71 nicht von „der" Kaufkraft des Geldes und ihrer Veränderungen sprechen kann, wenigstens nicht, wenn man damit irgendwelche tauschwirtschaftliche Erscheinungen erklären will. Denn nicht das Geld, sondern die Einkommen kaufen die Güter, und wenn einige Preise steigen, können zwar manche mit ihrem Einkommen weniger kaufen, die „Kaufkraft" ihres Einkommens ist also gesunken, aber den gleich gebliebenen Preisen gegenüber nicht „die" Kaufkraft des Geldes. Andere aber erzielen infolge der Preissteigerung höhere Einkommen und bewerten infolgedessen die Geldeinheit geringer. Doch hat es keinen Sinn, zu sagen, daß für sie die Kauf kraft des Geldes gesunken sei. Mit alledem ist über die Vorgänge im tauschwirtschaftlichen Organismus nichts erklärt. Statt von Kaufkraft des Geldes, was immer eine objektive Fähigkeit bedeutet, die es im Wirtschaftsleben nicht gibt, spricht man besser von Schätzung der Einkommen oder der ihnen zu grunde liegenden Rechnungseinheit, wobei der subjektive Charakter nicht mißverstanden werden kann. Man erkennt aber, daß es keine Untersuchung der Preisveränderungen geben kann, ohne daß man zugleich auch die Einkommensveränderungen beachtet, und ins besondere die Einwirkungen auf die Preise von der Geldseite aus find nur zu erkennen unter Berücksichtigung der Einkommen. Denn wenn man die engen Beziehungen zwischen Preisen und Einkomme,» erkannt hat, was aber mit der bisherigen Preis- und Einkommens lehre ganz unmöglich war, dann wird klar, daß eine Einwirkung auf die Preise von der Geldseite her überhaupt nur durch die Einkommen möglich ist, nur dadurch, daß die Geld vermehrung neue oder gesteigerte Erträge, Einkommen bedeutet. Dieser Sah ist eines der auch praktisch wichtigsten Er gebnisse der klareren Einsicht in die tauschwirtschaftlichen Zusammen hänge, wie sie durch meine Wirtschaftstheorie vermittelt wird. Die Geldvermehrung wirkt nicht automatisch, so daß von selbst und proportional die Preise steigen, wenn der Staat die Notenpresse in Bewegung seht; das ist die unsäglich naive mechanische Auf fassung der bisherigen technisch quantitativen Wirtschaftstheorie, wie sie I. Fisher mit seiner verbesserten Quantitätstheorie noch neuestens ins Extrem getrieben hat. Sie wirkt auch nicht infolge progressiv sinkenden Vertrauens zum Staatsgelde, das dieser dann immer billiger anbietet und das dann einen immer >nehr sinkenden Kurs erhält; das ist die ebenso naive „Erklärung", die man mangels