Auf dem Gut P e t e r s h a g e n , Kreis Schlawe, Besitzer Domänen-
pächter Gau de, ist der Arbeiter R. zum 1. April 1920 gekündigt worden.
Kollege R. ist 21 Jahre auf dem Gut beschäftigt. Am 29. Juni 1919 wurde
R. auf der Verfannnlung als Vorsitzender der Ortsgruppe gewählt.

Auf dem Gut Kummerow, Kreis Schlawe, Besitzer Grahle, sind
zwei Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekiindigt. Kollege N. wurde
auf der Versammlung am 26. Oktober 1919 als Vorsitzender der'Ortsgruppe
Kummerow gewählt, ist Kriegsbeschädigter. Kollege D. ist auch als Ver-
trauensmann gewählt.

Auf dem Gut Stangen, Kreis Schlawe, Besitzer v. Ripp An-
häufen, sind zwei Forstarbeiterfamilien am 13. Januar 1920 zum
1. April 1920 gekündigt worden. Kollege St. und G. waren als Vertreter
der Ortsgruppe Crangen zur Kreisversammlung am 11. Januar 1920 er-
schienen, traten in sachlicher Weise für Erhöhung der Löhne des neuen
Tarifs ein.

Die Kollegen sollten einen Einzeltarif unterschreiben. Da der Kontrakt
nicht mit den Sätzen eines Tarifs, wenn er regierungsbezirks- oder kreis-
weise abgeschlossen wird, übereinstimmte, sondern bedeutend niedriger war,
verweigerten acht Forstarbeiter die Unterschrift. Dies sind sämtliche Forst-
arbeiter, die dort beschäftigt sind.

Der Rittergutspächter F e r m a n n in W a tz o w schikaniert die Arbeiter,
weil sie Mitglieder des Deutschen Landarbeiter-Verbandes sind. Zu W. P.
sagte er, wenn er nicht in den Verband gegangen wäre, bekäme er alles. Er
hat eine Familie von zusammen acht Personen und hat keinen Raum für
seine Möbel. Der Kutscher Z. hat vier Stuben auf eine Familie erhalten,
aber mit der Begründung, daß er aus deni Verband gehen müsse, was er
dann auch getan hat. Der Hofmeister K. hat 100 Zentner Kartoffeln im
Kontrakt und 76 Zentner hat er nur erhalten. Die anderen soll er haben,
wenn er aus dem Verband geht.

Kreis Rummelsburg.

Auf dem Gut R e d d i e s , Kreis Rummelsburg, Besitzer Post, ist unser
Mitglied O. F. bereits im Oktober 1919 zum 1. April gekündigt worden, ist
aber bereits im November ganz aus der Arbeit entlassen worden. Die An-
gelegenheit wurde dem Schlichtungsausschuß übergeben und fand Verhand-
lung am 16. Dezember 1919 statt. Zu dieser Verhandlung erschien Guts-
besitzer Post nicht, es lag ein Schreiben von ihm vor, indem er sich bereit
erklärte, F. den Lohn und auch das Deputat bis zum 1. April 1920 zu zahlen,
im iibrigen die Entlassung aber nicht zurücknahm.

F. ist seit drei Jahren aus dem Gut beschäftigt. Er ist Bevollmächtigter
der dortigen Ortsgruppe. Bei Unterhandlung mit unserem Kreisvertrauens-
mann Grigat erklärte der Gutsbesitzer Post diesem, daß F. ihm immer an-
ständig gekommen sei, und auch sonst ein fleißiger Arbeiter sei.

Am 1. Januar 3 920 sind auf dem Gut R e i n f e l d R., Kreis Rummels-
burg, Besitzer Henry, die Arbeiterfamilien W. F. und I. W. gekündigt
worden. W. F. ist bereits 30 Jahre auf dem Gut beschäftigt. I. W. ist seit
18 Jahren auf dem Gut beschäftigt.

Auf dein Gut R e d d i s sind neun Arbeiterfamilien zum 1. April 1920
gekündigt, die längere Jahre auf dem Gut beschäftigt waren. Es handelt
■ sich natürlich um Mitglieder des D. L.-V. Der Kollege schreibt: Ich bitte
doch mal endlich, die Sache in die Hand zu nehmen und mir genau Bescheid
zu geben, denn die Großagrarier machen mit uns, was sie wollen.

anwesend waren. Hinterher wurden dann Aenderungen in die Tarife ge-
bracht zum Schaden der Arbeiter. Der Gauleiter muß bei solchen Tarif-
abschlüssen anwesend sein oder einen Vertreter schicken, der der Ausgabe
gewachsen ist. Die Arbeitgeber respektieren auch den Gauleiter mehr als
den Kreisvertrauensmann. (Sehr richtig!)

Man hat in Schlesien den Plan, einen Provinzialtarif abzuschließen.
Dabei muß man aber sehr vorsichtig sein. Wir wollen einen solchen Antrag
nicht abweisen. Aber der Provinzialtaris kann nur ein Rahmentaris sein,
und wir müssen uns hüten, dann in den Tariffimmel zu verfallen. Wir
dürfen da nicht zu viel Paragraphen haben, die alles und doch nichts sagen.
Wenig Paragraphen und nur das Allernotwendigste. Schmidt hat mir
neulich einen Rahmentarif für die Bergarbeiter gezeigt, der uns als Muster
dienen könnte. Wenn ein Provinzialtaris angeregt wird, dann sollten die
Kollegen sich mit dem Hauptvorstand in Verbindung setzen. Was für Stral-
sund usw. aufgebaut ist, ist kein Provinzialtaris, sondern ein Kreistarif für
drei Kreise. Der Provinzialtaris kann immer nur ein Rahmentarif sein,
an den sich Kreistarife anschließen.

Die Preispolitik in der Landwirtschaft wird für unsere künftige Tarif-
arbeit eine große Rolle spielen. Man hat versucht, uns vor den Wagen
der Unternehmer zu spannen. Es werden den Landwirten Erleichterungen
geschaffen werden. Wir sind auch weiterhin genötigt, Lohnerhöhungen zu
fordern. Lohnforderungen gehen immer konform mit dem, was der be-
treffende Beruf verdient. Wenn die Agrarier in ihrer Verdienstmöglichkeit
beschränkt werden, werden sie sich schwer zu höheren Löhnen verstehen. Die
höheren Preise für die Landwirtschaft werden bei den Industriearbeitern
viel Staub aufwirbeln. Wenn die Kollegen beobachtet Habens wie mit
wenigen leichtfertigen Sätzen diese Fragen auch in der Parteipresse behan--
delt werden, dann begreifen sie auch, daß man die Sache nicht tief genug
studiert hat. Wenn wir unseren Kollegen eine bessere Lebenslage vrschaffen
wollen, dann müssen wir auch prüfen, wie weit den Landwirten entgegen-
gekommen werden muß. Ich halte es für sehr leichtfertig, wenn jemand
erklärt, die Landwirte sind heute in der Lage, jede Lohnforderung zu be-
willigen. Es ist auch nicht wahr, daß die Landwirtschaft in den Kriegs-
jahren wahnsinnige Verdienste herausgeschunden hat. , Sie haben auf der
einen Seite verdient; aber auf der anderen Seite sind notwendige Ausgaben
unterblieben, weil sie nicht ausgeführt werden konnten. Denken wir nur
an die Bauarbeiten. Es liegt mir fern, für die Agrarier einzutreten; aber
wir können an ihren Forderungen auch nicht ohne weiteres vorbeigehen
Wir hatten die Absicht, als Organisation auch die Wirtschaftsfragen mit
den Agrariern zu besprechen. Wir hatten die Reichsarbeitsgemeinschaft
gewünscht, in der wir solche Fragen mit den Unternehmern werden venti-
lieren müssen. Dann müssen wir uns vorsehen, daß nicht der Vorstand die
Fragen anders beurteilt als die Funktionäre im Lande. Wir werden dann
unsere Leute informieren und einheitlich arbeiten müssen.- Auch dann,
wenn es dem einen oder anderen gegen den Strich geht. In der Partei-
vresse müssen wir auch zu der Sache Stellung nehmen, und wir müssen den
Industriearbeitern gegenüber Farbe bekennen.

Die heutige Konferenz ist einberufen worden, weil in Pommern die
Verhältnisse so prekär liegen, daß der Hauptvorstand der Ansicht ist. wir
inüssen für Pommern andere Maßnahmen treffen, als für andere Teile
Deutschlands. Persönlich bin ich der Ueberzeugung, daß in Pommern die
Keimzelle liegt zur Gegenrevolution, daß in Pommern die Agrarier soweit
wie möglich die gewerkschaftliche Organisation der Landarbeiter nieder-

35

wenn man mit ihnen verhandelt, und dann gehen dieselben Leute nach
einigen Tagen hin und denunzieren einen. Das beweist ein Anstandsgefühl,
für das ich — trotzdem ich nicht die Vorbildung genossen habe, wie angeblich
jene Leute — kein Verständnis habe.

Daraufhin ging es dann los in Pommern. Ich kgnn feststellen, daß es
bis znm Juni-Juli in Pommern ebenso ruhig war, wie anderwärts in
Deutschland. Dann aber kam die maßlose Hetze gegen den Deutschen Land-
arbeiter-Verband, die Flugblätter, die auch in den 4. Klassewagen der
Eisenbahn angeklebt waren: „Landarbeiter, Ihr müßt Euer Deputat for-
dern." In einem Flugblatt des Pommerschen Landbundes werden die
Tarife, die wir abgeschlossen haben, mit den leider viel zu niedrigen Sätzen
(sehr richtig!), weil die Organsation noch nicht stark genug war, ausge-
schlachtet und nian sagt den Arbeitern: „Seht, wenn Ihr Euer Deputat
voll bekommt, und könnt die Produkte im Schleichhandel verkaufen, dann
würdet Ihr 2000 bis 3000 Mk. einnehmen." —

In der Frage der Deputatlieferung stehen wir auf dem Standpunkt,
daß den Landarbeitern ein möglichst hohes Deputat gegeben ivird. Aber
wir haben auch Rücksicht zu nehmen auf unsere Arbeitsbrüder un den
Städten und aus die allgemeine Volkswirtschaft. Die Christlichen verbrei-
ten heute überall Flugblätter, daß sie dafür gesorgt hätten, daß das Deputat
für die Landarbeiter frei gegeben wird. In Mecklenburg gibt es laut
Tarif 52 Zentner Deputat, das ist ein Zentner Getreide pro Woche. Dem-
gegenüber denkt daran, was in den Städten die Arbeiterfamilien an Brot
bekommen! Wir wissen, daß die Landarbeiter ihr Deputat nicht alles selbst
verzehren wollen. Sie wollen ihre Viehzucht hochbringen. Es wird auch
eine Verordnung herauskommen, wonach den Landarbeitern mehr Deputat
gegeben werden 'kann. Aber so voll und ganz kann man diese Forderungen
auf völlige Freigabe nicht vertreten. (Zuruf: Das wollen die Landarbei-
astch gar Nicht!) Ich will nur sagen, daß man den Landarbeitern in Flug-
blättern vorredet: „Seht, wenn Ihr Euer Deputat voll bekommen würdet,
wenn Ihr sechs Gänse verkaufen könntet, würdet Ihr dafür allein 600 Mk.
bekommen," und dann heißt es: „Wer hat Euch belogen, zum zweiten und
dritten Mal belogen? Der Deutsche Landarbeiter-Verband!" Das ist eine
ganz demagogische Hetze, die auf die allgemeine Volkswirtschaft gar keine
Rücksicht nimmt, sondern nur den persönlichen Eigennutz aufstachelt. Dann
heisst es weiter: „Wir fragen weiter, wo bleibt der Landarbeiter-Verband,
lvarum nimmt er uns nicht gegen ehrenrührige Angriffe der Regierung in
Schutz?" Da wird der Genosse Braun ausgespielt gegen Robert Schmidt,
weil'beide in der Frage verschiedener Ansicht sind. Dann heißt es weiter:
„Wo bleibt der Landarbeiter-Verband? Um die Erhöhung des Tagelohnes
um 50 Pf. und 1 Mark, da hat er ein Wesen genmcht, als sei der grösste Sieg
erfochten. Aber in der Deputatfrage dürfe er aus Sorge für die städtische
Arbeiterschaft nichts tun. Wir aber, wir holen Euch das ganze Deputat
heraus" wird im Flugblatt geschloffen.

Dann haben im Juli in Pommern Haussuchungen stattgefunden in der
Landwirtschaftskammcr in Stettin und in anderen Städten. Ich Muß be-
dauern, daß damals nicht von der Regierung mit Entschiedenheit zuge-
griffen wurde, wie das notwendig.gewesen wäre. Wenn ich diesen Vor-
wurf erhebe, so will ich nicht, daß die heutige! Konferenz dazu ausarten soll,
die Regierung herunter zu machen, daß sie nichts getan habe. Was wir
heute wollen, ist in, wesentlichen Material zusammentragen und daran zu
denken, was wir in Zukunft zu tun haben. Ich will aber nicht unterlassen,
hier zu sagen, daß die Regierung damals bte: Gefahr, vor der sie stand.

verantwortlich zu machen sind. Es geht nicht an, daß die Oeffentlichkeit immer
wieder über Landarbeiterstreiks aufgeregt wird. Ich weiß, was die Herren
wollen. Sie glauben eben, die Regierung könne nichts zum Schutz der Land-
arbeiter tun, weil sie auf die Hilfe der Landwirte angewiesen sei, weil die
Landwirte sonst nichts mehr abliefern würden.

Ich erkläre nochmals, daß wir bereit sind, in dieser Beziehung zu ver-i
handeln; aber das Recht der Arbeiter lassen wir auch
von den pommerschen Landjunkern uns nicht streitig
m a ch e n. Wir hoffen und wünschen, daß es uns auch hier wie anderwärts
gelingt, zu Verhandlungen zu kommen, und daß uns auch das künftige Ernte-
jahr vor größeren Erschütterungen der Landwirtschaft verschonen wird.

Run muß ich noch eine Frage betonen. Es wird immer gesagt, die Tarif-
verträge müßten eingehalten werden. Ganz richtg, das gilt für normale
Zeiten. (Lebhafter Widerspruch bei den Deutschnationalen.) Gestatten Sie,
lassen Sie mich doch mal ausreden. Ich sage, das gilt für normale Zeiten;,
heute aber haben wir anormale Zeiten. Gestern fand eine Verhandlung statt,
wo Sie Forderungen stellten, was Sie für die Tonne Roggen und für die
Tonne Weizen bezahlt haben wollen, und dann erklärten dort
Vertreter der Landwirtschaft, die Arbeiter müßten
gezwungen werden, zu einem bestimmten Satz zu ar -
b eiten. Wenn ich das ausgesprochen habe, so habe ich es gesagt mit Rück-
sicht auf die herrschenden Zustände, wo wir es künftig mit laufenden Preis-
erhöhungen zu tun haben werden. Glauben Sie, daß die Ar-
beiter mit Löhnen zufrieden sein können, die im Ja-
nuar abgeschlossen sind und die noch im Dezember
desselben Jahres gelten sollen? (Zurufe bei den Deutsch-
nationalen: Rein!) Ich sage, auf diesen Boden muß man sich stellen. Ge-
statten Sie nochmals, daß ich einen Namen erwähne, den des Herrn von der
Osten, der in einer Rede ausführte, es wäre nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch
und nach der Landarbeiterordnung gültig, was in den Tarifverträgen stehe,
und das würde von den Arbeitern nicht eingehalten. Wenn die Tarifverträge
abgeschlossen worden sind im Sommer des Jahres, und im Laufe des Jahres
ist die enorme Steigerung für alle Produkte eingetreten, besonders für Schuh-
werk und Kleidung, dann können Sie es den Landarbeitern
nicht verargen, daß sie Nachforderungen stellen. Ich
habe gestern mit einem schätzenswerten Mitglied dieses Hauses gesprochen,
welches meinte, wir würden dazu kommen müssen, die Tarifverträge viertel-
jährlich zu begrenzen und dann wieder zu Verhandlungen zusammenzutreten.
Wenn Sie verlangen, daß man die Kohlen preise als
Index fürdie Getreidepreise behandelt, dann müssen
Sie auch den Arbeitern gestatten, daß sie auch so ihre
Löhne bewertet haben wollen. (Sehr richtig! bei den Sozdem.)
Das verlangen wir, und damit sind gewiß nicht nur meine Freunde von der
Sozialdemokratie einverstanden, sondern wohl alle,: welche das Wirtschafts-
leben kennen. Aber man kann nicht zu einem Resultat kommen, wenn in
der Presse über jeden Fall, der auf einem Gut passiert, daß die Leute mal aus
diesem oder jenem Grunde die Arbeit niederlegen, gewaltiger Lärm geschlagen
wird. Man muß versuchen, die Sache im Verhandlungswege zu schlichten,
und ich glaube, daß alle, die schon bei Verhandlungen zwischen Arbeitgebern
und Arbeitnehmern zusammengesessen haben, wissen werden, daß wenn es
manchmal auch heiß hergegangen ist, doch zum Schluß immer ein Resultat
herausgekommen ist. Auf diesen Boden muß sich auch die pommersche Land-
wirtschaft stellen, wie es anderwärts der Fall ist, dann wird man auch in

69

Mit Erbitterung sieht die Arbeiterschaft, wie in allen Orten die Ver-
trauensmänner der Ortsgruppesi des D. L.-V. ohne jedweden Grund die
Entlassung erhalten.

Indem wir uns solidarisch mit den'Gemaßregelten erklären, fordern
wir, daß sämtliche Kündigungen rückgängig gemacht werden und nur dort
zu Recht bestehen bleiben, wo ein besonderer Grund vorliegt oder die
Mehrzahl der Arbeiter für die Entlassung stimmen.

Obwohl wir uns unserer Pflicht der Volksernährung gegenüber voll
und ganz bewußt sind, sind wir entschlossen, vorstehende Forderung, mit
allen uns zu Gebote stehenden Mitteln durchzukämpfen.

Im Einvernehmen der versammelten Kollegen, gez.: Klabunde.

Kreis Köslin.

Kreisvertrauensmann H. Haß schreibt uns:

„Ersuche hiermit den Vorstand, bei der Regierung vorstellig zu werden,
um dem brutalen Vorgehen der Großgrundbesitzer energisch entgegenzutreten
betreffs der Massenkündigungen, die jetzt bei uns im Kreise vorgenommen
werden. Die Landarbeiter werden gezwungen, den Vertrag vom Pommerschen
Landbund, d. h. von den Gutsbesitzern, zu unterschreiben. Wenn sie das nicht
machen, wird ihnen einfach die Entlassung ins Haus geschickt. Die Kollegen,
nun in größter Empörung über diese Maßnahmen, fragen mit Recht, haben
wir denn keine Regierung, die uns hier in der größten Rot schützt, oder
sollen wir wieder der Knute der Junker den Buckel hinhalten. Streiken sollen
wir nicht, die Notstandsarbeiten sollen verrichtet werden, damit das Vieh
nicht verkommt. Und wir sehen das auch ein, daß keine Werte des Staates
vernichtet werden dürfen, aber dieses machen sich die Herren zunutze und
sagen: das Vieh muß gefüttert und gemolken werden, und wenn ihr dieses
nicht macht, dann kommt einfach Militär, und das wird euch schon zur Ver-
richtung der Notstandsarbeiten zwingen, mehr wollen wir ja auch gar nicht,
dann streikt so lange wie ihr wollt. Will sich der Vorstand und die Regierung
noch länger die Augen und Ohren zuhalten, indem sie von dem Treiben der
Junker hier in Hinterpommern nichts sieht und hört? Wo bleibt da öte'
Koalitionsfreiheit der Landarbeiter? Die wird ihnen einfach von den Junkern
genommen. Ich führe hier nun alle Fälle einzeln an, wo dieses brutale
Vorgehen der Herren durchgesetzt wird. In Monom sind neun Kündi-
gungen vorgekommen, Leute, die schon zehn Jahre und noch länger da ar-
beiten, in Seidel und View e r r o w dasselbe. Alles unter einer Guts-
verwaltung (Fürst von Hohenzollernsche Güter). In M e r s i n , N e d l i n ,
B a r z l i n, auch alles eine Verwaltung, sind sämtliche Leute gekündigt
worden. (Besitzer: v. Heidebreck, Barzlin.) In Neuenhagen (Be-
sitzer Schnittke) sind z e h n bis e l s Kündigungen vorgekommen; in G i e s -
k o w s i e b e n bis acht, in S ch ü b b e n ist sogar der Vertrauensmann der
Ortsgruppe sofort entlassen worden, weil er den Wünschen des Herrn Be-
sitzers V o g e s in Schübben nicht nachkam. Es sind weit über 50 Güter,
wo Entlassungen vorgekommen sind. Es führt aber zu weit, um alles einzeln

anzuführen."	_ , „ Y .

Krers Belgrad.

Auf dem Gute Hopfenbcrg, Besitzer Gräfin v. Kleist, sind zum
l. April l920 19 Arbeiterfamilien gekündigt worden.

Allen Arbeitern wurde folgender Losschein zugestellt: „Da Arbeiter nicht
in Verhandlungen über den für hier festgesetzten Vertrag eintreten will,
kann er sich auf seinen Wunsch zum 1. April 1920 anderweitig Wohnung
nehmen."

32

verlieren, nicht die kleinen Schwierigkeiten beim Zustandekommen von
Tarifverträgen vorzubringen. Das kennen wir im allgemeinen. Wir
wissen, daß die Schwierigkeiten nicht abreißen. Aber wir wollen die Ur-
sache ergründen, um auf die Mittel und Wege zu kommen, ivic dem abzu-
helfen ist.

Wir wollen, daß die Regierung bei dieser Gelegenheit erfährt, wie die
Dinge stehen. In diesem Sinne wollen wir unsere Verhandlungen heute
auffassen.

Vors. Schmidt teilt mit, daß noch 18 Redner gemeldet sind; die
Redezeit wird auf fünf Minuten beschränkt.

S ch m o r l - Dramburg: Aus dem Kreise Dramburg ist der Gedanke aus-
gegangen, den Landbund zu gründen. Namhafte Adelige sind die Führer.
Unsere Pflicht muß fein, daß die Auflösung der Gutsbezirke recht bald in die
Wege geleitet wird. Dadurch werden verschiedene Amtsvorsteher usw. ver-
schwinden, auch mancher Landrat. Die Leute, die sich nicht voll und ganz auf
den Boden der Regierung stellen. Tritt ihren sämtlichen Geheimräten, müssen
verschwinden.

Segebrecht - Anklam: Wie die Sache int Kreise Anklam gegangen ist,
haben wir dem Verbandsvorstand schon schriftlich mitgeteilt. Ich will nur kurz
erwähnen, daß wir dem Pommerschen Landbund nicht mit Generalstreik
gedroht haben. Der Brief, den ich ihm geschrieben habe, liegt vor und
ich stello fest, daß man in einem höflicheren Ton wohl eine so unangenehme
Angelegenheit nicht mitteilen kann. Es erfolgte darauf eine kurze Ab-
lehnung:

„Wir lehnen cs ab, auf die in Frage kommenden Arbeitgeber einen
Druck auszuüben — was ich gar nicht verlangt hatte — behufs Ein-
stellung der entlassenen Arbeiter. Bevor nicht ihre Drohung mit den,
Generalstreik bedingungslos zurückgenommen ist, lehnen wir jede weitere
Verhandlung ab."

Hiermit glaube ich nachgewiesen zu haben, daß diese Drohung meinerseits
nicht ausgesprochen worden ist.

Nun zu einer anderen Sache. Wir haben heute schon viel von den
Verhältnissen in Pommern gehört, für uns kann es sich nur darum han-
deln, wie wir Mittel und Wege finden, in Zukunft ähnliche Verhältnisse
zu beseitigen. Da ist. maßgebend für uns eine Aenderung der gesetzlichen
Bestimmungen. (Sehr richtig!) Wir müssen ausgehen von der Verord-
nung über die Einstellung und Entlassung von Arbeitern während der
Zeit der Demobilmachung vom 3. September. In § 14 wird verlangt,
daß sich die Arbeitgeber mit dem Arbeiterausschuß ins Benehmen zu setzen
haben, wenn sie Arbeiter entlassen wollen. Diese Verfügung hat für unsere
Landarbeiter die allerübelsten Folgen gehabt. (Sehr richtig!) Die feu-
dalen Arbeitgeber denken gar nicht daran, sich mit den Arbeitnehmern oder
Arbeiterausschüssen ins Benehmen zu setzen. Das widerspricht ihrer Auf-
fassung von Ehre und Macht. Deshalb umgehen sie diese Verfügung und
haben eine Handhabe durch den 8 20 der Verordnung, worin es heißt:
Die gesetzlichen Bestimmungen über die Gründe einer Auflösung des
Dienstverhältnisses ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist werden von
diesen Vorschriften nicht berührt. Also wenn sie nicht zu kündigen brau-
chen, können sie auf der Stelle entlassen, ohne zu fragen. Da ist maßgebend
für sie der § 16 der vorläufigen Landarbeits-Ordnung. Auf Grund dieses
Paragraphen, der io dehnbar wie Kautschuk ist, entlassen sie die Arbeiter

tiert, weil die in ihm enthaltenen Sätze in keinem Verhältnis zu den
heutigen Teuerungsverhältnissen stehen. In den meisten Kreisen hat der
- Landarbeiter-Verbnnd wesentlich bessere Tarife abgeschlossen, nur in dem
Kreise Greifenberg sträuben sich die Besitzer heftig, einigermaßen zureichende
Löhne zu zahlen. Um nun die Landarbeiter aus dem Verbände wieder
dem Landbunde zuzuführen, versendet der Pommersche Landbund im Ok-
tober 1919 folgendes Rundschreiben:

„An die Herren Gutsbesitzer und Vorsitzenden der Bezirksgrnppe. Der Land-
arbeiterverband verliert im Kreise zusehends an Anhängern. (?) Da der Land-
arbeiterverband den Leuten keinen Tarifvertrag und keine Teuerungszulage heim-
gebracht hat, fühlen sich die Mitglieder des Landarbeiterverbandes in ihren Er-
wartungen getäuscht. Wie die jetzigen Erfolge bei unsern Versammlungen lehren,
kommt alles darauf an, das; die Arbeitgeber, die den Arbeitnehmern zugebilligte
Teuerungszulage von 12ß Mark nur an Mitglieder des Pommer-
schen L a n d b u n d e s a u s z a h l e n. Wenn die Arbeitgeber so vorgehen,
werden wir eine große Zahl von Mitgliedern des Landarbeiterverbandes für
unsere Arbeitnehmergruppe gewinnen. Stört- bitten darum, v om diesem
Grundsatz nicht ab zu gehen. Die Herren Bezirksgruppenvorsitzenden
bitten wir, dafür zu sorgen, daß der Inhalt des Schreibens allen Mitgliedern der
Bezirksgruppe bekannt wird.

Mit Bundesgruß gez. D. W o l fg r a m m . Geschäftsführer."

Durch dieses Schriftstück wird wieder mit aller Deutlichkeit dargelegt,
daß die Agrarier mit allen Mitteln -des Terrors bestrebt sind, die Land-
arbeiter zum Pommerschen Landbund zu zwingen. Aber auch etwas an-
deres lehrt dieses Rundschreiben. Behaupten nicht auch die Landwirte
immer aufs neue, daß sie für die Lage ihrer Arbeiter volles Verständnis
haben? Wenn dem so wäre, dann müßten sie doch mindestens allen ihren
Arbeitnehmern diese Teuerungszulage zahlen, denn auch die Nichtbündler
leiden bei der schlechten Entlohnung bittere Not. Doch das schiert die
wahren „Patrioten" nicht. Wenn dann schließlich einmal ein Streik ans-
brechen sollte, schreit die ganze Iunkersippe über Gefährdung der Volks-
ernährung u. a. Es ist gut, daß durch obiges Schreiben die Landarbeiter
sehen, wie . der Landbund Mitglieder „wirbt" und wir zweifeln nicht, daß
sie den Agrariern die richtige Antwort geben werden, indem sie sich dem
Landarbeiternerband anschließen, der ihre, wirklichen Interessen vertritt.

Rundschreiben des Pommerschen Landbundes an seine Ortsvorstände:

Greifenberg i. Pom., btn 17. 10- 19.

Eilt sehr, sofort!

Sehr geehrter Herr!

Am Mittwoch, den 15. Oktober b. I., fand in Setttin eine Bauerntagung für
die Provinz Pommern statt. An dieser Tagung haben als Vertreter des Kreises
teilgenommen:

1.	Herr Gutsbesitzer Witt, Gründemannshof, als Vorsitzender des Pom-
merschen Landbundes der Kreisgrnppe Greifenberg i. Pom.;

2.	Herr Banernhofsbesitzet Fuhrmann, Klälkow;

3.	Herr Bauernhofsbcsitzer Bernhard B r n ß, Dadow.

Am Tage darauf sprach Herr v. Wangen heim, Klein-Spiegel, über die
augenblickliche wirtschaftliche Lage. Herr v. Wangenheim, Kl.-Sptegel, wies an
der Hand eines umfangreichen Zahlenmaterials nach, daß wir vor dem Zu-
sammenbruch der Zwangswirtschaft stehen.

WWMMuWneMsrbM-VMMs

Der pommerfche LanöbunS

eine Gefahr für Sie öeutfche Volksernährung

Material zur Seurteilung Ser Unternehmer-
hanSlungen in Ser pommerfchen LanSwirtfchast

Herausgegeben v o »i Vorstand
des Deutschen Landarbeiter-Verb an des
Berlin SO. 16, Michaelkirchplatz 1, II
Berlin 1920

Bezeichnend ist die Zahl der Jahre, die die einzelnen Arbeiter-
familien auf diesem Gute wohnhaft und beschäftigt waren, nämlich 6, 19, 6,
22, 9,12,14,18, 24, 7, 24, 33,1,1, 1,1, 41 und 9 Jahre.

Wie es mit der Kündigung bestellt ist, die auf Wunsch der Arbeiter erfolgt
fein soll, beweist nachstehender, bei uns am 20. Januar 1920 eingegangener
Bericht:

„Zu dem eingesandten Tarif wurden wir heute, am 31. Dezember 1919,
aufgefordert, ihn zu unterschreiben. Als erster wurde unser Genosse B. rein-
gerufen. Ohne Verhandlungen iiber den Tarif wurde ihm der L o s s ch e i n
ausgehändigt, worauf sämtliche Mitglieder das Gutshaus verließen. Da
der Losschein ohne Gründe war, wurde er vom Genossen B. nicht angenom-
men, B. wurde aber beim Verlassen des Hofes von dem Hofmeister Zemke
zurückgerufen, worauf ihm derselbe mit aufgeführten Gründen übergeben
wurde. Gleichzeitig haben noch mehrere Mitglieder denselben erhalten, wurde
aber nicht angenommen.

Es wurde am 30. d. M., abends, eine Versammlung abgehalten, wo wir
uns mit sämtlichen Mitgliedern eine Frist erbaten. Hieraus wurde Genosse
B. beauftragt, die Liste dem Gutsverwalter, Herrn Mantzel, vorzulegen. Ge-
nosse B. ging am 31. d. M., morgens früh- mit der Liste hin, der Gutsver-
walter befand sich im Pferdestall, überreichte ihm denselben dort, M. lehnte
ihm mit den Worten ab, die Sache wird heute yachmittag geregelt. Den
Vorgang der Sache bestätigt obiges Schreiben. Hieraus beschlossen sämtliche
Mitglieder, die Frist nochmals zu erbitten. Dies geschah folgender-
maßen: Die Mitglieder begaben sich alle in das Gutshaus, worauf unser Ver-
trauensmann B. beauftragt wurde, nochmals die Bitte vorzulegen.

Genosse B. erbat durch Anmeldung des Stubenmädchens den Eintritt,
welcher ihm auch gewährt wurde. Die erbetene Frist wurde auch diesmal
nicht anerkannt. Der Gutsverwalter, Herr Mantzel, erklärte den
Genossen B. als nicht maßgebende Person. Der Gutsverwalter
suchte sich selbst ein Mitglied von uns aus, Namens F. K., und versuchte durch
gute Worte denselben vonuns zutrennen, worauf derselbe aber nicht
einging. Solange warteten sämtliche Mitglieder auf dem Hausflur. Nach
einer kurzen Unterhaltung begaben sich beide in den Hausflur, worauf Herr
Mantzel die Mitglieder aufforderte, den vorgelegten Vertrag zu unter-
schreiben, worauf ein kurzes Nein erwidert wurde. Sämtliche Mitglieder er-
klärten Genossen B. als nicht entlassen, weil keine Gründe vorhanden waren.
Beiliegenden Losschein, namens P., genau dasselbe. Schloß hiermit die
Tür und sämtliche Mitglieder verließen das Gutshaus. Die Unterschriften be-
glaubigen den Sachverhalt. Vertrauensmann B. und drei Mitglieder, Kas-
sierer L., Revisor D."

Auf dem Gute K a r l s r u h, Besitzer UdoDammer, sind am 24. De-
zember 1919 fünf Arbeiterfamilien gekündigt worden; sämtlich organisiert.
Auf dem Gute Karlsruh sind nur sieben Familien beschäftigt, davon ist
Familie St. schon längere Zeit entlassen; obwohl Amtsgericht und Schlich-
tungsausschuß den Besitzer verurteilt haben, mußte St. den Dienst verlassen.

Auf dem Gute Alt-Schlage, Besitzer L a n d b a n k, Stettin, Ver-
walter Administrator D ä m z o g, sind am 11. November 1919 vier Ar-
beiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden. Sämtliche Arbeiter sind
1 bis 3, eine Familie schon 27 Jahre auf dem Gute beschäftigt. Entlassungs-
grund: Organisiert im Deutschen Landarbeiter-Verband.

Auf dem Gute W a l d h o f, Besitzer v. Manteufsel, sind am 10. No-
vember 1919 fünf Arbeiterfamilien zum l. April 1920 gekündigt worden.

'















nicht ernst genug genommen hat. (Zuruf: Heute noch!) Das inag auch
heute noch zutreffen. Darum haben wir die Regierung versucht, zu dieser
Konferenz Vertreter zu entsenden, damit sie hört, was die Kollegen selbst
dazu sagen. Es ist damals festgestellt, welche Verbindung zwischen dem
Militär und dem Pommerschen Landbund besteht; das Material liegt der
Regierung vor.

Von Wangenheim setzte seinen Sohn in die Landwirtschaftskammer in
Stettin als Generaldirektor. In dieser Landwirtschaftskammer in Pommern
wurde eine skrupellose Agitation gegen die Regierung betrieben. (Zuruf:
Heute noch!) Ich nehme es einer Oppositionspartei, wie den Deutsch-Natio-
nalen, nicht übel, wenn sie Opposition treibt, aber wir verlangen von der
heutigen Regierung, daß diese Leute mit demselben Maße gemessen werden,
das sie früher gegen Andersdenkende anlegten. Früher durfte in Preußen-
Deutschland kein Nachtwächter seinen Posten behalten, wenn er Sozial-
demokrat war. Auch heute dürfen amtliche Institutionen nicht dazu verwandt
werden, um die Regierung zu stürzen.

Dann komme ich zuni Streik im Kreise Franzburg im Sommer. Wenn
irgendwo ohne Zutun der Arbeiter ein Generalstreik ausbrach, so in diesem
Falle. Es ist aktenmäßig festgestellt, von wo die Treibereien ausgingen.
Ich behaupte heute mit voller Ueberlegung. daß diese Aktion aus zweierlei
Gründen betrieben wurde! Einmal wollte man beweisen, daß die Land-
arbeiter nicht reis seien für das freie Koalitionsrecht; man wollte ihnen die
Rechte nehmen. Und zum andern sollte damals in der Zeit der politischen
Hochspannung in der äußeren Politik diese Differenzen benutzt werden, um
die Gegenrevolution in Deutschland vorzubereiten. Es ist der Arbeiter-
schaft Vorpommerns zu verdanken, daß diese Pläne nicht zur Ausführung
gekommen sind. Es war ein Glück, daß ein Vertreter unserer Organisation
in der Preußischen Landesversammlung war. Es ist mir und dem Land-
wirtschaftsminister Kollegen Braun gelungen, diese Hetze niederzuschlagen.
Ich kam von den Tarifverhandlungen in Stralsund und las am Abend hier
in der Presse die fette Urbcrschrift: „Generalstreik in Pommern". Es
wurde geflissentlich der Schwindel verbreitet: Seht, nun fangen.auch die
Landarbeiter an! Als ich nach meiner Wohnung fuhr, sprach in der Bahn
alles davon: Nun fangen die Landarbeiter auch noch an, nun werden wir
ja wohl verhungern. Es ist uns dann gelungen, diese Treibereien zu un-
terbinden und deshalb der Haß gegen den Verband!

Es kam dann die Hetze in Neustettin unter Führung des Herrn von
Hcrzberg-Lottin, wo die Besitzer auch heute noch nicht so weit sind, daß sie
Tarife abschließen wollen. Die Antwort war die Verordnung des Laud-
wirtschaftsministers vom 2. September 1919, wodurch die Besitzer gezwun-
gen werden sollten, die tariflichen Löhne zu zahlen, die durch "die Schlich-
tnngsausschüsse festgesetzt wurden. Dieses Vorgehen verschärfte natürlich
wieder den Kampf gegen den Minister Braun. Jede Maßnahme wurdr
eben bekämpft, durch die die Regierung versucht hat, Ordnung zu schaffen.

Wer sind denn diese Leute wie Herzbcrg-Lottin, der sich heute noch
Königlicher Landrat nennt? Das ist derselbe Herzberg-Lottin, der nach der
Reichstagswahl 1912. ftincn Arbeitern befohlen hat, die Gutskutsche zu
grüßen, ganz egal, ob jemand drin sitzt oder nicht. Das sind die Leute,
die heute noch den Ton angeben. Demgegenüber sage ich: Wenn wir
in Deutschland schon den Belagerungszustand haben, und Leute von der
Linken ins Loch stecken, d a n n soll m a n a n ch s o l ch e Leut e.
m a l ne h m e n. (Lebhafte Zustimmung.) Ich bin fest überzeugt, wenn
man den Junkern gegenüber energisch zufaßt, dann w e r d e n

ltt

Kreis Deutsch-Krone.

Der Gutsbesitzer Schütz auf Gut Trabehn, Kreis Deutsch-Krone, hat
jedein Arbeiter, der im Verband, war, den Ziehschein gegeben, die jedoch von
den Arbeitern nicht angenommen wurden. Nun werden die Leute tagein,
tagaus belästigt, indem der Inspektor mit Leuten kommt, die die Wohnung
ansehen. Es befinden sich unter den Arbeiterin solche, die 22 Jahre auf dem
Gut beschäftigt waren. . Viele hatten sich im vorigen Jahr ein Grundstück
gekauft, wo sie ihre ferneren Tage verleben wollten. Doch der Besitzer Schütz
hat ihnen abgeredet, bis sie es. wieder verkauft hatten, und heute gibt er
ihnen den Ziehschein.

Kreis Schlochau.

Auf dem G a u f e sehen Fideikommißgut Loosen, Kreis Schlochau,
haben am 1. Januar 1920 drei Arbeiterfamilien den Entlassungsschein er-
halten wegen Zugehörigkeit zum Deutschen Landarbeiter-Verband. Der
eine gekündigte Arbeiter ist 6er. bisherige Bevollmächtigte unserer Orts-
gruppe und gehört dem Kreisarbeiter- und Bauernrat an. Die anderen Ar-
beiter sind F. G. und W. G.

Auf dem Gut Schönau, Kreis Schlochau, hat der Vertrauensmann
Unserer dortigen Ortsgruppe, F. B., am 30. Dezember 1919 feine Entlassung
zum l. April 1920 erhalten. B. ist schon 17 Jahre am Ort beschäftigt. Am
Sonntag, dem 4. Januar 1920, ließ der Besitzer sämtliche Mitglieder des
Deutschen Landarbeiter-Verbandes zusammenrufen, um nach seiner Angabe
mit iheen einen guten Tarifvertrag abzuschließen, aber mit der Bedingung,
daß sie dann alle aus dem Deutschen Landarbeiter-Verband austreten. Da
sie nicht Folge leisteten, gab er sämtlichen Mitgliedern zum 1. April 1920
die Entlassung.

Nach Schilderungen unseres Gauleiters sind int deutschen West -
Preußen, ,also in nur einigen Kreisen, etwa 300 Kündigungen
erfolgt.

61

halten und zertrümmern wollen, um dann denselben Gedanken auf - das
ganze Reich zu übertragen. Wangenheim hat auf der Provinzialversamm-
lung des Bundes der Landwirte ganz klar gesagt, daß die Organisation
zerschmettert werden muß'. Sie haben nichts gegen Lohnerhöhungen, aber
gegen die Verkürzung der Arbeitszeit. Sie haben die Mittel, um uns den
Kampf anzubieten. Deswegen müssen wir prüfen, welche Mittel wir an-
wenden müssen, um ihnen diese Möglichkeit zu nehmen.

Wir müssen den Kampf annehmen iin Interesse der Landarbeiter. D i e
Kraft des W i d e r st a n d e s der Arbeitgeber, d ie nicht aus
wirtschaftlichen, sondern a u s politischen Gründen
dem Abschluß von Tarifverträgen entgegengesetzt
wird, müssen wir brechen. Muß die Kraft der Organisation
durch Streik hierzu angewandt werden, so liegt die Gefahr eines schweren
Kampfes vor, der zum Bürgerkrieg ausarten kann, wenn die Gutsbesitzer
die Waffen behalten und die Baltikum truppen in Pommern bleiben.

Neben dem Abschluß von Tarifen kommt ihre Durchführung, d. h. ihre
Anerkennung von beiden Seiten, in Frage. Es gibt leider auch bei uns
Kollegen, die den Tarif nicht durchführen. Der Hauptwiderstand liegt aber
bei den Arbeitgebern. Selbst wenn die Organisationsleitung der Arbeit-
geber einen Tarif mit, uns abschließt, arbeitet ein großer Teil der einzelnen
Arbeitgeber dagegen. Unsere. Kollegen verlangen gesetzliche Maßnahmen
und Verordnungen, um die Arbeitgeber zur Anerkennung der Tarife zu
zwingen. Die heutigen Verordnungen reichen dazu nicht aus, und bis die
Regierung das nachholt, vergeht Zeit, die wir nicht ungenützt lassen dürfen.
Wir wissen heute noch nicht einmal, ob die Regierung die Macht hat, die
Waffen aus der Provinz Pommern wieder herauszuziehen. Darum müssen
wir unsere Taktik entsprechend aufbauen. Darum wollen- wir unseren Ap-
parat vergrößern und besser ausbauen. Nur wo die Arbeiter sich durch
die Gewerkschaft wirtschaftlich frei gemacht haben, können sie die po-
litische Macht erringen. Wir werden in Pommern siegen, wenn nicht durch
die Parteispaltung eine Verwirrung in die Köpfe der Landarbeiter ge-
bracht wird. Im Interesse der ganzen Sache müssen wir in der Arbeit
eins werden. Wenn wir das fertig bringen in der Gewerkschaft, dann
haben wir auch einen politischen Einfluß auf die uns fernstehenden Kreise.
Wenn die Unternehmer das sehen, dann werden sie ihre Schwäche fühlen;
dann wird auch die Gewerkschaftsarbeit, der Abschluß von Tarifen leichter
und dieMaßregelungen werden abnehmen in dem Maße, wie dix Arbeitgeber
fühlen, daß unsere Macht stärker ist als die ihre.

S ch m i d t: Es sind folgende Antrage eingegangen: 1. „Die Unter-
zeichneten bitten um Herausgabe einer Broschüre: Material zur Be-
kämpfung des Pommerfchen Landbundes." Meier, Schmorl.

Die Vorbereitungen dazu sind getroffen. Es soll eine Broschüre er-
scheinen über die gelben Organisationen in der Landwirtschaft. Ich bitte
Sie aber, das Material einzuschicken. Es schadet nichts, wenn wir etwas
doppelt bekommen.

2. „Die Versammlung wolle beschließen, daß bei allen Versammlungen
der Pommersche Laudbund unter keinen Umständen als Arbeitnehmer-Orga-
nisation, sondern nur als Arbeitgeber-Organisation zuzulassen ist."

Das ist unser Standpunkt, beit wir hier nochmals unterstreichen. Die
Leute dürfen nur auf der Arbeitgeber-seite sitzen. Es sind Bestrebungen im
Gange, ihn auch als Arbeitervertretung anzuerkennen; aber das können
wir nicht zulassen. Von jeder Maßregelung muß uns genaue Mitteilung

36







Die wirtschaftliche Lage ist so, daß wir auf alles gefaßt fein
müssen. Herr v. Wangenheim macht darauf aufmerksam, daß es Aufgabe der
. Landwirtschaft Pommerns sei, in erster Linie die Ernährung deBKrejsstädte, ins-
besondere die Ernährung von Stettin, restlos und in allem Umfange sicherzustellen,
und zwar unter Heranziehung der Genossenschaften..

Bei der augenblicklichen wirtschaftlichen Lage ist-zu erwarten, daß die Land-
wirtschaft völlig auf Selbsthilfe angewiesen bleibt. Infolgedessen ist es notwendig,
zuverlässige und st a a t s e r h alten de Elemente in größerer
Zahl in der Landwirtschaft des Kreises aufzunehmen. Es
wird nicht verkannt, daß die Aufnahme solcher Herren auf dem Lande manchmal
mit Schwierigkeiten verbunden sein mag. Die Schwierigkeiten müssen aber rück-
sichtslos überwunden werden. In Berlin besteht „dar nationale Heimatbund zur
Versorgung Heeresentlassener", 'Berlin W. 9, Schillingstraße Nr. 14-18. Dieser
Heimatbund macht es sich zur Ausgabe, die zuverlässigen Elemente des aufgelösten
Heeres insbesondere Offiziere dem Lande z u überweisen. Bei dem
Ernst der Lage bitten^wir uns umgehend Nachricht zukommen zu lassen, o b und
w i e v i e l O f f i z i e r e und sonstige zuverlässige Leute Sie in
Ihrer Häuslichkeit oder in der Häuslichkeit der Mitglie-
der Ihrer Bezirksgruppe, aufzunehmen verm ö ch t e n.

Wir bitten, wegen dieser Frage eiligst vertrauliche U m f r a g e bei
den Besitzern Ihrer 'Bezirksgruppe zu halten, um die Zahl der aufzunehmenden
Personen hierher bis spätestens 25. Oktober d. I. mitzuteilen, da wir für den
Kreis die Zahl der gewünschten Herren dem „Nationalen Heimatbund" Berlin
eiligst mitteilen wollen.

Mit Bundesgruß	gez. Dr. Wolfgram in.

Auk die tut Interesse der Sicherstellung der lnndivirtschastlichen Arbei-
ten erlassene Verordnung des Pr. Land w irtschafts-Mini st e r i -
ums vom 2, September 1919 veröffentlicht^ hinterpommersche Junker
am 10. September 1010 folgenden „Erlaß":

Die von dem Minister für Landwirtschaft, Domänen und
Forsten erlassene „Verordnung betr. die Sicherstellung landwirtschaftlicher Ar-
beiten" vom 2. 9.19 ist r e ch t s u n g L l t i g. Der. Versuch des- Ministers, sie auf
§ 1 der Verordnung über die wirtschaftliche Demobilmachung vom 7. 11. 1918 zu
stützen, ist rechtsirrig; denn die Störungen des Wirtschaftslebens durch Streits
in der Landwirtschaft sind keine Folgen der Demobilmachung.

Da die ganze M i n i ste r i a l v e r o r d n u n g u n g ü l t i g ist, so ist auch
die Anordnung über Arbeitsbedingungen für landwirtschaft-
liche Arbeiter, die der Regierungspräsident — als Demobilmachungskom-
missar in den nächsten Tagen für den Kreis Neustettin— wie schon am 3. 9- für
Belgard geschehen — erlassen wird rechtswidrig und ungültig.

Die Unterzeichneten halten es für ihre P a t r i o t i s ch e P f l i ch t, sich nicht
an dieser Rechtsbeugung zu beteiligen; sie lehnen daher
die Annahme der Bedingungen ab und bitten ihre Berufsgenossen,
zur Abwehr der rechtswidrigen U e b e r g r i f f e de? Landwirtschafts-
ministers ebenso zu verfahren.

von B o n i n> - B a h r e n b u s ch, Vors, des landw. Vereins Neustettin,
von Gand eck er-Zuch, Vors, des landw. Vereins Bärwalde,
von Hertzberg-Lottin, Vors, der Kreiskommission.

B e i g e I - H o h e n f e ld e, Vors, des landw. Vereins Tempelburg.

44

Pommern zu einem Resultat kommen. Deshalb bitte ich nochmals
die Regierung, den Landarbeitern Schutz angedeihen
zu lassen, damit sie vor den Willkürakten einiger
tollgewordenen pommerschen Junker geschützt werden.
(Beifall bei den Sozdem.)

Gegenmaßnahmen der Regierung.

Die Massenkündigungen von Landarbeitern in Pommern haben die
Reichsregierung zu sofortgen Maßnahmen veranlaßt: Als Inhaber der voll-
ziehenden Gewalt hat der Reichswehrminister N o s k e dem Militärbevoll-
mächtigten für Pommern anfangs Februar 1920 folgende Anweisung erteilt:

Die Massenkündigung von Landarbeitern in der Provinz Pommern
wächst sich zu einer sehr ernsten wirtschaftlichen und poli-
tischen Gefahr aus. Die Entlassung Tausender von Arbeitern, die
bestenfalls durch unerfahrene Kräfte ersetzt werden könnten, stellt eine Ge-
fährdung lebenswichtiger Betriebe dar und muß dazu führen, die unzuläng-
liche Ernährung der Bevölkerung im nächsten Jahre weiter zu verschlechtern.

Aber auch die Ruhe und Ordnung im Lande wird ernstlich gefährdet.
Abziehende Arbeiterfamilien würden in die Stadt strömen müssen, wo die
Wohnungsnot schon erschreckenden Umfang angenommen hat. Familien, die
keine andere Arbeitsstelle finden, werden sich weigern, abzuziehen. Daraus
müssen gefährliche Konflikte entstehen, die sich bis zu blutigen Ausschrei-
tungen steigern können. Die erfolgten Massenkündigungen
sind daher von Ihnen als unwirksam zu erklären, Ent-
lassungen von Landarbeitern sind nur zulässig bei Nachweis zwingen-
der Gründe vor einem Schlichtungsausschuß. Wegen der
Beilegung der Differezen zwischen dem Landbund und der Arbeiterorgani-
sation sind mit größter Beschleugnigung von Ihnen Verhandlungen einzu-
leiten. Mer den Verlauf der Dinge ist mir fortlaufend Bericht zu erstatten. .

gez.: Noske, Reichswehrminister.

In weiterer Folge erschien dazu die nachstehende Verordnung:
Wehrkreiskommando IL
Abtlg. Ia/Id Nr. 3911.

Verordnung

für die Provinz Pommern und den Bereich der Regierung Schneidemühl.

Die Landwirtschaft hat die schwere, aber auch stolze Ausgabe, die Er-
nährung des deutschen Volkes sicherzustellen.

Alle Gutgesinnten haben deshalb das dringende Verlangen, die Grund-
lagen des landwirtschaftlichen Betriebes gesund, stark und widerstandsfähig
zu machen.

^ Zur Erreichung dieses Zieles sind Verhandlungen zur Beseitigung einiger
Unstimmigkeiten und zur Festlegung neuer Vereinbarungen im Gange. Diese
besten Willens und mit gutem Entgegenkommen zu Ende zu führen, ist vater-
ländische Pflicht.

Als Inhaber der vollziehenden Gewalt für den Bereich des Gruppen-
kommandos 3 bestimme ich im Einvernehmen mit dem Zivilkommissar:

sofort ohne Kündigung nutz haben dann mit dem Arbeiterausschuß nichts
zu schaffen. Ich möchte den Herrn Vertreter der Regierung darauf hin-
weisen, daß es notwendig fein wird für die Landarbeiter, daß dieser Para-
graph geändert wird. Die Verhältnisse für die Landarbeiter und Industrie-
arbeiter sind grundverschieden. Der Landarbeiter, der vor Ablauf des
Wirtschaftsjahres entlassen wird, verliert seine ganze Existenz, er ist ge-
zwungen, sein Vieh zu verkaufen, hat kolossalen Schaden. Wenn in der
Stadt ein Industriearbeiter sofort entlassen wird, kann er in einer anderen
Stadt eine Stellung mit ganz ähnlichen Verhältnissen finden. Der Land-
arbeiter, der auch nur vorübergehend in der Stadt tätig ist, hat großen
Schaden. Die Sache müßte derart abgeändert werden, daß auch bei so-
fortiger Entlassung der Arbeitgeber veranlaßt wird, sich mit dein Arbeiter-
ausschuß ins Benehmen zu setzen, und daß die Entlassung nicht eher statt-
finden darf, ehe der Schlichtungsausschuß sich auf den Standpunkt gestellt
hat, daß hier tatsächlich Gründe für eine sofortige Entlassung vorliegen.
Ein dahingehender Antrag ist in unserer Gauleitersitzung in Stettin an-
genommen worden. Ich werde ihn mit Begründung dem Vorstand vor-
legen.

Landgraf - Stralsund: Ich will einige Punkte herausgreifen, die viel-
leicht dazu geführt haben, daß auch innerhalb Pommerns eine so verschieden-
artige Behandlung bei den Landarbeiter-Tarifabschlüssen stattfinden konnte.
Wir haben auf der Insel Rügen den ersten Landarbeiter-Tarif zustande
gebracht. Er wurde vor kurzer Zeit erst erneuert. Es ist wohl der beste
Tarif, der in Landarbeiterkreisen abgeschlossen wurde. Die Klagen, die
heute durch die ganze Diskussion gingen, daß der Pommersche Landbund
ein Hindernis der Tarifabschlüsse gewesen ist, haben wir in Rügen nicht
zu verzeichnen gehabt. Der Pommersche Landbund hatte dort noch nicht
Fuß gefaßt. Vor * 14 Tagen ist nun auch eine Kreisgruppc des Land-
bundes auf Rügen gegründet wordene Ich weiß nicht, wie unsere späterer!
Verhandlungen dadurch vielleicht erschwert werden. . Die Hauptsache aber
wird sein, daß in den Kreisen der Landarbeiter erst einmal der Gedanke
Fuß faßt, was der Arbeiter auf alle Fälle haben muß. Darüber werde ich
in der kommenden Debatte einige Richtlinien vorlegen, die hoffentlich Ge-
legenheit geben wird, in etwas längerer Redezeit diese Frage zu erörtern.

K w a s n i k - Berlin: Zu der Verordnung vom 3. September werden wir
in den allernächsten Tagen den Kollegen einen Auszug aus der Ihnen wohl
bekannten Bearbeitung von Billerbeck und Syrup zugehen lassen. Die-
jenigen, die die Broschüre haben, will ich darauf hinweisen, daß im Kom-
mentar einige Dinge enthalten sind, mit denen wir uns nicht einverstanden
erklären können. Ich sage das, damit die Broschüre von den Kollegen nicht
ohne Vorbehalt aufgenommen wird. Es wurde aus den § 14 hingewiesen,
wonach vor -der Kündigung der Arbeiterausschuß zu hören ist, und darauf,
daß es dann weiter heißt: Bon der Erfüllung dieser Pflicht ist die Kün-
digung nicht abhängig. Dabei ist aber weiter zu beachten, was dahinter
folgt: Unbeschadet der Befugnis des Schlichtungsausschusses (8 21), im
Streitfall die Stellungnahme der gesetzlichen Arbeitnehmervertretung ein-
zuholen und bei Verletzung der Vorschriften des 8 13 auf die Erneuerung
des Dienstverhältnisses zu erkennen.

Ist also der Arbeitcrausschuß nicht gehört worden, so kann der Schlich-
tungsausschuß trotzdem von sich aus veranlassen, daß er nun gehört wird.
Es steht weiter in der Verordnung, daß auch ein Streik ein wichtiger
Grund ist. Das trifft auch nicht zu. Durch den Streik wird ja gerade zum
Ausdruck gebracht, daß es sich nicht um beharrliche Arbeitsverweigerung

27



i

it, 3

für sich ausgenutzt. Wir haben das nicht getan. Wenn es nach dem Wun-
sche der Kollegen gegangen wäre, wäre es in Schivelbein zum Streit ge-
kominen. Wir baden davon abgeraten und haben den Kollegen empfohlen,
den Tarif anzunehmen. Wenn es nicht dazu gekommen ist^ jo haben an-
dere Momente mitgespielt. Die Elemente, die sich da betätigt haben,
haben den Unternehmern bewußt die Steigbügel gehalten. Es setzte eine
Agitation ein, gegen den Tarifvertrag, den man aus egoistischen Gründen
zu verkleinern suchte. . Die Schuld für die Haltung 'der Arbeiter fällt nicht
auf uns, sondern aus jene Kreise, die die Landarbeiter vor der Revolution
mit allen Mitteln niedergehalten haben. Dann suchte die Regierung
zu verhandeln. Der Versuch scheiterte an der Hetze der Arbeit-
geber.^ Im Kreise Neusteitin — wir können nicht ans alle Einzelfälle ein-
gehen*— haben wir uns ebenfalls redlichste Mühe gegeben, zu Verhand-
lungen zu kommen, aber es war nicht möglich. Wir sind auch an den Land-
rat herangetreten. Er hat wohl manchmal nicht so gearbeitet, wie wir es
gewünscht hätten, aber auch, wenn ein anderer Landrgt gewesen wäre,
hätte- er auch nicht viel mehr ausrichten können. Alle Anordnungen von
oben nützen nichts, wenn sie unten nicht durchgeführt werden, daher muß
vor allem dafür gesorgt werden, daß 'die Beamten, die absichtlich der Re-
gierung entgegenarbeiten, verschwinden. Der Pommersche Landbund war
auch hier führend. Die Arbeitgeber gruppe lehnt es ab, mit uns in Tarif-
verhandlungen einzutreten, andererseits verlangt die Arbeitnehmergruppe
des Pommerschen Landbundes bei jeder Tarifverhandlung zugelassen zu
werden. Das ist eine sonderbare Taktik. , Er sucht nur Scheingründe, seiner
innersten Ueberzeugung nach ist der Pommersche Landbund gegen jeden
Tarifvertrag. Andererseits war es notwendig, in Neustettin einen Tarif-
vertrag abzuschließen. Wir haben alles mögliche versucht, haben uns an
den Landrat gewandt, an den Regierungspräsidenten, an den Oberpräsi-
denten, aber alle Versuche blieben ergebnislos. Die Schuld trifft hier also
nicht den Landarbeiter-Verband. Schließlich sagten sich die Kollegen, wenn
Ihr uns nicht helfen könnt, müssen wir uns selber helfen. Auf einem
großen Gut traten die Kollegen in Streik. Wir konnten cs nicht hindern,
wir konnten den Kollegen nicht dauernd zumuten, daß sie für andere Werte
schaffen, ohne dafür genügend Bezahlung zu erhallen. Im Kreise Stolp-
Lauenbnrg haben d>e Tarifvcrhandlungen auch Schwierigkeiten gemacht.
Es hat immer an den Arbeitgebern gelegen. In- Kreise Schlawe war ein
Tarifvertrag mit dem tzinterpommerschen Laudwineverein abgeschlossen.
Der Landbünd hat diesen Tarif nicht unerkanui .So ist es gerade der
Pommersche Landbund, der überall Schwierigkeiten und Unruhen hervor-
gerufen hat. — Im Kreise Kolberg hatten w-r auch Tarifverhandlungen.
Die Skupellosigkeit der Arbeitgeber zu schildern, reicht die Zeit nicht aus.
Wir haben dort eine besondere Gruppe von Arbeitgebern vor uns. Im
Mai kamen wir zum Abschluß eines Tarifvertrages. Inzwischen hatten
sich die Dinge geändert, die Kollegen verlangten eine Teuerungszulage.
Dann haben die Arbeitgeber eine skrupellose Agitation gegen uns geführt.
Am 9. Juli kam es zu Verhandlungen, da haben did Arbeitgeber unseren
Kollegen Klabund abgelehnt. Die Frage, ob etwas gegen ihn ein-
zuwenden wäre, wurde verneint. Um die Verhandlungen nicht scheitern
zu lassen, erklärte ich, ich würde versuchen, einen Tarif abzu-
schließen. Das gelang nicht, infolge des Einflusses des Pommerschen
Landbunds. Später haben dann nochmals Tarifverhandlungen stattgefun-
den. In der Zwischenzeit haben sich andere Dinge abgespielt. Bezeichnend
für die moralische Auffassung der Arbeitgeber ist, daß sie dem Kollegen

18

Schriften

des Deutschen Landarbeiter-Verbandes

Nr. 6

Der Pommerfche Landbund

eine Gefahr für die deutsche Volksernährung

Material zur Beurteilung der Unternehmer-
handlungen in der pommerfchen Landwirtschaft

Berlin ISA)

Herausgegeben vom Vorstand des Deutschen Landarbeiter-Verbande-,
Berlin SO. 16, Michaelkirchplatz 1, Ik

sie pariere n. Diese Leute stehen eben auf dem Standpunkt der Macht-
politik, imponieren kann ihnen nur der, der ihnen
mit Macht entgegentritt. (Sehr richtig!) Hätte die Regierung
damals zugegriffen, wäre cs ptwas anderes geworden. Daß die Arbeitgeber
sich dort oben durch Konventionalstrafe verpflichten, keine Tarife anzuer-
kennen, will ich auch noch erwähnen. Ich verweise auch auf die enge Ver-
bindung des Generalkommandos des 2. A.-K. mit dem Pommerschen Land-
bund. Ich habe ja volles Verständnis für diese enge Verbindung der mili-
tärischen Stellen mit den Junkern, es sind dieselben Kreise, aus denen sie
stammen. Aber die Regierung braucht sich das nicht gefallen zu lassen.

Warum funktionieren die Schlichtungsausschüsse nicht? Im Kreise
Anklam, wo sehr darüber geklagt wird, ist der Schlichtungsausfchuß
besetzt vom Pommerschen Landbund, der seine Leute da hineinschiebt.
Wenn man will, daß die Schlichtungsausschüsse funktionieren sollen, dann
müssen die Beisitzer zusammengesetzt sein aus Vertretern der Arbeitgeber
und der Arbeitnehmer, und für die Arbeitnehmer sind nun einmal die Ge-
wrkschaften die ausschlaggebenden Faktoren. Wenn man die Vertrauens-
leute dieser Kreise nicht berücksichtigt, dann haben die Arbeiter eben zu der-
artigen Schiedsgerichten kein Vertrauen. Ich hab» hier einen Bericht, der
uns schriftlich zugegangen ist, aus dem Kreise Greifenberg in Pommern,
wo der Landbund an die Arbeitgeber schreibt, daß die bewilligten Ten e-
rungszulagen von 126 1L nur an Mitglieder des
Pommerschen Landbundes zu zahlen ist. (Hört! Hört!)
Das heißt, an diejenigen, die der Arbeitnehmergruppe des Pommerschen
Landbundes angehören.

Also die Mitglieder des Deutschen Landarbeiter-Verbandes werden von
einer lumpigen Teuerungszulage — so muß man bei den heutigen Preisen
sagen — von 126 Mk. pro Jahr ausgeschlossen, weil sie nicht der Arbeit-
nehmergruppe des Pommerschen Landbundes angehören! Die Herren haben
gar keinen Anlaß, über Terrorismus zu schreien. (Sehr richtig!) Seitens
des Verbandsvorstandes und auch seitens der Leitung des Allgemeinen deut-
schen Gewerkschaftsbundes wird jeder Terrorismus Andersdenkenden gegen-
über verurteilt. Terrorismus ist, wenn man die Leute ihrer Gesinnung
wegen aus der Arbeit bringt. Das verurteilen wir. Aber man schreit jci
heute auch über Terrorismus, wenn ein Kollege den andern nur auffordert,
sich der Organisation anzuschließen. Und üon denselben Leuten, die sich
darüber beklagen, wird hier der schlimmste Terrorismus geübt.

Ueber die unkontrollicrbaren Notizen, die durch die Presse gehen, ist
auch noch zu sprechen. Diese Notizen müssen Sie sammeln, um den Vor-
stand über alles zu orientieren. Alle Augenblicke findet man in der agrari-
schen Presse solche Notizen. Das, was in der „Deutschen Tageszeitung" steht,
wird dann überall tni Lande nachgedruckt. Zum Beispiel die Notiz: „Der
Ochsenziemer als Werber für den Deutschen Landarbeiter-Verband" u. a.
Der Fall ist inzwischen richtig gestellt. Solche Nachrichten werden sofort
in verhetzender Weise gegen den Verband ausgenutzt. Jeder vernünftig
denkende Mensch wird sich sagen, daß eine Organisation, die sich in einem
Jahre um Uber 800 000 Mitglieder vermehrt hat, nicht für jeden einzelnen
Kollegen garantieren kann. In riner anderen Notiz wird behauptet, daß
die Agitatoren des Landarbeiter-Verbandes die Arbeiter aufgewiegelt
hätten, so daß die Leute gar kein Interesse an der Bergung der Ernte mehr
hätten. Gewiß hat die'deutsche Landwirtschaft nicht die günstigsten Ar-
beiterverhältuisse. Es fehlen ihr vor allem die ausländischen Arbeiter.
Falsch ist es aber, wenn man behauptet, die Agitation des Landarbeiter-

11

Sämtliche Arbeiter sind 1 bis 4 Jahre, und eine Familie 18 Jahre auf dem
Gute beschäftigt, und sind zum Teil Vertrauensleute das Landarbeiter-Ver-
bandes.

Auf dem Gute Standemin, Besitzer v. Braunfchweig, sind am
31. Dezember 1919 v i er Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt
worden, wovon zwei 29 Jahre und zwei zehn Jahre im Dienst waren. Sämt-
liche Arbeiter sind Vertrauensleute des Deutschen Landarbeiter-Verbandes.

Auf dem Gute D o r n o w , Besitzer v. K l e i st, sind am 1. Dezember 1919
zwei Familien zum 1. April 1920 gekündigt worden. Die Gekündigten sind
je 14 Jahre im Dienst und Vertrauensleute des Deutschen Landarbeiter-
Verbandes.

Auf dem Gute Säger, Besitzer B a l k, sind am 28. Dezember 1919
drei Familien zum 1. April 1920 gekündigt worden; sämtlich organisiert.

Auf dem Gute Z w i r n i tz, Besitzer R a d o l l, wurde der Arbeiter H. W.
ohne Anhören de sArbeiterausschusses gekündigt. Grund: Vater wäre zu
alt; derselbe ist 64 Jahre alt und arbeitet seit sieben Jahren auf dem Gut.

Auf dem Gute N a tz k o w , Besitzer v. Kleist, sind am 1. Januar 1920 vier
Arbeiterfamilien, sämtlich Vertrauensleute des Deutschen Landarbeiter-Ver-
bandes, gestündigt worden.

Auf dem Gute Lankow, Besitzer M a l u e, sind am 30. Dezember 1919
zwei Arbeiterfamilien, eine 11 Jahre und eine 6 Jahre int Dienst, zum
1. April 1920 gekündigt worden, weil sie im Interesse ihrer Kollegen ge-
handelt haben.

Auf dem Gute L a tz i g, Besitzer Major a. D. R u f f e l, sind am 25. De-
zember 1919 fünf Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden.
Sämtliche Arbeiter waren schon 3 bis 6 Jahre auf dem Gute beschäftigt und
haben sich am 17. Dezember 1919 organisiert. Dieses soll Entlassungsgrund
fein. Ruffel äußerte sich, er wolle Polen als Arbeiter einstellen.

Auf dem Gute Kieckow, Besitzer v. K l e i st, sind am 31. Dezember 1919
elf Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden, weil sie den Tarif-
vertrag vom Pommerfchen Landbund nicht unterschrieben haben.

Auf dem Gute Damen, Besitzer v. Kleist, sind am 17. Dezember 1919
zwei Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden, weil sie sich
organisiert haben.

' Auf dem Gute A u g u st e n h o f, Besitzerin Frau K o p p , sind an, 27. De-
zember 1919 zwei Arbeiterfamilien, fünf und acht Jahre im Dienst, ge-
kündigt worden. Beide sind Vertrauensleute der Ortsgruppe Augustenhof.

Von dem Rentengutsbesitzer Borchardt zu Bulgrin ist der Ar-
beiter B. zum 1. April 1920 gekündigt worden, weil er sich organisiert hat.

Auf dem Gute Bulgrin, Besitzer Schröder, sind im Dezember 1919
drei Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden.

Auf dem Gute Rettzin, Besitzer Toop, sind am 31. Dezember 1919
drei Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden.

Auf dem Gute G a n s k o w, Besitzer Fr- v. Schau m a n n, sind am
27. Dezember 1919 fünf Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt
worden; hiervon sind vier Mann Vertrauensleute der Ortsgruppe
G a n s k o w.

Auf dem Gute Gr. Rambin, Besitzer Ti ed e, sind am 24. Dezem-
ber 1919 e l f Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden, weil sie
den Tarif vom Pommerfchen Landbund nicht unterschrieben haben. Dem
Ortsgruppenvorstand sind mehrere Male Gelder angeboten worden, die der-
selbe immer ablehnte.

54

1.	Sic Landwirtschaft ist als lebenswichtiger Betrieb im Sinne des 8 6
der Verordnungen des Reichspräsidenten über den Ausnahmezustand
anzusehen.

2.	Eine Kündigung von Landarbeitern ist nur zulässig auf Grund des
§ 16 der vorläufigen Landarbeitsordnung.

3.	Die bereits ausgesprochenen Kündigungen, die nach Angabe einer der
beiden Parteien politische Ursachen haben könnten, z. B. Zugehörigkeit
zu Arbeiterorganisationen und Betätigung als Kreisvertrauensmann,
sind von den Schlichtungsausschüssen bzw. Schlichtungsstellen nachzu-
prüfen und haben erst Gültigkeit, wenn sie von diesen als berechtigt
anerkannt sind; Kündigungen, die im beiderseitigem Einvernehmen er-
folgen oder erfolgten, dürfen nicht zum Gegenstand eines Schieds-
spruches geniacht werden. Schlichtungsstellen sind in allen Kreisen, in
denen sie noch nicht bestehen, einzurichten. Die näheren Bestimmungen
bleiben vorbehalten.

4.	Es ist mit allen Mitteln darauf hinzuarbeiten, daß die landwirtschaft-
liche Produktion gehoben wird. Bon den Arbeitern erwarte ich, daß sie
init Unterlassung jeder Kampfmaßnahme wirtschaftliche Forderungen
nur durch die dazu berufenen Organisationen geltend machen, und daß
sie mit ganzer Kraft und gutem Willen die Ernährung des Volkes sicher-
stellen helfen.

Stettin, den 4. Februar 1920.

Der Mlitärbefehlshaber für den Bereich des Reichswehrgruppenkommandos 3.

gez. v. Bernuth, Generalleutnant.

71

Ich bin, wo ich nur konnte, für die Regierung eingetreten, habe manchmal
— bildlich — Prügel dafür bekommen, habe draußen aufzuklären versucht,
warum die Regierung dieses oder jenes tun muß in unserer -ungeheuer
schwierigen Lage, wo wir immer noch keinen Frieden, keine Ellbogenfrei-
heit haben, sodaß die Regierung nicht das tun konnte, was sic unter andern
Umständen getan hätte. Aber in Pommern hat es die Preußische und die
Reichsrcgierung tatsächlich an der nötigen Aufmerksamkeit fehlen lassen.
Ich erinnere daran, daß im Sommer durch Haussuchungen aus Veranlassung
der preußischen Regierung festgestellt wurde, daß in Pommern eine innige
Verbindung der Landwirtschaftskammer mit dem Pommerschen Landbund
besteht. Aber man hat es bei dieser Feststellung gelassen, hat keine weiteren
Folgerungen daraus gezogen, als daß in der preußischen Landesversamm-
lung einmal darüber geredet worden ist, daß man in Pommern energischer
zufassen müsse, wenn man es nicht dazu kommen lassen wolle, was wahr-
scheinlich in den nächsten Monaten kommen wird, daß wir in Pommern eine
ganz böse Zeit erleben werden. Ihr seid darüber wahrscheinlich noch besser
unterrichtet als wir, weil Ihr draußen mitten in den Dingen steht. Aber
ich glaube, daß Einzelnen unter uns der Zusammenhang doch noch nicht
so klar geworden ist. Ich glaube, daß in Pommer n k ein
W i r t s ch a s t s f r i e d e in bet Landwirtschaft möglich i st,
w e i l man sich auf die Waffen st ü tz t, ,U'> e i l m a i,
glaubt, von dort aus die Gegenrevolution im re-
aktionären Sinne einleiten zu können.

Es ist mir von unterrichteten Leuten in Pommern aus ineinen Reisen
immer wieder gesagt worden, daß es in keiner agrarischen Provinz in
Preußen so vielkommunistische Zirkel auf dem Lande gibt, wie
gerade in Pommern. Die kommunistische Gefahr ist in Pommern ebenso
groß, wie die Gefahr von der anderen Seite. Das ist eine direkte Folge
dieser Zustände. Es ist klar, daß, wenn von einer Seite her ein brutaler
Druck aus eine Berufsschicht von Arbeitnehmern ausgeübt wird, dort der
beste Nährboden für diejenigen ist, die zur Verzweiflung treiben und dann
diese verzweifelte Stimmung benutzen, um ihre Ideen den Leuten beizu-
bringen, ibnen zu sagen, es ist doch das Beste, erst eininal die ganze Ge-
schichte von Grund auf zu zerstören, um darauf etwas Neues zu bauen. Es
wurde sogar von den Kommunisten dort ein Plättchen herausgegeben. Es
wird von Stettin aus überall mit großem Erfolge gearbeitet, es werden in
kleinen Kreisen die kommunistischen Ideen auf dein Lande verbreitet. Ich
hatte mich darüber gewundert, es wurde mir aber ganz klar, woher is
kommt, als ich sah, in welch brutaler Weise in Pommern die Arbeiter
immer wieder behandelt werden. Es darf einen nicht wundern, wenn ans
dieser Stimmung heraus eine Verzweiflung erwächst, die die Arbeiter den
radikalen Kommunisten in die Arme treibt. Ein Arbeiter, der die Zusam-
menhänge unserer Wirtschaftspolitik kennt, der in seinem Arbeitsverhältnis
nicht immer wieder erleben muß, daß man ihn mißachtet, daß man auf ihm
immer wieder herumtrampelt, der ist diesen Ideen nicht so zugänglich. Er
überlegt auch, ob, wenn man erst alles kaput macht, nachher wieder etwas
Gutes aufgebaut werden kann, wenn man, wie das von den Kommunisten
durch Flugschriften immer wieder gefordert wird, Sabotage treibt, Ernte-
streiks macht, unsere Wirtschaftspolitik zugrunde richtet, durch die Nieder-
legung der Arbeit gerade in den entscheidenden Wochen, wo die Nahrungs-
mittel geborgen werden sollen. Ein vernünftiger Arbeiter sagt sich, das
kann unmöglich richtig sein, Nahrungsmittel muß das Volk haben. Wir
können nicht eine neue Wirtschaft aufbauen unter so schwierigen Berhält-

24

gemacht werden. Name des Gemaßregelten, Name des Betriebes, Gründe
der Entlassung und Beschäftigungsdauer müssen Mitgeteilt werden. — Wir
dürfen auch nicht die Forstarbeiter vergessen. — Sie sind wohl einverstanden,
daß die Anträge dem Vorstand überwiesen werden. (Zustimmung.)

Wir freuen uns, daß hier eine Anzahl Kollegen zusammen ist, mit denen
wir glauben, arbeiten zu können. Unterstützt uns in dem schwierigen Ar-
beitsgebiet durch ruhiges und sachliches Arbeiten. Man mag manchmal er-
bittert sein über Maßnahmen der Arbeitgeber; aber dem Gegner gegenüber
ist Sachlichkeit immer die beste Waffe. Man darf ihnen nicht den Vorwand
geben, daß sie die Verhandlung ablehnen. Mit Kraftausdrücken in Briefen
und in den Verhandlungen wird nichts erreicht. Gerade in Pommern, wo
alles gegen den Verband ausgeschlachtet wird, müßt Ihr Euch der größten
Sachlichkeit befleißigen. Damit wären die heutigen Verhandlungen abge-
schlossen. Wir wollen hoffen, daß auch die heutige Konferenz der Förderung
der Interessen des Deutschen Landarbeiter-Verbandes dienen wird.

Mit dein Wunsche, daß die Organisation von den Beschlüssen Vorteil
haben wird, schließe ich die heutige Besprechung.

Schluß der Sitzung 5l« Uhr.

in der Landwirtschaft als einen Schaden für die deutsche Volkswirtschaft an-
sehen. Aber das wird eben von den agrarischen Kreisen ausgenutzt. Ich
erhielt dann das Protokoll von dieser Sitzung übersandt mit dem Vermerk,
ob ich gegen die Widergabe meiner Ausführungen in. dieser Form etwas
einzuwenden hätte. Ich habe daraus nicht geantwortet, und später erschie-
nen dann diese meine Ausführungen im Nachrichtenblatt des Deutschen
Landbundes in einer völlig entstellten Form, in dem Sätze zwischengeschoben
waren, die ich nicht gesagt hatte. Es heißt da unter anderem: „Aus die
weitere Frage, ob der Landarbeiter-Verband darauf hinwirken wolle, daß
bei Streiks unter allen Umständen für die Viehpflege weiter gesorgt werde,
daß Erntestreiks nicht vorkommen sollten, erklärte er, daß auch im Streik-
falle unbedingt die notwendigen Arbeiten gemacht werden müßten." Nun
habe ich mich tatsächlich nur dahin ausgesprochen, daß wir, wenn es zum
Streik kommt, wollen, daß das Vieh gefüttert und gemolken wird, habe mich
aber niemals dahin ausgesprochen, daß wir Erntestreiks auf alle Fälle ver-
meiden. So sehr wir dafür eintreten, daß Streiks vermieden werden, so
wäre ich doch nicht wert, an dieser Stelle zu stehen, wo mich die Kollegen
hingestellt haben, wenn ich den Landarbeitern das Streikrecht prinzipiell
verwehren wollte. Daraufhin war ich gezwungen, in den Mitteilungen des
Deutschen Landarbeiterverbandes am !. Juli eine Erklärung zu meinen
Ausführungen zu geben. Ich stellte darin fest, daß die Herren mich in
dieser Sitzung gewissermaßen herausgefordert haben, daß sie es dann für
ihre Zwecke ausgenutzt haben und zum Schluß heißt es: „Wir empfehlen
den Arbeitgebern von dieser Erklärung den Gauleitern und sonstigen
Verhandlunggführern gegenüber Gebrauch zu machen. Im Falte von
Verhandlungen der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter, die gegen diese Ge-
sichtspunkte verstoßen, bitten wir um sofortige genaue Mitteilung vom Ort
des Vorfalles und der Namen der Hauptbeteiligten." Also es liegt an sich
schon eine unreelle Handlungsweise vor, wenn man solche Aeußerungen
eines Vertreters unseres Verbandsvorstandes in entstellter Form in die
Presse gibt. Aber es ist noch etwas anderes in dieser Sitzung vorgekom-
men. Der Verlagsbuchhändler Hillger kam während der Verhandlungen
an mich heran und sagte: „Herr Schmidt, Wollen Sie nicht den gelben Land-
arbeiter-Verband in diese Arbeitsgemeinschaft mitausnehmen, von den
Christlichen wollen wir ja auch nichts wissen." Das
beweist schon die Iluehrlichkcit dieser Kreise, denn draußen im Laude ar-
beiten sie mit den Christlichen zusammen. Dazu ein anderes: Dieser Herr
von Dewitz, der am 16. Mai an diesen Verhandlungen teilgenommen hat,
als Führer des Pommerschen Landbundes, als Geschäftsführer oder Direk-
tor, wie er sich nennt,—• diese Leute müssen ja immer einen Titel haben —
richtet am 21. Mai d. I., also fünf Tage nach der Verhandlung,
von Stettin ein Schreiben an den Ministerpräsidenten Scheidemann
und betrieb darin eine unverschämte Verhetzung und Verdächtigung
des Deutschen Landarbeiter-Verbandes. (Hört! Hört!) In diesem
Briefe heißt es, die Führer des Deutschen Landarbeiter-Verbandes seien
vom bolschewistischen Geist durchtränkt, die Kreisvcrtrauensleute forderten
draußen im Lande zum Streik auf, sagten den Arbeitern: Ihr müßt strei-
ken, streiken und nochmals streiken, und wenn das Vieh dabei verhungert!
Zum Schluß wird Scheidemann und die Regierung aufgefordert, dafür zu
sorgen, daß den Landarbeitern das Streikrecht wieder genommen wird.
Das ist ein unverschämtes und unehrliches Verhalten jener Kreise: Erst
wird man veranlaßt, an jener Verhandlung teilzunehmen, und tut das in
dem Vertrauen, das man nun einmal den Kreisen entgegenbringen muß,

8

kein Unterkommen. Aber die Landbündler nehmen Hotels in Beschlag, die
vorzüglich für Woynungszwecke geeignet sind. Aber diese Herren scheinen
ja in Pommern tatsächlich die Macht derart in Händen zu haben, daß sie alles
durchführen können.

Die Kündigungen werden den Arbeitern durch den Rechtsanwalt oder
den Gerichtsvollzieher zugestellt. Wenn die Arbeiter in einer Perkennung
des Rechtsverhältnisses diese Kündigungen zurückschicken, dann läßt man
ihnen durch den Rechtsanwalt die Kündigung nochmals zugehen, damit sie
anerkennen, daß sie die Kündigung empfangen haben. Der Pommersche
Landbund glaubt vielleicht, der Deutsche Landarbeiter-Verband gehe auf den
Leim und strenge zahllose Prozesse gegen die Kündigung im Einzelfall an.
Run, wenn die Herren so naiv sind und glauben, wir wüßten nicht, was zu
tun ist und daß hier auf dem reinen Rechtsweg nichts zu machen ist, so irren
sie sich. Und das möchte ich gerade sagen, meine Damen und Herren: wenn
man ijmmer auf den Rechtsweg verweist, so liegen die Dinge doch so, dast
der Landarbeiter mit dem Empfinden, wie er es aufsaßt, einfach das Unrecht
sieht und nicht danach fragt, wie die einzelnen Paragraphen beschaffen sind.
Gerade die Verordnung vom 3. Dezember 1919 über Kündigungen, obwohl
sie gut gemeint war, nutzt gar nichts, weil darin nur steht: Arbeitgeber müssen
sich mit den Arbeitern ins Benehmen setzen, wo es doch in der Landwirtschaft
in den wenigsten Fällen Arbeiterausschüsse gibt. Das sage ich gerade jenen
Kreisen im Hause gegenüber, die glauben, daß alles durch Paragraphen
erledigt sei. Ebenso steht es mit den Schlichtungsausschüssen. Die Schlich-
tungsausschüsse können in vielen Fällen gar nicht eingreifen, weil die Richter
sich auch zu sehr an die Paragraphen halten; sie erklären, im Einzelfall könnten
sie nicht eingreifen. Deshalb haben wir auch darauf hingewirkt, daß Arbeits-
gerichte eingeführt werden.

Da schreiben uns die Kollegen: wir nehmen an, daß diese Kündigungen
aus politischen und gewerkschaftlichen Gründen erfolgt sind; falls der Ver-
band diese Kündigungen nicht rückgängig machen kann, sind wir gezwungen,
die Arbeit aufzugeben. Da höhnt mann dann in der „Pommerschen Tages-
post" darüber und sagt, der Deutsche Landarbeiter-Verband sei wohl am Ende
seiner Macht angelangt, die Mitglieder würden nun seine Reihen verlassen.
Ach, meine Herren, wir wissen schon, was wir zu tun haben. Aber wir bleiben
auf dem Boden der Gesetze stehen. Deshalb müssen wir die Regierung auf-
fordern, in dieser Sache etwas zu tun und hier einzugreifen, damit nicht die
Landarbeiter massenhaft das Land verlassen müssen. Wenn die Landwirte
immer für sich das Recht in Anspruch nehmen, mit den wertvollsten Pro-
duktionsmitteln des Grund und Bodens frei zu wirtschaften, dann haben
sie aber auch nicht das Recht, wahllos Arbeiterfamilien brotlos zu machen
und in Massen zu entlassen. (Sehr richtig! bei den Sozdem.) Das müssen
Sie sich gefallen lassen, daß hier ein Eingriff der Regierung erfolgt.

Es ist ein beliebtes Mittel geworden, im Kampf gegen die Vertreter der
Landarbeiter von der rechten Seite immer zu sagen, sie verständen nichts
von der Landwirtschaft, weil sie nicht in dem Beruf tätig waren. Was waren
denn die Führer des Bundes der Landwirte? Was war Dietrich Hahn? Ein
Bankbeamter. Was sind andere? Ehemalige Juristen, die dann Landwirte
geworden sind. Wenn Sie immer sagen, es gehört dazu die praktische Kennt-
nis, dann gestatten Sie mir die Frage: wie steht es mit den Offizieren, die
mit jungen Jahren auf die Kadettenanstalt kommen, und wenn sie aus dem
Dienst scheiden, ihren landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen. Ich nehme
an, die Herren wollen auch das Beste, aber wenn sie nicht ihren Inspektor

67

Der Leiter des sozialdemokratischen Verbandes sprach sich ferner dafür auch
daß die auf privater Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und -neymern beruhenden
Schlichtungsausschüsse den amtlichen ^Schlichtungsausschüssen gleichgestellt werden
sollten.

Die Landwirte werden sich die in diesen 'Aeußerungen liegenden wesentlichen
Zugeständnisse der Landarbeiter-Verbände merken müssen. Einmal wurde er-,
klärt, ■ daß der Landarbeiter bei seinen Forderungen aus das Interesse der Pro-
duktion Rücksicht zu nehmen habe und daß die Verbände in diesem Sinne auf-
klärend wirken wollten, zum anderen, daß sie zwar grundsätzlich auf das Streik-
recht nicht verzichten könnten, wohl aber zugeben müßten, daß im’ Streikfalle die
naturnotwendigen Arbeiten gemacht werden mühten, und zum dritten, , daß jedem
Streitfälle Verhandlungen in Lohnkommissionen oder Schlichtungsausschllssen
vorangehen müßten. Das wird man dahin ergänzen müssen, daß man hinzusetzt
„mit angemessener Frist".

Wir empfehlen von diesen Erklärungen dm Gauleitern und sonstigen Ver-
, Handlungsführern der Arbeitnehmer gegenüber Gebrauch zu machen. Im Falle
von.Handlungen der Arbeitnehmer und ihrer Vertreter, die gegen diese Gesichts-
punkte verstoßen, bitten wir um sofortige genaue Mitteilung von Ibit und Zeit de§
Vorfalles und Namen der Hanptbeteiligten an unsere Geschäftsstelle, Berlin
SM. 11. Dessauer Straße 30.

Richtigstellung des vorstehend iviedergegebenen Berichtes in den

Mitteilungen

des Verbandsvorstandes des Deutschen Landarbetter-Verbandes

vom t. Juli 1919:

Im Deutschen Landbund, der sich früher „Arbeitsgemeinschaft der deutschen
Landwirtschaft" nannte, obwohl Arbeiter an dieser „Arbeitsgemeinschaft" nicht
beteiligt waren, haben sich all die diversen Landbiinde zusammengefunden, oie
gegenwärtig in Deutschland ihr Wesen treiben. Nachdem wir den Charakter dieses
Landbundes kennen gelernt haben, lehnen wir eine Beteiligung an diesem Gebilde
ab. Diese Landbiinde sind gegen den Deutschen Landarbeiter-Verband.. Es wer-
den darin auch Landarbeiter als Mitglieder aufgenommen. Den Landarbeitern
wird vorgeredet, sie sollten nicht in Gewerkschaften eintreten, sondern ihr Heil liege
in der Mitgliedschaft im Landbund. Wir warnen unsere Mitglieder vor diesen
Landbünden.

Von diesem Deutschen Landbund war der Verbandsborstand unter der Firma
„Arbeitsgemeinschaft der deutschen Landwirtschaft" ' zum 16. .Mai dieses Jahres
zu. einer Besprechung in Berlin eingeladen. Die K »liegen Schmidt und Woldt vom
Verbandsvor^tand nahmen auch an diesen Beratungen teil und wurde ihnen erklärt,
oaß es sich dabei um eine zwanglose Besprechung darüber handele, wie es möglich
sei, durch Zusammenfassung aller landwirtschaftlichen Organisationen der deutschen
Landwirtschaft zu dienen.

Auf eine Anfrage eines der führenden Männer dieser Arbeitsgemeinschaft, ob
oie Landarbeiter im Interesse der Volksemährung nicht grundsätzlich auf den
Streik verzichten könnten, erklärte Kollege Schmidt Grundsätzlicher Verzicht auf das
Streikrecht sei von seiner Organisation nicht möglich; er stimme dem aber bei,
daß Streiks möglichst zu vermeiden seien, jedenfalls jedem Streik Verhandlungen
in Schlichtnngsausschüssen vorangehen müßten. Wenn die unteren Organe des
Deutschen Landarbeiter-Verbandes zum Teil versagten, so liegt dies eben an der
mangelnden Schulung und Aufklärung, weil die Organisation der Landarbeiter
früher von den Landwirten mit allen Mitteln bekämpft wurde. Wäre es mög-
. lief) gewesen, die Landarbeiter früher stärker zu organisieren, so würden sie jetzt
, die Tarifabmachungen auch besser beachten.



Schlußbemerkungen.

Wir schließen hiermit vorläufig unsere Materialsammlung. Sie ist nicht
vollständig. Während der Drucklegung ist weiteres Material eingelaufen, das
geeignet wäre, unsere Ansichten, die wir in der Einleitung ausgedrückt haben,
stärker noch zu unterstreichen.

In den Tagen vom 16. bis 20. Februar 1920 tagte in Berlin die
Generalversammlung des Deutschen Landarbeiter-Verbandes. Sie hat durch
' Annahme einer Entschließung den Standpunkt des Deutschen Landarbeiter-
Verbandes zu der Frage, die Anlaß zu diesem Heft gab, zum Ausdruck ge-
bracht. Die Entschließung lautete:

„Die Vertreter von etwa 650 000 organisierten Land- und Forstarbeitern,
oie heute zur Generalversammlung des Deutschen Landarbeiter-Verbandes
zusammengetreten sind, protestieren einmütig gegen die in den vergangenen
Wochen, vor allem in Pommern, gegenüber Tausenden von Berufsgenossen
und Verbandsmitgliedern ausgesprochenen Arbeitskündigungen, die von
ihnen als ungesetzliche Maßregelungen betrachtet werden.

Die Landarbeiterschast ist sich stets der Bedeutung der Landarbeiterfrage
für die Ernährungswirtschaft des deutschen Volkes bewußt gewesen. Sie
weiß, daß die Wiederaufrichtung unseres zusammengebrochenen Wirtschafts-
lebens die strengste Selbstdisziplin aller deutschen Arbeiter erfordert, und hat
dies im verflossenen Jahr dadurch bewiesen, daß sie ihre eigenen Interessen
stets hinter diejenigen der Gesamtheit des deutschen Volkes stellt. Sie gab in
allen Verhandlungen mit den Unternehmern zu erkennen, daß sie bereit ist,
für die gerechten Bedürfnisse der Landwirtschaft einzutreten und innerhalb
der industriellen Arbeiterschaft wie der Gesamtbevölkerung Verständnis für
die gegenwärtige schwere Lage der landwirtschaftlichen Betriebe zu wecken.

Sie hat diese Haltung bis heute gewahrt, obwohl von Unternehmerseite
alles getan wurde, um auf dem Lande das vorrevolutionäre Abhängigkeits-
verhältnis wiederherzustellen.

Die Vertreter der organisierten Land- und Forstarbeiter sind heute ge-
nötigt, eine letzte eindringliche Warnung an das land- und forstwirtschaftliche
Unternehmertum zu richten, das in seinem alten Herrenstolz fortfährt, die
einfachsten Meilschenrechte der Arbeiterschaft auf dem Lande zu mißachten.
Sie erklären, niemals die Hand dazu bieten zu wollen, die Ernährung des
deutschen Volkes zu gefährden, und unter voller Wahrung des ihnen wie
der übrigen Arbeiterschaft verfassungsmäßig zugestandenen Rechtes der Mit-
bestimmung im Arbeits- und Produktionsprozeß am Wiederaufbau unserer
Volkswirtschaft mitzuarbeiten. Sie müssen aber jede Verantwortung dafür
ablehnen, wenn durch die von einem Teil der heutigen Besitzer des landwirt-
schaftlichen Bodens betriebene Katastrophenpolitik das deutsche Volk in seiner
Ernährung noch mehr als bisher gefährdet werden sollte.

72

Verbandes trage dazu bei, daß die Leute nicht arbeiten. Wir haben mit
einer allgemeinen Arbeitsunlust zu rechnen als Folge des Krieges. Man
soll es doch nicht -zur politischen Agitation ausschlachten und so tun, als ob
die ganzen Zustände, die wir jetzt haben, nur eine Folge der Revolution
seien. Wir Haben uns schon während des Krieges darüber unterhalten,
daß der Krieg notgedrungen derartige Zustände hervorbringt, und sie sind
in der Uebergangszeit noch viel schlimmer geworden. Ich habe Herrn von
Wangenheim vorgehalten, daß auf seinem Gute die Arbeiter drei Tage
lang früher zur Arbeit antreten wollten, damit die Kartoffelernte, herein-
gebracht werde, daß sie aber nicht arbeiten konnten, weil der Inspektor zu
bequem war, etwas früher aufzustehen, um den Leuten die Marken heraus-
zugeben. Auf solche Vorwürfe schweigt man auf jener Seite. Wir haben
allen Anlaß, die Landarbeiterschaft gegen allgemeine Vorwürfe in Schuy
zu nehmen. Sie ist durchaus arbeitswillig, wenn man sie einigermaßen an-
ständig behandelt. (Sehr wahr!)

Ich verweise noch darauf, wie man in Pommern versucht, die staats-
erhaltenden Elemente auf dein Lande zu sammeln. Ju>. „Vorwärts" vom
4. Dezember wird eine Notiz wiedergegeben, in der Offiziere aufs Land
gesucht werden, die dort tätig sein sollen für den kommenden Umsturz.
Sonst klagt man immer darüber, daß keine Wohnungen bereit gestellt wer-
den können, Gutsbeamte sind massenhaft stellenlos, aber diese Offiziere
holt man heran und bringt sie unter, damit sie für gegenrevolutionäre
Zwecke verwandt werden. Ich will die Offiziere im allgemeinen absolut
nicht verdächtigen, es gibt viele Offiziere, die draußen im Felde ihre Schul-
digkeit getan haben, und die heute einem bittereren Elend gegenüberstehen,
als manche Arbeiterfamilie. Das wissen wir. Aber diese Leute, die wirk-
lich in der Landwirtschaft arbeiten wollen, will man ja draußen nicht haben,
sondern nur, wie es in einem Schreiben der Ortsgruppe Greifenberg an
den Pommerschcn Landbund heißt: „z »verlässige Elemente des
aufgelösten Heeres, insbesondere Offiziere". Denn nur
solche kann inan zu gegenrevolutionären Zwecken gebrauchen.

Ich kann nicht alles vortragen, was draußen dem Deutschen Land-
arbeiter-Verband und dein Preußischen Laüdwirtschaftsministeriui» zuge-
schoben wird, daß beide dazu beitragen, die Verhältnisse in Pommern
derartig zuzuspitzen, daß von einer Arbeit keine Rede mehr sein könne.

Wo haben Vertreter des Verbands-Vorstandes oder des Landarbeiter-
Verbandes, oder des Landwirtschaftsministeriums, jemals die Landarbei-
ter abgehalten, über die Höchstarbeitszeit hinaus zu arbeiten? Die Land-
arbeiter sind bereit, Ueberstundcn zu leisten. In Dutzenden und Aber-
dutzenden von Fällen könnte ich nachweisen, daß man Ueberstunden ver-
langt, ohne daß nian sie bezahlen will, obwohl das in der Landarbeits-
Ordnung vorgesehen ist. Man will ja auch weiter nichts, als die Land-
arbeits-Ordnung wieder beseitigen. Die Arbeitszeit von 11 Stunden im
Sommer ist den Herren noch nicht lang genug, man will eine längere Ar-
beitszeit eingesetzt haben. (Zuruf: 14, 15 .Stunden! >

Zeh möchte hierbei auf das neueste Vorkommnis hinweisen, das den
.Hauptstoß gegeben hat, die heutige Konferenz einzuberufen. Das sind die
Zustande tut Kreise Anklam. Dort sind fünf Vertrauensleute unseres Ver-
bandes gematzregelt worden, bei dreien von ihnen ist vor dem Schlichtungs-
ausschuß festgestellt, daß eine Maßregelung vorliegt, die Arbeiter mußten
wieder eingestellt werden. Bei zweien ist es strittig. Da hat man alte
Sünden der Leute hervorgeholt, um die Entlassung" zu begründen. Für

Kriegsteilnehmer und bereits vier und fünf Jahre auf dem Gut tätig.
Der Besitzer hat sich geäußert, und wenn es 50 000 Mk. kostet, ich will diese
Leute raus haben.

Bezeichnend ist, daß Arbeiter des Kreises Stolp mehrmals folgendes
Schreiben erhielten, daß durch Rechtsanwälte zugesandt wurde:

Sie haben das von Herrn Horch Ihnen zugegangene Kündigungs-
schreiben zurückgesandt.

Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Rücksendung des Kündi-
gungsschreibens selbstverständlich keinen Einfluß auf die Rechtmäßigkeit
der Kündigung hat. Um aber allem Zweifel vorzubeugen, kündige ich
Ihnen hiermit im Auftrag des Herrn Horch nochmals das Arbeitsverhält-
nis und die Wohnung zum 1. April 7920. Sie haben also am 1. April
1920 zu räumen.

In Kosemühl hat Administrator Hagen alle drei Vertrauensleute
des Verbandes gekündigt.

Ende Dezember fand in Gr. Düb z o w eine Versammlung des Land-
bundes statt. Oberinspektor Voßberg traktierte die Arbeiter mit Schnaps.
Als diese betrunken waren, sprach er zu ihnen: „Kommt her zu mir alle,
die Ihr mühselig und beladen seid, ich will Euch erquicken." Als die Leute
die Aufnahmen unterschrieben hatten, sagte der Redner des Landbundes:
„Nehmt auf Euch mein Joch." Am andern Tag sandten die Arbeiter die
Aufnahmescheine wieder zurück. Ein Beweis dafür, in welcher Weife auch
heute noch agitiert wird.

Kreis Schlawe.

Auf dem Gut A l t - R e p p i n , Besitzer v. Z i tz e w i tz , sind zwei
Familien am 1. Oktober 1919 gekündigt worden, ohne Angabe irgendwelcher
Gründe: Der Hofmeister R. ist f ü n f z e h n Jahre, der Schmied H.
sechzehnIahream Ort.

Auf dem Gut Petershagen, Pächter Gaede, sind drei Familien
gekündigt worden. Wir lassen dazu den Brief unseres Bevollmächtigten der
Ortsgruppe Petershagen folgen:

Der Domänenpüchter Gaede hat drei Familien gekündigt, in erster Linie
. dem Bevollmächtigten, weil er für den Verband arbeitet. Die Herren
Arbeitgeber haben sich verschworen, solche Leute im Landbund nicht zu
beschäftigen. Wenn wir nicht ausziehen, wird die Räumungsklage ein-
gereicht. Run bitte ich umgehend, daß Maßnahmen getroffen werden, um
diesem Treiben der Agrarier ein Ende zu bereiten, sonst sind hunderte
von Familien obdachlos zum Frühjahr und der Bolschewismus
ist in voller Blüte.

Auf dem Gut Segenthin, Kreis Schlawe, Besitzer v. Blumen-
t h a l, ist Kollege F. K. zum 1. April 1920 gekündigt worden. Kollege K.
wurde von der Versammlung als Vertrauensmann der Zahlstelle Segenthin
gewählt.

Auf dem Gut A l t - R i s l o w , Kreis Schlawe, Besitzerin Frau
G l o x i n, ist Kollege K. zum 1. April 1920 gekündigt worden. K. war zum
Kontraktmachen gewählt nach den Sätzen der Vereinbarung zwischen dem
Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverband am 7. Juli 1919 in Stolp.

Auf dem Gut B o v>k o w , Kreis Schlawe, Besitzer v. R a tz m e r, wurde
der Arbeiter K. W. zum 1. April 1920 gekündigt. Am 9. Juni 1919 wurde
W. in der Versammlung als Vorsitzender der Ortsgruppe gewählt, wurde
beauftragt, mit dem Besitzer über Tarifsätze zu verhandeln. Der Besitzer
weigerte sich, die Sätze anzuerkennen.

59

Material zur Beurteilung der Vorgänge in Pommern.

Wörtlicher Auszug aus dem

Protokoll des Deutschen Landbundes

über ib'tc Besprechung am 16. Mai 1919, in welcher Kollege Gg. Schmidt
von dem Direktor des Pom. Landbundes, v. Dewitz, wegen seiner
Stellung zum Landarbeiterstreik befragt wurde:

Herr v. Dewitz (Pommerscher Landbund) wendet sich dann in längeren Aus-
führungen zur Arbeiterfrage und zum Zusammenhang der Landarbeiterlöhne mit
den Preisen für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, befürwortet einen Ausgleich
zwischen den Forderungen der ländlichen Arbeiter und Arbeitgeber in Lohnkom-
missionen und stellt dann an Herrn Schmidt die Frage, ob die Landarbeiter im
Interesse der Volksernährung nicht grundsätzlich auf den Streik verzichten könnten.
Ein Streik der Landarbeiter sei für diese ebenso katastrophal wie der Streik der
Landwirte.

Herr Schmidt (Landarbeiter-Verband) erklärt demgegenüber schlechte Er-
fahrungen bei der Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Organisationen ge-
macht zu haben. Er wirkt stets darauf hin, daß nicht nur die Interessen der
Konsumenten, sondern auch der Produzenten berücksichtigt würden. Anderseits
müßten bei der Regelung der Lohnfragen sich die Landwirte auch in ihrem Be-
trieb hineinreden lassen. Grundsätzlicher Verzicht auf das Streikrecht seitens der
Landarbeiter sei von seiner Organisation nicht möglich. Er stimm! dem aber
bei, daß Streiks möglichst zu vermeiden seien, jedenfalls jedem Streik Verhand-
lungen im Schlichtungsausschuß vorangehen müssen. Wenn die unteren Organe
des Landarbeiter-Verbandes versagten, so liegt dies eben an der mangelnden
Schulung und Aufklärung, weil seine Organisation früher von den Landwirten
bekämpft worden sei. Wären die Landarbeiter früher organisiert worden, so
würden sie jetzt für die Abmachungen diziplinierter dastehen.

Herr von Dewitz (Pommerscher Landbünd) hebt die einigenden Punkte
mit den Landarbeitergewerkschaften hervor. Einmal habe Herr Schmidt das
gemeinsame Zntercsie der Produzenten und Konsumenten anerkannt, zum andern
habe er der Auftlärung der Arbeiterschaft in volkswirtschaftlicher Beziehung das
Wort geredet, und zum dritten habe er hinsichtlich der Preise erklärt, es sei be-
achtenswert, daß Angebot und Nachfrage sich wieder regulieren. Er akzeptiere
diese Zugeständnisse und bitte nochmals, darauf hinzuwirken, daß die unteren
Organisationen des Landarbeiter-Verbandes in der Provinz auch nach den
Direktiven der Leitung arbeiten.

Abschrift rinc§ Schreibens des Pommerschen Landbundes

an den Ministerpräsidenten Scheidemann vom 21. Mai 1919:
Pommerscher Landbünd.	Stettin, den 21. Mäi 1919.

Tgb.-Nr. 898/19- Einschreiben!

Ew. Exzellenz!

Namens des Pommerschen Landbundes erlaube ich mir, Eio. Exzellenz nach-
folgendes zu unterbreiten:

Der Wille der pommerschen Landwirtschaft, in dieser schweren Zeit durch Auf-
rechterhaltung der Arbeit die Lieferung von Nahrungsmitteln und di« Feldbe-

38

V

gehabt hätten, hätte es manchmal schlecht um die Bewirtschaftung der Güter
gestanden. Gerade gegen meine Fraktion wird immer behauptet, dort seien
keine landwirtschaftliche Sachverständige. Nun wollen wir mal den Spieß
umkehren und fragen, ob in der Fraktion, die sich als Vertreterin der Land-
wirtschaft bezeichnet, wirklich soviel praktisch tätige Landwirte sitzen.

Die landwirtschaftlichen Unternehmer haben aus dem Kampf zwischen
Kapital und Arbeit noch nichts gelernt. In Industrie und Gewerbe sind wir
schon so weit, daß sich Unternehmer und Arbeiter an einen Verhandlungstisch
setzen, und wenn ich eine Hoffnung hatte, so war es die, daß es im Laufe
dieses Jahres gelingen würde, in der Landwirtschaft alle Etappen, die im
Kampf zwischen Kapital und Arbeit in der Industrie durchgemacht worden
sind, zu überspringen. Aber in Pommern und auch anderwärts, nicht überall,
glaubt man heute noch, mit den alten Mitteln gegen
die Gewerkschaft kämpfen zu können, mit Maßregelung und
Unterdrückung der Organisationen, mit Bevorzugung der Arbeiter, die sich
nicht mit ihren Arbeitsbrüdern in eine Linie stellen. Das kommt aber daher,
daß die Organisationen der landwirtschaftlichen Unternehmer zu sehr politisch
orientiert sind und zu sehr daran gewöhnt sind, an die Gesetzgebung zu
appellieren.

Ich darf wohl für mich in Anspruch nehmen, daß Sie mir glauben, wenn
ich sage: uns ist es nicht darum zu tun, den Belagerungszustand anzuwenden;
wir wären froh, wenn er lieber heute als morgen aufgehoben werden könnte.
Aber wenn der Belagerungszustand nach links angewandt werden muß, dann
können wir es uns nicht bieten lasten, daß arbeitswillige Landarbeiter des-
halb an der landwirtschaftlichen Produktion gehindert werden, weil sie den
Mut haben, sich freigewerkschaftlich zu organisieren. Deshalb hoffen wir, daß
die Regierung mit allen Mitteln eingreift, und wenn das noch nicht genügt,
was jetzt durch Noske erfolgt ist, daß dann noch andere Mittel angewandt
werden. Wollen die Gutsbesitzer absolut die landwirtschaftliche Produktion
sabotieren, dann muß es unter dem Belagerungszustand auch möglich sein,
ihnen die Bewirtschaftung ihrer Güter abzunehmen und sie in solche Hände
zu legen, die sie im Interesse der ganzen Volkswirtschaft durchführen, weil
heute, wo die Not so groß ist, arbeitswillige Landarbeiterfamilien nicht auf
die Straße gesetzt werden dürfen.

Auf die Presteäußerungen einzugehen, in denen von der Firma Braun,
Schmidt u. Co., Landarbeiter-Verband zur Störung der Produktion, ge-
sprochen ist, hat keinen Wert. Ich weiß genau, daß es zum agrarischen
System gehört, so die Oeffentlichkeit zu bearbeiten. Ich glaube aber, daß
man in der Oeffentlichkeit eingesehen hat, daß in Pommern ein Ausnahme-
zustand besteht; ich erwarte, daß die Regierung unfere Maßnahinen würdigt
und erkläre nochmals, daß die Vertreter der Landarbeiterschaft jederzeit bereit
sind, zur Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion beizutragen. Ich
glaube, heute schon sagen zu dürfen, daß unser Verbandstag auch dafür den
Beweis liefern wird.

Darum sage ich, unsere förmliche Anfrage, die hier gestellt ist: was ge-
denkt die Regierung in dieser Beziehung zu tun, ist nicht darum gestellt, um
draußen 'im Lande wieder Agitationsmaterial für uns zu haben, wie z. B.
die „Pommersche Tagespost" schrieb: „Schmidt (Cöpeulck) läutet Sturm."
Wir bedauern, daß wir uns dannt so oft beschäftigen müssen. Wie es in der
Provinz Sachsen der Fall ist, wo inan sich an den Verhandlungstisch gesetzt
hat, könnte es in Pommern auch sein. Ich weiß, daß man es in Pommern
von Anfang an anders gewollt hat, und ich habe schon gesagt, welche Personen

68

mssen, wie sie heute in Deutschland bestehen, wenn wie nahe öct<5 gesamte
Volk mit Nahrungsmitteln versorgen. Deshalb ist es auch so sehr. anzu-
erkennen, daß der gesunde Sinn unserer Landarbeiter sich immer wieder
durchgerungen hat, daß sie imnier wieder dazu bcigelragen laben, die Hand
zur Versöhnung zu reichen. Damit die Erntearbeitcn nicht stocken, haben
sie sich bereit erklärt, Ueberstundeu zu machen, überhaupt alles zu tun, was
möglich ist, um die Ernte zu bergen. Aber man durs ihnen nicht immer
wieder systematisch die Freude au der Arbeit vergällen, indem nian
Schwierigkeiten auftürmt, um es nicht zu einem erträglichen Arbeitsoer-
hältnis kommen zu lassen. Es wäre Pflicht der Regierung gewesen, aus
diese Entwicklung zu achten; wie auf der einen Seite die schärfste Reaktion
in Pommern auswächst und aus der andern Seite eine erfolgreiche kommuni-
stische Agitation, und ihre Schlußfolgerungen daraus zu ziehen. Das müssen
wir. auch heute der Regierung eindringlich sagen, daß, wenn nicht -die im-
mer wieder auftretenden Schwierigketen aus dem Wege geräumt werden,
wir keine Verantwortung übernehmen können für
das, was in Zukunft in Pommern geschieht. Wir
wissen uns im Verbandsvorstand frei davon, daß auch nur das geringste
begangen worden iväre oder begangen werden sollte, was die Ernährung
des deutschen Volkes in Frage stellen könnte. Im Gegenteil, bei all unseren
gewerkschaftlichen Maßnahmen ist bei uns immer wieder der Gedanke^n den
Vordergrund getreten, lieber den Kollegen, die ganz berechtigte Streik-
gründe haben, zu sagen: Nein, Ihr -dürft nicht streiken, Ihr dürft das
deutsche Volk nicht ins Unglück stürzen, indem Ihr die Leb.nsmittelerzeu-
gung sabotiert. Es fällt einem Gewerkschaftler schwer, wenn er den Arbei-
tern das sagen muß. Wir wußten aber, wenn einmal der volle Topf zum
Ueberlausen gekommen ist, dann war der Streik in Pommern unvermeidlich.
Es ist hi.r glaubhaft nachgewiesen, daß von Unternehmerseite imnrer wieder
Oel ins Feuer gegossen wird, daß das ^Feuer hell auflodern muß, damit
man immer wieder Anlaß hat, nach Maßnahmen gegen die Arbeiter zu
schreien.

Wer die Dinge genau kennt, wie der sogenannte Generalstreik der
Landarbeiter in Vorpommern dann zum Generalstreik aller Arbeiter in
Stettin und Stralsund geführt hat, und dann zur Verhängung des Be-
lagerungszustandes unter ganz eigenartigen Umständen, die die Regierung
sogar zum Einschreiten veranlaßten, der weiß, was damals geplant war.
Damals ist die Geschichte zu früh los gegangen, ist ungeschickt angefaßt
worden. Aber wer eingeweiht ist, der weiß, daß man damals in jenen
Kreisen geglaubt hat, jetzt ist es Zeit, jetzt werden wir die Bewegung in
Pommern so weit bringen, daß wir sie von da aus über ganz Deutschland
verbreiten. Wir wissen, daß der Geheimbund der Leute, die aus der Armee
ausgetreten sind, überall seine Spitzel hat, es werden Berichte aufgestellt,
es wird alles benutzt, um die Stimmung der Arbeiter dem Streik günstig
zu machen. Wenn es damals nicht dazu gekommen ist, so ist das dem Ein-
greifen der Arbeiterschaft zu verdanken. Aber mir wissen nicht, was noch
alles im Schoße der Zukunft ruht. Deshalb haben wir diese Konferenz
einberufen, um bei Zeiten die Dinge zu besprechen, um auf Mittel und
Wege zu sinnen, wie wir in der nächsten Zeit vorzugehen haben. Wir
haben deshalb auch die Regierung eingeladen, um ihr klar zu machen, daß
die Dinge dort oben mit ganz besonderen Augen betrachtet werden müssen
und daß man besondere Mittel anwenden muß, um sich vor der Gefahr zu
schützen, die von Pommern her über das Reich kommen kann. Unter diesem
Gesichtspunkt bitte ich die Dinge zu betrachten, sich nicht in Einzelheiten zu

25

Spas:
rv i *;.- v

am**mu

Preußischen Landesversammlung, zu mir mit dem Krqisblatt aus den.
Kreise Pyritz und fragte mich: Sagen Sie mal, habhn S,i e^ Äe: Äarife
gekündigt? Ich sagte, ich kann nicht über alles unterrichtet sein, wenn Sie
mW) so plötzlich fragen; gewiß käun es möglich sein, aber daß wir generell
herausgegeben hätten, überhaupt die Tarife zu kündigen, Trifft nicht zu.
Run gibt er mir das Pyritzer Kreisblatt, da ist in großem gesperrten, fetten
Druck ein Schreiben unseres Kreisvertrauensmannes abgedruckt/ worin er
den Tarif in zulässiger Weise gekündigt hat. Das Schreiben ist in sehr

... r>- 	^r,Vtf 4sf mtä	PTTlf frrhf'rr rttntrtho ftr

virmtergeoer^ertmnous, vu,; iuit* ^unuiuiuv. vu vui ,yaVuu.u u..-
tretenden wirtschaftlichen Kämpfen die Folgen für die Ernährung unserer
städtischen Bevölkerung ablehnen. Im Kreise Anklam ist seitens der . A r-
beitgeber der Tarif gekündigt worden. Auch da erscheint in der Presse
gleich eine große Ankündigung, die eine ganze Seite des Kreisblattes füllt.
All dies beweist uns, wie in Pommern gearbeitet wird: Jede Kleinigkeit,
die leicht auf dem Verhandlungswege zu erledigen wäre, wird sofort in die
Presse gebracht, und ausgeschlachtet, um zu zeigen: Seht, der rote Land-
arbeiterverband ist es, der in Pommern keirie Ruhe läßt.

Daun etwas anderes, das auch bezeichnend ist: Im Mai 1919 erhielt
der Verbandsvorstand eine Einladung zu einer Besprechung mit der Ar-
beitsgemeinschaft der Deutschen Landwirtschaft in Berlin im Klub ider
Landwirte. Diese Arbeitsgemeinschaft war ein Vorläufer des sogenannte»
Deutschen Landbundes. Wir hatten schon seit dem 19. November 1918 mit
dem Bund der Landwirte, mit der Vereinigung der Deutschen Bauernder-
eine und anderen Organisation der Landwirtschaft über die Bildung einer
Arbeitsgemeinschaft verhandelt und sind heute noch zu keinem Resultat ge-
!vmmen. Der Deutsche Landbund war nun wieder ein neues Gebilde.
Zu dieser Verhandlung bin ich mit dem Kollegen Woldt hingegangen m der
Absicht, uns zu orientieren. Wir wollten die Einladung nicht ablehnen,
damit man nicht sagen konnte, wir hinderten den Verständigungsweg.
In dem Protokoll halten wir daun die Ehre, an die Spitze gestellt zu wer-
den. Man legte anscheinend großen Wert darauf, Vertreter der Landar-
beiter dort zu habe». Es waren Vertreter des Deut,chm Landwirt,chafts-
rats und des Bundes der Landwirte dort. Wir wußten beide zuerst nicht, in
welche Körperschaft wir da geraten waren. Auch Herr von Dewitz ain
Pommern war anwesend, und es ist mir sofort aufgefallen, wie er nn Laiche
der Verhandlungen versuchte, mich zu examinieren, herauszuhören, wie der
Deutsche Landarbeiter-Verband über die Frage eines-Streiks urteile. Man
hat mich direkt herausgefordert zu reden, ich habe auch gesprochen und habe
in dieser Verhandlung unter anderem Folgendes ge,agr. Es heißt darüber
iin ^votofoss* ioctr ©djmibt, Sonbotbcilci^^otDoHD, er tl.cn. t.. @tunbjöjjs
lieh er Verzicht auf das Streikrecht seitens der Landarbeiter sei von seiner
Organisation nicht möglich. Er stimmt dein aber Bet, daß Streiks möglichst
zu vermeiden seien, jedenfalls jedem «treik Verhandlungen in «chlich-
tungsausschüssen vorangehen müssen. Das war auch richtig wiedergegeben.
Es wurde aber anfangs betont, daß das eine zwangslose Besprechung sei
und es ivar nicht bekannt, daß diese Sache in die Oeffentlichkeit gegeben

werden solle.	., .	.	=	=	^

Damit will ich nicht sagen, daß ich mich dann anders ausgesprochen

biitto. 2Bir haben feit jeher beu Stanbpunkk vertreten, bah wll Streiks rn
der Landwirtschaft aus volkswirtschaftlichen Gründen möglichst vernrelden
'»ollen. Nicht aus Liebe zr, den Junkern, sondern weil wir einen Streik

Auf dem Gute P o d e w i l s , Besitzer v. Holzendorf, sind im De-
zember 1919 sämtliche Arbeiterfamilien gekündigt worden, weil sie den
Tarif vom Pommerschen Landbund nicht unterschrieben haben.

Auf dem Gute Rettzin, Besitzer Fitzke, sind am 28. Dezember 1919
zwei Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden. Beide sind
Hilfsvertrauensleute der Ortsgruppe Rettzin.

Auf dem Gute Rettzin, Besitzer M a l u e, sind am 29. Dezember 1919
drei Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden. Sämtliche sind
feit 1 bis 8 Jahren auf dem Gute beschäftigt und sind Vertrauensleute der
Ortsgruppe Rettzin.

Auf dem Gute G r ü f f o w, Besitzer Fr. v. S ch a u m a n n, sind am
20. Dezember 1919 vier Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt
worden. Zum Teil Vertrauensleute.

Auf den Gütern Vietzow, Neuhof und Luisenhof, Besitzer
v. R o e d e n, sind am 10. Dezember 1919 2 9 bis 3 0 Arbeiterfamilien zum
1. April 1920 gekündigt worden, weil sie den Tarifvertrag vom Pommerschen
Landbund nicht unterschrieben haben.

Auf dem Gute Z w i r n i tz, Besitzer R a d o l l, sind am 17. Dezem-
ber 1919 die Familien S. und W. zum 1. April 1920 gekündigt worden; beide
Kollegen sind Vertrauensleute der Ortsgruppe Zwirnitz.

Auf dem Gute H e f e r i tz, Besitzer v. K l e i ft, sind am 31. Dezember 1919
20 Arbeiterfamilien gekündigt worden, weil sie den Tarifvertrag nicht unter-
schrieben haben.

Auf dem Gute Wold-Tychow, Besitzer W e s k e, sind am 14. Dezem-
ber 1919 vier Arbeiterfamilien, schon 2 bis 17 Jahre dort im Dienst, zum
1. April 1920 gekündigt worden. Sämtliche sind Vertrauensleute vom
Verband.

Auf dem Gute Ballenberg, Besitzer Schmieden, sind am 13. De-
zember 1919 sechs Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt worden.
Die Gekündigten sind zum Teil Vertrauensleute vom Verband.

Auf dem Gute H e y d e, Besitzer F. P r e tz e l, sind zum 1. April 1920
elf Arbeiterfamilien gekündigt worden, weil sie den Tarifvertrag vom
Pommerschen Landbund nicht unterschrieben haben.

Kreis Neustettin.

Auf dem Gute Pinnow, Gräflich Bassewitzsche Gutsverwaltung,
wurde vom Administrator Konrad der Arbeiter B., 15 Jahre im Dienst, ohne
Grund zum 1. April 1920 gekündigt. Ferner der Arbeiter L. wegen Nicht-
stellung eines Hofgängers. L. ist vorher nichts gesagt worden, daß er einen
Hofgänger stellen soll. L. ist feit Dezember 1918 auf Dom. Pinnow tätig.
Ferner wurde dem Arbeiter K. R. wegen Nichtstellung eines Hofgängers, von
dem ihm vorher auch nichts gesagt worden war, gekündigt. R. ist seit sechs
Jahre tätig auf Domäne Pinnow. Der Arbeiter F. Sp. wurde gekündigt
wegen Nichtanerkennung des Tarifs als Altgedienter. Sp. ist 52 Jahre alt
und ist von Jugend an auf dem Gute Pinnow im Dien st.
Ferner wurde gekündigt der Schmiedemeister O. B. Grund: die Arbeit ge-
nüge nicht mehr. B. übernahm im November 1918, nachdem fein Pflege-
vater bis zu seinem Tode (13 Jahre lang) als Schmiedemeister in Pinnow
beschäftigt war, im Einverständnis mit dem Administrator den Posten.

Obige Kollegen schreiben an den Deutschen Landarbeiter-Verband: „Wir
nehmen an, daß diese Kündigungen aus politischen und gewerkschaftlichen
Gründen erfolgt sind. Falls der Verband diese Kündigungen nicht rück-
gängig machen kann, sind wir gezwungen, diese Tätigkeit aufzugeben. Denn

eine sozialistische Regierung hätten. Die sozialen Gesetze standen auch früher
solange auf dem Papier, bis die Arbeiter sich organisiert hatten und durch ihre
Macht sie verwirklichten. Das müßt Ihr auch den Arbeitern klar mache:,.
Man kann aber von dev Regierung verlangen, daß sie die Arbeiter schützt
gegen rigorose Entlassungen. Ein solches Gesetz muß erlassen werden zum
Schutz der landwirtschaftlichen Produktion. Daswollenwirineiner
Eingabe verlangen.

Weiter müssen wir verlangen, daß die Schlichtungsausschüfse voll-
ständig neu aufgezogen werden. (Sehr richtig!) Ich habe Maßnahmen
.getroffen, daß auch in der Deutschen Nationalversammlung ein Vorstoß
seitens der sozialdemokratischen Fraktion unternommen wird, wie es schon
in der Preußischen Landesversammlung geschieht. Seitens des Reichs-
arbeitsministeriums ist geplant, die Gewerbegerichte auf das Land zu
übertragen. Die Beisitzer würden sowohl aus Arbeitnehmer- wie aus Ar-
beitgeberkreisen gewählt. Wir können aber jetzt nicht aus solche Wahlen
warten, sondern im Sinne eines Notgesetzes müssen Gerichte
eingesetzt werden, ib1 i c über E i nz e l str ei t f ä l l e z u e u t -
sch ei d en h ab e n. Da muß bis zu einer endgültigen Wähl die Ver-
tretung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer von den Organisationen der
Arbeitgeber und Arbeitnehmer ernannt werden.

Nach der Verordnung vom 23. Dezember 1918 gelten die S ch lich-
tn n g s a u s s ch ü s s e nicht für Einzelsälle; das müssen
wir aber jetzt auch verlangen von der G e s e tz g e b u n g.
So notwendig die Aufhebung der Gelsindeordnung war, so hat man damals
doch verabsäumt, Gesetze zur Sicherung des Arbeitsfriedens auf dem Lande
zu schaffen. Ihr alle könnt aber daran mithelfen durch Eingaben an die
Regierung ans dem Lande/ Die Unternehmer schicken immerfort Eingaben;
das muß auch von uns geschehen. Weiter mnß eine Vereinheit-
lichung der auf Grund des Tarifvertrags errichteten
Ei n i.g un g s st e l l e n mit der, amtlichen Schlichtungsaus-
s ch ü s s e n erfolgen. Es müssen also einerseits Schlichtnngsausschüsse
für gemeinsame Streitigkeiten eines Betriebes bestehen und andererseits
Arbeitsgerichte nach Art der Gewerbegerichte zur Schlichtung der Einzel-
sälle.

K lei n e r - Bublitz: Es freut mich, daß der Vorstand jetzt endlich
mit positiven Vorschlägen herauskommt. Wenn die Beisitzer ernannt werden
sollen, dann müßte festgelegt werden, daß die Vorschläge nur von der Or-
ganisation gemacht werden können; sonst bekommen wir. wieder Beisitzer,
die gar keinen Wert für die Arbeiter haben. Ich habe an den Wirtschafts-
minister Schmidt eine Eingabe gerichtet, daß in allen solchen Fällen, wo
nachweislich durch die Schuld eines Arbeitgebers ein Streik entsteht, die
Zwangsbewirtschaftung und bestimmte Strafen^ eintreten können. Nur so
kann man die Arbeitgeber wirklich fassen. Helfen kann uns nur rücksichts-
loses Durchgreifen. Der Junker reagiert nur auf Macht. Der Pommersche
Landbund sagte in der Versammlung, die Arbeitszeit mnß verlängert wer-
den. Der Arbeiter soll dadrtrch mehr verdienen, daß die Naturalien höher
bewertet werden; aber der Barlohn muß erniedrigt werden. Herr von Kleist
sagte: Wenn wir erst die Ueberzahl sind, müssen sich die- Landarbeiter fügen
im Guten oder im Bösen. Auch wir müssen rücksichtslos vorgehen gegen Ar-
beitgeber, -die durch eigene Schuld Aussperrung oder Streik provozieren.
Da mnß die Regierung mit Strafen vorgehen. Notwendig ist die bald-
mögliche Neubeseüung verschiedener Regierungsstellen. Die Regierungsräte,
Landräte und ein Teil der Kreissekretäre arbeiten vollständig noch nach

29

Diese Ausführungen werden nun von diesem Deutschen Landbund in dem
Nachrichtenblatt vom 15. 6. 19. veröffentlicht. Es wird weiter in dieser Ver-
öffentlichung gesagt, ich hätte erklärt, daß bei Streiks die Viehpslege, worunter
Fütterung und Melken zu verstehen ist, erfüllt werden müsse. Bis hierher ist das
richtig.

Dann wird aber meinen Aeußerungen eine Auslegung gegeben, aus der man
schließen kann, ich hätte mich auch gegen Erniestreiks in jedem Fall erklärt. Ich
soll gesagt haben, es müßten unbedingt die notwendigen Arbeiten gemacht wer-
den. Dieser Landbund empfiehlt in seinem Organ, von diesen Erklärungen des
Kollegen Schmidt den Gauleitern und sonstigen Führern ver Arbeitnehmer
gegenüber Gebrauch zu machen.

Diese Aeußerungen in der sogenannten unverbindlichen Aussprache werden nun
der Oeffentlichkeit übergeben. Von der Veröffentlichung hat man uns wohl ge-
flissentlich keine Mitteilung gemacht, daher sehen wir uns veranlaßt, unseren Ver-
trauensleuten gegenüber folgendes zu erklären:

Wir wir schon wiederholt gegen wilde Streiks Stellung genommen yaben und
diese mißbilligen, so soll dies auch hier wiederholt werden. Ferner darf bei allen
Streiks das Vieh nicht notleiden, sondern es muß gefüttert unv gemelkt werden.
Wo derartige Verstöße vorkommen, werden sie von uns verurteilt. Vernünftige
Landarbeiter tun Derartiges auch nicht, weil es eine Roheit gegenüber einem
lebenden Wesen ist. In der Presse war auch schon zu lesen, bei Landarbeiterstreiks
würde das Vieh nicht gefüttert werden. Soweit wir Feststellungen treffen konnt n,
handelt es sich, hierbei um bewußte Uebertreibungen.einer bestimmten Richtung
unter den Agrariern, die aus durchsichtigen Gründen verbreitet werden.

Anders liegt es aber bei Erntestreiks. So sehr wir bestrebt sind, Erntestreiks
zu vermeiden, was ganz besonders bei der jetzigen Notlage des deutschen Volkes
erforderlich ist, werden wir grundsätzlich auf das Recht, auch während der Ernte
zu streiken, nicht' verzichten. Vorausgesetzt natürlich, daß erst vorher alle Mittel
angewendet wurden, um derartige Streiks, die vor Ausbruch auch erst von der
Verbandsleitung genehmigt sein müssen, zu vermeiden. Rücksichtslosen Arbeitgebern
gegenüber wird man aber gegebenenfalls auch dieses Mittel anwenden müssen, weil
wir an dem äußersten Mittel, was dem Arbeiter zur Erzielung einer besseren
Lebenshaltung zur Verfügung steht, nicht rütteln lassen.

Da jene reaktionäre Gruppe, die sich in diesen Landbünden zusammengefun-
den hat, uns jetzt zu dieser grundsätzlichen Stellungnahme nötigt, ersuchen wir
trotzdem unsere Mitglieder, keine übereilten Schritte zu tun, sondern bei der be-
vorstehenden Ernte ihre Pflichten zu erfüllen. Es muß versucht werden,
Sireitigkeiten auf dem Verhandlungswege zu erledigen.

An die Regierung richten wir das Ersuchen, gegenüber rücksichtslosen Arbeit-
gebern auch mit allen Mitteln einzuschreiten, um sie zur Erfüllung der tariflichen
Abmachungen, zu veranlassen. Gegebenenfalls muß gegenüber solchen rücksichts-
losen Wahrnehmern des Unternehmerstandpunktes zur Enteignung geschritten
werden. Den Betreffenden muß zu Gemüte geführt werden, daß wir in einer
anderen Zeit leben.

Den Vertretern unseres Verbandes im Lande sind wir es aber schuldig, diese
Erklärungen bekanntzugeben, da zu erwarten ist, daß mit den Aeußerungen des
Kollegen Schmidt in jener Sitzung vom 16. Mai bewußter Mißbrauch getrie-
ben wird.

Die Werbearbeit des Pommerschen Landbundes.

Wir haben seinerzeit darüber berichtet, daß der Pommersche Landbund
für seine ihm angehörenden Landarbeiter mit den Landwirten einen
„Tarifvertrag" abgeschlossen hatte, der eine Teuerungszulage von inonatltch
126 Mk. vorsieht. Der Landarbeiterverband hat diesen Vertrag nicht akzep-

42

dem alten System. Es gibt genügend tüchtige Kreissekretäre, die wir sehr
gut zur Besetzung der höheren Stellen in Vorschlag bringen können. In alle
aintlichen Steilen, wo es geht, müssen wir die organisierten Landarbeiter
hineinbringen. Die Arbeiterschaft muß deshalb vom Vorstand reichlich mit
Flugblättern und Agitationsmaterial versehen werden.

P a u k e r t - Stettin: Es ist mir zweifelhaft, ob es praktisch ist, wenn nach
Greifenberg noch ein besonderer Bezirksleiter gesetzt wird. Dadurch würde die
Zentralisation gestört werden. Es wäre wohl besser, wenn in Stettin noch
ein zweiter Gauleiter angestellt wird, der zwar den Greifenberger Bezirk
bearbeitet, aber doch in demselben Büro mit der Zentrale ist. Das würde-
die Geschäfte besser vereinfachen.

Schwarz-Stettin: Ich muß mich Paukert anschließen. Es ist nicht
praktisch, daß unser Gau noch geteilt wird. In jedes Gaubüro sollte noch eine
männliche Kraft eingestellt werden. Die Ausdehnung der Gaue ist nicht zu groß;
aber der Gauleiter ist überlastet durch die Wahrnehmung von Terminen.
In jedes Gaubüro sollte also eine weitere Kraft eingestellt werden, und vor
allem brauchen wir in der Stettiner Zentrale einen Genossen, der schrift-
stellerisch gewandt ist.

Landgraf - Stralsund: Ich halte es für verkehrt, wenn der Vorstands-
vorschlag bannt bekämpft wird von den Gauleitern, daß sie fürchten, hier solle
ihnen eine Konkurrenz geschaffen werden. Wir müssen aber die Fühlung
mit den Mitgliedern so eng wie möglich gestalten. In Ponrniern ist das
besonders notwendig, denn Pommern ist der Herd der reaktionären Be-
wegung. Von Pommern würde sich diese Bewegung auf die übrigen Pro-
vinzen ausdehnen.. (Sehr richtig!) Mit einer Schreibkraft für die vor-
handenen Gauleiter ist uns nicht gedient; der Innendienst, die Aufklärung
und Schulung der einzelnen Verbandskollegen ist die Hauptsache. Die
Tarifabschlüsse werden zu neuen Kämpfen führen. Die Arbeitgeber setzen
den Ablaustermin aus den für uns ungünstigsten Zeitpunkt. Ich stehe vor
dem Abschluß eines Sondertarifs der Kreidearbeiter in Rügen, die größten-
teils auch in der Landwirtschaft tätig sind. Nach meiner Vorlage muß das
Mindesteinkommen des Arbeiters 8000 M. betragen. Das wird Ihnen sehr
hoch erscheinen; aber auch nicht ein einziger Arbeitgeber konnte bestreiten,
daß meine Berechnung richtig war. — Sehr wichtig ist die Organisation des
Pressedienstes. Der Landbund bringt jetzt die Presse in seine Gewalt, und
die Arbeiter werden überschwemmt mit Flugschriften von jener Seite. Es
genügt nicht niehr, baß unser Mitteilungsblatt den Arbeitern zugeht.
Darum begrüße ich es, daß der Hauptvorstand einen Pressedienst für ganz
Pommern einsetzen will. Es muß heute schon festgelegt werden, daß in
jedem Kreise eine gut organisierte Materialsammlung eingerichtet wird,
die dauernd die Pressczentrale versorgt. Unsere wirtschaftlichen Kämpfe
werden sich zu politischen Kämpfen entwickeln, und deshalb müssen wir
alle Mittel uns schaffen, die für diese Kämpfe geeignet sind. Jeder Ver-
trauensmann muß Material sammeln und der Zentrale zur Verfügung
stellen. Unsere Kollegen müssen so bezahlt werden, daß sie die wirkliche
Bedeutung der Organisation erkennen.

Haß-Köslin: In den Kreisen Schlawe und Belgard sind die Ver-
hältnisse so, daß ein Kreisvertrauensmann nicht den ganzen Kreis bear-
beiten kaun. Unsere Landarbeiter sind nicht so leicht durch das geschriebene
Wort aufzuklären, wie durch das gesprochene Wort. Gerade im Kreis
Köslin kann der Pommersche Landbund mit seinen Flugschriften und seinem
Hetzapostel Wolfs nichts erreichen. Das hat sogar die Organisarionsleitnng

HO

Die

Pommern-Konferenz des Deutschen Landarbeiter-Verbandes

Berlin, Sonntag, den 21. Dezember 1919, Vormittag 9'A Uhr.

Berb.-Bors. Schmidt: Wir haben die Pommern-Konferenz einbe-
rufen, weil wir es für notwendig erachten, die spezielle Lage in Pommern
zu besprechen. Wir haben voni Deutschen Landarbeiter-Verband in: ver-
flossenen Jahre versucht, dort oben Ordnung zu halten, aber wir haben die
lebhafte Befürchtung, das; es uns im kommenden Jahre nicht gelingen wird,
dort die Ordnung zu halten, tvie es in ganz Deutschland im^graßen una
ganzen der Fall war. Es ist bezeichnend, daß in dresem L>omme^-tue
Oeffentlichkeit ständig beunruhigt wurde durch Streiks m Pommern, gelöst
jetzt im Winter nimmt das kein Ende. ÄZir sehen aus verschiedenen Un-
zeichen, daß System darin liegt. Die Konferenz heute ist als vettraulich
zu betrachten, aber wir wollen das Material später verwenden, wenn u'i
Kampf gegen den Deutschen Landarbeiter-Verband losgeht.

Voni Ministerium des Innern ist Freiherr uon6 ch u lj
anwesend, den ich begrüße. Wir haben um die -Inwesenheit von
Regierungsvewretern gebeten, weil die Verhandlungeii zu ihrer ^iiforun --
tion dienen sollen. Es mag ausfallen, daß wir als wirtschaftliche ^ 0	'

sntion ein Ministerium einladen, das politischen Charakter hat, ei ^
die Polizeifragen erheblich Hineinspielen. Aber obwohl der Deutsche -
arbciter-Berband sich die Aufgabe gestellt hat, ein wirtschaftliches Programm
durchzuführen, ivas uns ja draußen nicht geglaubt wrrd, sehen wir hintm
den Treibereien in Pommern wesentlich politische Grunde. 3)jM)'■	)

wir neben dem Landwirtschafts-Ministerium, von beut cm o '	‘ W

nicht anwesend ist, auch das Ministerium des Innern einge hen	Ich be-

grüße weiter namens des Verbandvorstandes die heute ) -i
Male erschienenen Kreis-Vertrauensleute.

Damit kommen wir zum ersten Punkt der Tagesordnung, zu den V e i-
hältnissen in Pommern.	. .	.	.

Ich will versuchen, in der Einleitung möglichst kurz zu sein, un >	,

dann ganweisc das tatsächliche Material vorzutragen.	^

sagen, müssen Sie verantworten können. Wir bitte r I
solut Notwendige und Sachliche zu beschränken.	t	,

Nach der Revolution haben wir sofort versucht, mit den Arbeitgel^^
zu einer Einigung über die Fragen des Arbeitsverhaltiiiss z
Es hatte auch in den ersten Monaten nach der Revolutio^	. »• 1 | '

als wenn es gelingen könnte, in der Landwirtschaft i„ aAemmnen Ruhe
zu halten. Das ist auch im gesamten Vcrbandsgebict, also m ganz Deut,
land gelungen, mit Ausnahme in Pommern. Dort hat es	.

mermonaten angefangen mit den Nachrichten» daß der e I
Landarbeiter bevorstehe. In den übrigen Teilen Preußens und Deutsch-
lands war von einer großen Beunruhigung inder ^aiiiwir st, f
Rede, abgesehen von einzelnen Kreisen in Sch^swig-Holstmn, -
selber Gebiet, in der Provinz Sachsen. Sonst ist die -nndw s 1 g

Landbund so in m t, an Vertrauensleute des Deutschen Landarbeiter-
Verbandes. So handelt man dort mit zweierlei Moral.

Dann möchte ich mich mit Herrn von der Osten beschäftigen. In
der 69. Sitzung der Landesversammlung am 22. Oktober hat sich Herr von der
Osten mit einem Fall auf dem Gut Kiekow im Kreise Belgard beschäftigt.
Herr von der Osten scheint über den Fall nicht richtig unterrichtet zu sein.
Nich^am 3. August, sondern am 8. August 1919 fanden auf Antrag der
Arbeiter Tarifverhandlungen Im Kreishause statt. Zu dieser Zeit bestand
noch kein Streik. Das ist zu betonen, weil Herr von der Osten sagt, wegen
des Streiks hätten die Verhandlungen stattgefunden. Das Zustandekommen
eines neuen Tarifvertrages ist tatsächlich an dem Starrsinn der Arbeitgeber
gescheitert. Als die Verhandlungen eröffnet wurden, erklärte der Führer
der Arbeitgeber, Herr v. K l e i st - Kiekow, er müsse nach Berlin fahren. Trotz
Bitte, dazubleiben, verließ er mit anderen Arbeitgebern den Sitzungssaal.
Die Verhandlungen wurden dann auf den 12. August vertagt. In dieser
Verhandlung erklärte Herr v. Kleist, er hätte nur gewisse, aber keine unum='
schränkten Vollmachten. Er erklärte bei jedem Punkt, er müsse dies erst der
Generalversammlung der Arbeitgeber unterbreiten. Die Verhandlungen
an diesem Tage vor dem Schlichtungsausschuß dauerten 15 Stunden. Trotz-
dem die Landarbeiter bewußt nachgaben, wurde wieder vertagt auf den
18. August. Auch an diesem Tage erklärten sich die Arbeitgeber noch nicht
zur Unterzeichnung des Tarifs bereit, sondern wollten am 21. August Mit-
teilung machen. Dann kam die Forderung, Stellung einer Kaution in
tatsächlicher Höhe von 300 000 Mark. (Hört,hört! bei den
Sozdem.) Erst deni Landrat ist es gelungen, diese Forderung zu ermäßigen
auf 30 000 Mark. Am 24. August tagte die Kreiskonferenz, und es entstand
Empörung wegen der Forderung der Kaution. Jedoch wurde von einem
Streik Abstand genommen. Die Arbeitgeber sollten sich bis Mittwoch, den
27. August erklären, ob sie den Tarif annehmen und von der Kaution Abstand
nehmen. Diese Anerkennung ging nicht ein, und deshalb traten am 28. August
44 Güter in den Streik, ohne von der Leitung des Deutschen Landarbeiter-
Verbandes dazu ermuntert zu sein, sondern die Arbeiter hatten eben diese
offensichtliche Verzögerung satt. Der Landrat hob dann noch besonders her-
vor, daß alle Parteien den Tarif anerkennen, nur die Arbeitgeber hätten
die Stellung der Kaution verlangt. Also an der Kautionsfrage scheiterten
alle Vereinbarungen, weil die Arbeitgeber glaubten, der Deutsche Land-
arbeiter-Verband ließe es sich gefallen, feine Kaffe auszupumpen, was ja der
Fall wäre, wenn in jedem Kreis soundso viele Zehntausende an Kaution ver-
langt würden. Die Behauptung des Herrn von der Osten, der Landarbeiter-
Verband habe keine Antwort gegeben wegen der Stellung einer Kaution,
trifft nicht zu, weil der Landrat sofort unterrichtet war, daß eine Kaution
abgelehnt würde. Ich selbst habe damals auf Anfrage unseres Gauleiters
sofort telegraphiert, daß wir nicht darauf eingehen.

Dann macht im Anschluß daran Herr von der Osten Ausführungen, die
besagen, daß auf dem Gut des Herrn v. Kleist-Kickow bei diesem Streik Ar-
beitswillige verprügelt worden seien. In einem Brief, den uns die Arbeiter
dieses Gutes geschrieben haben, wird entschieden bestritten, daß Arbeits-
willige verprügelt wurden. Ich will Ihnen sagen, daß wir uns das Recht
vorbehalten, wenn ein Streik ausbricht, auch Streikposten auszustellen, damit
die Arbeitswilligen keine Arbeit verrichten. (Abg. Stendel, Deutsche Volks-
partei: Darüber wollen wir nachher den Landwirtschaftsminister hören. Das
ist ein schönes Recht!) Wenn man Wochen und Wochen lang verhandelt und

Kriegste
Der Be
Leute r,
Bezi
Schreibe

fchrer

Ic

gUUg!
der l
Ihne,
nis u
1920
In

des Der
Endl
bundes
Als die
die Ihr
die Auf
„Nehmt
Aufnahi
heute m

Auf
Familie
Gründe,
f e ch z e
Auf
gekündij
Ortsgru
Dl

. dem
Arbei
beschä
gereic
diesen
von
ist in
Auf
thal, '
wurde i
gewählte
Auf
G l o x i
Kontra!
Arbeitg«
Auf ^
der Arb! bl
W. in
becmfttc
weigerte

50

I S m

bereits vier und fünf Jahre auf dem Gut tätig.
Ij eäußert, und wenn es 50 000 Mk. kostet, ich will diese

ß Arbeiter des Kreises S t o l p mehrmals folgendes
durch Rechtsanwälte zugesandt wurde:
von Herrn Horch Ihnen zugegangene Kündigungs-
ldt.

arauf aufmerksam, daß die Rücksendung des Kündi-
sttverständlich keinen Einfluß auf die Rechtmäßigkeit
■ Um aber allem Zweifel vorzubeugen, kündige ich
uftrag des Herrn Horch nochmals das Arbeitsverhält-
ng zum 1. April 1920. Sie haben also am 1. April

")at Administrator Hagen alle drei Vertrauensleute
igt.

ud in Gr. Dübzow eine Versammlung des Land-
lektor Voßberg traktierte die Arbeiter mit Schnaps.
>aren, sprach er zu ihnen: „Kommt her zu mir alle,
beladen seid, ich will Euch erquicken." Als die Leute
schrieben hatten, sagte der Redner des Landbundes:
-n Joch." Am andern Tag sandten die Arbeiter die
rr zurück. Ein Beweis dafür, in welcher Weise auch
:b-

Kreis Schlawe.

lt - Reppin, Besitzer v. Zitzewitz, sind zwei
w 1919 gekündigt worden, ohne Angabe irgendwelcher
ster R. ist f ü n f z e h n I a h r e, der Schmied H.
'-ln Ort.

e r s h a g e n , Pächter G a e d e, sind drei Familien
ir lasten dazu den Brief unseres Bevollmächtigten der
rn folgen:

hier Gaede hat drei Familien gekündigt, in erster Linie
n, weil er für den Verband arbeitet. Die Herren
ich verschworen, solche Leute im Landbund nicht zu
wir nicht ausziehen, wird die Räumungsklage ein-
ich umgehend, daß Maßnahmen getroffen werden, um
Agrarier ein Ende zu bereiten, sonst sind hunderte
Istos zum Frühjahr und der Bolschewismus
ü t e.

g e n t h i n, Kreis Schlawe, Besitzer v. Blumen-
zum 1. April 1920 gekündigt worden. Kollege K.
imlung als Vertrauensmann der Zahlstelle Segenthin

'	: ! j |'i

ült - Rislow, Kreis Schlawe, Besitzerin Frau
st. zum 1. April 1920 gekündigt worden. K. war zum
lt nach den Sätzen der Vereinbarung zwischen dem
ätnehmerverband am 7. Juli 1919 in Stolp.

^kow. Kreis Schlawe, Besitzer v. Ratzmer, wurde
m 1. April 1920 gekündigt. Am 9. Juni 1919 wurde
"stng als Vorsitzender der Ortsgruppe gewählt, wurde
Besitzer Uber Tarifsätze zu verhandeln. Der Besitzer
anzuerkennen.

59

Der Schmiedemeister P. kann keine Wohnung bekommen und sollte seine
Wohnung schon am 2. Januar räumen.

In Eremzow hat v. Wedel einen Arbeiter entlassen, angeblich weil
er bei hohem Schnee im Dezember keine Kartoffeln herausnehmen wollte.

Rittergutsbesitzer Braune in Blumberg bei Dölitz hat einen Ar-
beiter entlassen, weil er mit den Pferden zu forsch gefahren ist.

Gutsbesitzer L ö s ch o w hat seinen Schweizer entlassen, weil er angeblich
einen Hammel gestohlen hat, obwohl durch Gendarmen nichts festgestellt ist.
Der Kollege erhält in der ganzen Umgegend keine Arbeit.

Ähnliche Entlassungen haben stattgefunden beim Besitzer Hummel in
Freiburg. Hier werden wieder Russen beschäftigt. Dieser Hummel hat
auch einem Kollegen, der fünf Jahre in englischer Gefangenschaft war und
mit seinem Vater zusammen auf dem Gut arbeiten wollte, keine Arbeit ge-
geben. Dagegen werden aber die Russen weiterbeschüftigt.

Im Kreise Pyritz sind noch 15 3 0 russische Kriegsgefan-
gene beschäftig.

Ein Arbeiter P. kann schon seit acht Wochen im Kreise Pyritz keine Arbeit
finden, war auf dem Gut Schönwerder beschäftigt. Wegen der Maß-
regelung dieses Kollegen ist im Kreis Pyritz eine große Beunruhigung unter
der Arbeiterschaft entstanden. Uns ist ein Brief in die Hände gefallen, den
der Oberinspektor des Gutes S ch ö n w e r d e r an einen Administrator am
8. Januar 1920 geschrieben hak. Daraus geht unzweideutig hervor, das;
P. ein guter Arbeiter ist und nur wegen seiner Verbandsmitgliedschaft ent-
lassen wurde.

Gutsbesitzer Braune in Blumberg bei Dölitz hat fünf Arbeitern
die Entlassung gegeben und dabei ausdrücklich erklärt, er werde nicht eher
ruhen, bis er Sieger wäre. Alle, die noch am Verband kleben, müßte er noch
wegbekommen.

Wir erhalten folgenden Bericht: „Auf Gut Sallentin bei C o l l i n,
sollen 16 Kollegen zum 1. April ziehen, welchen zum 1. Januar 1920 gekündigt
wurde. Es werden wohl noch mehr Kündigungen kommen. Wie verhalten
wir uns nun? Wird die Regierung hier etwas tun? Es sind unter den Ge-
kündigten meist Kollegen aus den Vorständen und Arbeiterausschüssen.

Der Streik soll doch vermieden werden. Durch diese vielen Kündigungen
hofft der Pommersche Landbund, Arbeitgebergruppe, Unstimmigkeiten in un-
seren Verband hineinzutragen unb will uns dadurch schwächen, indem er sagt:
Seht, hier kann der rote Landarbeiter-Verband auch nichts tun. Auch darf
die Regierung es nicht zugeben, daß sie uns das Streikrecht beschneiden
wollen, wie es die Agrarier haben wollen.	gez. August Falk,

Kreisvertrauensmann, Pyritz."

Kreis Saatzig, Bezirk Stettin.

Auf dem Gute des Freiherrn v. Wangenheim, Klein-Spiegel,
sind vier Arbeiter gekiindigt: O. W., feit 1911 im Dienst, beim Militär von
1913 bis 1918, dann wieder in Arbeit getreten und gekündigt am 14. No-
vember 1919, ist Kassierer der'Ortsgruppe; H. W., Vater von O. W., neun
Jahre auf dem Gut beschäftigt, mit Pferden verunglückt, jetzt ebenfalls ge-
kündigt; W. K., feit 1917 als Kriegsinvalide im Dienst, jetzt gekündigt, ist
Vorsitzender der Ortsgruppe. Als Grund wurde vom Besitzer angegeben,
wenn die Arbeiter sich bessern würden, dann würde die Sache anders aus-
fallen. E. P., seit neun Jahren im Dienst, inzwischen im Felde gewesen, ist
ebenfalls gekündigt. Als P. den Inspektor zur Rede stellte, warum er ge-
kündigt sei, lachte dieser ihn aus und drehte ihm den Riicken.

48

scheitern, wird es zu ernsten Zusammenstößen kommen. Der Landbund ist
nicht müßig. Er sucht überall die Zeitungen^aufzukaufen und eigene Zei-
tungen zu gründen. Er hat schon heute das Stralsunder Tageblatt gekauft,
das früher neutral war. Trotz der Verordnung vom 3. September gehen
die Entlassungen weiter. Wenn nicht unbedingte Klarheit über das, was
ist, geschaffen wird, dürfte es fortgesetzt zu Unruhen kommen. Früher
hat man im allgemeinen im Mai gekündigt, so daß der Mann am
10. November gezogen ist. Da ist erst das Wirtschaftsjahr beendet.
Jetzt sucht nian gerade die Vertrauensleute zum 10. Mai zu kündigen;
nach dem Tarif sind die üblichen Zeiten der 10. Mai und der
10. November — wo man früher nur solche Leute kündigte, mit denen man
nicht fertig wurde. Es galt früher als feststehende Tatsache, der ist am
10. November gekündigt, mit dem Mann ist nicht viel los; die hat man
nur eingestellt, wenn man. notgedrungen Leute einstellen mußte. Da liegt
die Gefahr, daß Leute, die irgendwo auf einem Gutshof für die Rechte der
Kollegen eintreten, am 10. November zum 10. Mai gekündigt werden. Das
ist eine Maßregelung des Mannes, denn er findet dann schwer Arbeit. —
Um dann mit deip fortzufahren, was ich noch sagen wollte, möchte ich be-
tonen, daß der JKnuar ein schlechter Termin zu neuen Verhandlungen ist.
Wir inüssen uns darüber aussprcchen, was wir in dieser Beziehung zu tun
gedenken. Wenn auch Tarifabschlüsse vorliegen, so haben sie doch für die
Landarbeiter keine Besserung gebracht. Aufreizend ist im gegenwärtigen
Zeitpunkt, das; jetzt gerade die Baltikumtruppen in Vorpommern liegen,
die Notiz, daß in Pommern ehemalige Offiziere gesucht werden, die auch
dazu dienen sollen, mit der notwendigen Energie etwaigen Unruhen selbst
mit' der Waffe in der Hand zu begegnen. Dagegen muß unbedingt etwas
geschehen. Es muß eine Sicherung für die Arbeiter geschaffen werden, daß
sic von dem ihnen gegebenen Koalitionsrecht auch Gebrauch machen können.
Dabei möchte ich noch eine Frage cinflcchten. Die Landbündler erklären
auf Grund des 8 16, daß ein Arbeiter, der den anderen zum Mitstreiken
auffordert, weil er den andern von der Arbeit abgehalten habe, sofort ent-
lassen werden könne. Also die Ausübung des Koalitionsrechtcs muß sicher-
gestellt werden gegen solche Auslegungen. Es ist nicht nur notwendig, daß
wir über das vergangene verhandeln, sondern das Wesentliche dürfte sein:
Was wird mit den Tarifabschlüsscn in Pommern in der nächsten Zeit?
Darin liegt die Gefahr. Werden die Tarifabschlüsse einigermaßen günstig,
dann dürften wir im Frühjahr und im Sommer Ruhe haben. Aber vor-
läufig muß der gewerkschaftliche Kampf, der uns bevorsteht, durchgeführt
werden, denn jeder Tarifabschluß ist für uns eine Kampfhandlung. Na-
mentlich weil von den Arbeitgebern immer das politische Moment hineinge-
tragen wird, weil sie sehr geschickt vorgehen mit der Auslegung der Para-
graphen. Wir müssen also sehen, die Sache in eine möglichst günstige Bahn
für die Arbeiter zu lenken. Die Regierung muß uns dazu helfen, daß die
Arbeiterrechte nicht wieder durch Gewalt uns genommen werden, sondern
auch den Landarbeitern muß das Koalitionsrecht voll gewährt werden, die
Arbeiterausschüsse müssen gegen Maßregelungen geschützt werden. '

Faaß-Berlin: Der Perbandsvorstand hat stets mit großer Sorge die
Entwicklung der Dinge in Pommern verfolgt. Wir haben im Frühjahr dieses
Jahres infolge des kolossal raschen Anwachsens unserer Organisation die
nötigen Vorbereitungen zur Einhaltung der Ruhe und Ordnung, um die-
sen landläufigen Ausdruck zu gebrauchen, nicht treffen können, um zu hel-
fen, daß die Ernte in ganz Deutschland ohne jede Schwierigkeit eingebracht
werden könnte. Wir haben aber zu unserer Freude konstatieren können,

22

stellung für die neue Ernte sicherzustellen, wird in ernstestem Maße durchkreuzt
durch die Agitatoren des Landarbeiter-Verbandes, der in unverhällter Form in
allen Teilen der Provinz zum Streik aufreizt unter der Firma, den Landarbeitern
bessere Löhne zu verschaffen. Er geht dabei ohne Rücksicht darauf vor, ob unter
der Landarbeiterschaft ein tatsächliches Bedürfnis nach einer solchen Lohnerhöhung
besteht. Er läßt es auch nicht zu Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Ar-
beitnehmern kommen, sondern setzt Lohnsätze fest und stellt die Arbeitgeber vor die
Frage, ob sie dieselben annehmen oder ablehnen wollen. In letzterem Fall erfolgt
dann unmittelbar die Niederlegung der Arbeit. Nach hier vorliegenden Nachrichten
wird dabei keineswegs nur das wirtschaftliche Interesse des Arbeiters betont, son-
dern es wird geradezu zum Bolschewismus aufgereizt. Es hat sich auch an
mehreren Stellen gezeigt, daß die Arbeiter beim Streik den Besitzer hinderten, selbst
das Vieh zu füttern, indem sie die Ställe durch bewaffnet« Leute sperren ließen.
An andern Stellen haben die Agitatoren den Leuten gesagt' „Ihr müßt streiken,
streiken und wieder streiken. Die Löhne müssen so lange erhöht werden, bis sie
nicht mehr weiter können. Dann bekommt Ihr das Land'" Der noch loyale
Teil der Arbeiter wird mit wüsten Drohungeü zum Eintritt in die Organisation
gezwungen, dabei wird ihnen eine Frist von 24 Stunden gesetzt, innerhalb welcher
sie ihren Eintritt in die Organisationen erklärt haben müssen, andernfalls soll
vom Besitzer ihre sofortige Entlassung erzwungen werden. Die Agitatoren des
Landarbeiter-Verbandes sind zum großen Teil Leute, die mit den Verhältnissen
des Landes absolut nicht vertraut sind. Es liegt ihnen auch nicht daran, das
wirtschaftliche Interesse des Landarbeiters zu wahren, sondern es ist der Trieb,
durch Erregung von Unfrieden sich selbst eine Stellung zu verschaffen und in den
Augen ihres Verbandes ähre Gehaltszahlung zu rechtfertigen. Diese Leute sitzen
zum Teil noch in den Arbeiterräten und benutzen ihre angemaßte amtliche
Stellung dazu, im Namen der Regierung die Arbeiter zum Eintritt in ihre Or-
gane aufzufordern. Die Verhältnisse in der Provinz sind dadurch in ein außer-
ordentlich bedenkliches Stadium getreten. An vielen Stellen haben Streiks statt-
gefunden, an andern Stellen haben die Besitzer den Forderungen nachgegeben, die
so ungeheuerlich sind, daß z. B. auf einzelnen Betrieben jährlich zwischen 60 und
90 000 Mark Löhne mehr gezahlt werden müssen. Es ist offensichtlich, daß bei der
Einbuße, die der Boden und das Inventar durch die Kriegswirtschaft erlitten
haben, die Güter eine derartige Mehrbelastung nicht mehr ertragen können. Die
Folge wird sein, daß ein großer Teil der Besitzer vor den Bankerott gestellt wird,
und daß dementsprechend die Volksernährung darunter empfindlich leidet. Soll
das aber nicht geschehen, so ist eine wesentliche Erhöhung der Preis« ländlicher
Produkte erforderlich, die dann wieder zu neuen Lohnbewegungen in den Städten
führen muß. Seitens der Behörden Pommerns ist bisher so gut wie nichts ge-
schehen, um dem Treiben dieser Agitatoren wirksam entgegenzutreten. Der hiesige
Zentralrat hat in verkappter Form eine Diktatur ausgeübt, ohne daß ihm mit
der nötigen Energie entgegengetreten wurde.

Die unterzeichnete Organisation steht auf dem Standpunkt, daß jetzt nicht die
Zeit ist, durch übertriebene Lohnforderungen Unruhe in die Arbeit des Landes zu
tragen, umsomehr, als gerade der Pommersche Landbund sich die Pflege des Ar-
beiterinteresses zur besonderen Aufgabe gemacht hat. Sein Wille ist es, durch
rechtzeitige Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in paritätisch
zusammengesetzten Kommissionen den Wünschen der Arbeiterschaft, soweit sie
herechtigt sind, Geltung zu verschaffen und dadurch Lohnbewegungen zu ver-
hüten. Er wird aber bald durch dieses Treiben unverständlicher Hetzer gehindert,
und der Tag ist abzusehen, wo die Landwirtschaft Pommers sich in einen bolsche-
wistischen Zustand versetzt sieht. Die Verhandlungen des Direktors mit dem
Leiter des Landarbeiter-Verbandes, Herrn Schmidt, gelegentlich einer Sitzung in

39

jeden objektiv denkenden Menschen ist es doch klar, daß. wenn ein Arbeiter
über ein Jahr in einen! Betriebe beschäftigt war, man wohl sagen kann,
der Arbeitgeber ist mit dem Manne zufrieden. Bei den Maßregelungen
unserer Vertrauensleute handelte es sich aber in vielen Fällen um Arbeiter,
die fünf, sechs, zehn, auch fünfzehn Jahre im Betriebe beschäftigt waren.
(Sehr richtig!) (Zuruf: Fünfundzwanzig Jahre!, Sie sind nur gemäß-
regelt worden, weil sie Mitglieder des Deutschen Landarbeiter-Verbandes
geworden find und nicht bloß Mitglieder, sondern auch Führer, Vertrauens-
leute der .Kollegen auf dein Gutshof. Das ist auch der Fall in Anklam.
Meiner Ansicht nach , ist festgestellt, daß es sich hier um eine Maßregelung
handelte, denn der betreffende Gutsbesitzer hat in der Verhandlung mit dein
anwesenden Kollegen Segebrecht ausdrücklich gesagt, er motte den Mann
wieder beschäftigen, wenn er den Vertrauensposten in der Gewerkschaft nie-
derlegt. (Hört! Hort!) Daraus ergibt sich doch, warum er ihn nicht weiter
beschäftigt. Was ist aus diesen fünf Fällen gemacht worden? Unser Kreis-
vertrauensmann, Kollege Segebrecht, hat sich alle Mühe gegeben, daß es
zur Verhandlung kam. Die Sache wurde acht Tage lang hingezogen, dann
haben die Arbeitgeber Versammlungen abgehalten und haben wieder eine
Deputation zum Ministerium nach Berlin geschickt, dort oben werde wieder
mit dem Generalstreik gedroht. ^cf) habe schon unseren Vertrauensleuten
brieflich gesagt, sie möchten nicht immer das Wort Generalstreik anwenden.
Das Wort spukt in den Köpfen herum, keiner ist sich über die Bedeutung
klar. Sagt lieber, die Kollegen. treten in den Abwehrstreik. Wenn in
irgend einem Kreise ein Paar Landarbeiter streiken, machen die Junker schon
einen Generalstreik daraus. Kurz und gut, die Sache wurde hingezogen und
erst dann, als die Kollegen in Berlin waren und zurückkamen, und als das
Gewerkschaftskartell in 'Anklam einsprang, sind die Junker zu Verhand-
lungen bereit gewesen. Aber vorher mußten Inserate in den Kreisblättern
erscheinen mit großen Erklärungen, wo zum Schluß die Bedingung gestellt
wurde: Bedingungslos -nutz die Drohung mit dem Generalstreik vom Land-
arbciter-kVerband zurückgenommen werden.

Nun liegen die Dinge dort so: Nicht wir haben den Tarif gekündigt,
sondern der Landbund. ' Die Kollegen sind selbstverständlich erbost darüber,
wenn der Tarif zu einem Zeitpunkt gekündigt wird, wie dem 1.^ Januar,
wo natürlich die Zeit für die Arbeiter nicht günstig ist. _ Dann kam die Er-
regung hinzu, die hervorgerufen wurde durch die Maßregelung der Ver-
bandsfunktionäre. Und da erklärt man: Jawohl, wir sind zu Verhand-
lungen bereit, wenn der Landarbeiter-Verband bedingungslos die Drohung
mit dem Generalstreik zurücknimmt. Wenn wir umgekehrt gesagt hätten,
wir sind zu Verhandlungen bereit, wenn der Landbund bedingungslos die
Kündigung zurücknimmt, was wäre dann für ein Geschrei entstanden. Un-
sere Kollegen waren bereit, unter den niedrigen Bedingungen w°iter zu
arbeiten, aber dann setzte der Lärm in der Presse ein, da schickt man Depu-
tationen nach Berlin zum Laydwirtschaftsminister, mit dem man sonst
nichts zu tun haben ivill, zu dein einfachen Zweck, die Öffentlichkeit nicht
zur Ruhe kommen zu lassen über die Verhältnisse in Pommern. Wenn es
dort nicht zur Ruhe kommt, so liegt das eben daran, weil dort Kreise am
Werke sind, die ihre besonderen Geschäfte besorgen wollen gegenüber dein
Deutschen Landarbeiter-Verband. Dort haben sie die Führung übernom-
men, uin die Organisation zu bekämpfen und zu unterdrücken. Das lassen
wir uns nicht gefallen.

Auf der andern Seite darf die Regierung auf keinen Fall diese agrari-
schen Maßnahmen verkerinen, die von Pommern ausgehen. Dort oben

13

licherweise von erheblichen Erschütterungen des Wirtschaftslebens verschont
geblieben. Im Januar oder Februar d. I. wurden seitens des Demobil-
machungsamtes ehemalige Offiziere, die Landwirte von Beruf waren, die
also Verbindung hatten mit den Arbeitgebern der Landwirtschaft, aufs Land
geschickt, um auf die Landwirte einzuwirken, mit den gewerkschaftlich orga-
nisierten Landarbeitern in Verbindung zu treten. Fast überall konnten sie
berichten, daß sie Verständnis gefunden haben. Es war natürlich schwer
für die Arbeitgeber, so plötzlich vor die Frage gestellt zu werden, Tarif-
verträge mit den -Arbeitern abzuschließen, wovon früher gar keine Rede
war. Aber die Revolution bedingt ein schnelleres Umlernen, und es kann
gesagt werden, daß dies fast überall erfolgte. Wir sind jedoch darüber
unterrichtet, daß die Kommissare des Demobilmachungsamtes, die in
Ppmmcrn mit den Arbeitgebern gesprochen hatten, mit einem nega-
tiven Resultat zurückkamen. Sie mußten berichten, daß man dort von
einem Abschluß von Tarifverträgen, überhaupt von einem Verhandeln
mit der Organisation nichts wissen will. Man hat dort den Gedanken ver-
treten, die Landwirtschaft sei ein Ganzes, Arbeitgeber und Arbeitnehmer
müßten zusammenarbeiten in einem Gebilde, wie es heute im Deutschen
Landbund geschaffen ist. Ich mache sonst Personen keine Vorwürfe, aber
wenn ich nun auf den Freiherrn von Wangcnheim zu sprechen komme,
so deshalb, weil ich in diesem Manne den Baker dieser Ideen erblicke, der
dafür gesorgt hat, daß es in Pommern nicht zur Ruhe gekommen ist. Die
Idee, Arbeitgeber und Arbeitnehmer in der Landwirtschaft in einem Ver-
bände zusammenzufassen, stammt von dem Freiherrn von Wangenheirn.
Wenn in anderen Berufszweigen sich die Arbeitgeber einerseits und die
Arbeitnehmer andererseits organisieren, und zu Larstverhandlungen zu-
sammenkommen, um zu einem Ausgleich der Gegensätze beizutragen, so ist
es ein Unding, zu glauben, in der Landwirtschaft das anders machen zu
können. Die Tatsache, daß wir heute insgesamt 800 000 gewerkschaftlich
organisierte Landarbeiter haben, darunter annähernd 700 000 im Deutschen
Landarbeiter-Verband, etwa 100 0"0 im Christlichen Landarbeiter-Ver-
ba,.d, beweist, daß die Notwendigkeit für die Arbeiterschaft vorliegt, sich ge-
schlossen mit ihren Kampfgenossen zu organisieren. Also von Pommern
braust. die Kommissare ein negatives Ergebnis. Im Berbandsvorstand
war es der Kollege Faaß, der zuerst die Notwendigkeit betonte, daß in Pom-
mern auch seitens unserer Organisation mehr als seither getan werden müsse.
Die Aufregung innerhalb der Arbeiterschaft sei dort groß und es werde zu
Krawallen konnnen, wenn die Sache nicht seitens der Organisation in die
richtigen Bahnen gelenkt werde. Wir können Faaß heute dankbar sein,
daß -er darauf aufmerksam gemacht hat.

Es ist daun auch gelungen, in kurzer Zeit, dort eine große Organisation
zustande zu bringen. Eisermanu wird bestätigen können, welche riesige Ar-
beit er in Hinterpommern vorgefunden hat, um die Wünsche der Kollegen
zu befriedigen. Es liegt ja gar nicht so, wie die Arbeitgeber sagen, daß
wir die Leute aufzuhetzen brauchen. Wäre es uns gelungen, die Wünsche
all der Arbeiter zu befriedigen, die an uns herangetreten sind, um im
Deutschen Landarbeiterverband organisiert zu werden, dann hätten wir
heute anderthalb bis zwei Millionen organisiert. (Sehr richtig!) Es war
also wirklich nicht notwendig, in Pommern die Leute aufzuhetzen, daß sie in
die Organisation kommen sollen, im Gegenteil, wir konnten die Arbeit nicht
bewältigen. (Sehr richtig!) Ein Beispiel aus neuerer Zeit, um Ihnen ein
Bild davon zu geben, wie die Sache in Pommern aufgefaßt wird. Bor
etwa drei Wochen kam der Deutschuationale, Abgeordneter. Witt, aus der

nungsrufen an die Regierung ist in der Folge durch die Vorgänge in den
Tagen und Wochen nach der Konferenz unzweifelhaft erwiesen. Die Land-
bund-Iunker haben ihrer Frechheit die Krone aufgesetzt: Sie haben
mitten ini Winter Tau senden von jahrelang beschäf-
tigten Arbeiterfamilien, ausschließlich Mitgliedern
und Vertrauensleuten des Deutschen Landarbeiter-
Verb andess, die Arbeitsstelle gekündigt. Damit werden
nicht nur die mühsam ausgebauten kleinen Existenzen tausender Menschen
vernichtet, sondern — und darauf geht es hinaus — die Früh jahrs-
best ellungin Po mm ernwirdinFragege stellt. Man provo-
ziert die pommerschen Landarbeiter zu einer allgemeinen Arbeitseinstellung,
um hernach die in Sorge um das tägliche Brot bangende Volksvertretung zu
einem scharfen Vorgehen gegen den Deutschen Landarbeiter-Verband an-
zureizen.

Wenn der Wirtschastsfriede in der pommerschen Landwirtschaft nicht ge-
wehrt werden kann, trägt die Schuld nicht die pommersche Landarbeiterschaft,
sondern das im Pommerschen Landbund vereinigte Unternehmertum, das in
frivolster Weife alle Versuche, in Pommern zu einem gedeihlichen Zusammen-
arbeiten in der landwirtschaftlichen Produktion zu kommen, durchkreuzt. Dem
Nachweis dieser Feststellung soll das Material dienen, das in den.nachfolgen-
den Blättern niedergelegt ist.

4

bei der Wohnungsnst ist es heute für einen Familienvater nicht leicht, brot-
los zu werden."

Der Besitzer Otto in Woltersdorf hat sieben Arbeiterfamilien
und 2 0 freien Arbeitern gekündigt, weil sie Verbandsmitglieder sind. Die
Arbeiter verlangen nun, daß dem Besitzer Otto die Verwaltung des Gutes
entzogen wird und ersuchen um Bescheid, was die Regierung zu tun gedenkt.

Kreis Vublitz.

Auf dem Gut Gr. Karzenburg sind sechs Arbeiter gekündigt
worden. Sie fragen an, was hie Verbandsleitung dagegen zu tun gedenkt.

Folgende Erscheinung zeigt sich noch in den letzten Tagen. Im hiesigen
Kreise ist bisher die Kündigung der Arbeiter zum 1. November erfolgt.
Jetzt plötzlich haben die Besitzer willkürlich die neuen Kündi-
gungenalle zum 1. Januar ausgeschrieben, In allen Fallen
kommen nur Mitglieder des Verbandes und jedes malOrtsgruppen-
führer und Vertrauensleute in Frage. Meiner Ansicht nach
sind alle Kündigungen, die jetzt zum 1. Januar ausgesprochen sind, ungültig,
da der Kündigungstermin, der 1. November, verpaßt worden ist.

Der Tarifvertrag besagt nichts über eine Änderung des Kündigungs-
termins. Es handelt sich um folgende Güter: W o j e n t i n, Besitzer Haupt-
mann'H o l z, v i e r Leute; Dom. Karzin , Pächter B erndt, vierzig
Leute; Dubbtech, Verwalter D a l l m e >) e r, zwei Leute; M ü h l an-
kam p , Besitzer Hauptmann M o e k, zwei Leute; N e u h o f bei Gr.
Karzenburg, Besitzer Westphal, ein Mann; Gr. Satfpe, Besitzer
K a d i n g , vier Leute.

M anlegt denLe ute ninallenFälleneinenTarif des
Ponr ui er sch en Landbundes vor, und wer diesen nicht
unterschreibt, der b e k o m m t d i e Entlassung. Ich bitte um
umgehende Benachrichtigung des Reichsarbeitsministers. Sollte es uns nicht
gelingen, diesen Vorstoß abzufangen und zunichte zu machen, dann befürchte
ich für den Bestand der Organisation. Die Angst der Landarbeiter vor
schwerer wirtschaftlicher Schädigung, wie sie jetzt mit Hilfe des Pommerschen
Landbundes wiederum in die Wege geleitet wird, ist groß. Sie haben sich
noch nicht zu kampsgewohnten Organisierten entwickelt. Oder aber es
tritt ein anderer U m st and ein, dieLan darbeiter schrei-
ten zur Selbsthilfe, und dann sind die Folgen n i.ch t a b -
zusehe n. Bitte um umgehende Erledigung.

Kreis Dramburg.

Auf dem Gut I a n i k o w ist unser Vertrauensmann der dortigen Orts-
gruppe I. K. zum 1. April 1920 gekündigt worden, weil er nach Angabe des
Gutsbesitzers Zwistigkeiten unter die dortigen Arbeiter säe.

Kreis Naugard.

Auf dein Gut P e r I i n , Besitzer Frau S ch u m mm, ist der Arbeiter
A. D., feit sieben Jahren im Dienst, zum 1. April 1920 gekündigt worden,
weil er Vorsitzender ^er D. L.-V., Ortsgruppe Perlin, ist.

Frau Schumann hat sich in der öffentlichen Versammlung vom Landbund
zu dem Vorsitzenden dahin geäußert, daß jetzt noch nichts zu machen wäre,
der D. hätte sie alle um sich, aber zum 1. April wird das sicher anders. Das
können Zeugen unter Eid aussagen.

Auf dein Gut M i n t e n, Besitzer F r e d r i ch, sind sechs Arbeiter-
familien (ein Jahr, drei Jahre, sieben Jahre, acht Jahre, neun Jahre im
Dienst), zum 1. April 1920 gekündigt worden. Entlassungsgrund ist die

56

daß, abgesehen von unwesentlichen Einzelheiten die Ernte säst überall ein-
gebracht wurde, ohne daß es zu großen Differenzen zwischen Arbeitgebern
und Arbeitnehmern gekommen ist. Anders war es in Pommern. Von
Pommern schrieb die ganze Presse während der Ernte, Pommern war das
Tagesgespräch. Woher kam es, daß gerade Pommern diese .Ausnahme
machte? Pommern, das doch inbezug auf die Agrarwirtschaft auch nicht
anders zu bewerten ist, als Ostpreußen, Westpreußen, Schleswig-Holstein
oder Mecklenburg, Brandenburg und die Provinz Sachsen. Ich bin als
Vertreter der Reichsregierung und der Preußischen Regierung sehr häufig
in Pommern gewesen, um Informationen einzuholen, oder bei Beilegung
von Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern mitzuwirken.
Ich hatt? die Wahrnehmung gemacht, daß von dem Zeitpunkt an,
wo die Arbeitgeber in Pommern in den Besitz von
Waffen gekommen sind, der Widerstand der Arbeit-
geber, des Pommerschen Landbundes, eingesetzt hat.
(Lebhafte Zustimmung.) Wir haben durch unsere Informationen aus
Pommern erfahren, daß fortgesetzt große Wassenverteilungen stattfinden.
Die Sach? ist öffentlich in der Presse erörtert worden. Sie kennen die Ge-
schichte von dem Rundschreiben des Pommerschen Landbundes an die Land-
räte, wonach Spaten zu Moorkultur-Arbeiten zur Verteilung gelangen
sollten, die sich hinterher als Gewehre und Maschinengewehre herausge-
stellt haben. Es wurde dann gesagt, daß die Waffen an die Einwohnerwehr
zur Verteilung gelangen sollten. Es ist aber festgestellt,, daß die Waffen
nicht an die Einwohnerwehren ausgeliefert, sondern in Verstecke gebracht
wurden, und nur Gutsbesitzern in Pommern zur Verfügung gestellt werden.
Bei einer Konferenz im August hat der Oberpräsident von -Pommern fest-
gestellt, daß bis dahin in Pommern ca. 36 000 Gewehre und 140 Maschinen-
gewehre verteilt worden sind. (Zuruf: Das langt nicht!) Wir konnten die
Wahrnehmung machen, daß mit dem Besitz von Waffen der Widerstand der
Arbeitgeber bei Lohnbewegungen zugenommen hat. Wir erleben sogar
jetzt Streiks, nachdem die Ernte nahezu beendet ist, also jetzt im Winter,
wo man sonst in der Landwirtschaft gar nicht hätte denken können, daß
gestreikt wird. Hie Arbeiter müssen sich jetzt wehren gegen ganz brutale
Maßregelungen ihrer Vertrauensleute, die während des Sommers dafür
gesorgt haben, daß die Arbeitnehmer wenigstens so viel für ihre Arbeit er-
hielten, daß sie sich das allernotwcndigste anschaffen konnten an Kleidern,
Schuhen usw. (Zuruf: So weit reicht es noch nicht!) Diese Maßregelungen
sind so zahlreich, daß sich allgemeine Empörung auch derer bemächtigt, die
bisher zu den ruhigsten und geduldigsten, zu den unaufgeklärtesten und
dümmsten unter den deutschen Arbeitern gerechnet wurden, der Landarbei-
ter. Es war früher gar nicht denkbar, daß Landarbeiter in dem Maße wie
heute mit Solidaritätsgefühl für diejenigen, die sich für sie ins Feuer
legen, erfüllt werden konnten. Zu unserer Freude müssen wir feststellen^
daß nach dieser Richtung unter den Landarbeitern eine Gesinnung einge-
kehrt ist, die nur zu begrüßen ist, auch wenn es'manchmal zu Ausschreitun-
gen führt, die die Folge der Unbildung sind, in der man die Landarbeiter
seit Jahrhunderten gehalten hat.

Die Sprache in dem Mitteilungsblättchen und in den Flugblättern des
Pommerschen Landbundes und der Pommerschen agrarischen Presse über-
haupt, wird immer frecher, immer herausfordernder. Dieser Besitz von
Waffen ist ein Umstand, der uns mit schwerer Sorge erfüllt hat. Wir
hoffen, daß das der Regierung die Augen öffnen wird, nachdem ihr diese
die ganzen Monate nicht aufgegangen' sind. (Zuruf: Gustav hat geschlafen!)

23

die Arbeiter derartig gezwiebelt hat, daß ihnen schließlich die Lust vergeht,
dann komme man doch nicht hinterher und suche alle Schuld dem Deutschen
Landarbeiter-Verband anzuhängen.

So könnte ich zur Vorgeschichte der gegenwärtigen Lage in Pommern
noch manches anfuhren. Ich will nur sagen: Fragen Sie sich doch einmal,
warum wir uns immer mit Pommern beschäftigen müssen, warum aus der
Provinz Sachsen, aus Schlesien und anderen Provinzen diese Klagen nicht
kommen. Warum hören wir aus dem Agrarland Mecklenburg nicht solche
Alarmnachrichten? Weil dort die Arbeitgeber vernünstger sind und mit der
Arbeiterschaft über den Tarif verhandeln. Aber in Pommern versucht man
mit allen Mitteln die Organisation zu verhindern.

Ich will den Nachweis führen, wo überall Maßregelungen stattgefunden
haben. Ich bin dazu gezwungen, weil man mit allen Mitteln versucht, es
in der Öffentlichkeit so hinzustellen, als ob es sich gar nicht uni Maßrege-
lungen handle. Ich habe gestern im Vorwärts geschrieben, daß Herr von
Dewitz selbst habe zugegeben, daß 7000 Maßregelungen unter der Arbeiter-
schaft in Pommern beabsichtigt waren. Wenn diese unerhörte Zahl nicht
errreicht wurde, dann nur deswegen, weil ein Teil der Arbeitgeber zu ver-
nünftig ist, um alle Maßnahmen durchzuführen, die einige Hitzköpfe ausführen
wollen. Ich weiß wohl, daß vielen Mitgliedern dieses Hauses das Vorgehen
der Herren in Pommern nicht angenehm ist. Aber versuchen Sie doch, auf
diese Herren einzuwirken. Die Forderungen, die die Landarbeiter in Pom-
mern stellen, sind nicht höher als anderswo. Da, wo man sich mit den Ar-
beitern pn den Verhandlungstisch setzt, ist es möglich, in sozialen und auch
in berufswirtschaftlichen Fragen eine Verständigung herbeizuführen. Das
wollen wir, die wir selbst mit dem Widerstand der Arbeiter in den Städten
zu kämpfen haben, auch. Das lasten sich aber die Arbeiter nicht nehmen, daß
ihnen das Recht genommen wird, sich zu organisieren. (Es folgen dann
Einzelschilderungen der Maßregelungen.)

Meine Damen und Herren! Ich kann die Aufmerksamkeit des Hohen
Hauses nicht gar zu lange in Anspruch nehmen, sonst könnte ich noch lange
reden; den ganzen Tag könnte ich reden, und ich würde immer noch nicht
fertig sein, wenn ich alle die Fälle schildern wollte, in denen Arbeiter ent-
lassen werden, die 10, 20, ja 40 Jahre in der Landwirtschaft beschäftigt sind,
weil sie den Mut haben, sich zu organisieren. Dann kommt man und redet
von der Sicherung der landwirtschaftlichen Produktion, wo man die einge-
arbeiteten Arbeiter aus dem Dienst entläßt und dadurch schon eine Be-
unruhigung in der landwirtschaftlichen Produktion eintritt, weil die Arbeiter
ihre Kündigung voraussehen und wissen, daß sie zu einem gewissen Zeitpunkt
das Land verlassen müssen. Wo sollen denn die Leute hin. Ganz mit Recht
schreiben die Arbeiter aus Pommern: Es müßten ja wahre Völkerwande-
rungen entstehen, wenn alle diese Kündigungen zur Tatsache werden würden.
In den Städten ist kein Platz, die städtischen Arbeiter sind froh, wenn sie '
selbst unterkommen, und da entläßt man die Arbeiter und will sie rücksichtslos
aus der Arbeit herausziehen.

Man spricht davon, daß spartakistische Unruhen vorkommen. Ja, wenn
man diesen Sachen nachgeht, dann wird man finden, daß die Arbeiter dazu
getrieben wurden. Und heute heißt es ja immer: es sind Spartakisten, wenn
ein Arbeiter seine Rechte wahrzunehmen sucht. Uebrigens wenn man von
der Wohnungsnot spricht, so ist es ja ganz eigenartig, daß es dem Pommer-
schen Landbund gelungen ist, in Stettin Müllers Hotel für sich mit Beschlag
zu belegen. Die Reisenden müssen nachts in Stettin herumlaufen und finden

• L -

sind alle Städte belegt mit Baltikumtruppen. Darum haben wir diese
Konferenz nach Berlin berufen, weil es gar nicht möglich ist, dort für die
Kollegen Unterkunft zu schaffen.

Ich bitte Euch nun, möglichst kurz Eure Beschwerden vorzutragen. Ich
unterstreiche zum Schluß nochmals: Wir haben diese Konferenz nicht ein-
berufen, um den Kampf in Pommern vorzubereiten, sondern um uns mit
unseren Vertrauensleuten aus Pommern zu besprechen, damit unsererseits
keine Dummheiten gemacht werden, sondern taktisch klug vorgegangen wird.
Wir beabsichtigen mit der Konferenz weiter nichts,
als für das n ä ch st e Jahr in Pommern die B e st e l -
lung der Felder und die Einbringung der Ernte
zu sichern. Wir wünschen und hoffen, daß wir
seitens der Regierung in dieser Beziehung unter»
st ü tz t w erde n. Ich bedauere lebhaft, baß ein Vertreter des Land-
wirtschaftsministeriums nicht hier ist. Es ist notwendig, daß in Pom-
mern das Schlichtungswesen ausgebaut und auf eine andere
Grundlage gestellt wird. Es ist ferner notwendig, daß die Landarbeiter
dort nochmals angewiesen werden, mit allen Mitteln dem Treiben des
Landbundes entgegenzutreten. Ihr sagt, die Landräte
müssen gesiebt werden (Zuruf: Alle!). Es sind auch schon verschiedene Land-
ratsämter neu besetzt. Es geht nicht ohne weiteres, daß man heute einen
Landrat einstellt und in vier Wochen wieder abberuft. Wir leben nun mal
unter schwierigen Verhältnissen. Aber wir wollen seitens der Organisation
versuchen, unser Möglichstes zu tun, damit es, in Pommern ruhig bleibt.
Wir bitten dringend darum, daß die Regierung unsere Maßnahmen beach-
tet. Wir sind nicht diejenigen, die sofort nach Regierungshilfe rufen. Wir
sind für eine Verständigung mit den Arbeitgebern und vertreten nach wie
vor den Standpunkt der Arbeitsgemeinschaft. Aber es ist ein Dornenweg,
bis etwas erzielt wird. Doch jeder Gewerkschaftler weiß, daß, wenn es zu
Verhandlungen erst gekommen ist, trotz aller Schwierigkeiten in der Regel
ein günstiges Resultat herauskommt. Wenn die Landarbeiter höhere For-
dcrungen stellen, so sind sie berechtigt, entsprechend der Verteuerung der
Lebenshaltung. Uebertrieben sind die Forderungen der Landarbeiter nicht.
Ich bitte also die Kollegen, sich auszusprechen, damit wir kür das nächste
Jahr in Pommern gewappnet sind.

P a u k e r t - Stettin: Ich muß zunächst meinen Tank aussprechen, daß
v der Vorstand uns zusammenberufen hat. Sie haben schon auf der letzten
Gauleiter-Konferenz gehört, daß bei uns in Pommern ganz andere Ver-
hältnisse bestehen, als im Reich. Schmidt hat sie zur Genüge geschildert.
Wir müssen uns schon für die nächsten Tage schützen. (Sehr richtig!) In
Greifenberg hat sich der Pommerschc Landbund große Verfehlungen zu-
schulden kommen lassen. Die agrarische Presse hat darüber noch nichts be-
richtet. Wenn bei uns aber vielleicht einmal etwas vorkommt, wofür wir
nicht verantwortlich sind, weil wir nicht für jeden Einzelnen haften können,
machen die Landbündler großes Geschrei darüber.1 Greifenberg war der
einzige Kreis, wo wir noch keinen Tarif abgeschlossen hatten. Wir smd
damit abgewiesen worden, weil der Pommerschc Landbund bereits einen
Tarifvertrag abgeschlossen habe; deshalb brauche der Deutsche Landarbei-
ter-Verband nicht noch einen Tarif abzuschließen. Ich habe darauf hinge-
wiesen, daß dieser Tarifvertrag für uns keine Gültigkeit habe, bin aber
vom Landrat abgewiesen worden. Dann versuchten wir beim Pommer-
schen Landbund selbst anzuknüpfen. Zuerst wurden wir abgewiesen, dann
hatten wir am 1. August die ersten Verhandlungen. Da ist Kollege Schwarz

14

/

der Unternehmer schon anerkannt. Dem Kreisvertrauensmann sind von
unserer Organisation zu geringe Machtbefugnisse zugestanden worden. An
die Regierung muß die Forderung gestellt werden, daß den „Raubrittern"
in Hintcrpommern die Waffen aus der Hand genommen werden, erforder-
lichenfalls mit Gewalt.

Koch- Schncidemühl: Was Haß hier anführte, hat er auch auf der Gau-
konferenz angeführt und gesagt, man könnte den Arbeitgebern auch das letzte
Hemd nehmen. Ich bin ihm entgegengetreten. Obwohl ich die Arbeit der Kreis-
vertrauensleute schätze, kann ich doch nicht dafür eintreten, daß ihre Macht-
befugnis noch vergrößert wird. Das hat jetzt schon üble Folgen gehabt.
Auch ich habe es oft bedauert, daß den Landarbeitern so wenig passendes
Material in die Hand gegeben wird. Der Pressedienst muß unbedingt
durchgeführt werden. Auch im deutschbleibendeu Teil der Provinz West-
preußen sind die Verhältnisse genau so wie in der jetzigen Provinz Pom-
mern. Die Vertrauensleute aus Schlochau und Deutschkrone wissen, daß
dort der Landrat Tarife veröffentlicht, die den Abmachungen nicht ent-
sprechen, und wenn er berichtigen soll, erklärt er, er hätte das Protokoll
verloren. Mit Hilfe des Militärs wollen diese Leute sich die frühere Macht
wieder aneignen. Ist es nicht möglich, den Kreisvertrauensleuten dadurch
Entlastung zu verschaffen, daß die Gewerkschaftskartelle Arbeitersektetäre
anstellen? Ost sitzen schon 20 Mann morgens vor dem Büro des Kreis-
vertrauensmannes, um Rat zu holen. Das wäre doch Aufgabe von Ar-
beitersekretären. (Sehr richtig!) — Der Gauaufteilung stehe ist sehr sym-
pathisch gegenüber. Die Gauleitung muß am Sitz der Regierung sein; denn
der Gauleiter muß fortgesetzt mit dem Regierungspräsidenten als Vor-
steher der Demobilmachungskommission verhandeln. Vielleicht könnte den
großen Gauen ein zweiter Gauleiter zur Verfügung gestellt werden. Der
Innendienst und der Verkehr mit den Behörden ,müßte aber dem ersten
Gauleiter überlassen bleiben. Die Krcisvcrtrauensleute senden sehr wenig
Material an die Gauleiter ein.

S tü l p n er - Stolp: Ich spreche im Sinne der Kreisvertrauensleute
des dunkelsten Hinterpommern, wenp ich die vom Vorstand geplante Neu-
organisation begrüße. Für dieses Gebiet, ist unbedingt eine weitere Kraft
notwendig. Durch die vielen Ratsuchenden wird der Kreisuertraurnsmann
von seiner eigentlichen Aufgabe abgelenkt. Die Kreise Stolp, Schlawe und
Lauenburg sind viel zu sehr mit schriftlichen Anfragen überlastet. Eine
Planmäßige Agitation wird den Vertrauensleuten dadurch außerordentlich
erschwert. Die geringe Bezahlung trägt daran nicht Schuld. Die Kollegew
arbeiten aus Idealismus. Immerhin ist eine bessere Regelung der Besol-
dung notwendig. Wir Manchen in unserem Winkel unbedingt eine weitere
Kraft.

Segebrecht-Anklam: Die finanziellen Verhältnisse der Krcisver-
trauensleute sind vielfach ungenügend geregelt; aber das hat wohl keinen
daran gehindert, seine volle Pflicht und Schuldigkeit zu tun. Wenn der
Kreisvertrauensmann seine agitatorische Aufgabe nicht erfüllen kann, so
liegt das an der Ueberlastung mit Anfragen, Klagen, Beschwerden und
Gesuchen. Darum begrüße ich es, daß nun Außenbeamte in Gestalt neuer
Bezirksleiter zur Unterstützung der Kreisvertrauensleute angestellt werden
sollen. Diese Beamten dürfen nicht in Stettin wohnen, sondern sie müssen
mitten im Bezirk leben, so daß sie jederzeit zur Stelle fein können. Besonders
wichtig erscheint mir die Einrichtung einer Pressezentrale.

Göbel-Stralsund: Ich begrüße ebenfalls die Mitteilung des Vor-
standes. Die Teilung unseres Regierungsbezirkes in zwei Gaue erscheint

31



Berlin, haben allerdings dazu geführt, daß Herr Schmidt den Streik, auf dem
■ • Lande auf alle Fälle beschränkt wissen wollte, wo die.Verhandlungen.scheiterten.

, Aber, gegen das Treiben der Agitatoren scheint...» machtlos ,zu sein, denn er
lehnte die Verantwortung dafür ab. Der Pommersche Landbund sieht die Mög-
lichkeit der Abhilfe nur darin, daß von Ew. Exzellenz mit allen Mitteln dem
Treiben des Landarbeiter-Verbandes ein Ende gemacht und der Streik auf dem
Lande gesetzlich verboten wird. Di« Arbeitgeberschaft ist durchaus und an allen
Stellen bereit, über das Interesse des Arbeiters, zu verhandeln,, dagegen wiixde
der Klassenkampf auf dem Lande unmittelbar zum Ruin führen.

Ew. Exzellenz darf ich diese Verhältnisse unterbreiten und die Bitte um Maß-
nahmen dahin knüpfen, die dahin zielen, der im Interesse des Wiederaufbaues des
Vaterlandes dringend erforderlichen Fortsetzung landwirtschaftlicher Arbeit den
nötigen Schutz gegen die zur Zeit bestehenden und weiter drohenden ernsten Ge-
fahren zu gewähren.	gez. v. Dewitz, Direktor.

- Der Bericht im

Nachrichtenblatt des Deutschen Landbundes '

vom 15. Juni 1919 über die gemeinsame Besprechung am 16. Mai 1919
(Siehe vorstehenden Auszug aus dem Protokoll des Deutschen Land-
bundes). .

Die. Landarbeiter/Gewerkschaften waren in wichtigen Besprechungen vertreten,
die die Arbeitsgemeinschaft -der deutschen Landwirtschaft am 16. und 16. Mai
.d. I. hatte. Sowohl der christliche, wie der sozialdemokratische Landarbeit-erven
band erklärten im Laufe dieser Besprechungen, daß es das Bestreben ihrer Gewerk-
schaften sei, den Landarbeitern' ein größeres Verständnis für alle volkswirtschaft-
lichen Fragen beizubringen und diese dementsprechend von der Stellung unbe--
rechtigter Forderungen und der Vornahme unberechtigter Streiks abzuhalten. Ins-
besondere der Leiter des sozialdemokratischen Verbandes erklärte, daß er stets
daraus hinwirke, daß nicht nur die Interessen der Konsumenten, sondern auch die
der Produzenten berücksichtigt werden müßten. Andererseits müßten bei der Re-
gelung der Lohnfragen sich die Landwirte auch in ihren Betrieb hineinreden
lassen. Die frühere Stellungnahme vieler Landwirte, die sin Verhandeln mit
ihren Arbeitern und deren.Gewerkschaften abgelehnt hätten, sei nicht mehr mög-
lich. Gegenüber der Frage, ob die Landarbeiter im Interesse der Volksernährung
nicht grundsätzlich, auf den Strssik verzichten könnten, da der Streik der Land-
arbeiter für die Volksernährung genau so katastrophal wirke, wie der Streik der
Landwirte, erklärte der Vorstand des Landarbeiter-Verbandes,, daß ein grund-
sätzlicher Verzicht auf das Streikrecht seitens der Landarbeiter von feiner Orga-
nisation nicht möglich sei. , Er stimmt dem aber bei, daß Streiks möglichst ver-
mieden werden sollten und daß jedenfalls jedem Streik Verhandlungen in
SchlichtungsausschUssen vorangehen müßten. Menü die Unterorgane des Land-
arbeiterverbandes mitunter versagten und selbständig in einer Weise vorging:n,
die die Zentrale nicht billigen könne, so liege dies an der mangelnden Schulung
und Aufklärung. Wären die Organisationen nicht früher von den Landwirten
bekämpft worden und wären die Landarbeiter früher organisiert worden, so wür-
den sie, nach seiner Ansicht, heute für die Abmachungen disziplinierter dastehen.
Auf eine weitere Frage, ob der Landarbeiter-Verband darauf hinwirken wolle,
daß bei Streiks unter allen Umständen für die Viehpflege weiter gesorgt werde
und Erntestreils nicht vorkommen sollten, erklärte er, daß auch im Streitfälle un-
bedingt die notwendigen Arbeiten gemacht werden müßten.

Ein Geschäftsführer der christlichen Gewerkschaften hatte am Tage vorher fast
dieselbe Stellung eingenommen.

40

gewerkschaftliche Betätigung. Der Schlichtungsausschuß hat entschieden, daß
die Kündigungen zu unrecht bestehen, trotzdem werden dieselben aufrecht-
erhalten, auch wenn das Urteil für allgemein verbindlich erklärt wird.

Der Kollege G. R. schreibt uns aus Wangeritz: „Am 30. Dezember
1919 frug mich der Inspektor des Gutes Wangeritz, ob ich dem Pommerfchen
Landbund beitreten will. Ich habe es mit der Begründung abgelehnt, daß
ich schon einem Verband angehöre. Darauf bekam ich die Antwort, dann
müssen wir uns trennen. — Ich befinde mich feit dein 14. März 1919 hier
auf dem Gilt, habe Familie und bitte, mir mitzuteilen, ob der Inspektor
das Recht hat, mich auf obigen Grund hin zu kündigen."

Rach Mitteilung unseres Vertrauensmanns R. in Crammonsdorf haben
unsere dortigen Mitglieder ihre Entlassung erhalten. Die Arbeiter sind dort
schon viele Jahre auf dem Gute beschäftigt. Seitens des Pommerfchen Land-
bundes ist ein Formular herausgegeben. Dieses Formular soll jeder unter-
schreiben, wenn er an seiner jetzigen Arbeitsstelle verbleiben will.

Kreis Regenwalde.

Im Kreise Regenwalde sind nachstehend aufgeführte 82 Familien bzw.
Personen zum 1. April 1920 gekündigt worden. Unter den Gekündigten
befinden sich viele, die schon 20 Jahre und n o d)> länger in
ihrer Stellung gewesen sind. Es sind alles Leute, die dem
Deutschen Landarbeiter-Verband angehören und nur deshalb gekündigt
worden sind. 1. Bei dem Landrat v. Bismarck in Lasbe-ck: acht dem
Verband angehörige Persoen. 2, Bei v. Katzler in Karlshof: ein
Arbeiter. 3. Bei Frau v. Borte in R i e n o w : ein Arbeiter. 4. Bei
v. Borke in Gr. Borckenhagen: ein Arbeiter. 5. Bei Graf
v. Königsmvrk in Radew: acht Arbeiter, davon drei mit Hofgänger.
6. Bei Gutsbesitzer T e s ch in Horst: zwei Arbeiter. 7. Bei Frau
v. K ö l l e r in Schönwalde: drei Arbeiter; in K l ü m k e n : zehn Ar-
beiter. 8. Bei v. B o r ck e in L e s s e n t h i n : ein Arbeiter. 9. Bei
v. Katzler in Rosenfelde: vier Arbeiter. 10. Bei v. Blücher in
W o l k o w und Kl. Borckenhagen: vier Arbeiter. 11. Bei P o r a t h
in B o n i n : fünf Arbeiter. 12. Bei H e l l in Schönau: drei Arbeiter.
13. Bei M a ch in S a l l m o w : zwei Arbeiter. 14. Bei v. D i e st in C a r -
n i tz : der Stellnmcher. 15-. Bei Frau v. D ö t t i n ch e n in P o l ch o w A.:
ein Arbeiter. 16. Bei Saatz in Klaushaaen: acht Arbeiter. 17. Bei
Graf v. B o r ck e in M o st o w : drei Arbeiter. 18. Bei Frau v. C a r tz e n
in D o r o w : ein Schweizer. 19. Bei Holz in Natzmersdorf: fünf
Arbeiter. 20. Bei Frau Gerstenberg in Rosenow: zwei Arbeiter.
21. In G e i g l i tz : ein Arbeiter. 22. Bei Frau v. Döttinchem in
Winningen: der Hofmeister. 23. Bei Stein in T e-s ch e n d o r f :
ein Arbeiter. 24. Bei Frau v. Podewils in Woitzel: drei bis vier
Arbeiter. 25. Bei Klug in 'G r. R a d d o w : ein Arbeiter. 26. Bei
v. Dewitz in M a l d e w i n : zwei Arbeiter und ein Hofmeister. 27. Bei
Graf v. Pernponcher in Labuhn: zwei Arbeiter. Auch in
Kummrow haben Entlassungen stattgefunden. 28. Bei v. Dewitz
in M e s s o w : ein Arbeiter. 29. Bei v. Borck in LabesA. und D.: der
Schäfer. 30. Bei v. K a tz l e r in R o g g o w : der Stellmacher. 31. Bei
Henke in A a I k i st sind sämtliche Arbeiter entlassen. 32. Bei Q u a n d t
in Labes, sind auch Arbeiter entlassen. 33. Bei v. D i e st in Z e i d l i tz :
drei Arbeiter.

Die heute im „Deutschen Haus" zu Labes tagende Kreisversammlung des
Deutschen Landarbeiter-Verbandes, welche von über 400 Mitgliedern besucht

Auf dem Gut Liepen, Besitzer Amtsvorsteher Denkmann, wurde
die Milchwagenfahrerin ohne ersichtlichen Grund gekündigt.

Auf dem Gut Padderow, Besitzer Herr Pantel, wurde der De-
putatarbeiter P. W. gekündigt, weil er Pantel mit einer kleinen Lohnforde-
rung gekommen war, die auf anderen Gütern auch gezahlt wird. Als
W. dem P. vorhielt, daß er nicht ziehen könne, bevor er eine andere
Wohnung habe, da feine Frau lungenkrank fei, welche Krankheit sie sich
während ihrer neunjährigen Dienstzeit als Melkefrau bei Herrn
Pantel zugezogen hätte, gab ihm P. zur Antwort, er brauche eine kranke
Frau nicht zu ernähren, und das andere würde das Amtsgericht machen.
W. ist eifriger Anhänger der Organisation.

Kreis Greifenberg.

Auf den Gütern R e n f i n und L o p p n o w haben sechs Arbeiter-
familien die Kündigung erhalten, darunter eine Witwe. — Beim Bauernhofs-
besitzer Filter in S ch l e f f i n ist Vorstand K. V. gekündigt worden. —
Der Kassierer W. beim Bauernhossbesitzer R a ck o w ist gekündigt worden.
V. war vier Jahr, W. zehn Jahre im Dienst.

Auf dem Gut S ch r u p t o w , Besitzer Landrat a. D. v. B r o ck h u s e n ,
sind fünf Arbeiterfamilien gekündigt worden. Me Arbeiter sind drei bis
sechs Jahre auf dem Gut beschäftigt gewesen. Der Grund der Kündigung
ist aus folgendem Schreiben ersichtlich:

Treptow, den 12. Dezember 1919.

Im Auftrag des Herrn Landrats a. D. von Brockhufen-Iustin dort
fordere ich Sie hierdurch auf, die von Ihnen bewohnten Räume einfckl.
Nebengelaß bis spätestens zum 1. Januar 1920 zu räumen.

Da Sie der Aufforderung meines Auftraggebers vom 4. Dezember zur
Wiederaufnahme der Arbeit nicht nachgekommen find, ist die Ihnen an-
gedrohte sofortige Entlassung in Kraft getreten und steht Ihnen die Nutzung
der Wohnung nur noch bis zum 19. d. M. zu. Mit Rücksicht auf das
bevorstehende Weihnachtsfest will Ihnen mein Auftraggeber die Weiter-
benutzung der Wohnung das Fest über gestatten und verlangt Räumung
zum 1. Januar 1920.

Kommen Sie dieser Aufforderung nicht rechtzeitig nach, so haben Sie
Klage auf Räumung zu gewärtigen.	Hochachtungsvoll

Der Iustizrat. (Unterschrift.)

Treptow, den 20. Dezember 1919.

Im Auftrage des Herrn Landrat von Brockhufen teile ich Ihnen auf
Grund neuerlicher von ihm mir erteilter Anweisung folgendes mit:

Sie haben die Arbeit wiederaufgenommen. Herr Landrat von Brock-
hufen ist unter diesen Umständen geneigt, unter A u f r e ch t e r h a l -
t u n g der geschehenen Aufkündigung d e s A r b e i t s Ver-
hältnisses Ihnen das Verbleiben in Ihrer Wohnung bis zum 1. April
1920 zu gestatten, jedoch unter der ausdrücklichen Bedingung, daß Sie
bis dahin ununterbrochen die Ihnen obliegenden Arbeiten den:
Dienst- und Arbeitsvertrag gemäß verrichten, auch sonst gegen den Ver-
trag in keiner Weise verstoßen und am 1. April 1920 die Wohnung wider-
spruchslos räumen. Unterbrechen Sie inzwischen vor dem 1. April
1 9 2 0 wieder die Arbeit oder lassen Sie sich sonstige Verstöße gegen den
Vertrag zuschulden kommen, so hat mit dem Zeitpunkt, in dem dies ge-
schieht. das Vertragsverhältnis sofort ein Ende und haben Sie dann
sofort die Ihnen eingeräumte Wohnung zu räumen. Andernfalls

40

Ktabund einen 50-Markscheiii in die Hand drückten, um ihn zu bestimmen,
daß keine Schlichtungsausschuß-Sitzung stattzufinden brauche. Er hat
ihnen die richtige Abfuhr zuteil werden lassen, indem er sich umdrehte und
sie stehen ließ. Also dieselben Arbeitgeber, die zuerst mit dem schwersten
Geschütz gegen Klabund aufgetreten waren, und jede Takifverhandlung ab-
lehnten, wenn er dabei wäre, haben ihm kurz darauf 50 Mark in die Hand
drücken wollen! .— In Stolp haben wir es mit dem Hinterpommerschen
Landwirte-Bereiu zu tun. Als wir eine Besprechung mit ihnen hatten,
wegen der Arbeitsgemeinschaft, sagte der Führer von Below, wir müßten
unbedingt zur Arbeitsgemeinschaft kommen. Kaum 14 Tage später wurden
aus seinem Gute so und so viele Arbeiter entlassen. Theorie und Praxis!
Auf der einen Seite will man die Arbeitsgemeinschaft, um zu Ruhe und
Frieden zu kommen, auf der andern Seite wirst man die Leute auf die
Straße. So sehen die führenden Leute im Hinterpommerschen Landwirte-
Verein und im Pommerschen Landbund aus. Dieser sagt immer, er wäre
eine rein wirtschaftliche Organisation. Das trifft nicht zu. Aus allen
Flugblättern geht hervor, daß es sich um politische Treibereien handelt. —
In- Belgard haben die Arbeitgeber auch alles getan, um die Verhand-
lungen zu verschleppen. Nachdem man sich schließlich mit vieler Mühe
über die Sätze einig geworden war, erklärten die Arbeitgeber, sie könnten
den Tarif nicht unterzeichnen, sie müßten ihn noch ihren Auftraggebern un-
terbreiten. Von uns verlangten sie eine Kaution von 300 000 Mk. Hier
ist der Herr von Kleist der ausgesprochene Führer der Arbeitgeber, der sich
durch sein diktatorisches Benehmen hervortut. Schließlich entwickelten sich
die Tinge ä la Schivelbein, es mußte zur Explosion kommen. Wir haben
den Streik nicht veranlaßt, der Streik mußte infolge der ungeklärten Lage
aus sich heraus kommen. Auf 44 Gütern haben die Kollegen gestreikt, die
Schuld lag wiederum am Pommerschen Landbund. Wir wollen nicht
prophezeien, aber fest steht, daß wir in Pommern einer ganz ernsten Zeit
entgegengehen. Bisher standen uns zwei Organisationen gegenüber, der
Verein der Hinterpommerschen Landwirte und der Pommersche Landbund.
Jetzt ist der Verein tzinterpommerscher Landwirte nicht mehr vorhanden,
er ist untergetaucht im Pommerschen Landbund. Nicht die gemäßigte Rich-
tung, sondern die schärfere Richtung hat die Oberhand behalten. Der
Führer ist Herr von Kleist. Aber auch die gemäßigtere Richtung ist nicht
dafür, Arbeitsgemeinschaften auf paritätischer Grundlage abzuschließen.
Wenn es also nicht dazu kommt, ist es nicht unsere Schuld. Es liegt uns
fern, irgend eine Drohung auszusprechen. Wir haben immer auf dem
Standpunkt gestanden, daß wir selbst Werte produzieren müssen, weil
Deutschland nicht das vom Ausland bekommt, was es zum Unterhalt seiner
Wirtschaft braucht. Wir haben unser Möglichstes getan, um zu einer Ver-
ständigung mit den Arbeitgebern zu kommen, da es nicht möglich war, fällt
die Schuld ans jene Leute zurück. Wir werden mit schwerer Sorge in die
nächsten Tarifverhandlungen eintreten. Kollege Schmidt hat recht, wir
müssen den Dingen nüchtern gegenübertreten, damit wir nicht in bolsche-
wistische Verhältnisse hineinaeraten. Das müssen wir tun aus Vernunft-
gründen im Interesse der Arbeiterbewegung. Die Waffe, die uns zur Ver-
fügung steht, wird unwirksam gemacht, wenn es an den verschiedensten
Stellen aufloht. Unbedingte Geschlossenheit auf unserer Seite ist notwen-
dig. Wir können den Leuten nicht imponieren, wenn wir ihnen ein Bild
der Zerrissenheit zeigen, sondern nur durch unsere Geschlossenheit. —- Nun
ist die Frage, wie können wir die Dinge ändern. Damit müssen mir uns
bei Zeiten beschäftigen, damit wir nicht vor vollendeten Tatsachen stehen.

19

Die Arbeiter ersuchen um dringende Benachrichtigung, ob sie tatsächlich
ziehen müssen, oder ob die Regierung für Abhilfe sorgt.

Aus Sassenburg berichtet der Arbeiter P., daß er schon seit 2. De-
zember 1919 als Vater von sieben Kindern arbeitslos sei. P. ist Vorsitzender
der Ortsgruppe und berichtet ebenfalls, daß viele Kündigungen erfolgen.

Auf dem Gute B ewerin gen, Post Tramske, Kreis Saatzig, haben
sechs Arbeiter, die Mitglieder des Deutschen Landarbeiter-Verbandes sind,
ihre Entlassung erhalten, darunter auch der Kassierer der dortigen Orts-
gruppe, B. v. d. S.

Kreis Schivelbein.

Auf dem Gute N e l e p , Besitzer S e y e r, sind fünf Arbeiterfamilien zum
1. April 1920 ohne Angabe von Gründen durch den Rechtsanwalt gekündigt.

Auf dem Gute Dolgenow, Besitzer S ch m e l i n g, sind zum 1. April
1920 zwölf Arbeiterfamilien gekündigt worden.

Auf dem Gute G r ö s s i n, Besitzer Schmeling, sind zum 1. April 1920,
fünf Arbeiterfamilien gekündigt worden.

Die Gutsverwaltung des Rittergutes Völzkow, Besitzer
Schmeling, hat acht Arbeiterfamilien durch den Rechtsanwalt kündigen
lasten. Alle ohne Angabe von Gründen.

Auf dem Gute Charlotten Hof, Besitzer Schlotte, wurden vier
Arbeiterfamilien gekündigt.

Auf dem Gute K o p e s n o w , Besitzer C o p u i, sind zum l. April 1920
vier Arbeiterfamilien gekündigt worden.

Auf dem Gute K r e i tz i g, Besitzer v. d, Golz, sind zum 1. April 1920
z ehn Arbeiterfamilien gekündigt worden.

Auf dem Gute Falkenberg, Besitzer v. Bothner, wurden elf
Arbeiterfamilien zum 1.'April 1920 gekündigt.

Auf dem Gute B e n st r i n, Besitzer Herr Braun, sind zum 1. April
1920 drei Arbeiterfamilien gekündigt worden.

Auf den: Gute B e r k n o w , Besitzer ».Schmidt, sind zum 1. April 1920
drei Arbeiterfamilien gekündigt worden.

Auf dem Gute Schlönwitz, Besitzer Herr P e r i n, sind zum 1. April
1920 vier Arbeiterfannlien gekündigt worden.

Am 17. November 1919 fand inSchlenzig eine Versammlung des Deut-
schen Landarbeiter-Verbandes.statt. Arbeiter traten in den Landarbeiter-Ver-
band über, waren vorher im Landbund. Am nächsten Morgen drohte Besitzer
G o t t f ch a l k sämtlichen Arbeitern mit Entlassungen. Der Inspektor fertigte
ein Schriftstück an, nachdem sämtliche Leute wieder ihren Austritt mit eigener
Unterschrift erklären mußten. Die standhaften Arbeiter wurden zum 1. April
1920 gekündigt, bekommen keine Feuerung mehr; erst auf Einwirkung des
Deutschen Landarbeiter- Verbandes bekamen sie die ihnen zustehende
Feuerung.

Besitzer S ch m e h l i ch g in D o I g e n o w hat zehn Arbeiter (angeblich alle
bei ihm beschäftigten) durch den Rechtsanwalt kündigen lassen. Darunter be-
finden sich Arbeiterfamilien, die 7 bis 18 Jahre dort gewohnt haben, größten-
teils Kriegsteilnehmer, einer sogar Kriegsinvalide.

Do pke, Kreisvertrauensmann, teilt mit, daß er im Zeitraum von zwei
Wochen 68 Kündigungen dem Schlichtungsausschuß unterbreitet habe. Die
meisten Fälle wurden aber zurückgewiesen, weil die Kündigungen unter Be-
zugnahme aus 8 620 BGB. richtig erfolgt seien. Ein Beisitzer habe ihm er-
klärt, den Hut habe es gekostet, nun kann es auch noch den Kragen kosten,
aber nachgeben tun wir nicht.

49

Aus der Preußischen Landesvccfammlung.

Das gemeingefährliche Vorgehen des Pommers che n
Land b und es hat auch zu einer Anfrage der Abgeordneten Schmidt
(Cöpenick) und Hartwig (Stettin) in der Preußischen Land es -
Versammlung geführt. Kollege Schmidt begründete in der Sitzung
am 4. Februar diese Anfrage, und geben wir nachstehend seine Ausführungen
auszugsweise bekannt:

Schmidt (Eöpenick, Sozdem.): Meine Damen und Herren! Es ist
in diesen Tagen in der Presse gesagt worden, die Maßregelungen von Land-
arbeitern, die ganz besonders in Pommern stattfinden, feien keine Aus-
nahmezustände. Wir wollen hier den Nachweis führen, daß es sich hierbei
um Ausnahmezustände handelt. Meine Fraktion und ich persönlich bedauern,
daß wir diese Versammlung immer damit beschäftigen müssen, uns in Ab-
wehr zu stellen gegenüber den Angriffen, die auf die Koalitionsfreiheit der
Landarbeiter ausgeübt werden. Es wäre besser, wenn wir uns mit dem
Aufbau in der Landwirtschaft beschäftigen könnten, statt daß diese Ange-
legenheiten hier immer wieder vorgebracht werden müssen.

Ehe ich auf die förmliche Anfrage im ganzen eingehe, muß ich etwas
zurückgreifen, wie es kommt, daß diese Zustände gerade in der Provinz
Pommern so entstanden sind. Der Standpunkt der Gewerkschaften ist nicht
der, daß sie bei seder Gelegenheit Staatshilfe in Anspruch nehmen wollen,
um Forderungen der Arbeiter durchzudrücken, im Gegenteil, die Gewerk-
schaften stehen auf dem Standpunkt, diese Fragen durch Verhandlungen mit
den Arbeitgebern zu erledigen. Wenn das in der Landwirtschaft heute noch
nicht so der Fall ist, ist es darauf zurückzuführen, daß die Landwirte sich von
jeher an die Gesetzgebung gewandt haben, um ihre Wünsche zur Durchführung
zu bringen. Man wirft den organisierten Landarbeitern immer vor, daß
ihre Organisationen politisch seien. Ich behaupte, daß in keiner
Unternehmergruppe derartig das politische Moment
eine Rolle spielt, als esbei den landwirtschaftlichen
Unternehmerorganisationen seit jeher der Fall ist.
(Sehr richtig! bei den Dozdem.) Für sie war die Regierung das ausführende
Organ, und mein Kollege Paetzel hat vor kurzem hier in diesem Hause sehr
zutreffend gesagt, daß dieses Parlament seitens der Landwirte immer als
die Verwaltung des großen preußischen Gutshofes betrachtet wurde. ' Die
Herren kamen ab und zu her und haben nachgesehen, ob die Administratoren,
das heißt die Regierungsmänner, ihre Schuldigkeit erfüllt haben, und dann
sind sie wieder nach Haufe gefahren. Jetzt ist es aber etwas anders geworden.

Dann möchte ich noch eine persönliche Sache anschneiden. Es ist dies
auch nicht persönlich, denn ich werde ja immer angegriffen als Vertreter des
Deutschen Landarbeiter-Verbandes, Da hat besonders von Wangen-
heim - Kleinspiegel sich mit mir beschäftigt. Dieser Herr hat auf der 17. Voll-
versammlung des Deutschen Landwirtschaftsrates am 29. November 1918 in
Berlin, laut „Deutscher Tageszeitung", erklärt, daß Schmidt vom sozial-
demokratischen Landarbeiter-Verband es abgelehnt habe, mit den Arbeit-
gebern zusammenzuarbeiten. Der Bericht vermerkt hier: Hort, hört! Ich



62

muß annehmen, daß dieser Bericht richtig ist, denn eine Berichtigung seiner
Ausführungen habe ich in der „Deutschen Tageszeitung" nicht gefunden.
Diese Ausführungen sind das Gegenteil von Wahrheit. Gerade v. Wangen-
heim müßte wissen, daß ich seit jeher mit den landwirtschaftlichen Körper-
schaften verhandelt habe, und heute bedauern wir, daß wir noch zu keinem
Resultat gekommen sind, weil die maßgebenden Herren, besonders im Bund
der Landwirte, sich nicht auf denselben Boden stellen können wie die indu-
striellen Unternehmer.

Nicht um meine Person in den Vordergrund zu stellen, sondern der Sache
wegen, will ich bekanntgeben, daß v. Wangenheim am 20. Februar 1919 auf
einer Tagung des Vereins für ländliche Wohlfahrts- und Heimatspflege
folgendes über micht erklärt hat:

Ich will bemerken, daß es mir eine große Freude ist, seit längerer Zeit mit
Herrn Schmidt in einer Arbeitsgemeinschaft zusammen zu arbeiten, die wir beim
Reichsausschuß der deutschen Landwirtschaft gegründet haben. Auch Herr Behrens
ist Mitglied dieser Arbeitsgemeinschaft. Ich habe dort zu meiner Freude gefunden,
daß wir uns in vielen Punkten mit Herrn Schmidt vollkommen verständigen
konnten, obwohl er Sozialdemokrat und wir Monarchisten sind..

An anderer Stelle sagt v. Wangenheim:

Schmidt hat mich bei Beratungen mit der Regierung verschiedentlich mit
seinen sehr ruhigen Ausführungen unterstützt.

Das war danmls, da war die Revolution noch nicht solange vorbei, heute
haben die Herren sich eines anderen besonnen. Bei dem, was ich in diesem
Hause gesagt habe, bleibe ich stehen, das gibt keinen Anlaß, derartig unerhörte
Vorwürfe gegen meine Person zu richten. Wenn der Herr Freiherr noch
ein Tänzchen wagen will, wir spielen ihm jederzeit auf.

Den Herren in Pommern sind ruhig arbeitende Vertrauensleute der
Arbeiter nicht erwünscht. Am 29. Dezember 1919 fand in Stargard in
Pommern eine Sitzung des Schlichtungsausschusses statt. Arbeitgeberver-
treter war Hauptmann L i c t k e vom Landbund. Dieser erklärte unserem
Vertreter F a l k in der Unterhaltung, er möchte Falk im Kreise Saazig nicht
als Vertrauensmann haben, denn Falk versuche, alle Sachen durch Ver-
mittlung zu erledigen. Lieber sei ihm ein anderer Kreisvertrauensmann,
der schärfer vorgehe und den Arbeitern große Versprechungen mache. Dadurch
würden die Arbeiter bald einsehen, daß sie im Landbund besser aufgehoben
seien. Den S p a r t a k i st e n von rechts sind also die Radi-
kalsten am l i e b st e n.

Wie manche Herren den Verkehr mit den Arbeitervertretern auffassen,
dafür ein Beispiel. Ein Kreisvertrauensmänn unseres Verbandes hat für
eine Arbeiterin an den jungen Herrn v. Wangenheim-Kleinspiegel, Otto
v. Hangenheim, einen Brief wegen Erfüllung einiger Wünsche geschrieben.
Darauf ist folgende Antwort eingegangen:

... Ich möchte Sie aber nicht im Zweifel darüber lassen, daß ich einen
weiteren Schriftwechsel in dieser Sache für ziemlich zwecklos halte, da es Ihnen
ja nicht darauf ankommt, den Leuten zu helfen, sondern lediglich darauf, agita-
torisch zu wirken. Ich bin auch davon überzeugt, daß Sie nicht die Absicht haben,
beruhigend zu wirken, sondern im Gegenteil, die Erregung dauernd zu schüren.
Dann kommt die bezeichnende Unterschrift: M i t der Ihnen gebüh-
renden Hochachtung! Wenn der alte Herr v. Wangenheim öffentlich
den Führern des Landarbeiter-Verbandes Vorlesungen Uber gesellschaftliche

03

In KlUtzow erhalten freie Arbeiter 3 Mk. pro Tag und freie Ver-
pflegung. Die russischen Gefangenen aber erhalten pro Tag noch 1 Mark
inehr in bar. Der Besitzer B i e n d e r hat erklärt: Wenn euch das nicht ge-
nug ist, dan sucht euch andere Arbeit. Uber derartige Behandlung herrscht un-
geheure Erbitterung.

JnVölzkow sind drei Kollegen gekündigt. Alle Vorstandsmitglieder der
Ortsgruppen.

Aus dem Kreise Schivelbein liegt ein Antrag vor, die Arbeiter gegen
diese Entlassungen zu schützen; andernfalls seien sie gezwungen, in Streik zu
treten. Ferner wird beantragt, daß keine polnischen Schnitter eingestellt wer-
den dürfen ohne Zustimmung des Landarbeiter-Verbandes, weil Arbeitskräfte
genügend vorhanden find.

Auf dem Gute K l e m z o w bei Schivelbein haben am 1. Januar 1920
sieben Familien ihre Entlassung erhalten, und zwar wurde als Grund an-
gegeben, daß der Besitzer keine einzelnen Leute mehr beschäftigen will. Dieser
Grund ist aber schon dadurch hinfällig, daß eine Familie, die auch die Kün-
digung erhielt, drei Männer auf Arbeit schickt, die alle Männerarbeit ver-
richten. Aüch der Vertrauensmann der dortigen Ortsgruppe, R. P., hat den
Entlassungsschein erhalten. Die Entlassung wurde ausgesprochen von dem
neuen Administrator, der erst am 28. Dezember 1919 seine Stelle dort ange-
treten hatte und daher über die Arbeit der einzelnen noch gar nicht orientiert
war. Der frühere Administrator war mit der Arbeit immer zufrieden und
hat dies auch dem Vertrauensmann, P., gegenüber ausgesprochen.

An den Deutschen Landarbeiter-Verband,

Perbandsvorstand.

Stettin, den 15. Januar 1920.

Ich mache auf einige Maßnahmen einzelner Landwirte aufmerksam, die
eine Nachprüfung und unter Umständen eine Bestrafung der Schuldigen er-
fordert. Der Gutsbesitzer Dr. Leonhard vom Gut K lempzo w , Kreis
Schivelbein, hat im vollen Bewußtsein Sommerroggen und Wiesenheu nicht
einbringen lassen. Mitte September ist dem Herrn Inspektor Timm vom
Gut Klempzow, durch den Vertrauensmann des Landarbeiter-Verbandes
W. Dopte, Schivelbein, mitgeteilt worden, daß die Arbeiter, um die
Ernte re st los einzubringen, auch Sonntags arbeiten
wollten. Sie wollten sich verpflichten, von morgens
5 Uhr, ui i t zwei Stunden Unterbrechung, die für die
einzelnen Eß stund en in Frage kommen sollten, bis
Sonnenuntergang zu arbeiten. Für diese Zeit wurde eine
Lohnentschädigung für das Mähen.von Mengfutter 10 Mk., und
für das Mähen von Wiesen und Serradella 8 Mk. gefordert. Der
Inspektor Timm lehnte dieses Anerbieten ab und erklärte darauf, wenn
die Arbeiter nicht für 4 Mk. diese Ar beiten ausführen
wollten, so könne das Getreide verfaulen. So ist es dann auch ge-
kommen. Am 4. Januar d. I. ist festgestellt worden, daß noch Sommer-
roggen in Mandeln auf dem Acker steht und Wiesen nicht gemäht worden
sind. Hier dürfte es sich um einen Fall handeln, wo eine zwangsweise Be-
wirtschaftung am Platz ist. Ein weiteres Beispiel dafür, wie die Grund-
besitzer eine gereizte Stimmung der Landarbeiter geradezu herausfordern,
gibt folgender Vorfall.

Der Rittergutsbesitzer Hoppenrath in Lankow, Kreis Schivelbein,
traf mit einer Anzahl Arbeiter nachstehende schriftliche Vereinbarung.

50

Maßregelungen im Pommern.

Kreis Anklam.

Auf dem Gut Spantcksw, Besitzer Graf ».Schwerin (Vorsitzender
des Pommerfchen Landbundes), wurden fünf Arbeiterfamilien gekündigt.
I. F. S. (Vorsitzender der Ortsgruppe Spantekow des
Deutschen Landarbeite r-Verbände s). Der Grund zur Kün-
digung soll sein, daß er sich geweigert hat, zum 1. April einen Hofgänger zu
stellen; der wahre Grund aber ist der, daß er sich tatkräftig am Er-
starken des Deutschen Landarbeiter-Verbandes betei-
ligt. 2. R. W. Der Grund zur Kündigung ist hier, daß er sich geweigert
hat, den vom Pommerfchen Landbund ausgearbeiteten Vertrag zu unter-
schreiben. Die Gründe bei den drei anderen Arbeiterfamilien sind den erst-
angeführten ähnlich.

Auf dem Gut Zinzow, Besitzer Graf v. Schwerin, wurden vier
Arbeiterfamilien gekündigt, i. M. B. Als Grund hierfür wird angeführt,
daher des Morgens das Wecken nicht hören kann. 2. F. D.
st. H. L. Der Grund zur Kündigung ist, daß die Schweine abgeschafft werden
sollen. (L. ist Schweinefütterer.) 4. W. G.

Auf dem Gut S a r n o w , Besitzer Graf v. Schwerin, sind vier Ar-
beiterfamilien gekündigt worden. 1. R. B. 2. A. K. Der Grund zur Kündi-
gung soll sein, daß K. im Oktober v. I. zum Gutsverwalter gesagt hat, er
hätte noch keinen Herrn angetroffen, der ihni seinen verdienten Lohn nicht
rechtzeitig auszahlt. 3. Der Vertrauensmann der Ortsgruppe
S a nt o w, F. P. Dieser mußte einen seiner Hofgänger wegen Ernährungs-
schwierigkeiten bei einem Bauern in Arbeit geben, hatte aber vorher beim
Gutsverwalter beantragt, den einen Hofgänger auf dem Gut in Verpflegung
zu nehmen, was jedoch mit deut Bemerken abgelehnt wurde, der Junge würde
die Gutskost doch nicht essen. 4. K. D. Der wahre Grund aller Kündigungen
ist, daß die Arbeiter sämtlich treu zu ihrer Organisation stehen.

Auf deut Gut Sophien Hof, Besitzer Graf v. Schwerin, wurden
13 Arbeiterfamilien gekündigt wegen Nichtanerkennung des vom
P o man e r s ch e n Landbund vorgelegten £ a r t f e s.

Auf dem Gut K r u s e n f e l d e , Administrator B e ck l e r, wurden zwei
Arbeiterfamilien gekündigt. 1. H. P. 2. W. F., letzterer, weil er auf eine
Frage antwortetet „Das weiß ich nicht." Er ist 13 Jahre dort beschäftigt
und hat dort auch ein Auge verloren.

Auf dem Gut Deutn itz, Inspektor Howe, wurden drei Arbeiter-
familien gekündigt, sämtlich wegen Kleinigkeiten, die gesucht sind, um den
wahren Grund, nämlich den der Zugehörigkeit zur Organisation, zu be-
mänteln.

Auf dem Gut R a t h e b u r , Besitzer Dr. L e f e w r e , wurden zwölf
Arbeiterfamilien gekündigt wegen Ablehnung des vom Pomuterfcheir Land-
bund ausgearbeiteten Tarifes. Die Arbeiter waren früher Mit-
glieder des Pommerfchen Landbundes und find zum
Deutschen Landarbeiter-Verband übergetreten.

45



«mT





mir nicht sehr praktisch, weil wir unter einem einheitlichen Lohngebiet mit
Ausnahme von Rügen stehen. Es wäre wohl besser, wenn die beiden Gau-
beamten in einem Büro sitzen.

Die Materialsammlung ist sehr notwendig. Auch in der Beziehung
wäre eine männliche Hilfskraft zweckmäßiger. Bedauerlich ist es, baß die
Arbeiterausschüsse nicht eng genug mit den Schlichtungsausschüssen in Füh-
lung stehen. Manche unserer Aeußerungen werden durch den Denkapparat
der Landarbeiter wesentlich verschärft und anders aufgefaßt, was uns sehr
gefährlich werden kann. Der § 14 der Verordnung vom 3. September
hätte in unserem „Landarbeiter" näher erläutert werden müssen. Ein
Kollege hat von den Arbeitersekretariaten gesprochen. Ich weise daraus
hin, daß bei unserer jungen Organisation eine Gefahr besteht. Die Kollegen
sind in die Gesetzgebungsmaterie nicht genügend eingeweiht. Bekommen
sic bei uns keinen Rat, dann laufen sie zum Arbeitersekretär, der vielleicht
die Sache anders anfaßt. Dann sind wir unten durch.

Schwarz- Stettin: Uns in der Gauleitung freut es, wenn wir ein klei-
neres Arbeitsgebiet gekommen. Aber von der Zentrale hat man gewöhnlich die
besten Bahnverbindungen, und man muß auch in ständiger Verbindung
mit dem Regierungspräsidenten bleiben. Darum ist es notwendig, daß
auch Sparsamkeitsgründe beachtet werden. Die Kreise sind nicht zu groß,
die einzelnen Kollegen kommen aber mit zu viel Wünschen. Wenn in kleineren
Städten Schlichtungsausschüsse errichtet werden, dann kann das eine Gefahr
werden, wenn die Ausschüsse nicht anders besetzt werden. In Labes war der
Vorsitzende des Schlichtungsausschusses der Ansicht, wir wollten nur den
Amtsgerichten das Recht wegnehmen. Die Beamten in den Ausschüssen
werden viel zu sehr beeinflußt von den Unternehmern. Die Leute müssen noch
viel erzogen werden.

R o s i n - Schlawe^Ich stimme dem Vorredner nicht ganz zu. Die Or-
ganisation ist nur dadurch so stark geworden, daß wir im Frühjahr etwas
erreicht haben. Wir werden den Verband stärken, wenn wir auch im
nächsten Frühjahr wieder - etwas mehr erreichen. Der Kreis- Schlawc ist
außerordentlich groß und kann kaum von einer Stelle bearbeitet werden.
Jetzt treibt dort der Christliche Verband starke Agitation, und er rängt
viele Kollegen ein, weil sie gar nicht wissen, daß der Zentralverband ein
christlicher ist. Unsere Vertrauensleute müssen besser informiert werden.
Dadurch, -daß die Leute in die Wohnungen der Vertrauensleute kamen,
haben wir erst ihr Vertrauen erworben.

H o f m a n n- Randow: Die jetzigen Gauleiter können ihre Gaue ganz
gut allein leiten; aber es wäre gut, wenn sie zwei Hilfsgauleiter bekommen,
von denen einer die Presse mit bearbeitet. Nur wer ständig in Fühlung
mit den Kollegen im Lande ist, wird die Presse zweckmäßig bearbeiten
können. Auf den Gauleiter sehen die Kollegen wie auf den Herrgott.
Würden wir einen zweiten Gauleiter einsetzen, dann verliert der Gauleiter
an Ansehen.

E i s e r m a n n - Köslin: Rosin kann ich nicht ganz zustimmen. Auf.
Moinenterfolge kann sich keine Organisation aufbauen. Dauernd können wir
nicht solche Erfolge erzielen. Die Organisation ist sehr in die Breite gewachsen.
Wir haben alle Ursache, jetzt mehr in die Tiefe zu gehen. Einzelne Kreise
sind viel zu groß für einen Vertrauensmann; aber der Vertrauensmann
muß mit aller Kraft die organisierten Kollegen schulen und aufklären. Wir
müssen den Kollegen sagen, daß wir nicht endlos mit immer neuen Forde- -
ruugen kommen können. Der Egoismus der Landarbeiter ist vielfach un-
gesund, und wir müssen mehr für idealistische Ziele eintreten.

32

nach Hause geschickt worden, es sollte Mitte Oktober eine Verhandlung über
den Tarifvertrag stattfinden, der dann rückwirkend von 1. September Gel-
tung haben solle. Im Oktober kamen wir so weit, daß Verhandlungen statt-
fanden; ich hatte den Regierungspräsidenten, Reg.-Rat Meyer, mobil ge-
macht, daß er sich Mühe gebe, damit mir zum Vertragsabschluß kämen.
Als wir zusammenkamen, wurde ich gefragt, wie der Deutsche Landarbeiter-
Verband sich zur Gewährung des Deputats stelle. Man sah also
schon, was die Sitzung bezwecken sollte. Ich konnte natürlich nur
die Antwort geben, daß wir uns streng an die bestehende Verordnung
halten müssen. Der Landrat von Marwitz sagte dann wieder, daß
der Deutsche Landarbeiter-Verband dafür sorge, daß der Landarbeiter sein
Deputat nicht bekommt. Dann ging es weiter: Ob der Deutsche Land-
arbeiter-Verband sich unterwerfen wolle unter den bestehenden Tarifver-
trag. Wir haben das abweisen müssen, weil der Tarif der allerniedrigste
war, im Rgierungsbezirk Stettin, und weil darin die Bestimmung ent-
halten war, daß der Taglöhncr verpflichtet sei, einen Hofgänger selbst zu
stellen und daß die Frau auch noch 80 Tage in Arbeit zu gehen verpflichtet
sei. Wir wollen durchaus unsere Leute zur Arbeit erziehen, aber weil heute
sehr viele Taglöhncr ohne Hofgänger sind, wünschten wir, daß das aus dem
Tarif herauskam. Wir stellten dann die Frage, ob der Pommersche Land-
bund bereit sei, mit dem Deutschen Landarbeiterverband einen Vertrag ab-
zuschließen. Darauf wurde uns erklärt, nein, dazu haben wir keine Voll-
macht. Damit waren die ganzen Verhandlungen hinfällig. Wenn wir dem
Drängen der Kollegen nachgegeben, wäre schon im Juli bei der Haupternte
der Streik ausgebrochen. Wir haben die Kollegen unter Gefahr für unsere
eigene Person davon abhalten müssen, weil wir dafür nicht die Verant-
wortung auf uns nehmen konnten. Wir haben alle Instanzenwege bis zum
Demobilmachungskommissar benutzt, aber alles war vergeblich, und so ist
es in Greifenberg zuin Streik gekommen. Auf 30 Gütern wurde die Ar-
beit niedergelegt. Der Landrat, der selbst Besitzer ist, — er bezahlt noch
nicht einmal den Pommerfchen Tarifvertrag, — hat als verantwortliche
Person die Regierung angerufen. Darauf kamen auf dem schnellsten Wege
zwei Regierungsvertreter nach Stettin. Wir wurden auch hinberufen und
auch Regierungsrat Dr. Meyer. Am ersten Tage haben wir bis zum Abend
nichts zustande gebracht. Am nächsten Morgen hatten die Besitzer eine
Sitzung. Die Regierungsvertreter heben sich die größte Mühe gegeben, es
zu einer Einigung zu bringen. Der Pommersche Landbund beharrte starr
auf seinem Standpunkt. Die Sache mußte dann dem Schlichtungsausschuß
überwiesen werden. Die Spruchkammer in Stargard hat einen Schieds-
spruch gefällt, durch den ein Mittelweg eingeschlagen worden ist. Wir ver-
langten 3000 Mt. und wollten den Camminer Vertrag zugrunde legen,
weil das der angrenzende Kreis ist, wo die Verhältnisse dieselben sind. Die
Spruchkammer hat gesagt: Der teueren Verhältnisse wegen müßten wir
auf den Camminer Vertrag, der 2500 Mk. vorsieht, etwas drauflegen unb
schlug den Mittelweg von 2750 Mk. vor. Die Arbeitgeber wurden beauf-
tragt, innerhalb vier Tagen Antwort zu geben. Sie haben dann erst
einen Tag nach dem angesetzten Terinin Bescheid gegeben, daß die Besitzer
sich mit dem Schiedsspruch nicht einverstanden erklären. Sie beharrten
darauf, nichts bewilligen zu wollen. Wir haben dann den Spruch dem
Regierungspräsidenten zur Verbindlichkeits-Erklärung übergeben. Der Ge-
schäftsführer Dr. Wolfgramm hat strikte erklärt, er bewillige das nicht, die
Besitzer wollen nicht zahlen, wir richteten die ganze Wirtschaft zugrunde
»sch. Also sie wollen mit dem Deutschen Landarbeiter-Verband nichts

15

war, und hinter denen weitere 4000 organisierte Landarbeiter des Kreises
Regenwalde stehen, spricht einmütig ihre Mißbilligung über die stattgesunde-
nen Kündigungen ihrer Kollegen aus.

Sie bringt hiermit zum Ausdruck, daß sämtliche Kündigungen bis zum
15. Februar 1920 von den Arbeitgebern zurückzuziehen sind, und bittet den
Herrn Regierungspräsidenten, sich dieser Sache wohlwollend annehmen zu
wollen. Sollte dieser berechtigten Forderung wider Erwarten nicht Rech-
nung getragen werden, so wird sich die ganze Landarbeiterschaft im Kreis
Regenwalde mit ihren gemaßregelten Kollegen solidarisch erklären und ihre
Rechte selbst zu wahren gezwungen sein.

gez.: Kreisversammlung des Deutschen Landarbeiter-Verbandes,
Regenwalder Kreis.

Kreis Stolp.

Aus dem Gut Je se ritz, Besitzer Baron v. Puttkam er, sind
zum 1. April 1920 dreizehn Arbeiterfamilien gekündigt worden. Grund
hierfür ist Verbandszugehörigkeit. Einzelnen wurde anheimgestellt, aus
dem Verband auszutreten, dann könnten sie wieder bleiben. Die Familien
sind zwei, vier, sechs und zehn Jahre auf dem Gut beschäftigt.

Auf dem Gut Schöjow, Besitzer Graf v. Schwerin, sind zum
1. April 1920 zwei Familien gekündigt worden. Die Familien sind sechs
und vier Jahre auf dem Gut. Der angebliche Grund hierfiir ist zu
hoher Lohn. Die Kollegen erhalten jeder 500 Mk. im Jahr außer Deputat.
Die Wohnungen sind in einem erbärmlichen Zustand. Einer ist Ortsgruppen-
vorsitzender.

Auf den: Gut Dämmen, Besitzer v. L i v o n i u s , sind zum 1. April
1920 drei Familien gekündigt; sie sind sechs, acht und FwölfJahre
auf dem Gut und alle drei Vertrauensmänner der Organisation.

Auf dem Gut Sorchow, Besitzer v. Braun schweig, sind zum
1. April 1920 zwei Familien gekündigt. Einer ist zehn Jahre und
einer 28 Jahre auf dem Gut. Letzterer ist Vertrauensmann, und der
Grund zur Kündigung ist der, daß der Besitzer „die Wohnung für einen
anderen braucht".

Auf dem Gut Kosemühl, Administrator Hagen, wurden drei
Familien zum 1. April 1920 gekündigt; Kollege K., weil er zur Einhaltung
des Tarifs^ vorstellig wurde, Witwe G., weil sie nicht mehr soviel Hofgänger
stellen kann, als der Administrator verlangt, und Kollege D. wurde sofort
entlassen, weil er sich weigerte, das Klosett auszuräumen. Die Familien
sind zehn, acht und fünf Jahre auf dem Gut.

Auf dem Gut G i r w i n z, Besitzer P o m m e r s ch e Landbank
Stettin, sind fünf Arbeiterfamilien zum 1. April 1920 gekündigt
worden. Sämtliche Arbeiter sind Kriegsteilnehmer.

Auf dem Gut Warzmin, Pächter Dennert, sind zum 1. April
1920 drei Familien gekündigt. Kollege W. ist erst am Anfang dieses Jahres
gekündigt, weil er zu alt ist, doch ist er noch rüstig und ohne Bezug von
Rente; Kollege B. wegen Einhaltung des Tarifs, Kollege G., weil er Ver-
trauensmann ist.

Auf dem Gut D a r s o w , Pächter Horch, sind zum 1. April 1920
drei Familien gekündigt. Alle drei sind Vertrauensleute und bereits fünf
und sechs Jahre am Ort. Der Arbeitgeber hat schon Räumungsklage
eingereicht und durch Gerichtsvollzieher zustellen lassen.

Aus dem Gut Lübzow, Besitzer v. Braunschweig, sind zum
1. April 1920 sechs Arbeiterfamilien gekündigt, f ü n f davon waren

58

M i I i t ft x a n. In Greifenberg ist auch ein großes Auto m i t Hand-
granaten erschienen, trotzdem die Kollegen gar nichts verbrochen hatten.
In Pommern hat eben der L and b und das Heft in Händen,
n i ch t d i e R e g i e r u n g.

In der Landarbeitsordnung ist der 8 16 für uns rin großer Krebs-
schaden. Die Arbeitgeber verstehen ihn sehr gut, für sich auszulegen. Wenn
ein Arbeiter, der nur als Taglöhner beschäftigt geivesen ist, als Knecht ar-
beiten soll und sagt, er sei noch nicht mit Pferden vertraut gewesen, so gilt
das als Arbeitsverweigerung und er kann sofort entlassen werden. — Also
es muß dafür gesorgt werden, daß die reaktionäre Sippe entfernt wird.
Wir wollen nicht etwa nur Sozialdemokraten, sondern müssen dem Rech-
nung tragen, daß wir heute eine Koalitionsregierung haben. Abe>. solche
reaktionären Elemente können wir nicht mehr dulden. Hier muß völlig
ausgeräumt werden. Wir müssen eine unparteiische Stütze im Kreise haben,
auf die wir uns verlassen können.

Vors. Schmidt bittet die Redner sich möglichst kurz zu sasseu und das
Material, das sie bei sich haben, dem Vorstand zu übergeben.

Ei s er m a n u - Köslin: Kollege Schmidt hat recht, wir wollen uns
auf das wesentliche hier beschränken und uns nicht in Einzelfälle verlieren.
Ich- gebe ihm auch recht, daß bis zum Juni in Pommern alles ruhig war.
Man könnte von gegnerischer Seite sagen: Von der Zeit an hat die Orga-
nisation der Landarbeiter eingesetzt. Aber das müssen wir entschieden ab-
lehnen. Wir hatten es gar nicht notwendig, die Landarbeiter erst zu ver-
hetzen, sie sind uns zugeströmt. Die Unruhe ist erst hineingetragen worden,
als es sich darum handelte, den Tarifvertrag mit den Landarbeitern abzu-
schließen. Nun stützen sich die Arbeitgeber daraus, Einzelverträge seien
vorhanden gewesen, die Landarbeiter hätten im April selbst die Verträge
abgeschlossen'. Aber wie lagen die Dinge. Es ist nicht Schuld der Land-
arbeiter, daß sie ungünstige Einzelverträge abgeschlossen haben, die Kollegen
waren meist vom Heeresdienst entlassen, da kam es für sie vor allem darauf
an, wieder in Arbeit zu treten,' sie waren auch ganz unaufgeklärt über die
Lage in Deutschland, und so haben sie sich die ungünstigen Verträge auf-
drängen lassen. Die Kollegen sind dann zu uns gekommen mit ihren Wün-
jcherg weil sic wußten, daß wir sie schützen würden. Die Organisation
wuchs ganz kolossal in die Breite. Wir mußten nun auch bafür' sorgen,
daß die Kollegen wirtschaftliche Vorteile erlangten, daher wurde überall
versucht, in Tarisvcrhnndlnngen einzutreten. Die Arbeitgeber hatten cs
in der Hand, dafür zu sorgen, daß keine Unruhe in die Landwirtschaft hin-
eingetragen wurde. Im Kreise Lauenburg haben wir zuerst eingesetzt.
Dort bestand ein Tarif, der abgeschlossen war von dem Landarbeiter- und
Bauernrat. Die Sitzung verlief zunächst ergebnislos, später kam es dann
zum Tarifvertrag. Schlimmer sah cs schon im Kreise Schivelbein aus.
Wir kamen schließlich auch zu Tarifverhandlungen. Es fanden fünf
Sitzungen statt, man hat sich Punkt für Punkt herumgeschlagen, kam aber
zu keinem Resultat. Die Taktik der Arbeitgeber bei den Tarifverhandlun-
gen ist recht sonderbar. Sie versuchen, die Kollegen gegen uns auszuspie-
len, indem sie sagen, die Landarbeiter sind doch zufrieden mit ihren Löhnen.
Die letzte Sitzung in Schivelbein hatte bis nachts ^12 Uhr gedauert, aber
wir konnten zu keinem Ergebnis kommen. 'Schließlich haben wir uns im
Interesse der Volksernährung und der Aufrechterhaltung um Ruhe und
Ordnung im Kreise, da wir wußten, daß die Kollegen noch nicht genügend
geschult 'sind, entschlossen, den Vertrag zu unterzeichnen, trotzdem er nicht
unseren Wünschen entsprach. Die andere Seite hat die-Lage gewissenlos

17



dürfen Sie, wie gesagt, bis zum 1. April in Arbeit und Wohnung ver-
bleiben. Mit diesem Zeitpunkt hat aber unwiderruflich das Arbcitsver-
hältnis ein Ende, und ist die Wohnung dann sofort zu räumen. Eine
weitere Befristung hinsichtlich sowohl des Arbeitsverhältnisses als auch
der Räumung ist ausgeschlossen.	Hochachtungsvoll

Der Iustizrat. (Unterschrift.)

Kreis Randow.

Durch Gutsbesitzer Böttcher, Rittergut W a r t i n , 5000 Morgen
groß, wurden Arbeiter gekündigt und schikaniert durch Überweisung in
schlechtere Wohnungen und Entziehung von Milch und anderem Deputat.
Darunter sind Arbeiter, die schon acht und zehn Jahre auf dem Gut tätig sind.
Trotz mehrmaliger Verhandlungen mit dem Schlichtungsausschuß ist keine
Besserung eingetreten.

Aus Gartz a. d. Oder laufen Berichte ein, daß gefangene Russen zur
Arbeit herangezogen werden, obwohl genügend Arbeitslose^vorhanden sind.

In A r m e n h c i d e befindet sich ein Gut der Stad: Stettin. Der
dortige Verwalter Herguth versuchte die Arbeiter in den Landbund zu
bringen und hat geäußert, bis zum Frühjahr werde er alle Arbeiter, die noch
dem Deutschen Landarbeiter-Verband angehören, nacheinander rausschmeißen.
Bezeichnend ist, daß auf dem Nachbargut Luisenhof, wo Herguth vorher war,
seit dem Abschied dieses Herrn die größte Zufriedenheit zwischen Arbeitern
und Gutsleitung vorhanden ist.

Kreis Greifenhagen.

Der Kollege E. N. schreibt uns aus L i e b e n o m : Auf dein Gut Liebe-
now ist am l. Januar 1020 der Lohntarif, welcher zwischen Arbeitern und
Gutsverwaltung am 1. Januar 1010 geschlossen wurde, abgelaufen. Die
Arbeiter sind vorstellig geworden, und da ist ihnen einfach erklärt worden,
sie, die Arbeiter, brauchen, nicht mehr Lohn, sie haben noch soviel übrig, daß
sie 50 Pf. an den Landarbeiter-Perband zahlen können. Also es gibt eben
nicht mehr.

Schlimmer noch sieht es im Ort Liebeno w aus. Der von Vertretern
der Arbeitgeber und Arbeitnehmer im August 1010 abgeschlossene Lohntarif
wird von keinem Arbeitgeber eingehalten. -- Meine Tochter hat bei dem
Bauernhofsbesitzer I. Tühns gedient. Da es ihr nicht mehr gefallen hat,
ist sie am l. Januar >020 andyrweiiio in Dienst gegangen. Die Folge da-
von ist. daß ich die Hälfte meiner Wohnung, also die Küche, die zu gleicher
Zeit Wohnrau!» für meinen kranken IKsährtgen srohn ist, welcher linksseitig
gelähmt ist, räumen soll. Es soll angeblich eine Flüchtliin sfamilie dort
untergebracht werden, trotzdem andere Wohnungen im Ort vorhanden sind.

Ferner sind auf den Gütern Lieben o w und H e i n r i cf) s ö o r f die
Arbeiter von der Gutsverwaltung im Landbund angemeldet. Die Arbeiter
dringen darauf, dort auszutreten. Die Arbeiterausschüsse auf beiden Gütern
sind von der Gutsverwaltung selbst vorgeschlagen und gewählt worden,
natürlich ist kein organisierter Arbeiter dabei.

Auf dem Gut K a r n i tz , Besitzer Frau v. Elbe, sind auf gerichtlichem
Wege zwei >Arbeitersmnilien gekündigt worden, ohne Anführung von Grün-
den. Die,Arbeiter gehören dem Deutschen Landarbeiter-Verband an und
haben sich wegen ihrer Organisationszugehörigkeit mißliebig gemacht.

Kreis Pqritz.

Rittergutsbesitzer Langlet in Gr.-Larzkow hat sieben Familien
gekündigt. Diese Kündigungen wurden vom Schlichtungsausschuß bestätigt.

47

handelt? sondern um Arbeitsunterbrechung unter der Voraussetzung, daß
die Arbeit unter veränderten Verhältnissen fortgesetzt wird. Daher kann
ein Streik nicht unter allen Umständen ein wichtiger Grund zur sofortigen
Auflösung des Arbeitsverhältnisses sein. (Niemals!) Die Verordnung
selbst ist vom Reichsarbeitsminister schon als verbesserungsbedürftig an-
erkannt worden. Es soll auch in den Fällen der Entlassung, die nicht zur
Verminderung der Arbeiterzahl dienen sollen —> davon ist man anfänglich
ausgegangen sich der Schlichtungsausschuß mit der Frage beschäftigen.
Es wird unsere Aufgabe sein, uns mit bestimmten Vorschlägen an die
zuständigen Stellen der Reichsregierung, insbesondere an das Reichsarbeits-
ministerium zu wenden, um weitere Verbesserungen durchzusetzen. Auch
bei der Beratung des Betriebsräte-Gesetzes wird versucht werden, in dieser
Hinsicht etwas zu tun.

Hierauf tritt die Mittagspause ein. Schluß \'A Uhr.

Schmidt eröffnet die Nachmittagsversammlung um 2‘A, Uhr: Wir
bitten um Einsendung des Materials, vor allem der Bekanntmachungen der
Kreisblätter. Der Verbandsvorstand hat sich in der letzten Sitzung damit
beschäftigt, was in Pommern geschehen soll. Wir wollen zwar vorläufig
mit der Besetzung der Gauleiterposten nicht über den Kreis eines Regierungs-
bezirks hinausgehen. Bei den besonderen Verhältnissen in Pommern wollen
wir aber etwas weitergehen. Darum wollen wir die Bezirke Köslin, Stettin
und Stralsund noch in Unterbezirke teilen. Ferner soll in Pommern eine
Zentrale geschaffen werden, die die Presse bearbeitet und die Flugblätter
schreibt. (Lebhafte Zustimmung.) Wir können heute noch nicht entscheiden,
ob' diese Zentrale nach Stettin kommt. Es ist das eine Personenfrage. Im
Januar wird die neue Einteilung erfolgen. Eine Zentrale muß jedenfalls
den Kampf mit dem Pommerfchen Landbund aufnehmen. Dazu gehört ein
Mann, der federgewandt ist. Ferner muß die Verbreitung von Flugblättern
organisiert werden. Wenn in der ländlichen Presse sich irgendwelches
Material findet, dann muß uns das zugesandt werden.

Weiter müssen wir uns mit der Frage der Kündigung beschäftigen. Es
wird immer geredet von Maßregelungen. Wir müssen erwarten, daß wir
über solche Fälle genauer informiert werden, und es müssen dis Namen
angegeben werden und auch die Gpünde angeführt werden, weshalb die
Entlassung erfolgt ist. So schlau sind ja die Junker, daß sie! nicht die Or-
gnnisationszugehörigkeit als Grund angeben. (Zuruf: Das tun sie doch!)
Dann muß auch angegeben werden, wie lange der Kollege auf dem Gut
beschäftigt war. Hätte ich im Sommer oder jetzt bei der Interpellation
in der Landesversammlung reichliches Material über Maßregelungen ge-
habt, dann hätte ich das gedruckt im Hause vorher verbreitet und brauchte
gar nicht in der Rede die einzelnen Fälle auszuführen. — Eine andere
Frage ist die, was wir auf denn Gebiete der Gesetzgebung tun. Da müssen
wir verlangen, daß Kündigungen möglichst hintangehalten werden, daß
Entlassungen nicht ohne weiteres erfolgen können, sondern daß darüber
erst der Schlichtungsausschuß zu entscheiden hat. (Sehr richtig!) Wir
müssen den ß 16 der Landarbeitsordnung bester auslegen. Wenn ein Ar-
beiter stiehlt oder den anderen Arbeiter verprügelt oder dem Arbeitgeber
Prügel androht, dann muß jede Regierung das als Entlassungsgründe an-
erkennen. Aber diese Gründe müssen etwas fester umschrieben werden.
Anderseits meinen wir, man soll nicht alles von der Gesetzgebung verlangen;
denn das hat feine Gefahren, selbst wenn wir statt der Koalitionsregierung

28

Formen hält, bcmjt soll er erst vor seiner eigenen Tür kehren, und seinen«
Sohn erst mal abgewöhnen, im Ton der Flegelsahre mit Arbeitervertretern
zu verkehren. (Sehr gut! bei den Sozdem.)

Das möchte ich auch gegenüber der „Deutschen Tageszeitung" sagen, die
sich berufen glaubte, mir am 14. November 1916 Vorwürfe zu machen, daß
ich mit niederträchtigen Verdächtigungen gearbeitet hätte. Die „Deutsche
Tageszeitung" hat dein „Vorwärts" gegenüber einmal geschrieben, in der
Redaktion des „Vorwärts" sei die Scham schon zu dev Hunden geflohen. Ich
will sagen, daß sich die Redaktion der „Deutschen Tageszeitung" zu dieser
Fähigkeit überhaupt nicht aufschwingen kann, weil Anstandsgefühl auch dem
politischen Gegner gegenüber in den Redaktionsräumen der „Deutschen
Tageszeitung" niemals vorhanden war. (Sehr richtig! bei den Sozdem.)
Man sagt, der Landbund sei eine rein wirtschaftliche Organisation. Ich mache
darauf aufmerksam, daß am 17. Oktober die Kreisgruppe Greifenberg des
Landbundes auf einen Vortrag hingewiesen hat, den der Freiherr v. Wangen-
heim gehalten hat, in welchem dazu aufgefordert wurde, auf d e in Lande
zuverlässige und staatserhaltende Elemente unter-
z »bringen. Ganz besonders wurde darauf hingewiesen, sich dazu an
den „Heimatbund zur Versorgung entlassener Offiziere", Berlin, Schelling-
straße 14/15, zu wenden. Das ist die unpolitische Tätigkeit des Pommerfchen
Landbundes, der doch weiter nichts ist, als ein Ableger des Bundes der
Landwirte. Der Bund der Landwirte ist bei seinen Mitgliedern etwas in
Mißkredit geraten, weil er, wie ich schon anderwärts gesagt habe, wegen der
alldeutschen Politik erblich belastet ist. Viele seiner Mitglieder sind deshalb
stutzig geworden, und deshalb ist man dazu übergegangen, die sogenannten
Landbünde zu begründen, um die Schäflein bei dem Bund der Landwirte zu
halten.

Dann wissen wir auch, daß neuerdings seitens des Landbundes Rund-
schreiben erlassen wurden, in denen dazu aufgefordert wurde, daß jeder
Gutsbesitzer drei Soldaten der Baltikumtruppen bei
s i ch a u f n e h m e n solle, und zwar in gehobener Lebensstellung mit
besserer Bezahlung und besserem Deputat. Wir wissen, daß es Gutsbesitzer
gibt, die sich dagegen gewehrt haben und daß auch das Militär in Pommern
gar nicht der Bauern- und Landarbeiterschreck sein will, und daß ganz be-
sonders die Truppen sich hüten werden, überall auf den Gutshöfen in Stellung
zu treten.

Ferner möchte ich darauf hinweisen, wie man im Landbund selbst ar-
beitet. Da ist von Herrn Johannes Wolff in Stettin — das ist der Führer
der sogenannten Arbeitnehmergruppe — im Landbund ein Schreiben ver-
sandt worden, das vom 28. November 1919 datiert ist. Es heißt darin:

Ich habe mir gestattet, den für den Kreis Greifenhagen geltenden Lohntarif
zu kündigen. Ich halte dafür, daß bei einem Steigen der Produktenpreise not- ,
wendig unsere Löhne steigen müffen, denn die heutigen Löhne reichen nicht aus
zur Bezahlung für Arbeitskleidung. Ich befürchte, daß der Landarbeiter-Verband
nicht kündigt und sich mit den bisherigen Lohnsätzen zufriedengibt, und habe
deshalb aus mir heraus den Tarif gekündigt.

Also hier kündigt der Landbund den Tarif, und wenn der Deutsche Land-
arbeiter-Verband einen Tarif kündigt, schreit man Zetermordio in der Presse
und macht seitenlange Inserate über die Tätigkeit und „Verhetzung" des
Landarbeiter-Verbandes. In der Weife wird in der Arbeitnehmergruppe
des Landbundes gearbeitet. Dieses Schreiben ist verschickt worden, ohne
daß man bei d i e s e m S ch r e i b e n s e h e n kann, ob es vom

64



\J

M£r3^\L£rirT?'& A--

driger als ibie wirkliche Einnahme des Landarbeiters. Die anderen Landes-
teile stützen sich auf den geschriebenen Satz; aber es steht bei ihnen nicht
darin, das; der Höchstpreis bei Nichtlieferung gezahlt wird. Wenn man
Deputatmengen und die wirklichen Deputatpreise eingesetzt hat, dann mutz
man sich fragen, was der Landarbeiter an Barlohn braucht. Man wird
doch vor den Verhandlungen mit den Kollegen Rücksprache nehmen. Das
Resultat der Kreiskonferenz mutz die Unterlage für die Verhandlungen sein.
Wenn dann der Gauleiter diese Forderungen in einem Rahmen zu einem
Tarifmuster verarbeitet hat, dann mutz mau darauf bestehen, datz die Ver-
handlung an Hand dieses Tarifmusters geführt wird. Bei Festlegung der
Barlohnsätze muß man auch die übrigen Arbeiterkategoricn berücksichtigen.
Im Bezirk Pommern habe ich den Tarif für Rügen bearbeitet. Gleich am
anderen Tage mutzte ich feststellen, datz wir die Gutshandwerker vergessen
hatten, ebenso wie die Gutshandwerker selber nicht daran gedacht hatten.
Bei der Festsetzung der Barlöhne muß man also an alle Arbeiterkategorien
denken. . Es mutz darauf hingearbeitet werden, datz das Hofgänger- oder
Scharwerkersystem' aus der Welt geschafft wird. (Lebhafte Zustimmung.)
Der Depuratempsünger oder Jnstmann mutz den Vertrag persönlich für sich
abschlietzen; jeder Hofgänger mutz seinen Vertrag für sich haben. Er mutz
freier Arbeiter werden. Wenn die Arbeitgeber darauf eingehen, können
wir ihnen viel leichter Arbeiter verschaffen. Das muß ihnen gesagt werden.
Genau so muß gefordert werden, daß die Frauenarbeit als Pflichtarbeit
aus dem Tarif beseitigt wird. Damit ist nicht gesagt, daß die Frauen nicht
arbeiten sollen; aber der Mann soll nicht gezwungen werden, einen Vertrag
einzugehen, in dem die Frau mit einbegriffen ist. Damit wird der Zustand
beseitigt, datz Deputatempfänger mit einer kranken Frau keine Arbeit be-
kommen.

Beim Jahreseinkommen wird man ja wirkliche Zahlen bringen, das
Deputat zu den wirklichen Preisen möglichst für jeden Monat, dann die
einzelnen Arbeitergruppen richtig angeben, Beim Tarif in Rügen haben
wir schon den Versuch gemacht. Das wird Widerstand bei den Arbeit-
gebern erzeugen, aber es mutz gemacht werden. Die Höhe des Jahresarbeits-
verdienstes wird dann rechnerisch größer iverden, indem wir die wirklichen
Deputatpreise einsetzen. Das ist aber notwendig, weil man heute bei den
staatlichen Waldarbeitern immer die Verdienste der Landarbeiter als maß-
gebend bezeichnet. Der Waldarbeiter hat aber die Vergünstigung des De-
putats nicht, und er wird geschädigt, wenn das Deputat der Landarbeiter
zu gering bewertet wird. Das Jahreseinkommen der Deputanten ist maß-
gebend auch für die Jahreseinkommen der Freiarbeiter in der Landwirt-
schaft. die durch eine zu niedrige Bewertung des Deputats also gleichfalls

sehr geschädigt werden.

Die Kündigungstermine für viele Tarife sind so gelegt, datz sie im
Januar ablaufen. Das ist die unglückseligste Zeit für die neue Verhand-
lung. Wir müssen danach trachten, das; die Tarife im Frühjahr ablaufen.
Es ist ein großer Unterschied, ob durch einen Skreik die Snatbestellung be-
einträchtigt wird, oder ob im Januar es sich nur um die Düngersuhren,
Drescher, und Holzholen handelt. Die Knndigungszeit unserer Landarbeiter
an sich ivird in Ostpreußen für den l. April gewünscht. Bei der jetzigen
Ziehzeit Ivird die Hackfrnchterute beeinträchtigt, und auch für den Arbeiter
liegt das Frühjahr als Ziehzeit, günstiger.

Unsere Gauleiter dürfen es sich nicht verdrießen lassen bei de» Ver-
handlungen über die Kreistarife persönlich anwesend zu sein. Man hat
Kreistarife abgeschlossen, wo weder Gauleiter noch Kreisvertrauensmann

34

Die nachfolgenden Tarisverhandlungen haben -dann zu einem einiger-
maßen befriedigenden Abschluß geführt. Ein himmelschreiendes Unrecht ist
r-s, daß die sogenannten freien Arbeiter schlechter gestellt wurden, als die
Deputatarbeiter. Sie sind von der Witterung viel mehr abhängig als die
anderen Arbeiter. Es gab eine ziemliche Unruhe. Mit der Anrufung des
Schlichtungsausschusses vergingen Monate. An einigen Stellen haben sie
ganz leidlich gearbeitet, an anderen so gut wie versagt, insbesondere da,
wo Vertreter des Christlichen Zentralverbandes als Beisitzer waren. —
Bei den Kündigungen und Entlassungen gehen die Arbeitgeber ganz schlau
vor, sie machen das einzeln, so daß man es dem Landbund nicht unterschie-
ben kann. Aber wir sind doch darüber klar, daß der Landbund dahinter
steht. Im Herbst wurden unsere Leute während der Hackfrucht-Ernte ent-
lassen und in einigen Tagen fremde Arbeiter, Ausländer, eingestellt. Da-
durch kam dann die Feindschaft gegen die fremden Arbeiter, woraus. sich
ein Streik entwickelte, an dem 18 Güter beteiligt waren, der nach fünf
Tagen endlich beigelegt werden konnte. Graf Bismarck-Bohlen hat ver-
sucht, dem Landbund den Rücken zu stärken. Es wurde ein deutschnationa-
ler Anwalt zu den Verhandlungen hinzugezogen. Sonst wären wir schon
früher zu einem Ergebnis gekommen, aber der Jurist hat es stets verstan-
« den, die Sache hinauszuschieben.

Eine ständige Beunruhigung wird dadurch hervorgerufen, daß die Ar-
beitgeber mit Waffen versehen sind und sie nicht ausliefern. Ein klarer
Standpunkt in dieser Sache besteht nicht. Wenn die Regierung von vorn-,
herein das Pommersche Milieu besser berücksichtigt hätte, schon im Frühjahr
bei den Wahlen zu den Kreistagen, so wäre das Bild heute ein besseres.
Jetzt suchen die Junker mit allen Mitteln die Regierung zu untergraben,
sie-möchten ihre Gewalt von früher wieder ausrichten. Dazu wollen sie sich
der Landarbeiter bedienen. Daraus erklärt sich die Aeußerung des Herrn
von Wangcnheim, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer in einen einheitlichen
Bund zusammen gehören.

Die abgeschlossenen Tarifverträge werden von den Arbeitgebern vielfach
nicht eingehalten Trotzdem der Tarif im Kreise Greifenberg 2300 Mk.
festgelegt bat, gibt es noch Güter, bei denen im Frühjahr der 'Barlohn
nur 2200 Mk. betrug und auch das Deputat war geringer, als wie es aus-
gemacht war. Solche Verhältnisse tragen natürlich zur Beunruhigung der
Arbeiterschaft bei. Dazu kommt die Behandlung der Landarbeiter. . Ich
selbst habe den Fall erlebt, daß ein Arbeitgeber die Leute mit einer Pistole
bedroht hat. Durch solche Dinge wird die Empörung natürlich nicht ge-
ringer. Nebenher gehen die Verhandlungen der Kreisvertrauensleute
mit den einzelnen Arbeitgebern über die zu liefernden Naturalien. Auch
da sucht man mit alln Mitteln das zu hintertreiben, was vertraglich ver-
einbart wurde. Mit allerlei Kleinigkeiten wird da eine Nadelstichpolitik
von den Gutsherren getrieben, die keine Beruhigung in die Arbeiterkreise
hineinkommen läßt. '3m Kreise Rügen ist am geschicktesten von den
Kollegen bei den Tarifäbschlüssen gearbeitet worden. Es wurde dort
große Ruhe bewahrt. Aber da haben die Arbeitgeber gerade er-
klärt, sorgen Sie möglichst dafür, daß der Tarif nicht znm Januar ab-
läuft; die Arbeitgeber werden nicht kündigen, wenn nicht von der an-
deren Seite gekündigt wird. Im Kreise Franzburg wurde aber der Tarif
doch zum 1. Januar gekündigt. Natürlich haben wir dann die anderen
Kreise auch sofort gekündigt. Diese ganzen Maßnahmen zeigen uns, mit
welchem kleinlichen Vorgehen wir zu rechnen haben. Die Gefahr steht
erst im kommenden Frühjahr bevor. Wenn die Tarisverhandlungen

21

Lankow, den 22. Juni 1919.

Der Arbeitgeber zahlt außer dem tarifmäßigen für den hiesigen Kreis
bindenden Vertrag, laut welchem der erste Mann jährlich 2490 Mk., der
erste Hofgänger 850 Mk. usw. erhalten sollen, nach beendeter Getreide-
ernte 100 Mk., und nach beendeter Hackfruchternte abermals 100 Mk. an
jede Familie.

Außerdem soll jede Familie noch eine Cxtrazulage von 10 Zentner
Kartoffeln erhalten. Dafür verpflichten sich die unterzeichneten Arbeit-
nehmer, die ihnen übertragenen Arbeiten willig zu verrichten und nament-
lich die im Tarif vorgesehene Arbeitszeit, wonach beispielsweise in der
Sonnenwende, täglich elf Stunden gearbeitet werden müssen, unverzüglich
einzuhalten.

Auch will der Arbeitgeber, bei zufriedenstellender Leistung, von einem
Abzug des Deputates für die Streiktage, ganz entschieden Abstand nehmen.

Bei ungünstiger Witterung will sich der Arbeitgeber mit lOt^stündiger
Arbeitszeit einverstanden erklären.

gez. Hoppenrath.

gez.: Brandt, Hein, Teich, Urban, O. Wiese, Barkow,

Wardin, Stengert, Kornett, Wiese und Haß.
Nachdem die Ernte re st los eingebracht worden war
und die Arbeiter den Gutsherrn an das Versprochene
erinnerten, erklärte der Gutsherr: „er pfeife auf hie
Vereinbarung".

Welche ungeheure Erregung solche Maßnahmen in den Kreisen der Land-
arbeiter auslösen, braucht nicht näher erörtert zu werden. Verschlimmert
wird dieser Zustand noch dadurch, daß der Vertrauensmann D. aus Schivel-
bein, der mit den einzelnen Gutsbesitzern über diese Frage verhandeln
wollte, wozu er durch die Arbeiter autorisiert war, wegen Hausfriedensbruchs
angeklagt und in einem Fall mit 150 Mk. Geldstrafe bestraft worden ist,
während der Amtsanwalt 20 Mk. Geldstrafe beantragt hatte.

Kreis Lauenburg.	Adolf Decker.

Der Arbeiter A. M. in Vietzig b. Freest, Kreis Lauenburg, Pommern,
Kassierer unserer dortigen Zahlstelle, hat zuür 1. April 1920 seine Kündigung
erhalten. Besitzer ist v. Weiher in Vietzig. Gegen M. ist seitens des Be-
sitzers v. Weiher die Räumungsklage erhoben worden. Außerdem sind noch
weitere acht Arbeiter gekiindigt worden, ohne Grund und Ursache. Alle sind
Mitglieder des Deutschen Landarbeiter-Verbandes.

Kreis Kolberg-Körlin.

Gutsbesitzer Mengel hat am 22. September drei Arbeiter entlassen mit
der Bemerkung, das Essen für diese Arbeiter werde ihm zu teuer. Es handelt
sich um Unverheiratete, die auf dem Gute verpflegt wurden. Dieser Guts-
besitzer hat inzwischen 50 Polen eingestellt. Mengel hat im Sommer dieses
Jahres versucht, einen Kreisvertrauensmann bei Tarifverhandlungen mit
einem Geschenk von 50 Mk. zu bestechen.

Resolution der Kollegen des Kreises Kolberg-Körlin.

Die am 4. Januar 1920 in G r. I e st i n und F r i tz o w , Kreis Kolberg-
Körlin, von Uber 500 Kollegen besuchte Kreisgeneralvcrsammlung des
D. L.-P. beschließt einstimmig:

Den Verbandsvorstand zu ersuchen, mit allen Mitteln gegen die über-
handnehmenden Entlassungen der organisierten Kollegen mit aller Schärfe
vorzugehen.

51

Der Verbandsvorstand ist voll im Bilde, wie die Dinge liegen. Vertrauen
Sie dem Verbandsvorstand, lassen Sie ab von den einzelnen Unternehmun-
gen! Es gibt nichts schlimmeres in.der Arbeiterbewegung als die Zerrissen-
heit. Wenn wir herausgefordert werden, wollen wir den Schlag aber auch
so führen, daß er wirksam ist.

Die Verordnung vom 3. September muß geklärt werden. Es heißt da
im § 14: Bor jeder Kündigung hat der Arbeitgeber sich mit dein Arbeit-
nehmer-Vertreter oder der Mehrzahl der Arbeitnehmer ins Benehmen zu
setzen. Die Wirksamkeit dieser Kündigung ist nicht von der Erfüllung dieser
Pflicht abhängig. Diese Bestimmungen sind von dem Schlichtungsausschuß
zu unseren Ungunsten ausgelegt. Wir müssen verlangen, daß gesetzgebende
Körperschaften hier Klarheit schaffen. Im Interesse der Volkswirtschaft
müssen die Dinge in ruhige, vernünftige Bahnen gebracht werden. Heute
arbeiten die Großgrundbesitzer bewußt der Regierung entgegen, sie erklären
die Verordnungen der Regierung für ungesetzlich, die Regierung sei über-
haupt keine gesetzliche Vertretung. Da müssen wir verlangen, daß die Re-
gierung sich durchsetzt und auch diese Leute, die weit schwerer unser Wirt-
schaftsleben gefährden, zu fassen sucht. Vor allem ist dazu notwendig, eine
starke, geschlossene Arbeiterschaft. Wir müssen alles tun, daß die Organi-
sation nicht erschüttert wird, sondern immer mehr in die Tiefe geht. Dann
werden wir auch in der Lage sein, den Schlag so zu führen, wie es im
Interesse der Landarbeiter liegt. (Bravo!)

Vors. Schmidt macht darauf aufmerkam, daß noch 16 Kreisvertreter
eingetragen sind und ersucht die Kollegen, ihr Material dem Verbandsvor-
stand schriftlich mitzuteilen, es iverde dann bei Herausgabe des Protokolls
mitverwendet werden.

G o e b e l - Stralsund: Wenn wir im Juli den ersten Streik im Kreise
Franzburg bekommen haben, so lag das nicht an der Arbeiterschaft, sondern
an der andern Seite. Da mir der Arbeitgeber-Verband nicht bekannt war,
sondern nur der Pommerschc Landbund, habe ich zunächst den Landrat von
Franzburg ersucht, den von uns eingereichten Tarif den Arbeitgebern zu
übermitteln. Da meldete sich dann der Landbund als Arbeitgeber-Organi-
sation und verlangte von uns, daß wir ihn auch gleichzeitig als Arbeit-
nehmer-Organisation zulassen. Das habe ich natürlich abgelehnt. Die Ar-
beitnehmer, soweit sie im Landbund organisiert sind, sind ja doch keine
selbständige Organisation, sondern werden von ihren Arbeitgebern ausge-
halten, und sollen natürlich im Sinne der Arbeitgeber handeln. Es wurde
der Schlichtungsausschuß in Stralsund angerufen, der dann auch entschie-
den hat, daß der Landbund natürlich nur als Arbeitgeber-Organisation
zugelassen werden könne. Auf Grund dessen haben mir dann verhandelt.
Nachdem die Verhandlungen besonders, auch wegeuWer Arbeitszeit abge-
brochen wurden, haben die Herren sich Bedenkzeit von acht Tagen erbeten.
In der nächsten Sitzung kam es auch zu keinem Resultat, weil nun durch
den Landbund ganz andere Verhandlungsvertreter hinzugezogen wurden,
die das rückgängig gemacht haben, was in der vorigen Verhandlung festge-
legt war. Darüber war die Empörung draußen in den Landarbeiter-
kreisen, speziell im Kreise Franzburg, sehr groß. Das war den Arbeit-
gebern natürlich bekannt geworden. Man hatte offenbar schon vorher mit
einem Streik gerechnet. Es ist ja auch bekannt, daß der Belagerungszu-
stand in Pommern nicht mit Willen der Regierung gekommen ist, sondern
durch das Generalkommando. Man ging eben von dem Bestreben aus,
die ganze Schuld dem Landarbeiter-Verband in die Schuhe zu schieben.

20

Schmidt: Ihr überlaßt es wohl dem Verbandsvorstand, aus dieser
Debatte die Nutzanwendung für die Einteilung in Pommern zu ziehen?
Wir müssen dabei ja auch die Wohnungsverhältnisse berücksichtigen. Wenn
wir den Bezirk Stettin nicht trennen, so liegt es doch anders bei dem Bezirk
Köslin, zu dem ja auch die westpreußischen Bezirke kommen.

Löhrke - Berlin: Die Tariffrage spielt für uns in den kommenden Mo-
naten wohl die allergrößte Rolle. Die Regelung der Arbeits- und Lohnver-
hältnisse der Landarbeiter muß ja tariflich geschehend Sie sind hier aus
einem Landesteil, in. dem man sich gegen den Abschluß der Tarifverträge
am meisten gewehrt hat. Die Hommerschen Arbeitgeber haben genau er-
kannt, welche große Gefahr für sie der Tarifabschluß ist, weil er den ersten
Steinaus dem Gebäude ihrer Macht bricht. Wir haben aber bei Abschluß
von Tarifverträgen auch mit Widerständen zu rechnen aus den Reihen der
Arbeitnehmer, die Ansprüche stellen, die wir sehr oft nicht befriedigen kön-
nen. Die Väter dieser Ansprüche sind in den meisten Fällen einzelne Per-
sonen, die ihre Gedanken in die Landarbeiter hineintragen, um eine Zer-
rissenheit der Organisation Herbeizuführen. Wir Funktionäre müssen also
auch draußen den Mut haben, in Versammlungen und Konferenzen den
Kollegen zu sagen, was ist. Es liegt die Stärke eines Gauleiters und Ver-
trauensmannes nicht darin, daß er zu allen Ansprüchen der Mitglieder ja
sagt, sondern daß er überlegt und nach ganz bestimmten Grundsätzen han-
delt und unter Umstünden auch den Kollegen entgegentritt. Was wir bisher
an Tarifen haben, ist Stückwerk, geboren aus dem Uebergang. Wir hatten
nicht die nötigen Unterlagen für unsere Aufgabe, hatten aber einen
Gegner, der in der ersten Zeit nach der Revolution von vornherein zu
Unterhandlungen bereit war. Nur in Pommern hat man sich von vorn-
herein gegen die Tarife gewehrt. In Zukunft werden wir mit einer noch
viel größeren Gegnerschaft bei den Unternehmern zu rechnen haben. Wir
dürfen nicht vergessen, daß bei den Arbeitgebern die Organisation schneller
und durchgreifender von statten geht wie bei uns. Sie kämpfen mit allen
Mitteln um ihre Macht. Es kommt nun darauf an, was wir bei den neuen
Tarifverhandlungen zu beachten haben. Bei der Arbeitszeit dürfen wir
uns nicht von Phrasen leiten lassen, sondern müssen auf die wirtschaftlichen
Notwendigkeiten der Landwirtschaft Rücksicht nehmen. Es ist nicht nichtig,
daß man bei der Arbeitszeit absolut den achtstündigen Durchschnitt nehmen
muß. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß die zehnstündige Arbeitszeit als
Höchstarbeit genügt. Die Abstufung auf niedrigere Arbeitszeiten muß dein
Tarifvertrag überlassen bleiben, und die Arbeitszeit für die einzelnen Mo-
nate muß im Tarifvertrag festgelegt werden. Das Wort „nach freier Ver-
einbarung" muß heraus. Die Arbeitszeit muß im_ Tarif zuerst geregelt
werden. Die letzten Tarife waren zum großen Teil aufgebaut auf dem
Satz: Das Mindestjahreseinkommen des Landarbeiters beträgt so und fo
viel. Ich stehe heute auf einem anderen Standpunkt. Erst müssen. wir
untersuchen: was muß der Landarbeiter als Deputat haben und was an
Barlohn? Dann ergibt sich das Jahreseinkommen von selbst. Beim De-
putat müssen wir versuchen, die Mengen im Tarif festzulegen. Dann hat
der Landarbeiter etwas Greifbares, und man kann dann auch den Barlohn
festlegen. Wo man nur Preise festlegt für das Deputat statt die Mengen,
wird der Vertrag außerordentlich dehnbar. Bei den Deputaten muß man
ferner die wirklichen Preise einsetzen. Es ist eine Vorspiegelung falscher
Tatsachen, wenn wir in den Tarif das Brotgetreide mit l5 Mk. einsetzen,
wie heute in Ostpreußen. In Ostpreußen gibt es bei der Nichtlieferung
den Höchstpreis. In Wirklichkeit ist aber der geschriebene Sah viel nie-

Einleitung.

Im Verlauf des Jahres 1919 gelang es fast in allen landwirtschaftlichen
Gebieten Deutschlands in Verhandlungen mit den Unternehmern durch Tarif-
verträge das Arbeitsverhältnis der Landarbeiter umzugestalten. Eine Aus-
nahme von dieser Regel bildete die Provinz P o m m e r n. Mit Ausnahme
des Kreises Rügen, wo bereits zu Beginn des Jahres 1919 der erste Tarif-
vertrag in der Landwirtschaft abgeschlossen wurde, machte sich überall, vor
allem aber in Hinterpommern der heftigste Wlderstanr gegen eine tarif-
vertragliche Regelung des Verhältnisses zwilchen Arbertgeber und Urbert-
nehmer geltend.

Die Seele dieses planmäßig geführten Kampfes gegen die Verbesserung
der Verhältnisse landwirtschaftlicher Arbeiter war von Anfang an der
P o m m e r s ch e L a n d b u n d. Diese pommersche Organisation ,st ebenso
wie in anderen preußischen Provinzen, eine Gründung der um ihre in,
Schwinden begriffene" Macht besorgten Führer des Bundes der Landwirte.
Wie in keiner anderen Provinz hat sich der Landbund m Pommern «ruck-
Rchfclnfp SBpfnmnfurta der Organisation der ^anda»beiter zur Aufgabe ge-
macht Meskannte er um so mehr, weil ihm die Einrichtungen der Land-
wirtschaftskammer für die Provinz Pommern für seine Treibereien zer Ver-
fügung gestellt und in dem reaktionären Offizierkvrps das in Pommern
stationiert war, eine willfährige Gehe,morganisat,°n entstand

Die Schwierigkeiten rissen in der Folge in Pommern nicht ab. Sie stei-

IfjV<A	S4TOS

qrrhnftc' ;u der offenen Revolte hinterpommerscher

m b«n Spats«,b[t Stnein -
.	Eein Zufall, d ß	j«tAiten waren. Überall sonst in Deutsch-
eigentlich nur in Pommern Z »	’ bcrftcn. Die deutschen Landarbeiter

and gelang es, die Ernte fas s Ernährungslage des deutschen Volkes
sind einsichtig genug, die sch 9 ®enn trotzdem in Pommern die
nicht zu einer Katastrophe zg> -	. ^ ^icht abreißen wollten, so

««wilden Streiks in landwirtschaftlichen M urschen Iunkerfronde zu
'st dies dem w°h überlegten Vorgehen ^ ^m Chaos überliefern und
«?£ ».SmI fluchbeUSen«	toieS«, opfruSten a,ili.

: um »m,»**«»’KJÄT.S SU iÄ

^'9en, und die Regierung un	hatte der Vorstand des Deutschen

aufmerksam zu machen, die von dort b'c; 1919 eine Konferenz seiner
-andarbeiter-Verbandes 'gegei 2 Bauleiter noch Berlin einberufen. Aus
pommerfchen Vertrauensleu e nminenlunft ging klar hervor, daß man in
den Verhandlungen auf dieser 3 1 ■ gegenwärtig stark genug fühlt, den
den agrarischen Kreisen Pommern> stch gegen	Zunehmen. Die

Äampf um die Wiederaufrichtung der Landarbeiter-Verbandes zu War-

Berechtigung der Vertreter des Deut,chen r-a»	s

zu tun haben. Wir sind neugierig, was sich daraus weiter entspinnen wird.
In Greifenberg haben die Regierungsvertreter gesagt, daß Maßregelungen
wegen des Streiks nicht stattfinden werden. Heute aber liegen schon 180
Entlassungen im Kreise Greifenberg vor. Wir dürfen das nicht zulassen,
der Pommersche Landbund würde völlig freies Spiel bekommen. In
Grcifenberg ist die Hochburg der Pommerschen Landbündler. Der Ge-
schäftsführer Dr. Wolfgramm hat in seinem Hause ein Maschinengewehr. Der
Behörde ist davon Meldung gemacht, es ist ihm aber bis heute noch nicht
abgenommen. Wir haben auch die dortigen Vorgänge genügend in die
Presse gebracht, aber es wird nichts getan. Der Landbund hat freies Spiel,
uns werden stets Steine in den Weg gelegt. Wir werden vom Lundbund
oben schwarz gemalt, es wird erklärt, wir seien Bolschewisten.

Die Regierung ist noch leider viel zu schwach, wenn sie von ihren Macht-
mitteln Gebrauch gemacht hätte, würden die Pommerschen Junker nicht so
frech werden. Wenn die Regierung ihre Stellung nicht gefährden will, muß
sie hier so schnell wie möglich zufassen, damit den Pommerschen Junkern be-
wiesen wird, daß wir setzt zu bestimmen haben nicht die Reaktion. Der Pom-
mersche Landbund sagt, er sei eine wirtschaftssriedliche Organisation. Gewiß,
soweit sich die Arbeiter unter seine Bestimmungen fügen. Man verfolgt nur
reaktionäre Pläne. Eine besondere Organisation für die Landarbeiter ist
genau so notwendig, wie für die Industriearbeiter. Ma sagt, die Landarbeiter
seien zum Teil Selbstversorger. Wenn aber heute unsere Landarbeiter ent-
lassen werden, so verlieren sie auch das Stück Acker, das sie zur Bearbeitung
haben. Man spricht von bolschewistischen Unruhen. Ich möchte sagen, wenn
die Regierung nicht energisch von ihren Machtmitteln gegenüber den reak-
tionären Plänen des Pommerschen Landbundes Gebrauch macht, dann
müssen wir ihr den Vorwurf machen, daß sie Bolschewisten großzieht. Das
geschieht nur dadurch, daß den Arbeitern nicht zu ihrem Recht verholfen
wird.

Wir können erfreulicherweise feststellen, daß wir unsere Landarbeiter
nicht durch Zwang organisiert haben. Wir haben jetzt 19 000 organisierte
Kollegen im Bezirk. Wenn wir nicht so mit Arbeiten überhäuft wären,

hätten wir noch viel mehr......Aus einem Schriftwechsel mit dem Poinmer-

schcn Landbund (der Redner verliest ihn) geht hervor, daß nicht wir allein
der Ansicht sind, daß die jetzigen Löhne der Landarbeiter niedrig sind, son-
dern auch der Pommersche Landbund. Dann ein Wort über den Streik.
Wer unser Wirtschaftselend kennt, wird die Streiterei heute für verwerf-
lich erklären. In Greifenberg haben wir cs durchgeführt, daß, wenn die
Kollegen streiken, das Bieh gefüttert wird. Das ist auch überall geschehen
Als die Kollegen sich deshalb erlaubten, auf dem Hof zu erscheinen, um das
Vieh zu füttern, sind sie nachher e i n g e s p e r r t u n d sofort ent-
lassen worden; auch ist sofort der Gendarm er-
schienen. Ich werde noch das Material beibringen, damit gegen ihn
eingeschritten und er seines Postens enthoben wird. Dieser Gendarm hat
sich erlaubt, fünf Kollegen festzunehmen. Wir haben dem Re-
gierungsvertreter gesagt, wenn die Leute nicht sofort freikommen, lehnen
wir jede Verhandlung ab. Der Landrat hat dann dafür gesorgt, daß die
Leute sofort freigelassen wurden. Hier hat auch M i l i i ä r e i n g e-
griffen. Auch in allen anderen Kreisen ist festzustellen, daß sofort Mili-
tär verlangt wird, wenn wir irgendwelche Lohnforderungen stellen, lieber
die Bestimmung, daß die Sache erst an den Land-
rat gebracht werden m u ß, s e tz t m n n sich k u r z h i n-
weg und fordert einfach bei der nächsten Zent Male

16