderen nur im Besitz von Arbeitskraft sind, je mehr die Privatwirtschaften von der eigent lichen Sphäre der Warenherstellung und Waren Verteilung getrennt und diese in besonderen Wirt schäften, in Unternehmungen, betrieben werden Alles das sind Gründe, die das Kreditwesen im mer mehr entwickeln, die es auch dem Kapital besitzer immer mehr unmöglich machen, die Ka pitalteile, die er weggeben will, in Bargeld zu leisten. Denn der Vorrat des Bargeldes würde nicht entfernt ausreichen, die in Gold lautenden Um sätze zwischen Privatwirtschaften und Unterneh mungen, zwischen Unternehmungen und Unter nehmungen auch nur zum geringsten Teil zu vollziehen. Es bilden sich daher Urkunden aus, die Gold und Geld sowie namentlich Kapital im geschäftlichen Verkehr ersetzen oder vertreten, Kreditinstrumente aus Papier, die Forderungen begründen und die Masse des in Privat- und öffentlichem Eigentum befindlichen Kapitals mobi lisieren: es sind alle Wertpapiere im weitesten Sinne, die Banknoten, auch Papiergeld, Schecks, Wechsel, festverzinsliche Schuldentitel und Schul dentitel mit veränderlichem Zinsfüße. Diese Kre ditinstrumente und auch andere auf dem Kredit beruhende Operationen haben sich aber nicht ins Blaue hinein entwickelt und vermehrt, sondern sie beruhen in letzter Linie doch immer auf dem Vertrauen, daß die einzelnen Forderungen zu gegebener Zeit in Gold realisiert werden können. Im einzelnen ist dies der Fall; für die Gesamt heit der Forderungen wäre es ein Ding der Un möglichkeit. Der Kreditnehmer. Kredit wird in Anspruch genommen von den Privatwirtschaften, von den Unternehmungen und von den öffentlichen Wirt schaften. Ebenso wird von allen diesen Wirtschaf ten auch Kredit gewährt, aber doch in ganz ver schiedenem Grade. Wenn man genau zusieht, wird letzten Endes nur von den Privatwirtschaften Kre dit gewährt, indem sie Kapitalien hingeben, wäh rend der Kredit der Unternehmungen und öffent lichen Wirtschaften erst dadurch möglich wird, daß sie sich eine finanzielle Basis auf Grund der Gelder bzw. Kapitalien von Privatwirtschaften geschaffen haben. Die Kreditnehmenden, soweit sie Unternehmungen und Organisationen sind, finden Vertrauen, weil hinter ihnen Privatwirt schaften mit ihren Kapitalien oder mit _ einem Teil ihres Einkommens stehen, die das Risiko der Kreditgewährung abschwächen. Dagegen ist die Privatwirtschaft als Kreditnehmerin nicht so gün stig daran. Wohl erhält die, die über Kapitalgüter verfügt, leicht Kredit auf ihre Kapitalgüter, weil in diesen der Gegenwert enthalten ist. Dagegen ist die isolierte Privatwirtschaft, die ausschließ lich auf die Verwertung ihrer Arbeitskraft ge stellt ist, in der Hauptsache kreditlos, was nicht heißen soll, daß sie überhaupt nie Kredit erhalte, sondern nur bedeutet, daß die Grundlage fehlt, auf der der Kredit aufgebaut wird. Für die Ge währung von Kredit ist eben Voraussetzung, daß ein Gegenwert vorhanden ist, der hinreicht, um in der Zukunft das gewährte Darlehen wieder zurückzahlen zu können. Solche Werte sind schließ lich alle Güter, Grund und Boden, Gebäude, Ma schinen, Werkzeuge, alle Waren, nur nicht die durchschnittliche menschliche Arbeitskraft. Selbst- der sogenannte Personalkredit wird nur dem ge währt, von dem man annimmt, daß er auf ge wisse Voraussetzungen hin, die nicht ausschließ