83 man will den Rechtssatz, den Rechtszustand, die Rechtsanwendung als soziale Phänomene wissen schaftlich — analytisch — theoretisch verstehen. Was heißt das Andres, als daß unsere Zeit losstürmt auf das Ziel einer theoretischen Wissenschaft vom Recht, für die die Rechtsgeschichte nicht mehr sein kann als eine der Hilfswissenschaften, für die ein Gesetz buch oder ein historisch gegebener Rechtszustand nur Material oder Objekt der Analyse ist auf Grund einer Theorie des Wesens und der sozialen Bildungs gesetze des Rechtsphänomens, die allgemein und un abhängig von jeder solchen konkreten Erscheinungs form — abstrahierend von deren Besonderheiten — erfaßt werden kann? Oder: Haben wir etwa eine historische Ethik in dem Sinn einer Masse von historischen Detail forschungen? Gewiß haben wir auch historische Detailforschungen, und sie bieten uns unentbehrliches Material. Aber sie sind nur Material für uns, und alle Arbeit der Zeit gilt dem Aufbau einer Theorie des Phänomens, einer Soziologie und Psychologie der Ethik vor allem. Wir haben heute — abgesehen von der metaphysisch - philosophischen und normativen Ethik — zunächst eine Genesis der moralischen Ge fühle, eine Art theoretischer Geschichte derselben. Sodann eine ethische Sozialpsychologie, die sich mit der Untersuchung der psychischen Erscheinungen befaßt, die sich um die ethischen Normen ranken. Weiters eine Theorie der sozialen Funktion und des Wesens der ethischen Tatsachen. Nach dem Material geordnet, kann man von einer historischen, ethnologi- 6*