2 Wer vor einem Menschenalter über den Burgfrieden der Stadt hinaus in die Vororte wanderte, der traf dort noch meist rein ländliche Verhältnisse. Erst der Ausbau der Verkehrs verbindungen, die Einführung des Vorortverkehrs und die Aus dehnung des Straßenbahnbetriebs, das immer lebhaftere Nach rücken der städtischen Bauquartiere, die Ansiedelung von In dustrie in manchen Gemeinden gaben dem ländlichen Cha rakter der Vororte neue Züge, unter denen die friedvolle Idylle einer jahrhundertelangen stillen Entwicklung rascher und immer rascher verschwindet. Die Vororte werden von dem Riesen „Großstadt“ aufgesaugt, sie unterliegen dem Einge meindungsprozeß und das ruhige Bild bäuerlichen Erwerbs lebens verschwindet im Großstadtgetriebe. Um von dieser enormen Entwicklung der bayrischen Hauptstadt im Verlauf von etwa 4 Jahrzehnten einen an nähernden Begriff zu bekommen, muß man das München der 70er Jahre mit seinem kleinstädtischen Charakter gekannt ha ben und muß es in Parallele bringen zu dem München von heute. Man muß sich beispielsweise einmal das Stadtmodell im Münchener Nationalmuseum besehen, das etwa in den sech ziger Jahren angefertigt wurde, und man muß daneben den neuen zehntausendteiligen Stadtplan nach den Grundlagen des städtischen Vermessungsamtes legen! Welche Entwicklung, welches Dehnen und Strecken und Recken eines Riesenkörpers, der das enge Mieder steinerner Mauerringe sprengte, der hin einwuchs in die Natur, eins wurde mit der Landschaft, die Ufer der Isar okkupierte, in der grünen Umgebung, die in den Burgfrieden einbezogen wurde, neue, gesunde, behagliche und komfortable Wohnungen fand! Und heute, nach dieser segensreichen Entwicklung, gehört München zu jenen Städten, die wegen einer Bevorzugung zu Mittelpunkten einer gestei gerten Geselligkeit und Luxusentfaltung geworden sind, die sich in hervorragender Weise der Pflege von Kunst und Wis senschaften widmen, die daher auch einen starken Fremden verkehr aufweisen, zu den sogenannten „geselligen Städ ten“. In ihm zeigt sich eine ausgesprochene Citybildung und eine fortschreitende Dezentralisation des Wohnungsmarktes. Die Mitte wird gemeinsamer Tätigkeit und gemeinsamem Ver