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mittet zu übertragen. Mindestens können so später aus dem regu 
lären Tauschverkehr zu erwartende Erträge bzw. Forderungen auf 
sie schon für eine gewisse Zeit vorweggenommen, übertragen 
und so verwertet werden, bevor sie auf Grund von Amsähen und 
Leistungen in, Tauschverkehr wirklich verfügbar werden. Kredit 
wird eben nicht nur mit schon vorhandenem Geldkapitat *) d. h. 
schon bestehenden Forderungsrechten auf Erträge, gewährt, son 
dern er kann auch auf Grund späterer Kapitalbildung, erst 
durch Leistungen im Tauschverkehr zu schaffender Erträge gewährt 
werden. So kann im gewissen Sinne durch den Kredit Kapital 
künstlich geschaffen werden. 
Solche Fälle sind das Aberziehen von Guthaben und der 
Akzeptkredit der Banken. Diese Kredite werden, sofern sie nicht 
aus dem eigenen verfügbaren Kapital der Banken fließen, rein 
rechnungsmäßig gewährt auf Grund erwarteter, später eintreffen 
der Depositengelder der Kunden oder sonstiger der Bank zufließen 
der Gelder oder Erträge aus deren Erwerbstätigkeit. Daß eine 
solche vorübergehende Ausdehnung des Kredits für sich allein preis- 
fteigernd wirken könne, ist kaum anzunehmen. Aber sie pflegt ge 
wöhnlich in Zeiten aufsteigender und stark spekulativer Konjunk 
turen vorgenommen zu werden, wenn viele Einkonunen steigen und 
schon an sich eine starke Tendenz zu Preissteigerungen vorhanden ist. 
Diese mag die Anspannung des Kredits dann noch verstärken. 
Äier liegt dann jene Äberspannung des Kreditwesens vor, welche 
eine künstlich vernrehrte Kaufkraft schafft, damit die Preissteige 
rungen verschärft und den Konjunkturumschlag zu beschleunigen 
vermag. 
Diese Fälle einer Kreditüberspannung sind wohl zuerst von 
v. Beckerath und von v. Schulze-Gaevernih in ihren Schrif 
ten: „Kapitalmarkt und Geldmarkt" bzw. „Die deutsche 
Kreditbank" im Grundriß der Sozialökonomie, Bd. VI, Jena 
1916, erkannt worden. Sie unterscheiden, wie ich schon in „Geld 
und Gold", S. 169 ff., ausgeführt habe, reale und formale Kauf 
kraft, sind jedoch dabei noch zu sehr im Banne der quantitativ- 
materialistischen Auffassung und kommen wegen des Fehlens des 
Ertragsgedankens und einer darauf beruhenden geschlossenen Er- 
Für den Kapitalbegriff und seine verschiedenen Arten muß ich hier 
«uf Teil V b des I. Bandes meiner „Grundsätze der Volkswirtschaftslehre", 
Stuttgart 1916, verweisen.