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in diesem materiellen Sinne, sondern die Einkommen die Güter 
kaufen, knüpfen sich die geldpolitischen Aufgaben des Staates auch 
an die Einkommen und bestehen in der Verhinderung starker 
Einkommenssteigerungen und Einkommensverschiebun- 
gen. Das konnte man allerdings mit der bisherigen materialisti 
schen Geldlehre und der ihr entsprechenden materialistischen Wirt 
schaftstheorie nicht erkennen, die über den Zusammenhang zwischeir 
Geld, Preis und Einkommen nur ganz unklare Vorstellungen hatte. 
Jedenfalls sollte man solche Argumentationen, wie man sie 
heute unendlich oft nicht nur in der Tagespresse, sondern auch in 
der wissenschaftlichen Literatur und vor allem auch in amtlichen 
Denkschriften und Berichten liest, daß in Deutschland keine Inflation 
vorhanden sei, weil der Verkehr die neuen Zahlungsmittel brauche 
und alle von ihm aufgenommen seien, in Zukunft unterlassen. 
Namentlich in amtlichen Auslassungen und Denkschriften, etwa in 
solchen der Reichsbank, machen sie einen sehr schlechten Eindruck. 
Denn sie geben der Vermutung Raum, daßchie amtlichen Stellen 
nicht die mindeste Vorstellung davon haben, worauf es bei den 
Problemen der Geldvermehrung ankommt. And wenn die leitenden 
Persönlichkeiten sich dabei, wie gesagt, auch mit Recht auf die - 
Mängel der bisherigen Wissenschaft berufen können, so haben doch 
auch sie die Pflicht, sich über die Fortschritte der Wissenschaft zu 
informieren. —- 
Mit dem Gesagten ist nun auch Klarheit über den Begriff 
der Inflation geschaffen, über den noch infolge mangelnder Ein 
sicht in die tauschwirtschastlichen Zusammenhänge sehr sonderbare An 
sichten bestehen. Es hat natürlich keinen Sinn, jede Geldvermehrung 
lchon als Inflation zu bezeichnen oder sie als „Übersättigung" 
des Verkehrs mit Zahlungsmitteln, als „übermäßige" Ausgabe 
von Zahlungsmitteln zu „definieren", wie es noch neuestens ge 
schehen ist. Damit ist nichts erklärt. Sondern Inflation ist nichts 
anderes als der Einfluß der Geldvermehrung aus die 
Preise. Dabei ist natürlich der Begriff des Geldes und 
der Geldvermehrung vorher festzustellen. Das ist nur mit einer 
allgemeinen Wirtschaststheorie möglich, und aus ihr, also aus 
der Preis- und Einkommenslehre ergibt sich dann auch, wann 
und unter welchen Bedingungen ein solcher Einfluß der 
Geldvermehrung aus die Preise sich vollzieht. Grundlegend 
lst für das Inflaüonsproblem die Erkenntnis, daß es nicht