- 37 - sätze sind volkswirtschaftlich nicht unbedenklich, aber den Ver mögensstamm wird der Wehrbeitrag doch nur in Ausnahmefällen antasten. Damit entfallen zu einem guten Teil alle die volkswirt schaftlichen und finanzpolitischen Gründe, die hei einem derartigen Bedarf für Anleihen statt Steuerdeckung sprechen. IV. Die Vermögenszuwachssteuer 1 ). Es ist eine feine Ironie auf unsere finanzpolitischen Verhält nisse, daß gerade diejenige Steuer, die der preußische Einanz minister noch 1911 in einer Denkschrift auf das Schärfste ver urteilte, wenige Jahre später zu einer Reichssteuer werden mußte, obwohl sie sich sicher für das Reich noch weniger als für Preußen eignet. Das Zustandekommen dieses Besitzsteuergesetzes — das ist der Name, unter dem das Gesetz über die Vermögenszuwachssteuer im Reichsgesetzblatt veröffentlicht worden ist —- kann nur aus den eigenartigen politischen Verhältnissen erklärt werden, unter denen die Deckung für die Wehrvorlage beschafft werden mußte. Daß eine direkte Steuer bei nächster Gelegenheit dem Reichs finanzsystem einverleibt werden würde, das stand seit dem Jahre 1909 fest. Es konnte sich für die Einzelstaaten nur darum handeln, eine Form ausfindig zu machen, die ihre eigenen Einanzquellen möglichst unberührt ließ. So verfiel man auf den Gedanken, einen Teil des fortdauernden Wehrbedarfs durch sog. veredelte Matri- kularbeiträge, die mit 1,25 M. auf den Kopf der Bevölkerung bemessen wurden, aufbringen zu lassen. Ein ähnlicher Vorschlag, das Besitzsteuerkompromiß Herold, hatte 1909 eine Kommissions mehrheit gefunden; er war jedoch von der Regierung entschieden bekämpft worden. Jetzt aber verhielt sich die Mehrheit des Reichs tags durchaus ablehnend dagegen, daß ihm durch die Regierungs vorlage die endgültige Ordnung der fortdauernden Besitzbelastung aus der Hand genommen werden sollte. Die Deckungsfrage wurde dadurch nicht einfacher. Für einen selbständigen Ausbau der Erb schaftssteuer wäre zwar eine sichere Mehrheit vorhanden gewesen, und auch der Bundesrat hätte dem zugestimmt; aber auf diesem Wege konnten bestenfalls 80 Mill. M. beschafft werden, und eine Verständigung über die Aufbringung des Restbedarfes schien un- l ) „Entwurf eines Gesetzes, betreffend Änderungen im Finanzwesen nebst Begründung“, Beichstagsdruoksache Nr. 872, 13. Leg.-Per., I. Sess. 1912/13.