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(Enthalten unter Artikel 560 in der Sammlung der 
Gesetze und Regierungsverordnungen Nr. 66 vom 
26- Februar/11. März 1915.) 
Der Herr und Kaiser hat am 21. Februar 
1915 auf Vorschlag des Ministerrates auf Grund 
deS Art. 87 der Staatsgrundgssetze (Ges. Sammt. 
Bd. 1, Teil 1, Ausg. 1906) in Abänderung und 
Ergänzung der einschlägigen Bestimmungen anzu 
ordnen geruht: 
Art. 1. Privilegien auf Erfindungen oder Ver 
vollkommnungen auf industriellem Gebiete werden 
Angehörigen der mit Rußland Krieg führenden 
Staaten nicht erteilt, ebenso werden von diesen 
Personen keine Privilegiumsanmeldungen entgegen 
genommen; das Verfahren über entgegengenommene 
Anmeldungen wird eingestellt. 
Art. 2. Privilegien auf Erfindungen und Ver 
besserungen, die Angehörigen der mit Rußland Krieg 
führenden Staaten gehören und Bedeutung für die 
Rcichsverteidigung haben, fallen ohne Entschädigung 
in das Eigentum des Staates. Für diese Privile 
gien stellt der Minister für Handel und Industrie 
im Einverständnis mit dem Kriegsminister und dem 
Marineminister, je nach der Zuständigkeit, eine Liste 
zusammen, die innerhalb einer zweimonatigen Frist 
vom Tage der Verlautbarung dieser Verordnung in 
den im Art. 76 der Fabriks- und Handwerks-Ge 
werbeordnung (Ges. Samml. Bd. XI, Teil 2, Ausg. 
1913) genannten Zeitungen veröffentlicht wird. 
Die Wirkung aller anderen Privilegien, die den 
in diesem Artikel (2) genannten Personen gehören, 
wird aufgehoben. 
Art. 3. Nutzungsrechte an Erfindungen oder 
Vervollkommnungen, die vor dem 1. Jänner 1915 
durch Personen, die ncht zu den Angehörigen der 
mit Rußland Krieg führenden Staaten zählen, von 
Personen, die zu solchen Staatsangehörigen zählen, 
erworben wurden, bleiben für die festgesetzte Frist 
und im festgesetzten Umfang in Kraft. Die Privile 
gien auf die Erfindungen und Vervollkommnungen, 
die nicht unter die Wirkung des ersten Teiles des 
Art. 2 dieser Verordnung fallen, bleiben in den für 
die Verwirklichung der Nutzungsrechte notwendigen 
Grenzen in Kraft; als Eigentümer solcher Privile 
gien wird der Staat anerkannt. 
Art. 4. Personen, welche die ihnen zustehenden 
Nutzungsrechte (Art. 3) aufrechterhalten wollen, 
sind verpflichtet, persönlich oder durch einen Be 
vollmächtigten innerhalb Monatsfrist vom Tage der 
Verlautbarung dieser Verordnung dies bei der 
Jndustriesektion unter Vorlegung schriftlicher Be 
weise für die erfolgte Erwerbung des angeführten 
Rechtes anzumelden. Die Jndustriesektion prüft die 
überreichten Anmeldungen innerhalb eines Monats 
vom Tage des Ablaufes der erwähnten Frist, verfaß! 
eine Liste der von ihm als erwiesen anerkannten 
Nutzungsrechte sowie der Privilegien, auf die sie sich 
beziehen und veröffentlicht die Liste, in best im 
Art. 76 der Fabriks- und Handwerks-Gewerbe 
ordnung (Ges. Samml. Bd. XI, Teil 2, Ausg. 1913) 
erwähnten Zeitungen. Die Eintragung des 
Nutzungsrechtes in die Liste nimmt den interessier 
ten Personen nicht das Recht, innerhalb zweier 
Jahre vom Tage der Veröffentlichung der Liste die 
Zugehörigkeit des Nutzungsrechtes in seinem vollen 
anerkannten Umfange oder zu einem Teile auf ge 
richtlichem Wege zu bestreiten. 
Art. 5. Unter dem Ausdrucke „Angehörige der 
mit Rußland Krieg führenden Staaten" sind in 
dieser Verordnung auch die in einem der mit Ruß 
land Krieg führenden Staaten errichteten Gesell 
schaften und Genossenschaften zu verstehen, auch -wenn 
sie zum Geschäftsbetrieb in Rußland zugelassen 
wurden. 
(Österreichisches Patentblatt 1915, Seite 119.) 
Laut einer neuverfaßten Patentliste, welche 7000 Pa 
tente und Privilegien enthält, gehören deutschen und 
österreichisch-ungarischen Staatsangehörigen 2800 Pa 
tente, von welchen bei 1000 Patente Erfindungen be 
treffen, die Bedeutung für die Landesverteidigung haben 
und deshalb als Staatseigentum erklärt wurden. Viele 
dieser Patente sind aber noch vor dem 1. Jänner 1915 
von den früheren Eigentümern an Russen oder Ange 
hörige neutraler Staaten abgetreten worden, was das 
Gesetz vom 21. Februar 1915 als gültig erklärt. Den 
noch sollen zirka 1500 Privilegien und Patente als frei 
erklärt werden, wonach jedermann das Recht haben 
wird, die bisher geschützte Erfindung oder Verbesserung 
auszunützen, zu welchem Zwecke das russische Handels 
ministerium die entsprechenden Materialien und Aus 
künfte zur Verfügung stellen soll. 
(Der „Österreich. Volkswirt" Nr. 37 vom 12. Juni 1915.) 
g. Unterschiedliche Zoll- und Steuer- 
behandlung. Ursprungszeugnisse. 
Der Ministerrat hat auf Grund der Art. 87 der 
Reichsgrundgesetze folgendes verordnet: 
l. Dem Finanzminister wird anheimgestellt, 
1. auf diejenigen Länder, die dem russischen Handel 
und der russischen Schiffahrt nicht die Meistbegünsti 
gung für die Einfuhr, die Durchfuhr und die Schiffahrt 
einräumen, folgende Maßregeln entweder im ganzen 
Umfang oder teilweise anzuwenden: 
») von Waren, die ein Boden- oder Industrie- 
erzeugnis dieser Länder sind, die Zölle nach 
dem allgemeinen Zolltarif sür den europäischen 
Handel mit einem Aufschlag bis zu 100 v. H. 
zu erheben und die zollfreien Waren mit Zoll 
sätzen bis zu 100 o. H. ihres Wertes zu be 
legen, 
b) die nach dem oben angegebenen Punkte erhöhten 
Zölle auch von solchen Waren zu erheben, die 
durch diese Staaten nur durchgeführt worden 
sind. 
e) den erhöhten Zolltarif auf die ganze Reichs 
grenze oder nur auf einen Teil davon, auf alle 
Waren oder nur auf einige anzuwenden,