27 rechtes überhaupt nicht als Konterbande bezeichnet werden dürfen. Sie hat ferner den Unterschied zwischen absoluter und relativer Konterbande tatsächlich beseitigt, indem sic alle für Deutschland bestimmten Gegenstände relativer Konterbande ohne Rücksicht auf den Hafen, für welchen sie ausgeladen werden sollen, und ohne Rücksicht auf die feindliche oder friedliche Verwendung der Wegnahme unterwirft. Sie scheut sich sogar nicht, die Pariser Seerechtsdeklaration zu verletzen, da ihre Seestreitkräfte von neutralen Schiffen deutsches Eigen tum, das nicht Konterbande war, weggenommen haben. Uber ihre eigenen Verordnungen zur Londoner Er- kärung hinausgehend, ließ sie weiter durch ihre See- strcitkräfte zahlreiche wehrfähige Deutsche von neutralen Schiffen wegführen und hat sie zu Kriegsgefangenen gemacht. Endlich hat sie die ganze Nordsee zum Kriegs schauplatz erklärt und den neutralen Schiffen die Durch fahrt durch das offene Meer zwischen Schottland und Norwegen, wenn nicht unmöglich gemacht, so doch auf das äußerste erschwert und gefährdet, so daß sie ge wissermaßen eine Blockade neutraler Küsten und neu- traler Häfen gegen alles Völkerrecht eingeführt hat. Alle diese Maßnahmen verfolgen offensichtlich den Zweck, durch die völkerrechtswidrige Lahmlegung des legitimen neutralen Handels nicht nur die Kriegführung, sondern auch die Volkswirtschaft Deutschlands zu treffen und letzten Endes auf dem Wege der Aushungerung das ganze deutsche Volk der Vernichtung preiszugeben. Die neutralen Mächte haben sich den Maßnahmen der britischen Regierung im großen und ganzen gefügt. Insbesondere haben sie es nicht erreicht, daß die von ihren Schiffen völkerrechtswidrig weggenommenen deutschen Personen und Güter von der britischen Re gierung herausgegeben worden sind. Auch schlossen sie sich in gewisser Richtung sogar den mit der Freiheit der Meere unvereinbaren englischen Maßnahmen an, indem sie, offenbar unter dem Druck Englands, die für friedliche Zwecke bestimmte Durchfuhr nach Deutschland auch ihrerseits durch Ausfuhr- und Durchfuhrverbote verhindern. Vergebens machte die deutsche Regierung die neu tralen Mächte darauf aufmerksam, daß sie sich die Frage vorlegen müsse, ob sie an den von ihr bisher streng beobachteten Bestimmungen der Londoner Er klärung noch länger festhalten könne, wenn Großbritan nien das von ihm eingeschlagene Verfahren fortsetzen und die neutralen Mächte alle diese Neutralitätsver letzungen zu ungunsten Deutschlands länger hinnehmen würden. Großbritannien beruft sich für seine völkerrechts widrigen Maßnahmen auf Lebensinteressen, die für das britische Reich auf dem Spiele stehen, und die neutralen Mächte scheinen sich mit theoretischen Protesten abzu finden, also tatsächlich Lebensinteressen von Krieg führenden als hinreichende Entschuldigung für jede Art Kriegführung gelten zu lassen. Solche Lebensinteressen muß nunmehr auch Deutschland für sich anrufen und sieht sich daher zu seinem Bedauern zu militärischen Maßnahmen gegen England gezwungen, die das eng lische Verfahren vergelten sollen. Wie England das Gebiet zwischen Schottland und Norwegen als Kriegsschauplatz bezeichnete, so bezeichnet Deutschland die Gewässer rings um Großbritannien und Irland, mit Einschluß des gesamten englischen Kanals, als Kriegsschauplatz und wird mit allen zu Gebote stehenden Kriegsmitteln der feindlichen Schiff fahrt daselbst entgegentreten. Zu diesen Zwecken wird Deutschland vom 18. Fe bruar 1915 jedes feindliche Kauffahrteischiff, das sich auf den Kriegsschauplatz begibt, zu zerstören suchen, ohne daß es ihm ermöglicht sein wird, die dabei Per sonen und Güter drohenden Gefahren abzuwenden. Die Neutralen werden daher gewarnt, solchen Schiffen weiterhin Mannschaften, Passagiere und Waren anzu vertrauen, sodann aber werden sie aufmerksam gemacht, daß es sich auch für ihre eigenen Schiffe dringend empfiehlt, das Einlaufen in dieses Gebiet zu vermeiden. Wenn auch die deutschen Seestreitkräfte die Anweisung haben, Gewalttätigkeiten gegen neutrale Schiffe, soweit sie als solche erkennbar sind, zu unterlassen, so kann doch angesichts des von der britischen Regierung an- geordeneten Mißbrauches neutraler Flaggen und der Zufälligkeiten des Seekrieges nicht immer verhütet werden, daß auch sie einem auf feindliche Schiffe be rechneten Angriff zum Opfer fallen. Dabei wird aus drücklich bemerkt, daß die Schiffahrt nördlich um die Shetlandsinseln in dem östlichen Gebiete der Nordsee und in einem Streifen von mindestens 30 Seemeilen Breite entlang der niederländischen Küste nicht ge fährdet ist. Die deutsche Regierung kündigt diese Maßnahme so rechtzeitig an, daß die feindlichen wie die neutralen Schiffe Zeit behalten, die Dispositionen wegen An laufens der am Kriegsschauplatz liegenden Häsen da nach einzurichten. Man darf erwarten, daß die neutralen Mächte die Lebensinteressen Deutschlands nicht weniger als die Englands berücksichtigen und dazu beitragen werden, ihre Angehörigen und deren Eigentum vom Kriegs schauplatz fernzuhalten. Dies darf um so mehr er wartet werden, als den neutralen Mächten auch daran liegen muß, den gegenwärtigen verheerenden Krieg so bald als möglich beendet zu sehen. c) Prifengerichtsverfahren. Die Vorschriften über das Prisengerichtsvcrfahren sind in der deutschen Prisengerichtsordnung vom 15. April 1911 (R.-G.-Bl. Jahrgang 1914, Nr. 51) enthalten. Das Deutsche Reich hat zu Beginn des Kriege? zwei Prisengerichte errichtet, von denen das eine in Hamburg, das andere in Kiel seinen Sitz hat. Sie sind zur erstinstanzlichen Entscheidung in Prisensachen be rufen; in II. Instanz entscheidet das Oberprisengericht I in Berlin.