30 Erster Abschnitt. Die Erklärungen der Wirtschaftskrisen. zweige voneinander wird die partielle Überproduktion zu einer all gemeinen. Die Preise aller Waren sinken, und es tritt eine allgemeine Geschäftsstockung ein.“ (S.249—50.) Bei einer proportionellen Einteilung der gesellschaftlichen Produk tion müßte, wie Tugan-Baranowsky nachzuweisen sucht, auch die Nach frage eine entsprechende Erweiterung erfahren, da jede neuprodu zierte Ware eine neuerschienene Kaufkraft für die Erwerbung anderer Waren bedeutet. Aus dieser, heute unvermeidlichen Disproportionali tät in der Entwicklung der einzelnen Produktionszweige ergibt sich für ihn dann der unvermeidliche Widerspruch in der kapitalistischen Produktion, daß die Konsumtion als bestimmender Faktor für das Wirtschaftsleben so gut wie ganz zurücktritt und daß die Produktion das beherrschende Moment der wirtschaftlichen Entwicklung wird. Aus den Widersprüchen der kapitalistischen Produktionsweise, aus der Tatsache, daß die Produktionsmittel Personen gehören, welche an der Produktion nicht teilnehmen, und aus der Planlosigkeit der gesellschaftlichen Produktion müssen also heute diese Krisen ent stehen. „Aus dem Vorhandensein dieses Widerspruches geht aber die be schränkte historische Rolle des Kapitalismus klar hervor; die kapitalistische Gesellschaft ist eine Klassengesellschaft, die kapi talistische Organisation ist eine Wirtschaftsorganisation im Interesse nicht der gesamten Bevölkerung, sondern nur ihrer unbedeutenden Minorität — der Besitzer der Produktionsmittel. Daher muß die weitere Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft zu ihrer Umwandlung in eine höhere Form führen, die dieses Widerspruches entkleidet sein wird. Die Organisation der Volkswirtschaft muß ebenso planmäßig von einem einheitlichen Gedanken durchdrungen und im Interesse ihres Subjekts, der Gesellschaft, aufgebaut werden, wie planmäßig, zielbewußt und im Interesse ihres Subjektes die Privatwirtschaft heute aufgebaut ist. Solche Wirtschaftsorganisation heißt aber So zialismus.“ Diese Disproportionalität der einzelnen Produktionszweige, die sich im Verlauf der Hausse herausgebildet, eine Lehre, die sich in ihren wichtigsten Bestandteilen bereits bei der klassischen National ökonomie vorfindet, bildet auch einen wesentlichen Bestandteil anderer neuer Krisentheorieen, so vor allem von derjenigen von Spiethoff. Dieser hat sich jedoch zum Teil andere Ziele gesetzt als Tugan-Baranowsky. Ihm kommt es nicht so sehr darauf an, die Krise als solche zu erklären, als vielmehr eine neue Analyse der Hausse in ihren ganzen Gestaltungen und Wirkungen zu geben. Dieses Streben geht vor allem von der neuerdings von manchen vertretenen