31 tung roh sein — sicher ist sie das ja — so kann man doch, was aus ihr abgeleitet wird, nicht einfach als spekulativ und unwissenschaftlich verwerfen. In der Analyse des Denkprozesses als solchen wurde meines Wissens nicht viel geleistet. Er war noch ein vorwiegend metaphysisches Problem. Auch die Logik im engeren Sinn kam nicht wesentlich weiter und noch bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts herrscht die alte Scholastik der Schlußlehre — noch John St. Mill studierte Logik an Du Trieu’s manu- ductio ad logicam, die ganz mittelalterlichen Geist atmet. Desto mehr aber geschah in der Erkenntnis theorie, namentlich durch Hume. Seine Erkenntnis, daß die Kausalbeziehung nichts ist als eine speku lativ überschätzte Zeitfolge von Erscheinungen, ist nur einen Schritt von der soziologischen Erkenntnis theorie entfernt, die sich heute ankündigt. Allein dieser Schritt — nämlich das Begreifen der Art und Weise, wie aus zeitlicher Aufeinanderfolge psychisch jenes festere Gebilde wird, das wir Kausalrelation nennen, aus den Notwendigkeiten, unter denen die soziale Gruppe lebt — wurde meines Wissens nicht gemacht. Es mag befremden, wenn ich jetzt die Leistungen jener Zeit auf dem Gebiet der Ästhetik übergehe. Könnte man doch das 18. Jahrhundert das ästheti sche nennen! Im Leben wie im Denken kehrte man damals den ästhetischen Gesichtspunkt hervor, um das Leben zum Kunstwerk und das Kunstwerk lebendig zu machen — und das ästhetische Moment hat dieses Jahrhundert unserem Kultur System ver