Statistik und Verwaltung 1 ). 
Der Staat hat imperium, Herrschergewalt. In seinem Wesen 
liegt es zu zwingen für die jeweiligen Zwecke, die der Wohlfahrt 
aller dienen sollen. Darin liegt auch seine Schwäche und das Ge 
fährliche für die Wissenschaft; denn im täglichen aktiven Handeln 
der Verwaltung wird nur zu oft der höhere Endzweck der Mensch 
heit vergessen. Was heute gut schien und auch wohl gut war, 
ist morgen schlecht. Die Wissenschaft allein vermag hier dem 
Handeln einen festen Halt zu geben, wenn auch nicht in allen 
Punkten, weil auch sie dem Wechsel der oft durch das Zeitliche 
bedingten Entwicklung der Ideenströmungen 2 ) unterliegt. 
Hier ist es die Wissenschaft der Statistik, das ist die auf 
menschliche Zwecke gerichtete Massenbeobachtung gesellschaft 
licher Tatsachen 3 ), die allein den sichersten Gradmesser des Richtig 
oder Unrichtig der jeweiligen Politik abgeben kann. 
Wenn auch das Ideal der Antike der griechischen Philosophie, 
nur die Philosophen, also die Wissenschaftler, zur Leitung des 
Staatswesens zuzulassen 4 ), schlechterdings wohl niemals ohne Rest 
erfüllt werden kann, so läßt sich doch immerhin eine Annäherung 
erzielen. Der Segen wäre dann, daß die Politik den jeweiligen 
Stimmungen, die oft gute und schlechte selbst innerhalb der Re 
gierung sein können, entrissen wird. Der Kulturanstieg der Mensch 
heit wird dann stetiger, die politischen Wirren und Krisen werden 
milder, der Fortschritt der Gesellschaft wird ein gleichmäßiger. 
J ) Vgl. meine Ausführungen in der Diskussion zum Referat Statistik und Ver 
waltung auf der 2. Mitgliederversammlung der Deutschen Statistischen Gesellschaft am 
22. Oktober 1912 zu Berlin. Abgedruckt in der Beilage zum Deutschen Statistischen 
Zentralblatt, V. Jahrgang 1913, Heft 1. 
2 ) Die Zeit hierbei aber nur als Funktion der Idee gedacht. Sie ist also nur 
insofern kausal gedacht, als die Idee des Staates sich vornehmlich im zeitlichen 
Rahmen bewegt, und Zeit und Raum die zunächst erkennbaren Grenzen unseres Denkens 
darstellen. 
3 ) Vgl. das Vorwort meiner Arbeit »Statistik über die Lage der technischen 
Privatbeamten in Groß-Berlin«. Gustav Fischer, Jena 1908. 
4 ) Vgl. u. a. Platons Politeia in »Platons ausgewählte Schriften«, Ausgabe Teuffel 
u. Wiegand. Bd. II. Stuttgart 1857, S. 188. 
Jaeckel, Statistik und Verwaltung. 1