18 Ausführungen liefern. Die Stadt ist, wie aus ihrer wirtschaft lichen Lage folgt, nicht sehr für Industrie, wohl aber für Handel und Verkehr vorzüglich gelegen; dennoch hat sie in den letzten Jahrzehnten ihre gewerbliche Tätigkeit durch Umwandlung kleiner Unternehmungen zu größeren weiterentwickelt. Die eingeborene Bevölkerung vermochte nicht die nötige Anzahl von Händen zur Verfügung zu stellen, weshalb sie durch hinzu strömende Arbeiter aus anderen Gemeinden ergänzt werden mußte, wie wir noch in den nächsten Seiten sehen werden. Von den zugewanderten Arbeitern waren bei weitem die mei sten mittleren Alters, da nur sie den neuen und außerdem ge steigerten Ansprüchen der Großstadt München genügen konn ten. Auch ziehen viele jüngere Arbeiter jahraus jahrein nur deshalb hierher, um durch die Tätigkeit in den Betrieben, in denen meist qualifizierte Arbeiten geleistet werden, ihre ge werbliche Geschicklichkeit zu steigern und hier die in weit größerem Maße vorhandenen, sehr guten gewerblichen Bil dungsanstalten in den Freistunden zu besuchen. Nach einigen Jahren aber wandern viele von ihnen wieder ab, um ihr Ge werbe selbständig oder doch in einer besseren Stellung zu be treiben. Hier ist es noch möglich, daß vom Lohnarbeiterstand ein Aufsteigen stattfindet in den Mittelstand. Dies ist aber auch nicht allgemein der Fall, da die Eltern vieler solcher jungen Arbeiter selbständige Handwerker sind oder doch dem Ar beiterstand nicht angehören. Daß die Leistungsfähigkeit des Arbeiters mit 40 Jahren sehr rasch nachläßt, hat uns ein Pionier des Kulturfortschritts im 20. Jahrhundert, Professor Abbe, an seinem Vater selbst sehr drastisch vor Augen geführt. „Mein Vater war ein Hüne an Gestalt und Kraft, so erzählt er von ihm, ich mußte ihm abwechselnd mit meiner Schwester 1 mittags das Essen in einem Henkeltopf in die Fabrik bringen, wo er es stehend, an die Maschine gelehnt, hastig verzehrte, um ja nicht zu viel von der 13—löstündigen Arbeitszeit zu verlieren. — Und mit 40 Jah ren war mein Vater ein Greis, verarbeitet und verbraucht!“ Die Folge dieser Tatsache ist für München, daß viel solche Arbeiter, die nicht unter die von der Stadt Unterstützungs pflichtigen fallen und die nur noch schwer in den Mauern der