10 Einleitung. mäßigen Zustand zu entwickeln begann und solche wirtschaftliche Störungen häufiger und in bestimmten Abständen auftraten. Zwar kamen auch schon in den Zeiten, in welchen die eben dar gelegte Entwicklung noch in den Kinderschuhen steckte, solche Störungen im Wirtschaftsleben vor, auch schon solche, welche durchaus den Charakter von Krisen in dem Sinne hatten, daß das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage auf dem Güter markte für längere Zeit gestört war, und daß ein großer Teil der Bevölkerung ganz erheblich in Mitleidenschaft gezogen wurde. Diese älteren krisenartigen Störungen tragen jedoch einen ganz anderen Charakter, den wir zunächst kennen lernen müssen, um dann aus dem Gegensätze heraus die wesentlichen Eigentümlichkeiten der neu zeitlichen Konjunkturschwankungen um so besser verstehen zu können. Diese älteren Wirtschaftsstörungen treten als Folge von außen auf die Wirtschaft einwirkender Faktoren, z. B. von Kriegen, finan zieller Mißwirtschaft, fehlgeschlagenen Spekulationen und dergleichen auf. Wenn im 16. Jahrhundert Spanien und Frankreich Staats bankerott machten, wenn dadurch den deutschen Gläubigem dieser Staaten, vor allem den großen Handelshäusern der Fugger und Welser, Riesenbeträge verloren gingen, so mußte das natürlich zu weittragenden Störungen im deutschen Wirtschaftsleben führen. Ähnliche Wirkungen mußten eintreten, als zu Beginn der Neuzeit mit der Umgestaltung der Verkehrsverhältnisse, vor allem durch die Ent deckung des Seeweges nach Ostindien, der deutschen Industrie und dem deutschen Handel wichtige Absatzmärkte verlorengingen, oder als mit der beginnenden Edelmetalleinfuhr aus Amerika eine große Preisrevolution eintrat. Wenn wir dann ferner sehen, wie im 17. Jahrhundert die gewal tige Überspekulation im holländischen Tulpenhandel zusammenbrach, oder im 17. und 18. Jahrhundert in England im Zusammenhang mit den Geldverschlechterungen und ausgedehnten Spekulationen, z. B. dem Südseeschwindel, ernsthafte Störungen im Wirtschaftsleben ein traten, die in ihren Wirkungen für weite Kreise der Bevölkerung verhängnisvoll wurden, so haben wir es hier ganz zweifellos mit Erscheinungen zu tun, die als Krisen bezeichnet werden müssen. Ähn liche Störungen waren in Deutschland die Handelskrise in Lübeck zu Beginn des 17. Jahrhunderts und die im Gefolge des Lawschen Gründungsschwindels im Anfang des 18. Jahrhunderts in Frankreich auftretenden wirtschaftlichen Wirren. Auch von lokalen Absatzkrisen wird uns zu Beginn der Neuzeit aus manchen Städten im Handwerk berichtet. Sie rühren aber auch von äußeren Faktoren her, indem