2. Die neueren Krisentheorien. 29 diese Frage entstanden, durch welche unsere Kenntnis dieser wich tigen Zusammenhänge sehr bereichert worden ist. Eine kurze Über sicht über einige der wichtigsten dieser neueren Erklärungsversuche soll zeigen, worin das Wesentliche dieses Fortschrittes bestanden hat. Eine gewisse Beziehung zu der älteren Auffassungs- und Be trachtungsweise, welche vor allem die Zeit und die Ursachen des Niederganges, also die eigentliche Krise, erklären wollte, hat die Krisentheorie von Tugan-Baranowsky, auf welche zuerst kurz eingegangen werden soll. Sie steht auch in keinem Zusammenhänge mit. den damaligen Störungen im deutschen Wirtschaftsleben, sondern baut vor allem auf den Erfahrungen des englischen Wirtschaftslebens auf. Die Auffassung Tugan-Baranowskvs berührt sich auf der einen Seite sehr enge mit den Lehren der klassischen Nationalökonomie, denn er hält an dem Grundgedanken der Lehre von James Mill, Ricardo und Say fest, daß sich in der Gesamtsumme Angebot und Nachfrage auf dem Warenmärkte decken müssen. Auf der anderen Seite hat er als Sozialist sehr enge Berührungspunkte mit den Lehren des Sozialismus, vor allen mit denjenigen von ,Karl Marx. Er hält auch an der Lehre von der Periodizität der Krisen fest. Das Wesentliche für die Entstehung der Krisen liegt für Tugan-Bara- nowski in der Tatsache, daß, die verschiedenen Zweige der Produktion sich nicht gleichmäßig entwickeln und daß sich hieraus dann Stö rungen ergeben. „In Phasen des Aufschwunges wird das neue stehende Kapital der Gesellschaft geschaffen. Die ganze gesellschaftliche Industrie nimmt eine eigenartige Schichtung an. Die Erzeugung der Produk tionsmittel wird in den Vordergrund gerückt. Eisen, Maschinen, Instrumente, Schiffe, Baumaterialien werden in viel größerer Menge als früher gefordert und hergestellt. Am Ende ist das neue stehende Kapital fertig; neue Fabriken, neue Schiffe, neue Häuser sind gebaut, neue Eisenbahnlinien sind ausgeführt. Da vermindern sich aber die Neugründungen. Die Nachfrage nach allen Materialien, welche die Elemente des stehenden Kapitals bilden, erfährt eine Einschränkung. Die Einteilung der Produktion hört auf, proportioneil zu sein, Ma schinen, Instrumente, Eisen, Ziegelsteine, Bauholz werden weniger als früher verlangt, weil die Neugründungen abgenommen haben. Da aber die Produzenten der Produktionsmittel ihr Kapital aus ihren Unternehmen nicht herausziehen können, und zudem erfordert, die Größe des angelegten Kapitals in Form der Bauten, Maschinen usw. eine Fortführung der Produktion (sonst wirft das; müßig da stehende Kapital keine Zinsen ab), so entsteht eine Überproduktion der Produktionsmittel. Infolge der Abhängigkeit aller Produktions- Mombert, Stadium der Konjunktur. 3