74 Einführung. an die Besitzer der Arbeitskraft, und es kämpfen unter sich die Besitzer der Arbeitskraft bei der Verleihung ihrer Arbeitskraft an die Besitzer der Kapitalsgüter. Aus der Konkurrenz der Besitzer der Kapitalsgüter auf der einen Seite und aus der Konkurrenz der Besitzer der Arbeitskraft auf der anderen Seite ergibt sich die jeweilige Leih rate sowohl für die den Besitzern der Arbeitskräfte zur Verfügung gestellten Kapitälsgüter als auch umgekehrt für die den Besitzern der Kapitalsgüter zur Verfügung gestellten Arbeitskräfte, welch letz tere in den einzelnen Wirtschaftsgebieten viel stärkere Differenzen aufweist als die erstere. Die Gemeinsamkeit der wirtschaftlichen Inter essen der Natur gegenüber führt die Menschen zu gemeinsamer Tätigkeit zusammen und hält sie zu sammen, obwohl dieses gemeinsame Zusammen wirken unter Verhältnissen erfolgt, die eine starke Differenzierung der wirtschaftlichen Kräfte zur Voraussetzung haben. Denn nicht nur sucht jeder Stärkere die Arbeit gegen die Natur auf den Schwächeren abzuwälzen, sondern auch vom Ertrag der Arbeit einen möglichst großen Anteil zu er halten. Die Entwicklung der menschlichen Wirt schaft hat dazu geführt, daß die Stärkeren sich ihre Vorrechte zu sichern suchten, für sich sowie für ihre Nachkommen. Durch besondere Organisa- tionen, vor allem durch die staatlichen Organisa- rionen, haben sie die wirtschaftlich schwächeren Schichten zur Anerkennung einer Rechtsordnung genötigt, die der Ausdruck des politischen Ein flusses der wirtschaftlich starken Schichten ist. Wirt schaftliche Macht äußert sich im Bereichs einer Privatwirtschaft, Unternehmung oder Organisation in einer gewissen Herrschaft, die ihren Willen den wirtschaftlich Schwächeren aufzwingt. In der Familie ist der Ernährer diese Machtperson, der für die Mitglieder die Ordnung schafft, nach der sich das Leben abspielt, der auch auf die Verteilung des Einkommens bestimmenden Einfluß hat. So bilden sich die Kampfmittel heraus und beschränken die volle Bewegungsfreiheit der einzelnen Privat wirtschaft, der Unternehmungen und der Organi sationen. Aber auch gemeinsame Interessen ent stehen wieder im Kampfe der Menschen gegen Menschen. So entsteht der politische Zusammen schluß, so der Zusammenschluß von Starken zur Niederhaltung von Schwächeren und zur Sicherung ihrer starken Position, so der Zusammenschluß der Schwachen zur Bekämpfung der Starken, zur Er ringung wirtschaftlicher Erfolge und wirtschaft lichen Einflusses, die sich auch in einer Zunahme politischen Einflusses und politischer Macht äußern. Der Kampf dreht sich also einmal um die Ver teilung der Arbeitslast, noch mehr aber um die Verteilung des Arbeitsertrages. Es ist vollständig verkehrt, mit den Waffen irgendeiner bestimmten Moral das Wesen und die Arten des wirtschaft lichen Kampfes rechtferftgen oder verurteilen zu wollen. Die Aufgabe der Wissenschaft ist zunächst, diesen Kampf aufzuklären und nachzuweisen, daß er eine notwendige Erscheinung ist und daß die heutige Verschiedenheit in wirtschaftlicher und so zialer Beziehung nicht das Produkt eines Zufalls ist, sondern die Folge einer vieltausendjährigen Entwicklung, die letzten Endes aus der persön lichen Verschiedenheit der Menschen erklärt werden muß. Und zwar aus der körperlichen wie aus der geistigen Verschiedenheit. Denn daß eben das Pri vateigentum sich durchsetzen konnte, zeugt dafür, daß stärkere Elemente schwächeren und schwachen gegenüberstanden. Es liegt ja in der Natur des Kampfes, daß man den Gegner herabzusetzen sucht, aber es ist klar, daß man ihn dadurch nicht schwächt. Der Schwache tröstet sich mit der moralischen Ent spannung vielmehr sehr häufig auch heute noch über den Mangel an eigener Kraft und an eigener Initiative. Wenn heute die starke Überlegenheit einer großen Anzahl von Privatwirtschaften über das Gros der anderen besteht, so ist sicherlich das eine gewiß, daß schon in den frühesten Zeiten der menschlichen Wirtschaft von einer Gleichheit der Menschen in Beziehung auf ihre wirtschaftliche Betätigung nicht die Rede sein konnte. Und je mehr sich erst die Ungleichheit herausgebildet hatte, desto unmöglicher wurde es bei der mangelnden Kenntnis der einzelnen über wirtschaftliche Dinge, einer auf eine weitere und stärkere Differenzierung hinauslaufenden Entwicklung entgegenzuwirken. Auch heute würde unter Voraussetzung ganz glei cher Bedingungen der Kampf der Individuen sehr schnell wieder zu einer Differenzierung der wirt schaftlichen Erfolge führen, was nicht ausschließt, daß der Kampf um eine andere Verteilung der Arbeitslast und um eine andere Verteilung des Arbeitsertrages weiter gekämpft wird. Der wirt schaftliche Kampf schließt aber keineswegs Ruhe zustände zwischen kämpfenden Wirtschaften und Organisationen aus, sondern der Kampf macht sie sogar notwendig. Einmal zwingt der gemeinsame Kampf gegen die Natur zu längerer oder kürzerer Verträglichkeit, sodann nötigen stärkere Gegensätze zur Überwindung schwächerer Gegensätze. Gegner, die sich für gewöhnlich befehden, schließen sich unter Umständen für längere Zeit zusammen, um einen dritten gemeinsamen Gegner zu bekämpfen. Die Gemeinsamkeit der Interessen führt sogar in sehr weitgehendem Maße zu Verträglichkeit und zur Abschwächung der Gegnerschaft. Die Trans aktionen auf den verschiedenen Märkten erfolgen nach Ordnungen, die eine friedliche Abwicklung der Verkehrsbeziehungen gewährleisten. Nur darf man nicht übersehen, daß auch bei dieser fried lichen Abwicklung die Stärkeverhältnisse der in Frage kommenden Wirtschaften sich nicht verleug nen lassen, d. h. der Stärkere dem Schwächeren gegenüber eben der Stärkere bleibt. Oder wenn zwei unter ganz gleichen rechtlichen Voraussetzun gen einen Vertrag schließen, so wird sich doch die wirtschaftliche Verschiedenheit der beiden Kontra henten nicht eliminieren lassen, sondern sie wird sich in der Gestaltung oder in der Wirkung des Vertrages mehr oder weniger deutlich ausdrücken. Diese Ruhezustände sind aus der Gemeinsamkeit